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Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien [87]: Mediziner in der Revolution 1848: Nikodem Betkowski

Mediziner in der Revolution 1848: Nikodem Betkowski (1812-1864)

Text: Dr. Walter Mentzel

Nikodem Felicjan Betkowski wurde als Sohn von Johann Betkowski und Franziska Baranowska am 27. September 1812 in Lisia Góra bei Tarnów/Galizien (heute: Polen) geboren. Seine Familie zählte zu den ältesten polnischen Adelsgeschlechtern. Er studierte nach dem Besuch des Gymnasiums in Bochnia/Galizien ab 1832 in Wien Philosophie und Medizin bei Joseph Berres (1796-1844), Joseph von Wattmann (1789-1866), Anton von Rosas (1791-1855) und Carl von Rokitansky (1804-1878) und schloss sich der polnischen Studentenorganisation „Zwiazek pamiatkowo-narodowy“, der 1837 in Galizien gegründeten Untergrundorganisationen „Młoda Sarmacja“ (Junges Sarmatien) und „Stowarzyszenie Polskiej Demokracji“ (Verein der Polnischen Demokraten) an. Wegen seines politischen Engagements wurde er 1836 für vier Monate und danach für weitere fünf Monate inhaftiert.

Während seines Studiums beteiligte er sich als Übersetzer einzelner Artikel in die polnische Sprache für die von Antal Masch (1809-1884) publizierten Arbeit:

Masch, Antal: Polyglotton Medicum, eine Anleitung zur Verständigung des Arztes mit dem Kranken in sechs Sprachen, mit Rücksicht auf die Hauptsprache der Völker des österreichischen Kaiserstaates, Deutsch, Böhmisch, Polnisch, Ungarisch, Italienisch, Französisch, enthaltend: eine systematische Zusammenstellung von Fragen, Antworten und anderen kurzen Aeußerungen nach den Forderungen der Diagnose, Prognose und Therapie. Wien: Druck und Verlag J. P. Sollinger 1839.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Josephinische Bibliothek, Sign.: JB-5539]

Abb. 1    Titelblatt: Masch: Polyglotton Medicum […]. Wien: 1839.

Das Studium an der Universität Wien schloss er schließlich 1841 mit der Promotion (25.5.1841)[1] zum Doktor der Medizin und Chirurgie und danach mit dem Magister der Geburtshilfe ab. Thema und Titel seiner Dissertation war:

Betkowski, Nikodem: Historia Medicinae In Inclytis Poloniae Terris, Ab Antiques Temporibus Usque Ad Annum 1622. Dissertatio Inauguralis. Vindobonae: Typis Caroli Ueberreuter 1841.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Historische Dissertations-Bibliothek, Sign.: D-2086]

Das Exemplar in der Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin enthält auf der Frontispizseite eine Widmung an Dr. Ernest Joseph Schneller: „Collegae aestumatissimo suo/Dri. Schneller, Ernesto Josepho/in perennem sui memoriam/offert Auctor.“ – Joseph von Schneller (1814-1885) war ein Studienkollege von Betkowski. Er promovierte 1840 zum Doktor der Medizin und 1841 zum Doktor der Chirurgie. Ab 1841 war er Mitglied des Wiener Doctoren Collegiums. Von Schneller wurde 1870 in den Obersten Sanitätsrat berufen und gilt als Wegbereiter für den Ausbau eines modernen öffentlichen Gesundheits- bzw. Sanitätswesens.

Abb. 2    Titelblatt: Betkowski: Historia Medicinae In Inclytis Poloniae Terris […]. Wien: 1841.

Nach dem Abschluss seines Studiums kehrte er nach Bochnia zurück, praktizierte zunächst als Arzt und wurde wegen der Verwicklung in einen Hochverratsprozess drei Jahre als politischer Gefangener in Untersuchungshaft festgehalten. Nach seiner Entlassung 1845 übersiedelte er nach Wieliczka/Galizien und arbeitete ab 1846 als Gerichtsmediziner.

Im Revolutionsjahr 1848 war er Mitglied und Abgeordneter des ersten konstituierenden österreichischen Reichstages in Wien und Kremsier,[2] wo er zur Partei der polnischen Föderalisten zählte. Nach der Niederschlagung der Revolution kam es gegen ihn zur Einleitung eines Strafverfahrens, das erst 1853 eingestellt wurde.

Zwischen 1852 und 1853 veröffentlichte er ein Lehrbuch in zwei Teilen über pathologische Anatomie (Patalogiczna Anatomia, Krakau 1852, 1853), die erste in polnischer Sprache verfasste Arbeit in diesem Fach, und übersetze medizinische Texte aus dem Deutschen ins Polnische.

Der Antrag der Medizinischen Fakultät Krakau zur Berufung Betkowski auf den 1850 gegründeten Lehrstuhl der pathologischen Anatomie wurde seitens des Ministeriums in Wien wegen seiner Beteiligung an der Unabhängigkeitsbewegung abgelehnt. Seit 1855 lebte Betkowski in Wieliczka, wo er als Kreisarzt arbeitete.

Betkowski publizierte in der Wiener medizinischen Wochenschrift 1860 und 1862 eine Artikelserie unter dem Titel „Flüchtige medizinische Skizzen aus Galizien“.

Betkowski, Nikodem: Flüchtige medizinische Skizzen aus Galizien: In: Wiener medizinische Wochenschrift. (10 und 12) 1860 und 1862. Sp. 539-540, 644-645, 661-662, 692-694, 756-758,774 und Sp. 187-188, 203-206, 220-222, 237-238.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: Z-10002/10 und 12]

http://webapp.uibk.ac.at/alo/cat/card.jsp?id=8545052

http://webapp.uibk.ac.at/alo/cat/card.jsp?id=8545053

Abb. 3    Betkowski: Flüchtige medizinische Skizzen aus Galizien. In: Wiener Medizinische Wochenschrift. (10) 1860. Sp. 539-549.

Betkowski war Mitglied der Gesellschaft der Ärzte in Warschau, des Doctoren-Kollegiums in Warschau, der gelehrten Gesellschaft in Krakau und der kaiserlichen Gesellschaft der Ärzte in Wilna.[3]

1861 wurde Betkowski für den Wahlkreis Wieliczka zum Abgeordneten für den Galizischen Landtag gewählt, von dem er für das Kronland Galizien zum zweiten Mal in das Abgeordnetenhaus des österreichischen Reichsrates delegiert wurde und dem er bis zu seinem Tode als Mitglied angehörte. Betkowski verstarb am 19. Oktober 1864 in Wieliczka in Galizien.

Quellen:

Archiv der Universität Wien, Med. Fak., Dekanat, Rigorosen- und Promotionsprotokolle, Nr. 176-62 (Nikodem Betkowski).

Der Reichsrath. Biographische Skizzen der Mitglieder des Herren- und Abgeordnetenhauses des österreichischen Reichsrathes. (2 Bd.) Wien: 1861-1862.

Slavische Blätter. Illustrierte Zeitschrift für die Gesammtinteressen des Slaventhums (Hrsg. von Abel Luksic). Wien: 1865. S. 30-32

[1] Archiv der Universität Wien, Med. Fak., Dekanat, Rigorosen- und Promotionsprotokolle, Nr. 176-62 (Nikodem Betkowski).

[2] Wiener Zeitung, 20.10.1848, S. 2.

[3] Der Reichsrath. Biographische Skizzen der Mitglieder des Herren- und Abgeordnetenhauses des österreichischen Reichsrathes. (2 Bd.) Wien: 1861-1862.

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Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien [85]: Mediziner in der Revolution 1848: Moritz Kálazdy (Kaufmann)

Mediziner in der Revolution 1848: Moritz Kálazdy (Kaufmann)

Text: Walter Mentzel

Moritz Kálazdy (auch Kálozdy) (sein ursprünglicher Name lautete Kaufmann) wurde zirka 1819 in Tata (dt.: Totis) in Ungarn geboren. Sein Lebenslauf ist über weite Strecken unbekannt und nur lückenhaft nachzuzeichnen. Kálazdy studierte an der Universität Wien Medizin und promovierte am 6. August 1847 zum Dr. der Medizin.[1] Von ihm besitzt die Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin seine approbierte Dissertation:

Kálazdy, Mauritius: Dissertatio inauguralis medica de balsamisatione quam consensu et auctoritate illustrissimi ac magnifici domini praesidis et directoris perillustris ac spectabilis domini decani nec non clarissimorum ac celeberrimorum d..d. professorum pro doctoris medicinae laurea rite obtinenda in antiquissima ac celeberrima universitate vindobonensis. Vindobonae: Typis Caroli Ueberreuter 1847.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Historische Dissertations-Bibliothek, Sign.: D-2924]

http://webapp.uibk.ac.at/alo/cat/card.jsp?id=8418405&pos=0&phys=

Kálazdy war Mitarbeiter und Journalist in der von Journalisten und Chefredakteur Leopold Häfner gegründeten und bis Oktober 1848 erscheinenden radikal-demokratischen Zeitung „Die Constitution“ (= Tagblatt für Demokratie und Volksbelehrung). Hafner und seine Mitstreiter versuchten während der Revolution besonders die Verbindung zur Arbeiterschaft in den Vorstädten Wiens herzustellen. Sie riefen am 18. Mai 1848 in Wien die Republik aus und schlugen Kálazdy zum künftigen Unterrichtsminister vor. Kálazdy, der für die Unabhängigkeit Ungarns eintrat, war 1848 Mitglied des Sicherheitsausschusses der Stadt Wien[2] und der 6. Kompanie des „Mediziner-Corps“,[3] und gehörte als Stabsarzt Arzt während des ungarischen Unabhängigkeitsaufstand seit dem März 1849 dem Regiment von Lajos Kossuth (1802-1894) an. Kálazdy übersetzte die Rede von Lajos Kossuth, in der dieser am 3. März 1848 im Landtag in Pressburg die konstitutionelle Umwandlung der Monarchie und eine Verfassung für alle österreichischen Länder forderte, in die deutsche Sprache, worauf sie am 13. März 1848 im Hofe des niederösterreichischen Landhauses in Wien verlesen wurde.[4]

Nach der Niederschlagung der Revolution flüchtete Kálazdy 1849 in das osmanische Reich, wo er in Aleppo und in Beirut als Arzt im türkischen Dienst tätig war.[5] Seit den 1850er Jahren arbeitete er bis zu seinem Tod als Arzt im Allgemeinen Krankenhaus in Gyöngyös.[6]

Kálazdy verstarb im April 1875 in Gyöngyös in Ungarn.[7]

Quellen:

Archiv der Universität Wien, Med. Fak., Dekanat, Rigorosen- und Promotionsprotokolle, Nr. 176-635, Kálazdy Moritz (1847.08.06).

Fischer, Isidor: Wiens Mediziner und die Freiheitsbewegung des Jahres 1848. (= Wiener medizingeschichtliche Beiträge 1) Wien: 1935.

Kertbeny Karoly Maria, Alphabetische Namensliste ungarischer Emigration 1848-1864 (Mit Einschluss der außerhalb Ungarns Internierten). Samt vorläufigen biografischen Andeutungen in Abreviaturen. Brüssel-Leipzig 1864.

Reschauer Heinrich, Das Jahr 1848: Geschichte d. Wiener Revolution, Bd. 1, Wien 1876, S. 191.

[1] Archiv der Universität Wien, Med. Fak., Dekanat, Rigorosen- und Promotionsprotokolle, Nr. 176-635, Kalazdy Moritz (1847.08.06).

[2] Wiener Zeitung, 16.6.1848, S. 2.

[3] Fischer, Isidor: Wiens Mediziner und die Freiheitsbewegung des Jahres 1848. (= Wiener medizingeschichtliche Beiträge 1) Wien: 1935.

[4] Reschauer Heinrich, Das Jahr 1848: Geschichte d. Wiener Revolution, Bd. 1, Wien 1876, S. 191.

[5] Kertbeny Karoly Maria, Alphabetische Namensliste ungarischer Emigration 1848-1864 (Mit Einschluss der außerhalb Ungarns Internierten). Samt vorläufigen biografischen Andeutungen in Abreviaturen. Brüssel-Leipzig 1864.

[6] Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 9, 1864, Sp. 143-144.

[7] Wiener Medizinische Wochenschrift, Nr. 1, 1867, Sp. 18.

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Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien [83]: 1848 Revolution: Der 170. Todestag von Robert Blum und seine Aufbahrung am Josephinum am 9. November 1848

1848 Revolution: Der 170. Todestag von Robert Blum und seine Aufbahrung am Josephinum am 9. November 1848

Text: Dr. Walter Mentzel

Robert Blum (*10.11.1807 Köln, gest. 9.11.1848 Wien) nahm im deutschsprachigen Raum in der Revolution von 1848 eine herausragende Bedeutung als führender Protagonist der demokratisch-republikanischen Ideen des Vormärzes ein. Seit den 1830er Jahren trat er, der zu dieser Zeit als Theatersekretär und Bibliothekar in Leipzig arbeitete, in verschiedenen Funktionen auf, initiierte die demokratische Bewegung in Sachsen, unterstütze diese publizistisch, engagierte sich gegen nationalistische Strömungen und wurde mehrmals wegen seiner Systemkritik inhaftiert und von der Zensur bedroht. Er war seit Mai 1848 Abgeordneter des ersten demokratisch gewählten Parlaments Deutschlands, der Frankfurter Nationalversammlung, wo er der demokratischen Fraktion und dem Verfassungsausschuss angehörte und sich vehement für eine republikanische Verfassung einsetzte.

Abb.      1 Robert Blum, von August Hunger

Seine Sorge vor einem Scheitern der Revolution und der Nachricht vom Beginn des Oktoberaufstandes in Wien, wo viele den Entscheidungskampf erwarteten und die Rettung der Revolution erhofften, zog ihn im Oktober 1848 nach Wien. Hier traf Blum am 17. Oktober 1848 als Leiter einer Delegation der demokratischen Fraktion der Nationalversammlung ein und trat unmittelbar darauf vor dem Reichstagsauschuss, dem Wiener Gemeinderat und im Studentenausschuss auf. Am 23. Oktober hielt er in der Aula der Universität Wien eine vielbeachtete Rede.[1] Ab dem 25. Oktober nahm er als Mitglied des sogenannten „Elite-Corps“ an der Verteidigung Wiens gegen die kaiserlichen Truppen teil und verteidigte als einer der Kommandanten die sogenannte Nußdorfer Linie.

Nach der Niederschlagung der Revolution und der Besetzung Wiens durch die kaiserlichen Truppen am 1. November 1848 wurde er am 4. November verhaftet und wegen aufrührerischer Reden und Teilnahme an der Verteidigung Wiens trotz seiner Immunität als Parlamentarier am 8. November 1848 durch ein Standgericht zum Tode verurteilt. Am 9. November 1848 morgens wurde Robert Blum in Wien, Brigittenau, erschossen.

Seine Leiche wurde danach in das Josephinum in die Währinger Straße überführt und aufgebahrt,[2] und erst Tage danach in den Schachtgräbern des Währinger Friedhofs begraben.

Wie bei vielen 1848-Revolutionären wurden über Jahrzehnte die Versuche eine Erinnerungskultur zu entwickeln und Gedenkorte zu schaffen unterdrückt und im Keim erstickt; sie lebten nur im Untergrund fort. Erst 1912 wurde von privaten Personen ein kleiner Stein an seinem Begräbnisort platziert. In Wien wurden erst in der Ersten Republik offizielle Gedenkorte geschaffen, darunter der Blum-Gedenkstein im Währingerpark im 18. Bezirk. Darüber hinaus wurde eine Gasse (1919) und eine Wohnhausanlage (1923/24) nach ihm benannt, die auch eine Portraitbüste schmückte, die 1938 von den Nationalsozialisten entfernt wurde.

Quellen:

Wiener Zeitung, 24.10.1848, S. 11.

Illustrierte Zeitung, 18.11.1848, S. 3.

[1] Wiener Zeitung, 24.10.1848, S. 11.

[2] Illustrierte Zeitung, 18.11.1848, S. 3.

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Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien [81]: Mediziner in der Revolution 1848: Joseph Seegen – Balneologe und Stoffwechselforscher

Mediziner in der Revolution 1848: Joseph Seegen – Balneologe und Stoffwechselforscher

Text: Dr. Walter Mentzel

Joseph Seegen wurde am 20. Mai 1822 als Sohn des jüdischen Kaufmannes Lion Daniel Seegen (1792-1847) und Anna Johanna, geborene Brod, in Polná in Böhmen (heute: Polná/Tschechien) geboren. 1856 heiratete er Hermine Böhm (*1836), die Tochter des Mediziners und Mitglieds der Medizinischen Fakultät Wien, Jakob Böhm (1802-1858). Er begann zunächst in Prag ein Studium der Philosophie und danach der Medizin, das er ab 1841 an der Universität Wien fortsetzte und noch im selben Jahr zum Doktor der Medizin[1] und 1843 zum Doktor der Chirurgie promovierte.[2] Im August 1847 wurde seine Dissertation an der Universität approbiert und befindet sich heute an der Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin: „[…] De Aquis Soteriis In Ratione Geologico-Chemica, […]. Wien: Typis Caroli Ueberreuter 1847.

Titelblatt: Seegen […] De Aquis sotoriis. Wien: 1847.

Ein Jahr nach seiner Promotion an der Universität Wien nahm Seegen in Wien als Mitglied der „Akademischen Legion“ an der Revolution von 1848 teil. Er gehörte zu den Mitbegründern des „Akademischen Rede- und Lesevereins in Wien“, der sich zum Ziel setzte Personal für die künftige parlamentarische Vertretung in Form einer politischen Bildungsanstalt auszubilden und zu rekrutieren,[3] und war Mitglied des unter dem Vorsitz von Adolf Fischhoff (1816-1893) bestehenden „Ausschuss der Bürger, Nationalgarde und Studenten zur Aufrechterhaltung der Ordnung und Sicherheit und für die Wahrung der Volksrechte“.[4]

Von Seegen sind aus dem Jahr 1848 zwei schriftliche Quellen überliefert, die von seinem Engagement berichten und seine Intentionen in der Revolution von 1948 darlegen. 1848 gab er gemeinsam mit Heinrich Kern die an der Wienbibliothek sich befindende Flugschrift „An die Studenten Wiens!“ heraus, die mit den Worten begann: „Brüder! Der Kampf der Märztage war der Kampf der Gesinnung und des kräftig erwachten politischen Bewusstseins gegen das System der Knechtung und Entgeistigung, der Sieg war jener des Geistes […].

Ebenfalls 1848 publizierte er gemeinsam mit dem in Wien 1849 zum Dr. der Medizin promovierten Journalisten und Schriftsteller Max Schlesinger (1822-1881) ein dreibändiges „Populäres Staats-Lexikon“ mit dem Untertitel: „politisches ABC für’s Volk. Ein unentbehrlicher Führer im constitutionellen Staat“. Mit dieser – ursprünglich in Form von Einzelheften publizierten und wöchentlich erscheinenden Schriftenreihe – sollte der Bevölkerung die Grundbegriffe der Demokratie und der republikanischen Regierungsform nähergebracht werden.

Nach der Niederschlagung der Revolution flüchtete er, um einer drohenden Verhaftung zu entgehen, aus Wien nach Paris, wo er an der Sorbonne bei dem französischen Physiologen Claude Bernard (1813-1878) studierte und sein Interesse an der Geologie und der Heilquellenkunde vertiefte. Nach seiner Rückkehr nach Wien im Jahr 1850 unternahm er eine mehrjährige Reisetätigkeit als ärztlicher Reisebegleiter eines Privatpatienten, die ihn nach Italien, Südfrankreich, England und Deutschland führte. Von 1853 bis 1884 lebte und arbeitete er in Karlsbad (Karlovy Vary) in Böhmen als Kurarzt und betrieb daneben seine wissenschaftlichen Forschungen auf dem Gebiet der Balneologie weiter. In Karlsbad etablierte sich um ihn ein intellektueller Kreis, dem unter anderem der Schriftsteller Iwan Sergejewitsch Turgenew (1818-1883), der deutsche Historiker Georg Gottfried Gervinus (1805-1871), oder der Publizisten Moritz Hartmann (1821-1872) angehörten.

Joseph Seegen. Aus: Das interessante Blatt. 4/1904. S. 7.

1854 habilitierte sich Seegen an der Wiener Universität bei dem Internisten Johann Oppolzer (1808-1871), im selben Jahr erfolgte seine Berufung zum Privatdozenten für Balneologie. Die 1853 fertiggestellte Habilitationsschrift trug den Titel „Die naturhistorische Bedeutung der Mineralquellen. Eine Skizze vorgelegt dem k.k. Wiener medizinischen Professorenkollegium zum Behufe der Habilitation als Docent der Balneologie“. Mit Oppolzer und dem Dermatologen Carl Ludwig Sigmund (1810-1883) gründete er 1856 den „Verein für Heilquellenkunde in Österreich“ und wandte sich endgültig der Balneologie zu. 1859 erfolgte seine Ernennung zum a.o. Professor für Balneologie an der Universität Wien, womit er der erste Vertreter dieses Fach in Wien wurde.

1857 und 1858 veröffentlichte Seegen sein zweibändiges Werk „Compendium der allgemeinen und speciellen Heilquellenlehre“. Ein weiteres Standartwerk von ihm erschien 1862 unter dem Titel „Handbuch der allgemeinen und speciellen Heilquellenlehre“. Seine Untersuchungen des Karlsbader Heilwassers und dessen physikalische und chemische Eigenschaften führten ihn zu klinischen Studien über den Stoffwechsel und zur Stoffwechselforschung, die in den folgenden Jahren seinen Arbeitsschwerpunkt bildeten. Bekannt wurden dabei seine Studien auf dem Gebiet der physiologischen Zersetzung der Eiweißkörper im tierischen Organismus, die damit zusammenhängende Stickstoffausscheidung und die Zuckerbildung im Tierkörper, insbesondere der Leber. Dazu zählt die 1887 erschienene und 606 Seiten umfassende „Studien über Stoffwechsel im Thierkörper“, oder die 1904 publizierten „Gesammelte Abhandlungen über Zuckerbildung in der Leber“. Seine zahlreichen Aufsätze und Abhandlungen, die seine zwischen 1860 und 1904 erfolgten Forschungen zur Balneologie, zum Stoffwechsel und der Diabetes dokumentieren, sind an der Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin erhalten.

Seegen engagierte sich darüber hinaus für die Etablierung des Faches Hygiene und befürwortete dafür eine eigene Lehrkanzel an der Universität Wien. Seine Vorstellungen publizierte er 1872 in der „Wiener medizinischen Wochenschrift“.[5] In diesem Kontext befasste er sich mit ernährungsphysiologischen Forschungen und trat für eine ausgewogene Ernährung breiter Bevölkerungsschichten ein, wozu er zur Umsetzung auch den Staat in seiner Pflicht sah. Aufgrund des Fehlens eines eigenen Laboratoriums für seine Experimente und Studien nahm Seegen einige Jahre am Josephinum Aufenthalt, später richtete er ein privates Laboratorium in einer angemieteten Wohnung und in seiner Villa in Bad Aussee ein.

Seegen war Mitglied der Gesellschaft der Ärzte in Wien, der Akademie der Wissenschaft in St. Petersburg und seit 1901 Korrespondierendes Mitglied der Akademie der Wissenschaften in Wien.

Seegen verstarb am 14. Jänner 1904 in Wien. 1910 hielt der Chemiker und Mediziner Ernst Ludwig (1842-1915), anlässlich der Errichtung eines Denkmals zur Erinnerung an Seegen an der Universität Wien (heute in den Arkaden der Universität Wien), einen Nachruf, der in der „Wiener medizinischen Wochenschrift“ abgedruckt ist.[6] Ein weiterer – von Rudolf Kolisch (1867-1922) verfasster Nachruf – wurde in der Wiener klinischen Wochenschrift (Nr. 4. 1904. S. 113-114) veröffentlicht.

Quellen:

AUW, Rektorat, Med. Fakultät, Rigorosenprotokolle 1821-1871, Sign. 170-226a, Seegen Josef (Rigorosen Datum 1841).

AUW, Rektorat, Med. Fakultät, Rigorosenprotokolle 1821-1871, Sign. 170-227a, Seegen Josef (Rigorosen Datum 1842).

AUW, Rektorat, Med. Fakultät, Promotionsprotokolle, Sign. 176-0093, Seegen Josef (Sponsion Datum 17.7.1842).

AUW, Rektorat, Med. Fakultät, Promotionsprotokolle, Sign. 176-126, Seegen Josef (Promotion Datum 6.8.1841).

AUW, Rektorat, Med. Fakultät, Promotionsprotokolle, Sign. 176-634, Seegen Josef (Promotion Datum 6.8.1847).

AUW, Sammlungen, Schriften-Sammlung zum Revolutionsjahr 1848, Sign. 148.43, Aufruf zur Gründung eines „Lese- und Redevereins“ (1848).

Trauungsbuch, Rk, Erzdiözese Wien, Bezirk 1, St. Stephan, Trauungsbuch 02-089, Folio 90, Seegen Joseph, Böhm Hermine.

Sterbebuch, Rk, Erzdiözese Wien, Bezirk 1, St. Stephan, Sterbebuch 03-48, Folio 132, Seegen Joseph.

Literaturliste:

Seegen, Joseph: Dissertatio Inauguralis Geologico-Chemica De Aquis Soteriis In Ratione Geologico-Chemica, Quam Consensu Et Auctoritate Illustrissimi Ac Magnifici Domini Praesidis Et Directoris, Perillustris Ac Spectabilis Domini Decani, Nec Non Clarissimorum Ac Celeberrimorum D. D. Professorum pro Doctoris Medicinae Laurea Summisque In Medicina Honoribus Et Privilegiis Rite Et Legitime Obtinendis in antiquissima et celeberrima Universitate Vindobonensi publicae disquisitioni submittit Josephus Seegen, Bohemus Polnaensis. In theses adnexas disputabitur in Universitatis aedibus die […] mensis Augusti 1847. Wien: Typis Caroli Ueberreuter 1847.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/historische Dissertationsbibliothek, Sign.: D-3955]

Seegen, Joseph: Compendium der allgemeinen und speciellen Heilquellenlehre. Erste Abtheilung: Allgemeine Balneologie. Zweite Abtheilung: Specielle Balneologie. Wien: Braumüller 1857-1858.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 28748/1-2]

Seegen, Joseph: Handbuch der allgemeinen und speciellen Heilquellenlehre. Zweite neu bearbeitete Auflage. Wien: Wilhelm Braumüller K.K. Hofbuchhändler 1862.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 26844]

Seegen, Joseph: Studien über Stoffwechsel im Thierkörper. Gesammelte Abhandlungen. Mit 2 lithographirten Tafeln. Berlin: Verlag von August Hirschwald 1887.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 9929]

Seegen, Joseph: Gesammelte Abhandlungen über Zuckerbildung in der Leber. Berlin: Verlag von August Hirschwald 1904.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 53379]

Keywords:

1848, Adolf Fischhoff, Balneologie, Claude Bernard, Diabetes, Dissertation, Ernst Ludwig, Johann Oppolzer, Joseph Seegen, Josephinum, Karlovy Vary, Karlsbad, Max Schlesinger, Physiologie, Revolution, Stoffwechsel, Arzt

[1] Wiener Zeitung. 25.10.1841. S. 1.

[2] Wiener Zeitung. 19.1.1843. S. 1.

[3] Wiener Zuschauer. Zeitschrift für Gebildete. 26.7.1848. S. 8; Wiener Zeitschrift. 21.4.1848. S. 3; Allgemeine österreichische Zeitschrift für den Landwirth, Forstmann und Gärntner. Ein Centralblatt für die Ergebnisse wissenschaftlicher Forschung und praktischer Erfahrung. 10.4.1848. S. 6-8.

[4] Der Humorist. 17.7.1848. S. 1.

[5] Seegen, Joseph: Die Bedeutung der Hygiene und ihre Stellung im medizinischen Unterricht. In: Wiener medizinische Wochenschrift. Nr. 4. 1872. S. 87-91 sowie Nr. 5. 1872. S. 111-115.

[6] Wiener medizinische Wochenschrift. Nr. 10. 1910. S. 561-568.

Normdaten (Person) Seegen, Joseph : BBL: 31386; GND: 117443379

Bio-bibliografisches Lexikon (BBL)/Liste aller Beiträge der VS-Blog-Serie: Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien

Bitte zitieren als VAN SWIETEN BLOG der Universitätsbibliothek der Medizinischen Universität Wien, BBL: 31386 (25.10.2018); Letzte Aktualisierung: 2022 05 16
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Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien [79]: Mediziner in der Revolution 1848: Kapper, Siegfried: Dissertatio Inauguralis Medico-Practica…In Theses adnexas disputabitur in aedibus Universitatis die 2. Mensis Januarii 1847

Mediziner in der Revolution 1848 – Siegfried Kapper

Text: Dr. Walter Mentzel

Siegfried Salomon Kapper gehörte zu den aktivsten und engagiertesten Medizinern während der 1848er Revolution in Wien. Er nahm am 13. März 1848 an der Versammlung im niederösterreichischen Landhaus teil, auf der Adolf Fischhof (1816-1893) seine Rede zur Pressefreiheit hielt und wurde in jene Delegation gewählt, die als Deputation vor den Ständen im Landhaus die Forderungen der Revolutionäre vertreten sollte. Er war Mitglied der Nationalgarde, in den Führungsorganen der Akademischen Legion tätig, und verfasste als Journalist zahlreiche Artikel mit der er die Revolution zu unterstützen und mit seinen Gedichten („Voran“, „Chorgesang der Wiener Studentenlegion“, „Auferstehung“, „Das Schmelzer Grab“, „Befreite Lieder“, „Dem jungen Österreich“) voranzutreiben versuchte. Kapper veranstaltete 1848 am „Theater an der Wien“ ein Feierkonzert mit, aus dessen Reinerlös die Errichtung des Denkmales für die „Märzgefallenen“ finanziert werden sollte. Im Juni 1848 kandidierte er für die erste Volksvertretung Österreichs, den konstituierenden Reichstag.[1] Ebenso nahm er als Mediziner im ärztlichen Dienst in einem Notspital im Wiener Augarten an den Oktoberkämpfen um Wien teil. Danach arbeitete er für Zeitungen in denen er über die weitere Entwicklung und über die Niederschlagung der Revolution berichtete. Seine zeitgenössischen Darstellungen und Berichte zählen heute noch zu den detailliertesten und durch ihre Informationsdichte sich auszeichnenden Arbeiten zu den Ereignissen von 1848.

Siegfried Kapper. Lithographie von Eduard Kaiser. 1848.

Siegfried (Isaac Salomon) Kapper wurde am 21. März 1820 als eines von neun Kindern des jüdischen Lehrers Joseph Hermann Kapper (1775-1845) und der Sara Franziska, geborene Rosenball, in Smíchov in Prag geboren. Er war mit Anna Hartmann, der Schwester seines Studienkollegen und Freundes Moritz Hartmann (1821-1872), der ebenfalls an der Revolution von 1848 in Wien teilnahm und als dessen Chronist gilt, verheiratet. Nachdem er zunächst zwischen 1836 und 1839 an der Prager Universität Philosophie studiert und danach ein Jahr lang in Russland als Hauslehrer gearbeitet hatte, begann er 1841 an der Universität Wien mit dem Studium der Medizin, das er 1847 mit der Promotion u.a. bei Carl von Rokitansky (1804-1878), Josef Skoda (1805-1881) und Ernst von Feuchtersleben (1806-1849) abschloss. Bereits während seines Studiums war er schriftstellerisch tätig und veröffentlichte in einer Reihe von Zeitungen (Österreichisches Morgenblatt[2], Sonntags-Blätter[3], Bohemia, Constitutionelles Blatt, Wiener Zeitung u.a.), schrieb Libretti für Opern und begann sich mit der tschechischen und südslawischen Literatur und deren Übersetzung zu beschäftigten. Daneben schrieb für jüdische Zeitschriften (Kalender und Jahrbuch für Israeliten/1845, 1847) und publizierte sogenannte jüdische Ghettoliteratur. Er gilt als ein prominenter Vertreter des deutsch-tschechischen Judentums.[4]

Von ihm besitzt die Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin seine 28 Seiten umfassende, im Jahr 1847 an der Universität Wien approbierte Dissertation, die er dem Wiener Arzt Dr. Johann Joseph Tedesco (1803-1870) widmete und in der er sich mit der Wirkung der Heilquelle im Kurort Gleichenberg befasste.

Kapper, Siegfried: […] De Fonte Constantino Gleichenbergensi, […]. Wien: Typis Carolii Ueberreuter 1847.


Titelblatt: Kapper: […] De Fonte Constantina Gleichenbergensi, […]. Wien: 1847.

Im Jahr seiner Promotion übersiedelte Kapper von Wien in das heutige Kroatien, wo er sich in Karlstadt (heute: Karlovac) niederließ und eine Arztpraxis eröffnete. Im Februar 1848 kam er zunächst auf einer Durchreise nach Wien und nahm angezogen von den Ereignissen an der Freiheitsbewegung teil. Trotz seines maßgebenden Engagements wurde er nach der Niederschlagung der Revolution am 9. November 1848 in die Medizinische Fakultät aufgenommen und konnte weiterhin als Arzt in Karlstadt seine Arbeit verrichten. Von hier aus unternahm er in den folgenden Jahren mehrere ausgedehnte Reisen durch das südliche Ungarn und die slawischen Gebiete des Osmanischen Reichs (Bosnien, Herzegowina, Montenegro und Serbien), die sich in zahlreichen ethnografischen, kultur- und literaturhistorischen Werken und Reiseberichten niederschlugen. Daneben belegte er 1849 an der Medizinischen Fakultät einen praktischen Kurs zur Geburtshilfe, den er 1850 abschloss, und erhielt 1851 sein Zeugnis über das Rigorosum im Fach Chirurgie, das er bei Johann Dumreicher (1815-1880) absolviert hatte. 1854 übersiedelte Kapper nach Böhmen und ließ sich in Dobris in der Nähe von Prag nieder. Nachdem er 1859 am österreichisch-italienischen Krieg als Feldarzt in einem Militärspital in Verona teilgenommen hatte, arbeitete er ab 1860 wieder als Arzt in Jungbunzlau und ab 1867 in Prag. Neben seinem Beruf als Arzt war er stets schriftstellerisch tätig. Seine Werke werden heute „wiederentdeckt“ und neu aufgelegt. Kappers Verdienst als Schriftsteller war u.a. die südslawische Literatur in die deutsche Sprache zu übersetzen und sie im deutschsprachigen Raum zu etablieren. Er verstarb am 7. Juni 1879 während eines Kuraufenthaltes in Pisa in Italien, wo er auch beerdigt wurde.

Quellen:

AUW, Med. Fak., Dekanat, Rigorosenprotokolle (1821-1871), Sign. 170-121a, Kapper Siegfried (Rigorosum Datum 1846).

AUW, Rektorat, Med. Fakultät, Promotionsprotokoll 1840-1854, Sign. 176-589, Kapper Siegfried (Promotion Datum 26.1.1847).

AUW, Med. Fak., Dekanat, Rigorosenprotokolle (1821-1871), Sign. 170-123r, Kapper Siegfried (Rigorosen Datum 1851).

Donath, Oskar: Siegfried Kapper als Ghettodichter. In: Monatsschrift für Geschichte und Wissenschaft des Judentums. H. 9/10 (September/Oktober). 1912. S. 513-545.

Kapper, Siegfried. In: Lexikon deutsch-jüdischer Autoren. (Hrsg. vom Archiv Bibliographia Judaica, Band 13:). München 2005, S. 257–266.

Literaturliste:

Kapper, Siegfried: Dissertatio Inauguralis Medico-Practica De Fonte Constantino Gleichenbergensi, Quam Consensu Et Auctoritate Illustrissimi Ac Magnifici Domini Præesidis Ac Directoris, Perillustris Ac Spectabilis Domini Decani nec non Clarissimorum Ac Celeberrimorum D. D. Professorum pro Doctoratus Medicinae Laurea rite obtinenda in antiquissima ac celeberrima Universitate Vindobonensi publicae disquisitioni submittit Segofredus Kapper, e Smichow in Bohemia. In Theses adnexas disputabitur in aedibus Universitatis die 2. Mensis Januarii 1847. Wien: Typis Carolii Ueberreuter 1847.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/historische Dissertationsbibliothek, Sign.: D-2937]

Keywords:

1848, Adolf Fischhof, Carl von Rokitansky, Dissertation, Ernst von Feuchtersleben, Johann Dumreicher, Jospeh Skoda, Mediziner, Revolution, Schriftsteller, Siegfried Kapper, Wien, Arzt

[1] Wiener Zeitung. 28.6.1848. S. 2.

[2] Österreichisches Morgenblatt. 27.2.1841. S. 1.

[3] Sonntags-Blätter für heimathliche Interessen. 10.4.1842. S. 1.

[4] Donath, Oskar: Siegfried Kapper als Ghettodichter. In: Monatsschrift für Geschichte und Wissenschaft des Judentums. H. 9/10 (September/Oktober). 1912. S. 513-545.

Normdaten (Person) Kapper, Siegfried : BBL: 31287; GND116053755

Bio-bibliografisches Lexikon (BBL)/Liste aller Beiträge der VS-Blog-Serie: Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien

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Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien [77]: Mediziner in der Revolution 1848 – Comfort, Richard

Mediziner in der Revolution 1848 – Comfort, Richard

Text: Dr. Walter Mentzel

Richard Comfort gehörte zu den Todesopfern der Revolution von 1848 und zu jenen Medizinern, die sich während des Revolutionsjahres für eine umfassende demokratische Staatsreform des Kaisertums Österreich einsetzten.

Comfort wurde am 24. Oktober 1810 in Pressburg in Ungarn (heute: Bratislava/Slowakei) geboren und studierte an der Universität Wien Medizin, wo er im Dezember 1835 zum Doktor der Medizin und Pharmakologie promovierte. Von ihm besitzt die Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin seine 1835 an der Universität Wien approbierte Dissertation.[1] Sie trägt den Titel:

Dissertatio Inauguralis Medico-Pharmagologica De Guajaco, Quam Consensu Et Auctoritate Excellentissimi Ac Illustrissimi Domini Praesidis Et Directoris Perillustris Ac Spectabilis Domini Decani Nec Non Clarissimorum Et Celeberrimorum D. D. Professorum Pro Doctoris Medicinae Laurea Rite Obtinenda In Antiquissima Ac Celeberrima Scientiarum Universitate Vindobonensi Publicae Disquistioni Submittit Richardus Comfort, Pressburgensis. Theses adnexae defendentur in aedibus Universitatis die. Wien: Typis Congregationis Mechitaristicae 1835.

Comfort: […] De Guajaco […]. Wien: 1835.

Danach war er als praktizierender Arzt und als Publizist tätig, und ab 1844 als sogenannter „Pensionär“ am Tierarznei-Institut in Wien.[2] Seine Forschungsarbeiten und Vorträge erschienen u.a. in den „Berichte über die Mittheilungen von Freunden der Naturwissenschaften in Wien“. 1840 erschien von ihm im Verlag der J.P. Sollinger*schen Buchdruckerei in Wien eine Arbeit unter dem Titel „Die Elemente der Griechischen Sprache“.[3]

Einer breiteren wissenschaftlichen Öffentlichkeit wurde er durch seine 1839 veröffentlichte Arbeit über die Heilmethoden des Homöopathen Samuel Hahnemann (1755-1843) bekannt, in der er auch seine Überlegungen zu einer Theorie und Systematik der Homöopathie anstellte.

Comfort, Richard: Über Hahnemann‘s Heilmethoden. Wien: Verlag von J. G. Heubner 1839.

Comfort während der Revolution im Jahr 1848

In den ersten Monaten der Revolution veröffentlichte er eine Reihe von Schriften und Flugblättern. Am 27. März 1848 publizierte er im Verlag Klopf und Eurich die Druckschrift „Beiträge und Gedanken über eine Reform in Österreich“, die auf sein bereits zehn Jahre zuvor fertiggestelltes jedoch ungedruckt gebliebenes Manuskript aufbaute und worin er neben einer Staatsreform auch für eine Demokratisierung des Schul- und Wissenschaftssystems eintrat und sich gegen den religiösen Einfluss der Kirche aussprach. Am 4. April 1848 erschien von ihm die bei Franz Edlen von Schmid gedruckte Flugschrift „Für Juden-Emancipation“, in der er die vollständige Gleichberechtigung der jüdischen Mitbürger*innen forderte. Am 13. April 1848 folgten die von ihm verfassten Blätter „Zu spät! Ein ernstes Wort zu seiner Zeit“ (Wien Schaumburg & Comp. 1848), wo er wiederum Vorschläge für eine weitgehende Reform des Österreichischen Staatswesens unterbreitete. Im selben Jahr erschien von ihm noch bei Sallmayer in Wien die Schrift: „Die Regierungsformen aller Staaten. Zur leichteren Beurtheilung unserer Verfassungs-Urkunde“.

Comfort, der neben seinem schriftstellerischen Wirken überaus aktiv an den Vorgängen der Revolution teilnahm, wurde während der weitläufigen Straßenkämpfe zwischen den kaiserlichen Truppen und der aufständischen Bevölkerung in Wien am 6. Oktober 1848 in der Inneren Stadt durch eine Stichwunde tödlich verletzt. Er verstarb im Allgemeinen Krankenhaus Wien.[4]

Quellen:

AUW, Med. Fak., Dekanat, Rigorosen- und Promotionsprotokolle, Sign. 170-28a (Rigorosen Datum 1835), Comfort Richard.

AUW, Med. Fak., Dekanat, Rigorosen- und Promotionsprotokolle, Sign. 175-739 (Promotion Datum 1835), Comfort Richard.

Comfort, Richard: Menschen-Racen. In: Haudinger: Berichte über die Mittheilungen von Freunden der Naturwissenschaft. Wien 1837 (Sitzung am 23. Juni 1846). S. 65.

Österreichische Vierteljahreszeitschrift für wissenschaftliche Veterinärkunde. Herausgegeben von den Mitgliedern des Wiener k.k. Thierarznei-Institutes. Bd. 47. Wien 1877.

Fischer, Isidor: Wiens Mediziner und die Freiheitsbewegung des Jahres 1848. (= Wiener medizingeschichtliche Beiträge 1) Wien: 1935.

Literaturliste:

Comfort, Richard: Dissertatio Inauguralis Medico-Pharmacologica De Guajaco, Quam Consensu Et Auctoritate Excellentissimi ac Illustrissimi Domini Praesidis Et Directoris Perillustratris Ac Spectabiblis Domini Decani Nec Non Clarissimorum Et Celeberrimorum D.D Professorum Pro Doctoris Medicinae Laurea Rite Obtinenda In Antiquissima Ac Celeberrima Scientiarum Univeritate Vindobonensi Publicae Disquisitioni Submittit Richardus Comfort, Pressburgensis : Theses adnexae defendentur in aedibus Universitatis die. Wien: Typis Congregationis Mechitaristicae 1835.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/historische Dissertations-Bibliothek, Sign.: D-2310]

Comfort, Richard: Über Hahnemann’s Heilmethode. Wien: Verlag von J.G. Heubner 1839.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 49144]

Keywords:

1848, Dissertation, Homöopathie, Revolution, Richard Comfort, Salomon Hahnemann, Veterinärmedizin, Arzt, Wien

[1] Archiv der Universität Wien, Med. Fak., Dekanat, Rigorosen- und Promotionsprotokolle, Nr. 170 – Rigorosenprotokoll (1821-1871) und Nr. 175 – Promotionsprotokoll (1818-1840).

[2] Österreichische Vierteljahreszeitschrift für wissenschaftliche Veterinärkunde. Herausgegeben von den Mitgliedern des Wiener k.k. Thierarznei-Institutes. Bd. 47. Wien: 1877. S. 123.

[3] Wiener Zeitung. 1.4.1840. S. 567.

[4] Verzeichnis der Todten und Blessierten am 6. und 7. October 1848. In: Dunder, W.G.: Denkschrift über die Wiener October-Revolution: Ausführliche Darstellung aller Ereignisse […]. Wien 1849. Wiener Zeitung. 3.12.1848, S. 1245.

Normdaten (Person) Comfort, Richard : BBL: 38862; GND1135151652

Bio-bibliografisches Lexikon (BBL)/Liste aller Beiträge der VS-Blog-Serie: Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien

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Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien [75]: Medizinier in der Revolution 1848: Ernst Krackowizer

Medizinier in der Revolution 1848: Ernst Krackowizer

Text: Dr. Walter Mentzel

Ernst Krackowizer arbeitete 1848 als Chirurg und Assistent am Allgemeinen Krankenhaus in Wien und gehörte zu jenen Medizinern, die wegen ihrer aktiven Beteiligung an der Revolution von 1848 nach deren Niederschlagung verfolgt wurden und das Kaisertum Österreich verlassen mussten.

Ernst Nepomuk Krackowizer wurde am 3. Dezember 1821 in Spital am Pyhrn in Oberösterreich als Sohn des kaiserlichen Richters Ferdinand Krackowizer (1777-1826) und Theresia Richter (1794-1866) als eines von acht Kindern geboren. Nach dem Besuch des Stiftsgymnasiums in Kremsmünster studierte er an den Universitäten in Wien und Pavia Medizin. 1845 schloss er sein Studium in Wien mit seiner Graduierung zum Doktor der Medizin und der Chirurgie, sowie 1846/47 mit dem Magister der Geburtshilfe ab. Zunächst ließ er sich 1847 in Steyr als Arzt nieder,[1] übernahm jedoch noch im selben Jahr eine Assistentenstelle bei dem Chirurgen Franz Schuh (1804-1865) an der chirurgischen Klinik am Allgemeinen Krankenhaus der Stadt Wien.[2]

Ernst Krackowizer

An der Revolution von 1848 nahm Krackowizer als Hauptmann der Akademischen Legion teil und beteiligte sich vor allem während des sogenannten „Wiener Oktoberaufstandes“ an den Straßenkämpfen gegen die aus Wien nach Ungarn zur Niederschlagung der Revolution ausziehenden kaiserlichen Truppen und an den darauf anschließenden Kämpfen um die Belagerung Wiens. Nach der Eroberung Wiens durch die kaiserliche Armee wurde er von den Polizeibehörden verfolgt und steckbrieflich gesucht. Nachdem ihm die Flucht aus Wien geglückt war, arbeitete er in Tübingen als Assistent des Chirurgen Victor von Bruns (1812-1883). Da er auch hier vor der Verfolgung aufgrund einer von den österreichischen Behörden verlangten Auslieferung nicht sicher war, flüchtete er zunächst nach Kiel, von wo er schließlich 1850 in die USA emigrierte. In New York heiratete er 1851, die aus der Steiermark stammende und ihm 1850 in die USA nachgefolgte Emilie Forster (1826-1919). Mit ihr hatte er eine Tochter, Maria, die 1887 den Ethnologen, Sprachwissenschafter und Physiker Franz Boas (1858-1942) heiratete. Von Ernst Krackowizer sind eine Reihe von Briefen erhalten, die er während und nach der Revolution von 1848 geschrieben hatte. Sie wurden im „Journal of the history of medicine and allied science“ (Voll III, Nr. 1, December 1948, S. 65-94) von seinem Enkel, Ernst von Boas (1891-1955), unter dem Titel „A Refugee Doctor of 1850“ veröffentlicht.

In den USA arbeitete Krackowizer nach seiner Ankunft zuerst als praktischer Arzt in Williamsburg und nach seiner 1857 erfolgten Übersiedlung nach New York als Chirurg am Brooklyn City Hospital, am German Dispensary und am German Hospital (Lenox Hill Hospital). Krackowizer avancierte in den USA zu einem renommierten Chirurgen und führenden Laryngologen, der hier auch angeblich den Kehlkopfspiegel bekannt gemacht haben soll. Er war Mitglied und Vorsitzender der „Pathological Society“ sowie der „Medical Society of the Country of New York“, Mitbegründer des „Deutsche Hospital“ und gründete 1852 gemeinsam mit Kollegen die „New Yorker medizinische Monatsschrift“. Ebenso engagierte er sich als Mitglied im 1871 gegründeten „Committee of Seventy“, einer Bürgerreformbewegung, die sich zur Kontrolle der Regierung konstituiert hatte.

Während des Sezessionskrieges (1861-1865) diente Krackowizer, der ein deklarierter Gegner der Sklaverei und ein Anhänger des republikanischen Präsidenten Abraham Lincoln war, auf der Seite der Nordstaaten sowohl als Generalinspekteur der Militärspitäler und beratender Chirurg der Unionsarmee, als auch in zwei Schlachten als Chirurg in Feldspitälern.

Krackowizer starb am 23. September 1875 an Typhusfieber auf seinem Landgut Greenmount in Sing-Sing (Ossining) in der Nähe von New York City. 1876 gaben seine Freunde und Kollegen in New York zu seinem Andenken ein Gedenkbuch („In Memory of Ernst Krackowizer“) heraus. [3]

Von Ernst Krackowizer besitzt die Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin seine 1845 an der Universität Wien approbierte Dissertation mit dem Titel „De Nexu Functionum Organicarum“.

Krackowizer: De Nexu Functionum Organicarum […]. Wien: 1845.

Weiters findet sich an der Zweigbibliothek zu Ernst Krackowizer der von Abraham Jacobi verfasste Nachruf:

Jacobi, Abraham: Biographical Sketch of Ernst Krackowizer. Abschrift aus: In memory of Ernst Krackowizer. New York: Putnam 1875.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Abschr.589]

http://webapp.uibk.ac.at/alo/cat/card.jsp?id=8590092&pos=1&phys=#

sowie Althof, H.: Rede [über Ernst Krackowizer] Abschrift aus: In memory of Ernst Krackowizer. New York: Putnam 1875.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Abschr. 619]

http://webapp.uibk.ac.at/alo/cat/card.jsp?id=8536569&pos=0&phys=#

und: Obituary Dr. Ernst Krackowizer. New York: 1875. Abschrift aus: New Yorker Staats-Zeitung, Jg. 41. Nr. 229.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Abschr. 618]

http://webapp.uibk.ac.at/alo/cat/card.jsp?id=8599586#

Quellen:

AUW, Rektorat, Med. Fakultät, Promotionsprotokolle, Sign. 176-435, Krackowitzer Ernest (Promotion Datum 18.3.1845).

AUW, Rektorat, Med. Fakultät, Promotionsprotokolle, Sign. 176-0320, Krackowitzer Ernest (Promotion Datum 21.2.1847).

Literaturliste:

Krackowizer, Ernst: Dissertatio Inauguralis Chemico-Physiologica De Nexu Functionum Organicarum, Quam Consensu Et Auctoritate Illustrissimi Ac Magnifici Domini Præsidis Et Directoris, Perillustris Ac Spectabilis Domini Decani, nec non Clarissimorum Et Celeberrimorum D. D. Professorum pro Doctoris Medicinae Laurea Rite Obtinenda in antiquissima ac celeberrima Universitate Vindobonensi. In theses disputabitur in aedibus Universitatis die […] mensis Martii anni 1845. Wien: Typis Carolis Ueberreuter 1845.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/historische Dissertations-Bibliothek, Sign.: D-3058]

Keywords:

1848, Allgemeines Krankenhaus Wien, Chirurgie, Dissertation, Ernst von Boas, Ernst Krackowizer, Franz Boas, Franz Schuh, Kehlkopfspiegel, Laryngologie, Medical Society of the Country of New York, New York, New Yorker medizinische Monatsschrift, Pathological Society, Revolution, USA, Victor von Bruns, Medizingeschichte, Wien, Arzt

[1] Linzer Zeitung. 17.5.1847. S. 14.

[2] Wiener Zeitung. 10.1.1848. S. 1.

[3] Wiener medizinische Wochenschrift. Nr. 38. 1876. Sp. 950.

Normdaten (Person) Krackowizer, Ernst: BBL: 30943; GND: 1017307725

Bio-bibliografisches Lexikon (BBL)/Liste aller Beiträge der VS-Blog-Serie: Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien

Bitte zitieren als VAN SWIETEN BLOG der Universitätsbibliothek der Medizinischen Universität Wien, BBL: 30943 (13.09.2018); Letzte Aktualisierung: 2022 08 29
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Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien [73]: Revolution 1848: Der Revolutionär und Mediziner Adolf Fischhof im Revolutionsjahr 1848 und seine 1845 am Josephinum vorgelegte Dissertation: Fischhof, Adolf

Revolution 1848: Der Revolutionär und Mediziner Adolf Fischhof im Revolutionsjahr 1848 und seine 1845 am Josephinum vorgelegte Dissertation: Fischhof, Adolf: Dissertatio Inauguralis Medica De Pilorum Defluvio, Quam Consensu Et Auctoritate Illustrissimi Ac Magnifici Domini Praesidis Ac Directoris, Perillustris Ac Spectabilis Domini Decani, Nec Non Clarissimorum Ac Celeberrimorum D.D. Professorum Pro Doctoris Medicinae Laurea Nummisque In Arte Medica Honoribus Et Privilegiis Rite Obtinendis In Antiquissima Ac Celeberrima Universitate Vindobonensi Publicae Eruditorum Disquisitioni Submittit Adolphus Fischhof, Hungarus Pestinensis. In theses adnexas disputabitur in aedibus Universitatis die […] mensis […] 1845. Wien: Typis Josephi de Hirschfeld 1845.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/ Medizinhistorische Dissertations-Bibliothek, Sign.: D2464]

http://webapp.uibk.ac.at/alo/cat/card.jsp?id=8417362&pos=0&phys=

Text: Dr. Walter Mentzel

Ärzte und Studenten an der Medizinischen Fakultät und am Josephinum waren in Wien an der Revolution von 1848 der Größe ihrer Berufs- und Standesgruppe nach überproportional vertreten. Sie nahmen für ihr Engagement politische und soziale Veränderungen herbeizuführen und ihrem Eintreten für Reformen der Universitätsausbildung und der Wissenschaftsorganisation ihre berufliche und bürgerliche Existenz in Kauf. Manche mussten aus Österreich fliehen, wurden in Abwesenheit zum Tode verurteilt, oder verloren ihre staatsbürgerlichen Rechte, die sei meist erst 20 Jahre später – zu Beginn der „liberalen Ära“ – mit dem im Staatsgrundgesetz von 1867 („Dezemberverfassung“) enthaltenen Grundrechtskatalogen wiedererlangten.

Abb.: 1 Adolf Fischhof

Einer von ihnen war der bis in die Märztage 1848 weitgehend unbekannte Sekundararzt am Wiener Allgemeinen Krankenhaus, Adolf Fischhof (*8.12.1816 Ofen (Budapest), gest. 23.3.1893 Emmersdorf/Klagenfurt). Fischhof, der aus einer armen jüdischen Familie stammte und zwischen 1836 und 1844 in Wien an der Medizinischen Fakultät studierte, formulierte in einer öffentlichen Ansprache am 13. März 1848 im niederösterreichischen Landhaus vor einer Versammlung von Demonstranten das Programm der Revolution: Pressefreiheit, Geschworenengerichte, Freiheit der Lehre und das Zusammenwirken aller Nationen Österreichs. Mit seiner Rede erreichte er nicht nur eine immense öffentliche Bekanntheit, sondern wurde in den folgenden Monaten zu einer der führenden Persönlichkeiten der Revolution von 1848. Der Medizinhistoriker Isidor Fischer (1868-1943) schrieb 1935 in seiner Arbeit zu „Wiens Mediziner und die Freiheitsbewegung des Jahres 1848“ dazu: „Es war das erste freie Wort, das in Österreich gesprochen worden ist“ und zitierte Fischhof auf dieser Versammlung mit den Worten: „Ich habe es gewagt, ich bin Dr. Fischhof.“

Adolf Fischhof nahm während der Revolution eine führende Position in der Akademischen Legion – einer bewaffneten Studentenschaft – ein, in der er als Kommandant des Mediziner-Corps die stärkste Gruppe der Akademiker und Studenten führte, die sich neben Hörern der Medizinischen Fakultät auch aus Schülern der medizinisch-chirurgischen Josephs-Akademie rekrutierte. Ihr gehörten Professoren wie Ferdinand von Hebra (1816-1880), Carl von Rokitansky (1804-1878)und Joseph Skoda (1805-1881) an. Er war in dem im Mai 1848 geschaffenen „politischen Zentralkomitee“ sowie im Studentenkomitee tätig und nahm als Präsident des Sicherheitsausschusses der Stadt Wien eine weitere Schlüsselrolle in einem während der Revolution geschaffenen zentralen Organ ein. Im Juni 1848 kandidierte er neben einer Reihe von Medizinern auf der Liste der Abgeordneten zum konstituierenden österreichischen Reichstag und kam neben dem Mediziner Joseph Goldmark (1818-1881), der nach der Niederschlagung der Revolution „in Abwesenheit“ zum Tode verurteilt wurde und nach Amerika flüchtete, in einem Auswahlverfahren in den engeren Kandidatenkreis.[1] Nachdem er zum Reichstagsabgeordneten im konstituierenden Reichstag gewählt worden war, erfolgte am 18. Juli 1848 seine Ernennung zum Ministerialrat im Ministerium des Inneren, wo er dem Sanitätsreferat vorstand und diese Stellung bis Oktober 1848 behielt.

Nach der Niederschlagung der Revolution verlor Fischhof seine staatsbürgerlichen Rechte, wurde inhaftiert und nach einer neunmonatigen Haft im Dezember 1849 entlassen.[2] Erst 1864 beantragte das Medizinische Doctoren-Collegium auf den Weg eines Gnadengesuches seine Rehabilitierung und die Wiederherstellung seiner „politischen Rechte“.[3] Gleichzeitig wurde er weiterhin von Konservativen als „Agitator von 1848“ angefeindet.[4] Im Jänner 1867 wurde er schließlich von Kaiser Franz Joseph (1830-1916) amnestiert und rehabilitiert.[5] Danach engagierte er sich neben seiner Arbeit in seiner ärztlichen Praxis politisch – auch in Publikationen – weiter in Verfassungsfragen und des Ausgleichs mit Ungarn und trat wie schon im März 1848 weiterhin für eine Zusammenarbeit aller Nationen der Habsburgermonarchie auf der Basis einer liberalen Staatsordnung ein.

Von Adolf Fischhof besitzt die Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin seine 1845 approbierte Dissertation.

Abb.: 2 Fischhof: Dissertatio Inauguralis […]. Wien: 1845.

Fischhof, Adolf: Dissertatio Inauguralis Medica De Pilorum Defluvio, Quam Consensu Et Auctoritate Illustrissimi Ac Magnifici Domini Praesidis Ac Directoris, Perillustris Ac Spectabilis Domini Decani, Nec Non Clarissimorum Ac Celeberrimorum D.D. Professorum Pro Doctoris Medicinae Laurea Nummisque In Arte Medica Honoribus Et Privilegiis Rite Obtinendis In Antiquissima Ac Celeberrima Universitate Vindobonensi Publicae Eruditorum Disquisitioni Submittit Adolphus Fischhof, Hungarus Pestinensis. In theses adnexas disputabitur in aedibus Universitatis die […] mensis […] 1845. Wien: Typis Josephi de Hirschfeld 1845.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/ Medizinhistorische Dissertations-Bibliothek, Sign.: D2464]

http://webapp.uibk.ac.at/alo/cat/card.jsp?id=8417362&pos=0&phys=

Quellen:

Fischer, Isidor: Wiens Mediziner und die Freiheitsbewegung des Jahres 1848. (= Wiener medizingeschichtliche Beiträge 1) Wien: 1935.

Häusle, Wolfgang: Die Revolution von 1848 und die Wiener Mediziner. In: Österreichische Ärztezeitung. (15/16) 1973. S. 883-885

[1] Wiener Zeitung, 23.6.1848, S. 3.

[2] Die Presse, 4.12.1849, S. 2.

[3] Allgemeine Wiener medizinische Zeitung, 26.4.1864, S. 5-6

[4] Das Vaterland, 24.1.1866, S. 2.

[5] Wiener medizinische Wochenschrift, 1867, S. 95.

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Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien [69]: Fischer August: Militärarzt, Schriftsteller, Theaterkritiker

Fischer August: Militärarzt, Schriftsteller, Theaterkritiker

Text: Dr. Walter Mentzel

August Fischer wurde am 15. Februar 1821 in Poysbrunn in Niederösterreich geboren. Er wuchs als neuntgeborenes Kind in einer kinderreichen Familie als Sohn von Anton Adolf Fischer (1791-1877), einem Verwalter der Herrschaft Enzersdorf im Thale, und seiner Mutter Anna (1801-1883) geborene Colbrie, auf. Nach dem Besuch der Gymnasien in Horn und Budweis, trat er zum Studium der Medizin in das chirurgisch-militärärztliche Josephinum ein. Am 28. Oktober 1845 schloss er das Studium mit dem Titel des Doktors der Medizin und Chirurgie und eines Magisters der Augenheilkunde und Geburtshilfe ab.

Titelblatt: Fischer, August: […] De exercitiis gymnasticis […]. Wien: 1845

Fischer, August: Dissertatio Inauguralis Medica Physiologico-Diaetetica De Exercitiis Gymnasticis, Quam Consensu Atque Auctoritate Illustrissimi Ac Magnifici Domini Praesidis Et Directoris, Clarissimorum Atque Celeberrimorum D. D. Professorum Pro Doctoris Medicinae Et Chirurgiae Laurea Rite Obtinenda In Celeberrima C. R. Academia Josephina Publicae Disquisitioni. Theses adnexae defendentur in aedibus Academiae Josephinae die … mensis Octobris 1845. Wien: Typis Congregationis Mechitaristicae 1845.

Nach seinem Studium begann er seine medizinische Laufbahn als Militärarzt bei der Armee, wo er als Oberarzt dem k.k. Kürassier-Regiment (Nr. 4) von Carl Freiherr von Mengen (1774-1851) zugeteilt wurde.

Daneben setzte er seine bereits während seines Studiums begonnene Arbeit als Schriftsteller fort, schrieb Theaterkritiken und Rezensionen für Zeitungen wie „Sonntagsblätter“, „Wanderer“, „Österreichisches Morgenblatt“ und „Wiener Zuschauer. Zeitschrift für Gebildete“ (Der Österreichische Zuschauer, Zeitschrift für Kunst, Wissenschaft). Hier publizierte er auch seine Gedichte.

Ab April 1848 nahm er in Italien als Militärarzt an der Niederschlagung des ersten italienischen Unabhängigkeitskrieges durch die österreichische Armee und deren Oberkommandierenden Graf Johann Joseph Wenzel von Radetzky (1766-1858) teil. In diesen Wochen bis zu seinem Tod berichtete er als Kolumnist für die „Wiener Abendzeitung“ über seine Eindrücke und Erlebnisse am Kriegsschauplatz in der Lombardei[1], die er im Stil eines Kriegsberichterstatters verfasste.[2]

August Fischer verstarb am 11. Juli 1848 in einem österreichischen Feldspital in Verona an Typhus[3] und wurde in Enzersdorf im Thale in Niederösterreich bestattet.

Quellen:

Erzdiözese Wien. Niederösterreich, Poysdorf, Taufbuch 01-04, 1788-1836, Folio 119, Fischer August.

Literaturliste:

Fischer, August: Dissertatio Inauguralis Medica Physiologico-Diaetetica De Exercitiis Gymnasticis, Quam Consensu Atque Auctoritate Illustrissimi Ac Magnifici Domini Praesidis Et Directoris, Clarissimorum Atque Celeberrimorum D. D. Professorum Pro Doctoris Medicinae Et Chirurgiae Laurea Rite Obtinenda In Celeberrima C. R. Academia Josephina Publicae Disquisitioni. Theses adnexae defendentur in aedibus Academiae Josephinae die … mensis Octobris 1845. Wien: Typis Congregationis Mechitaristicae 1845.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/historische Dissertations-Bibliothek, Sign.: D-1845/8]

Keywords:

1848, August Fischer, Carl Freiherr von Mengen, Italien, Johann Joseph Wenzel von Radetzky, Josephinum, Militärarzt, Arzt, Wien, Medizingeschichte

[1] Wiener Abendzeitung, 2.8.1848, S. 4.

[2] Wiener Abendzeitung, 15.5.1848, S. 1.

[3] Der österreichische Zuschauer (Wiener Zuschauer. Zeitschrift für Gebildete). Zeitschrift für Kunst, Wissenschaft und geistiges Leben, 28.7.1848, S. 951.

Normdaten (Person) Fischer, August: BBL: 30460; GND: 1266890408

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