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Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien [309]: Flamm, Ignaz Hermann – Hof- und Sanitätsrat am kaiserlichen Habsburgerhof und Arzt des „Witwen- und Waisenvereines der Hofbeamten und Diener“

Flamm, Ignaz Hermann – Hof- und Sanitätsrat am kaiserlichen Habsburgerhof und Arzt des „Witwen- und Waisenvereines der Hofbeamten und Diener“

Autor: Dr. Walter Mentzel

Published online: 07.11.2024

Keywords: Hof- und Sanitätsrat, Witwen- und Waisenvereine der Hofbeamten und Diener, Medizingeschichte, Wien

Ignaz Hermann Flamm wurde am 27. Februar 1814 als Sohn des aus Brünn stammenden Händlers Franz David Flamm und „Ferl“, geborene Ehrentheil, in Loschitz in Mähren (heute Lostice/Tschechien) geboren. Flamm war nach seiner Mutter jüdischer Herkunft und konvertierte am 31. Oktober 1842 in der Hofburg-Pfarre des Habsburgerhofes in Wien zum katholischen Glauben und nahm den Zusatznamen Ignatius an – sein Taufpate war der Mediziner und Primararzt an der Heil- und Pflegeanstalt am Bründlfeld in Wien Michael Viszanik (1792-1872). Nach dem Tod seiner ersten Ehefrau war er in zweiter Ehe seit 1863 mit Maria Victoria Lipp verheiratet, mit der er die Tochter Paula Flamm hatte.

Flamm studierte an der Universität Wien Medizin und promovierte am 30. Juni 1840 zum Doktor der Medizin und zum Magister der Geburtshilfe sowie am 4. August 1844 zum Doktor der Chirurgie. Seit 1842 arbeitete er als Praktikant im Allgemeinen Krankenhaus in Wien, seit zirka 1847 besaß er eine Arztpraxis in Wien 1, Bognergasse[1] und danach in der Wallnerstraße.

Arzt am k.k. Hofstaat der Habsburger

Seit spätestens 1846 arbeitete Flamm als Schlossarzt am kaiserlichen „Lustschloss Schönbrunn“. Mit der Entschließung von Kaiser Ferdinand I. (1793-1875) vom 30. Dezember 1847 erhielt er seine Ernennung zum k.k. Hofarzt mit „systemmäßigen Bezügen“[2] und ab 1873 gehörte er neben den Leibärzten als Hof-Sanitätsrat jenen dem Hofstaat zugeordneten und amtierenden Medizinern an.[3] Weiters wirkte er am Hofe auch als Arzt des „Witwen- und Waisenvereines der Hofbeamten und Diener“.

Flamm gehörte der Medizinischen Fakultät und dem Doctoren-Collegium an, an dessen wissenschaftlichen Sitzungen er regelmäßig teilnahm und trat 1866 als ordentliches Mitglied der Gesellschaft der Ärzte bei.[4] 1856 nahm er an der 33. Versammlung der deutschen Ärzte und Naturforscher als Mitglied der Sektion Staats-Arzneikunde und Psychiatrie teil.[5]

Cholera-Epidemie in Wien 1854/55 und 1873

Im Zuge der Cholera-Epidemien der Jahre 1854 und 1855 in Wien publizierte er die Artikelserie „Cholera und Vergiftung“,[6] die 1856 als Sonderdruck unter dem Titel „Cholera und Vergiftung (Zur Pathologie, Therapie und Sanitätspolizei der Cholera)“ erschien. Während der Cholera-Epidemie im Jahr 1873 gehörte er der Sanitätssektion des Gemeinderates in Wien an.

Bei der 1865 im Doctoren-Collegium geführten Impfpflicht-Debatte, zu der vom Collegium ein Gutachten erstellt wurde, schloss er sich der Mehrheitsmeinung an, die sich gegen einen gesetzlichen Impfzwang aussprach.[7] 1872 forderte er Durchlüftungsmaßnahmen und die Einrichtung von Ventilationen in von Menschen überfüllten Räumen zur präventiven Bekämpfung von epidemischen Krankheiten.[8]

Trichinen-Ausbruch in preußisch-Schönebeck 1868

Den Trichinen-Ausbruch in Schönebeck in Preußen studierte er vor Ort und berichtete darüber im selben Jahr in der Wiener medizinischen Wochenschrift unter dem Titel „Die Trichinen-Endemie in Schönebeck bei Magdeburg“.

Weiters engagierte sich Flamm als Mitglied in dem 1851 gegründeten Krippenverein der Inneren Stadt, einem Zweigverein des Wiener Zentral-Krippenvereins, für den er auch als Vereinsarzt tätig war.[9] 1872 erfolgte durch das Oberhofmeisteramt seine Delegierung in den städtischen Gesundheitsrat.[10]

1884 trat Flamm in den Ruhestand und erhielt im selben Jahr den Titel des k.k. Hofrates.[11] Er verstarb am 9. August 1886 in Baden bei Wien.

Flamm Hermann: Todesanzeige, Neue Freie Presse, 11.8.1886, S. 14.

Quellen:

Matriken der Erzdiözese Wien, Rk. Erzdiözese Wien 01., Hofburg-Pfarre, Taufbuch, Sign. 1-4, 1842, Folio 70, Flamm Hermann.

Matriken der Erzdiözese Wien, Rk. Erzdiözese Wien 01., St. Stephan, Trauungsbuch, Sign. 2-90, 1862, Folio 22, Flamm Hermann.

UAW, Rektorat, Med. Fakultät, Rigorosen- und Promotionsprotokolle, Sign. 170-57r, Flamm Hermann (Rigorosum 1839).

UAW, Rektorat, Med. Fakultät, Rigorosen- und Promotionsprotokolle, Sign. 170-58a, Flamm Hermann (Rigorosum 1841).

UAW, Rektorat, Med. Fakultät, Rigorosen- und Promotionsprotokolle, Sign. 175-1202, Flamm Hermann (Promotion Datum: 30.6.1840).

UAW, Rektorat, Med. Fakultät, Rigorosen- und Promotionsprotokolle, Sign. 176-0209, Flamm Hermann (Promotion Datum: 4.8.1844).

Literatur:

Flamm, Hermann Ignaz: Cholera und Vergiftung. (Zur Pathologie, Therapie und Sanitätspolizei der Cholera). Wien: Braumüller 1856.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 1339]

Flamm, Hermann Ignaz: Die Trichinen-Endemie in Schönebesck bei Magdeburg. Sonderdruck aus: Wiener medicinische Wochenschrift. Wien: Druck von Carl Finsterbeck 1868.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Referenzen:

[1] Verzeichniß des sämmtlichen zur Ausübung seiner Kunst in Wien berechtigten Sanitäts-Personals (Hg. Wiener medicinische Fakultät, Wien 1849, S. 3.

[2] Wiener Zeitung, 3.1.1848, S. 1.

[3] Österreichische Zeitschrift für Verwaltung, 13.11.1873, S. 184.

[4] Zeitschrift der k.k. Gesellschaft der Ärzte zu Wien, 1866, S. 156.

[5] Wiener medizinische Wochenschrift, Beilage Journal-Revue, Nr. 1, 1856, Sp. 8.

[6] Wiener medizinische Wochenschrift. Beilage, 1855, Sp. 623-625; Nr. 40, 1855, Sp. 639-642; Nr. 41, 1855, Sp. 656-657; Nr. 42, 1855, Sp. 670-672; Nr. 48, 1855, Sp. 770-772; Nr. 52, 1855, Sp. 838-840; Nr. 2, 1856, Sp. 24-25; Nr. 4, 1856, Sp. 56-57; Nr. 8, 1856, Sp. 120-122; Nr. 17, 1856, Sp. 266-270.

[7] Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 10, 1865, Sp. 159.

[8] Neue Freie Presse, 17.2.1872, S. 7.

[9] Krippen-Kalender. Jahrbuch für Frauen und Mütter, Wien 1854, S. 46.

[10] Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 48, 1872, Sp. 1218.

[11] Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 49, 1884, Sp. 1479.

Normdaten (Person): Flamm, Ignaz Hermann: BBL: 45252; GND: 1158729200;

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Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien [306]: Vajda, Ladislaus – Dermatologe, Leiter der „Privatheilanstalt Dr. Ladislaus von Vajda“ und Abteilungsleiter für Syphilis am Kaiser Franz Josef-Ambulatorium

Vajda, Ladislaus – Dermatologe, Leiter der „Privatheilanstalt Dr. Ladislaus von Vajda“ und Abteilungsleiter für Syphilis am Kaiser Franz Josef-Ambulatorium

Autor: Dr. Walter Mentzel

Published online: 04.11.2024

Keywords: Dermatologe, Privatheilanstalt, Kaiser Franz Josef-Ambulatorium, Medizingeschichte, Wien

Ladislaus (Laszlo) von Vajda wurde als Sohn des Bürgermeisters von Nagykörös, Laszlo Vajda, und Susanne, geborene Gal, am 1. März 1847 in Nagykörös in Ungarn geboren. Nachdem er 1864 das Gymnasium in Nagykörös absolviert hatte, studierte er an der Universität Wien Medizin. Am 31. Jänner 1870 promovierte er zum Doktor der Medizin, am 3. Februar 1870 erhielt er den Titel Magister der Geburtshilfe und am 27. Juli 1870 promovierte er zum Doktor der Chirurgie.

1869/70 leistete er seinen Militärdienst als Einjährig-Freiwilliger und Assistenzarzt an der Abteilung für Syphilis und Hautkrankheiten bei Professor Albert Reder (1826-1904) im Garnisonsspital Nr. 1 in Wien ab.[1] 1871 erfolgte seine Ernennung zum Reserveoberarzt im Spital des k.u.k. Infanterie-Regiments Nr. 12.[2]

Von November 1871 bis 1875 war er zuerst als Sekundararzt und ab 1873 als Assistenzarzt im Allgemeinen Krankenhaus in Wien an der Klinik für Syphilis bei Karl Ludwig Sigmund (1810-1883) und bei Hermann von Zeisel (1817-1884) tätig. 1871 erhielt er eine Auszeichnung von der k.k. nö. Statthalterei anlässlich seines Einsatzes während der Typhusepidemie in Wien im Jahr 1870. 1872 publizierte er an der Klinik „Lostorfer’sche Syphiliskörperchen[3] (Teil 2) und 1875 „Beiträge zur Anatomie der syphilitischen Papeln der Geschlechtstheile“. Nachdem er 1875 als Assistent emeritierte, erfolgte 1876 seine Habilitation im Fach Syphilis und die Verleihung des Titel eines Privatdozenten.[4]

In den folgenden Jahren veröffentlichte er 1880 seinen im Dezember 1879 gehaltenen Vortrag in der Gesellschaft der Ärzte zu „Kann die während der Schwangerschaft acquirierte Syphilis der Mutter auf das Kind (in utero) übertragen werden? [5] und im selben Jahr gemeinsam mit Heinrich Paschkis (1849-1923) die Monografie „Über den Einfluss des Quecksilbers auf den Syphilisprocess mit Berücksichtigung des sogenannten Mercurialismus“. 1882 erschien von ihm „Ueber einige seltenere Befunde bei der chronischen Blennorrhöe der männlichen Harnröhre“,[6] und 1901 der Aufsatz „Ueber ein Urethro-Calibromanometer und dessen Anwendung“.

Vajda war 1897 Mitbegründer des Ärztlichen Vereins für den 7. Wiener Gemeindebezirk, weiters gehörte er seit 1875 als ordentliches Mitglied der Gesellschaft der Ärzte in Wien an,[7] sowie seit 1890 als korrespondierenden Mitglied der „Société de Dermatologie et de Syphiligraphie“ in Paris.[8] 1912 wurde er zum Ehrenmitglied der Accademia Fisico-Chimica Italiano in Palermo gewählt.[9]

Privatheilanstalt Dr. Ladislaus von Vajda

1885 erhielt er von der niederösterreichischen Statthalterei die Bewilligung zur Errichtung einer Privatanstalt in Wien 8, Blindengasse 29, die er bis 1901 leitete.

Ambulatorium Mariahilf und Abteilungsvorstand am Kaiser Franz Josef-Ambulatorium

Weiters war Vajda seit 1894 als Arzt am Ambulatorium in Mariahilf (Wien 6, Esterhazygasse 31) und von 1897 bis zu seinem Tod als Abteilungsleiter für Syphilis am Kaiser Franz Josef-Ambulatorium tätig, wo er auch seit 1900 Vorlesungen und Kurse hielt.[10]

Ladislaus von Vajda verstarb am 17. Juni 1916 in Wien.[11] Er hinterließ ein beträchtliches Vermögen u.a. aus einer Reihe von Liegenschaften und Häusern, das er testamentarisch zu einem Teil seiner Geburtsstadt hinterließ. Einen weiteren Teil aus dem Vermögensnachlass widmete er testamentarisch einem zu schaffenden Wohltätigkeits-Stiftungsstipendium für Student:innen, das heute noch an der Universität Wien als „Dr. Ladislaus Vajda-Stiftung“ existiert. Seine Privatbibliothek überließ er der Universität in Debrecen.[12]

Quellen:

UAW, Rektorat, Med. Fakultät, Rigorosen- und Promotionsprotokolle, Sign. 182-403, Vajda (Promotion Datum: 27.7.1870).

UAW, Rektoratsarchive, Akademischer Senat, Akten-Sonderreihe, S 304 Personalblätter, Senat S 304.1313 Vajda Ladislaus.

WStLA, Sonderregistraturen, Stiftungen, Magistrat Stiftsbriefe, 1.2.4.7.1.A1.1007, Ladislaus Vajda Nagy-Köröser Advokat seines gleichnamigen Sohnes des Wiener Arztes Stiftung (Dr. Ladislaus Vajda-Stiftung).

WStLA, Sonderregistraturen, Stiftungen, Magistrat Stiftsbriefe, 1.2.4.7.1.A1.325 – Ladislaus Vajda, Nagy Köröser Arztstiftung, (6.12.1963).

Privatheilanstalt des Dr. Ladislaus von Vajda, VIII. Bezirk, Blindengasse Nr. 29 in Wien. In: Jahresbericht des Wiener Stadtphysikates über seine Amtsthätigkeit sowie über die Gesundheitsverhältnisse Wiens und der städtischen Humanitäts-Anstalten in den Jahren 1885 und 1886, (Hg. vom Wiener Stadtphysikat), Wien 1887, S. 355-356.

Heil- und andere Humanitätsanstalten. In: Bericht über die Sanitären Verhältnisse und Einrichtungen im Erzherzogthume Österreich unter der Enns für das Jahr 1896, (Hg. von der k.k. Nieder-Österreichischen Statthalterei), Wien 1897, S. 130-225.

Literatur:

Vajda, Ladislaus: Beiträge zur Anatomie der syphilitischen Papeln der Geschlechtstheile. (Hiezu Tafel VII.) Sonderdruck aus: Medizinische Jahrbücher. O.O.: 1875.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Vajda, Ladidlaus und Heinrich Paschkis: Über den Einfluß des Quecksilbers auf den Syphilisprocess mit Berücksichtigung des sogenannten Mercurialismus. Klinische und chemische Untersuchungen. Wien: Braumüller 1880.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 135]

Vajda, Ladislaus: Ueber ein Urethro-Calibromanometer und dessen Anwendung. Sonderdruck aus: Wiener medizinische Wochenschrift. Wien: Verlag von Moritz Perles 1901.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Referenzen:

[1] Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 17, 1870, Sp. 27, Allgemeine Wiener medizinische Zeitung, 22.2.1870, S. 88.

[2] Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 14, 1871, Sp. 327.

[3] Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 8, 1872, Sp, 174-176; Nr. 9, 1872, Sp. 197-200.

[4] Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 13, 1876, Sp. 309.

[5] Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 30, 1880, Sp. 837-841; Nr. 31, 1880, Sp. 865-869; Nr. 32, 1880, Sp. 894-899.

[6] Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 37, 1882, Sp. 1097-1102; Nr. 38, 1882, Sp. 1133-1136.

[7] Allgemeine Wiener medizinische Zeitung, 20.4.1875, S. 136.

[8] Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 3, 1890, Sp. 126.

[9] Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 25, 1912, Sp. 1718.

[10] Wiener klinische Rundschau, Nr. 39, 1900, S. 788.

[11] Verzeichnis der Verstorbenen / verl. und hrsg. vom Wiener Magistrate. Wien: Magistrat, 1767-1942 : (1916)

[12] Die Zeit, 26.6.1916, S. 3.

Normdaten (Person): Vajda, Ladislaus : BBL: 45244; GND: 1346325766;

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Letzte Aktualisierung: 2024 11 04

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Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien [301]: Pirquet, Clemens – Professor und Leiter der I. Universitäts-Kinderklinik im Allgemeinen Krankenhaus in Wien

Pirquet, Clemens – Professor und Leiter der I. Universitäts-Kinderklinik im Allgemeinen Krankenhaus in Wien

Autor: Dr. Walter Mentzel

Published online: 12.09.2024

Keywords: Kinderarzt, I. Universitäts-Kinderklinik, Allgemeines Krankenhaus Wien, St. Anna-Kinderspital, Allgemeinen Poliklinik in Wien, Völkerbund, Österreichische Gesellschaft für Volksgesundheit, Medizingeschichte, Wien

Clemens Pirquet Freiherr von Cesenatico wurde am 12. Mai 1874 als Sohn des Abgeordneten zum österreichischen Reichsrat und zum niederösterreichischen Landtag, Peter Zeno Pirquet Freiherr von Cesenatico (1838-1906), und Flora, geborene Pereira-Arnstein, in Hirschstetten in Wien geboren. Nach dem Besuch mehrerer Gymnasien maturierte er im Theresianum in Wien und begann danach in Innsbruck ein Studium der Theologie und ab 1893 in Löwen der Philosophie, das er 1894 mit dem Magisterium abschloss. Ab 1895 studierte er zunächst in Wien und Königsberg Medizin und promovierte im Jahr 1900 an der Universität in Graz. In der Separata-Sammlung der Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin befindet sich seine erste wissenschaftliche Veröffentlichung aus dem Jahr 1897 als Student der Medizin am Physiologischen Institut in Königsberg mit dem Titel „Prüfung der d’Arsonval’schen Electrode auf Gleichartigkeit und Unpolarisierbarkeit“ (= Separatabdruck aus dem Archiv für die gesamte Physiologie Bd. 65, Bonn 1897).

Nach der Ableistung seines Militärdienstes als Militärarzt arbeitete er als Voluntär im St. Anna Kinderspital. 1901 bildete er sich an der Berliner Kinderklinik an der Charité bei Otto Heubner (1843-1926) zum Kinderarzt aus. Noch 1901 kehrte er nach Wien zurück und begann zunächst als Sekundararzt und danach als Assistent bei Theodor Escherich (1857-1911) an der Wiener Kinderklinik im St. Anna Kinderspital. Daneben war er bei Rudolf Kraus (1868-1932) am Institut für Serotherapie tätig, wo er seine Interessen an der Bakteriologie, Immunologie und Serologie nachging.

Zunächst wurde Pirquet vor dem Ersten Weltkrieg durch seine Forschungen auf den Gebieten der Bakteriologie, der Immunologie und der Tuberkulose bekannt. 1903 stellte er die mit Béla Schick (1877-1967) durchgeführte Arbeit „Zur Theorie der Inkubationszeit“ vor der Akademie der Wissenschaften in Wien vor. Ebenfalls 1903 erschien die am Hygienischen Institut in München von ihm und Max Gruber (1853-1927) durchgeführte Studie „Toxin und Antitoxin“ und 1905 beschrieb er wieder gemeinsam mit Béla Schick erstmals „Die Serumkrankheit“. 1906 führte Pirquet mit dem Aufsatz „Allergie: aus der k.k. Universitäts-Kinderklinik in Wien“ den Begriff „Allergie“ in die medizinische Fachsprache ein, veröffentlichte 1907 dazu die Arbeiten „Allergie – Diagnostik“, „Klinische Studien über Vakzination und vakzinale Allergie“ und entwickelte im selben Jahr eine Methode zur Früh-Diagnose der Tuberkulose, die auch als „Pirquet-Reaktion“ bekannt wurde und die er im Aufsatz „Die kutane Tuberkulinprobe“ beschrieb. Im selben Jahr erschien noch seine Studie „Der diagnostische Wert der kutanen Tuberkulinreaktion bei der Tuberkulose des Kindesalters auf Grund von 100 Sektionen“.

Clemens Pirquet: Österreichische Blätter für Krankenpflege, Nr. 3, März 1929.

Nachdem sich Pirquet 1908 an der Universität Wien im Fach Pädiatrie habilitiert hatte, wurde er 1909 als Professor für Kinderheilkunde an der Johns Hopkins University in Baltimore und als Chefarzt am Harriet Lane Home for Invalid Children in den USA berufen.

Universitäts-Kinderklinik

Nach einem kurzen Aufenthalt (1910) an der Universität Breslau erfolgte 1911 seine Ernennung als Nachfolger von Theodor Escherich zum Vorstand der noch unter Escherich neuerrichteten Universitäts-Kinderklinik in Wien. Diese Funktion bekleidete er bis zu seinem Ableben. Seine Vorstellungen zu dieser von ihm modernisierten Klinik publizierte er 1911 unter dem Titel „Die neue Wiener pädiatrische Klinik“. Noch im selben Jahr gründete er hier eine heilpädagogische Abteilung, die sich als erste weltweit mit der klinischen Forschung und Behandlung von hirnorganischen Schädigungen und Verhaltensauffälligkeiten bei Kindern beschäftigte. Hier wirkte er während des Krieges mit seinen Mitarbeitern Béla Schick, der bis 1923 an der Klinik als Assistent arbeitete und den nach ihm benannten „Schick-Test“ zur Erkennung von Diphtherie entwickelte, und mit Ernst Mayerhofer (1877-1957), der sich 1911 in Wien habilitierte und ab 1923 als Professor für Kinderheilkunde in Zagreb arbeitete. Ein weiterer Mitarbeiter war Edmund Nobel (1883-1946), der von 1912 bis 1930 an der Kinderklinik und zwischen 1930 und 1937 als Primarius der Internen Abteilung am Mautner-Markhof‘schen-Kinderspital tätig war.

Erster Weltkrieg

Während des Ersten Weltkrieges begann Pirquet sich angesichts der rasanten und immer akuter werdenden Ernährungskrise mit ernährungswissenschaftlichen Fragen zu beschäftigen, ebenso beschäftigte er sich weiterhin in der Tuberkuloseforschung. Pirquet zählt zu den Bahnbrechern der modernen Ernährungswissenschaft, erforschte dabei zahlreiche Kinderkrankheiten, entwarf Ernährungspläne und entwickelte die Organisation einer systematischen und rationellen medizinischen Ernährungsfürsorge, vor allem zur ausreichenden Versorgung von Kleinkindern. 1915 – noch vor der in den folgenden Jahren sich verschärfenden Ernährungskrise – publizierte er über die „Ernährung des Kindes während des Krieges“.[1]

Pirquet erstellte Konzepte zur Ernährung, in denen das von ihm sogenannte NEM-System (Nähreinheit Milch) im Mittelpunkt stand und nach dem Krieg an der Kinderklinik und in den Wiener Fürsorgeanstalten bei den organisierten Kinderausspeisungen umgesetzt wurde. Darüber hinaus versuchte er seine neuen Ernährungsmethoden für breite Bevölkerungsschichten zu popularisieren. Mithilfe seiner aus seinem Aufenthalt in den USA in der Vorkriegszeit geknüpften Kontakte organisierte er gemeinsam mit seinen Mitarbeitern zwischen 1919 und 1921 österreichweit die Ausspeisungen der amerikanischen Kinderhilfsorganisation von zirka 400.000 unterernährten und unter Mangelerscheinungen leidenden Kindern. Diese Hilfsaktion zur Sicherung der Lebensmittelversorgung für die notleidende europäische Bevölkerung wurde nach dem Eintritt der USA in den Ersten Weltkrieg vom späteren US-Präsident Herbert Hoover (1874-1964) als Leiter der United States Food Administration und ab 1918 als Koordinator deren Nachfolgeorganisation (American Relief Administration) organisiert. Von dieser Hilfsorganisation profitierte besonders die Republik Österreich, wo beispielsweise in Wien im Jahr 1919 96% der Kinder an Unterernährung litten. Über diese Aktionen berichtete Pirquet 1919 im Artikel „Der Ernährungszustand der Wiener Kinder[2] und 1920 „Die amerikanische Kinderhilfsaktion in Österreich“ (Teil 1)[3], (Teil 2)[4] sowie 1921 in einem Vortrag vor der Gesellschaft der Ärzte in Wien über „Die amerikanische Schulausspeisung in Österreich“.[5]

Zur Ermittlung der zu verabreichenden notwenigen Nahrungsmittelmenge pro Kind entwarf Pirquet schon 1914 die sogenannte Pelidisi-Formel, eine Berechnungsmethode, die Körpergröße, Gewicht u.a. in Relation zur auszugebenden Nahrungsmittelmenge herstellte.

Piquet Clemens, Pelidisi-Tafel, Wien Leipzig, 1921.

1918 veröffentlichte er dazu die „Ergebnisse der Kinderernährung nach einem neuen System“,[6] die er auf der Tagung der Waffenbrüderlichen Vereinigung in Berlin im Jänner 1918 vortrug. Zur Ernährungsfrage vom medizinischen Standpunkt aus publizierte Pirquet nach dem Krieg eine Reihe von Arbeiten, darunter 1919 „System der Ernährung. 3: Nemküche“, 1920 das „Lehrbuch der Volksernährung: nach dem Pirquet’schen System“, 1921 „Grundriß der Diätverordnungslehre nach dem Pirquetschen System in der Pädiatrie“, 1927 gemeinsam mit Nobel als Herausgeber „Kinderküche. Ein Kochbuch nach dem Nemsystem“ und 1928 das Kochbuch „Die Ernährung des Diabetikers“.

1926 erschien von ihm als Herausgeber und Mitautor unter dem Titel „Volksgesundheit im Krieg, Teil 2, (= Wirtschafts- und Sozialgeschichte des Weltkrieges: Österreichische und ungarische Serie)“ eine bis heute zum Standardwerk der Medizingeschichte im Ersten Weltkrieges zählende Arbeit in der von der Carnegie-Stiftung konzipierten Reihe zur Geschichte des Ersten Weltkrieges.

In den 1920er Jahren forschte Pirquet zu den Folgewirkungen des Krieges und den Auswirkungen der Ernährungskrise in der Nachkriegszeit im internationalen Vergleich. Hinsichtlich der Entwicklung der Geburtenraten erschienen 1927 von ihm die Arbeiten „Geburtenerminderung in und nach dem Weltkriege“ und „Geburtenhäufigkeit und Säuglingssterblichkeit“.

Während und in den Jahren nach dem Krieg erfuhr unter ihm die Universitäts-Kinderklinik einen weiteren Modernisierungsschub. 1919 kam es nach einem Vorschlag von Béla Schick zur Überdachung eines Teils der Dachterrasse des Hauptgebäudes, womit eine Art „Freiluftspital“ für die Patienten, darunter tuberkulöse Kinder, an der Klinik geschaffen werden konnte.

Das interessante Blatt, 25.9.1919, S. 1.

Ebenso kam es an der Klinik zur Errichtung eigener Isolierbetten, worüber Pirquet in der „Zeitschrift für das gesamte Krankenhauswesen“ (1928, Heft 26) berichtete.

Sonderdruck aus: Zeitschrift für das gesamte Krankenhauswesen, H. 26, 1928, S. 54.

Pirquet war in zahlreichen öffentlichen Funktionen tätig, wie u.a. als Mitglied des Obersten Sanitätsrats für Österreich, als Präsident der Wiener Gesellschaft für Kinderheilkunde, und ab 1919 Mitglied der Landeskommission für Volkspflegestätten.[7] Weiters war er Mitglied der Gesellschaft der Ärzte in Wien.

Österreichische Gesellschaft für Volksgesundheit und Vorsitzender des Völkerbundkomitees für Säuglingsfürsorge in Genf (L’Union Internationale de Secours aux Enfants)

Pirquet war Initiator der 1926 gegründeten Österreichischen Gesellschaft für Volksgesundheit in Wien, die sich mit der öffentlichen Gesundheitspolitik und der Popularisierung von Gesundheitsfragen befasste und dazu die Zeitschrift „Volksgesundheit“ herausgab. In diesem Sinn war Pirquet auch kontinuierlich in der Wiener Volksbildung und im „Radio Wien“ als Vortragender präsent. Er stand der Gesellschaft seit ihrer Gründung als Präsident vor.[8] 1928 engagierte er sich in der mit dem Hygiene-Museum in Dresden und der Österreichischen Gesellschaft gemeinsam veranstalteten Ausstellung „Frau und Kind“.[9] Weiters erfolgte seine Berufung zum Präsidenten der 1919 gegründeten L’Union Internationale de Secours aux Enfants beim Völkerbund in Genf. Im Hygiene-Komitee des Völkerbundes wirkte er als Mitglied mit. Darüber berichtete er in seinem Aufsatz „Die Leistungen des Völkerbundes auf dem Gebiet der Hygiene“.[10]

Förderer der Pflegeberuf-Ausbildung

Pirquet befasste sich inhaltlich wie organisatorisch mit der Frage der Professionalisierung des Krankenpflegeberufes und besonders der Krankenpflegerinnenausbildung. 1918 gründete er die „Schwesternschaft der Universitäts-Kinderklinik in Wien“, und verpflichtete ab 1924 Medizinerinnen an seiner Klinik zur Absolvierung eines Krankenpflegepraktikums. Dazu verfasste er gemeinsam mit Edmund Nobel und den beiden Krankenpflegerinnen Hedwig Birkner und Paula Panzer 1925 den Lehrbehelf „Kinderheilkunde und Pflege des gesunden Kindes: für Schwestern und Fürsorgerinnen“, der 1928 von Nobel und ihm ein weiteres Mal unter denselben Titel erschien. 1927 veröffentlichte er mit Hedwig Birkner und Paula Panzer das Lehrbuch „Kinderpflege“.

Medizinische Lehr- und Dokumentarfilme unter Mitwirkung von Clemens Pirquet

Im Jahr 1919 entstanden an der Kinderklinik der Medizinischen Fakultät der Universität Wien von Pirquet und seinen Mitarbeitern im Auftrag und mit Unterstützung der staatlichen Filmhauptstelle – der späteren Bundesfilmhauptstelle –, der auch die technische Durchführung oblag, zwei Filme über das durch Unterernährung hervorgerufene Kinderelend im Nachkriegsösterreich und die Versorgungsmaßnahmen an der Kinderklinik. Beide Dokumentarfilme gehören zu den ersten medizinisch-wissenschaftlichen Filmen, die in der Ersten Republik an der Medizinischen Fakultät in Wien gedreht worden sind und tragen den Titel „Kinderelend in Wien“ und „Die Kinderklinik in Wien“. Sie befinden sich heute im Filmarchiv Austria. In beiden Filmen wirkte Pirquet mit.

„Kinderelend in Wien“ (Filmmaterial: 35 mm, Nitratfilm, Positiv, Vollbild; Stummfilm; Filmlänge: ca. 20 min/543 m; Farbe/Schwarz-weiß: s/w) entstand aufgrund von Aufnahmen aus dem Jahre 1914 über den Gesundheitszustand von Schülern einer Wiener Volksschule, die nunmehr zu Vergleichszwecken im Jahre 1919 in derselben Schule wiederholt wurden.

Ein kurzer Ausschnitt (2.01 Minuten) aus dem Film ist hier zu sehen.

„Die Kinderklinik in Wien“ (Filmmaterial: 35 mm; Filmlänge: Ca. 6 min/200 m; Farbe/Schwarz-weiß: s/w; Stummfilm) zeigt verschiedene Szenen aus der Kinderklinik, darunter ärztliche Untersuchung mit Perkussion, Krankenschwestern beim Baden, Abwiegen und Vermessen unterernährter Kinder und erklärt das Zubereiten der richtigen Nahrungsmenge. Der Film zeigt weiters Kinder mit Tuberkulose in Luft- und Lichttherapie. Hergestellt wurde der Film an der Universitätsklinik für Kinderheilkunde an der Medizinischen Fakultät der Universität Wien.

Pirquet, der für seine wissenschaftlichen Leistungen fünfmal für den Nobelpreis nominiert worden war, und seine Ehefrau begingen am 28. Februar 1929 in Wien Suizid. Heute erinnert eine Büste im Arkadenhof der Universität Wien an Clemens Pirquet.

Quellen:

UAW, Rektoratsarchive, Akademischer Senat, Akten-Sonderreihe, S 303 Personalblätter, Senat S 304.961 Pirquet, Clemens Freiherr von Cesenatico (12.05.1874-28.02.1929; Kinderheilkunde).

Literatur:

Pirquet, Clemens: Prüfung der d’Arsonval’schen Electrode auf Gleichartigkeit und Unpolarisierbarkeit. Sonderdruck aus: Archiv für die gesamte Physiologie. Bonn: 1897.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 39938]

Pirquet, Clemens: Zur Theorie der Inkubationszeit. Vortrag des Dr. Clemens Frh. v. Pirquet über eine gemeinsame Arbeit mit Dr. Bela Schick aus dem St. Annen-Kinderspital in Wien (Vorstand: Prof. Escherich). Sonderdruck aus: Wiener klinische Wochenschrift. Wien: Druck von Kratz, Helf & Comp. 1903.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Gruber, Max von und Clemens Pirquet: Toxin und Antitoxin. Aaus dem hygienischen Institut zu München. Sonderdruck aus: Münchener medizinische Wochenschrift. München: Verlag von J.F. Lehmann 1903.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 9170]

Pirquet, Clemens: Die Serumkrankheit. Leipzig, Wien: Deuticke 1905.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Sign.: 3246-N]

Pirquet, Clemens: Allergie. Aus der k.k. Universitäts-Kinderklinik in Wien (Vorst.: Hofrat Escherich). Sonderdruck aus: Münchener medizinische Wochenschrift. München: Lehmann 1906.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 33325]

Pirquet, Clemens: Allergie – Diagnostik. Sonderdruck aus: Therapeutische Monatshefte. Berlin: Verlag von Julius Springer 1907.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Pirquet, Clemens: Klinische Studien über Vakzination und vakzinale Allergie. Leipzig, Wien: Deuticke 1907.

[Universitätsbibliothek Medizinische Universität Wien/Magazin, Sign.: 2024-01224]

Pirquet, Clemens: Die kutane Tuberkulinprobe. Sonderdruck aus: Medizinische Klinik. Berlin: Gedruckt bei Julius Sittenfeld 1907.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Pirquet, Clemens: Der diagnostische Wert der kutanen Tuberkulinreaktion bei der Tuberkulose des Kindesalters auf Grund von 100 Sektionen. Aus der k.k. Universitäts-Kinderklinik in Wien (Vorstand: Hofrat Escherich) und der Kinderabteilung des k.k. Franz-Joseph-Spitales in Wien (Vorstand: Primarius Dozent Dr. Moser). Sonderduck aus: Wiener klinische Wochenschrift. Wien: Druck von Bruno Bartelt 1907.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Pirquet, Clemens: Die neue Wiener pädiatrische Klinik. Sonderdruck aus: Wiener klinische Wochenschrift. Wien: Druck von Bruno Bartelt 1911.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Pirquet, Clemens und Johanna Dittrich: System der Ernährung. Band 3: Nemküche. Berlin: Springer 1919.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 2248/3]

Pirquet, Clemens, Heussler, Josef und E. Mayerhofer: Lehrbuch der Volksernährung. Nach dem Pirquet’schen System. Mit 32 Abbildungen im Texte. Wien, Berlin: Urban & Schwarzenberg 1920.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 1263]

Ambrožič, Matija und Clemens Pirquet: Grundriß der Diätverordnungslehre nach dem Pirquetschen System in der Pädiatrie. Für Ärzte und Studierende. Leipzig, Wien: Deuticke 1921.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 64809]

Kinderküche. Ein Kochbuch nach dem Nemsystem. Hg: Edmund Nobel und Clemens Pirquet. Wien: Springer 1927.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 49576]

Pirquet, Clemens und Richard Wagner: Die Ernährung des Diabetikers. Berlin, Wien: Urban & Schwarzenberg 1928.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 49567]

Pirquet, Clemens: Volksgesundheit im Krieg. Band 2. Wien: Hölder-Pichler-Tempsky 1926.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 55675/2]

Pirquet, Clemens: Geburtenverminderung in und nach dem Weltkriege. Sonderdruck aus: Volksgesundheit. Wien: Urban & Schwarzenberg 1927.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 12953]

Pirquet, Clemens: Geburtenhäufigkeit und Säuglingssterblichkeit. Sonderdruck aus: Wiener medizinische Wochenschrift. Wien: Verlag Moritz von Perles 1927.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 12952]

Nobel, Edmund, Pirquet, Clemens, Birkner, Hedwig und Paul Panzer: Kinderheilkunde und Pflege des gesunden Kindes. Für Schwestern und Fürsorgerinnen. Wien: Springer 1925.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 49578]

Nobel, Edmund, Pirquet, Clemens, Birkner, Hedwig und Paula Panzer: Kinderpflege. Mit 28 Textabbildungen und 2 farbigen Tafeln. Wien: Verlag von Julius Springer 1927.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 3738]

[1] Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 31, 31.7.1915, S. 1169-1172.

[2] Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 1, 1919, S. 5-9.

[3] Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 19,1920, S. 853-857.

[4] Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 20, 1920, S. 908-911.

[5] Wiener klinische Wochenschrift, Nr. 34, 1921, S. 27.

[6] Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 5, 1918, Sp., 217-223.

[7] Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 37, 1919, Sp. 1827.

[8] Medizinische Klinik, Nr. 24, 1926, S. 940.

[9] Sonderdruck der Zeitschrift für soziale Hygiene „Volksgesundheit“. Organ der österreichischen Gesellschaft für Volksgesundheit, H. 5, 1928.

[10] Wiener medizinischen Wochenschrift, Nr. 11, 1926, S. 340-341.

Normdaten (Person): Pirquet von Cesenatico, Clemens Peter; BBL: 44834; GND: 117689238;

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Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien [300]: Jehle, Ludwig – Primararzt an der II. Kinderabteilung der Allgemeinen Poliklinik in Wien

Jehle, Ludwig – Primararzt an der II. Kinderabteilung der Allgemeinen Poliklinik in Wien

Autor: Dr. Walter Mentzel

Published online: 28.08.2024

Keywords: Kinderarzt, I. Universitäts-Kinderklinik, St. Anna-Kinderspital, Allgemeinen Poliklinik in Wien, NS-Verfolgter, Medizingeschichte, Wien

Ludwig (Lajos) Jehle wurde am 19. Februar 1871 als Sohn von Ludwig Jehle sen. (1842-1920) und Theresia, geborene Frankl (1844-1908) in Prerau in Mähren (heute: Prerov/Tschechien) geboren. Sein Vater arbeitete als Chemiker in der Zuckerfabrik in Prerau, beschäftigte sich wissenschaftlich mit landeskundlichen Themen und veröffentlichte u.a. 1887 im Naturforschenden Verein „Zehnjährige Beobachtungs-Resultate der meteorologischen Station Prerau (Zucker-Fabrik)“. Sein Bruder war der Mediziner Sandor (Alexander) Jehle (1872-1962). Er war seit 1905 mit Eleonore Lilly Berecz verheiratet (1883-1943).

Nach dem Studium der Medizin an der Universität Wien und seiner Promotion am 13. Juli 1895 leistete er seinen Militärdienst im Garnisonsspital Nr. 1 in Wien beim Infanterieregiment Hoch- und Deutschmeister Nr. 4 ab.[1]

Danach arbeitete Jehle zwischen 1896 und 1897 als Assistent an der II. Medizinischen Abteilung von Heinrich Lorenz (1859-1945), zwischen 1897 und 1900 als Prosekturadjunkt am Kaiser Franz Joseph-Spital sowie zwischen 1901 und 1902 an der Allgemeinen Poliklinik in Wien bei dessen Direktor und Kinderarzt Professor Alois Monti (1839-1909) an der Abteilung für Kinderkrankheiten als Assistent von Professor Ferdinand FrühwaId (1854-1908). An der II. Medizinischen Abteilung publizierte er 1898 „Ein Fall von subacuter Lebertrophie[2] und an der Prosektur des Kaiser Franz Joseph-Spitals veröffentlichte er „Ueber den Nachweis von Typhusbacillen im Sputum Typhuskranker“. Zwischen 1902 und 1919 war er an der Universitäts-Kinderklinik im heutigen St. Anna Kinderspital bei Theodor Escherich (1857-1911) und dessen Assistenten Clemens von Pirquet (1874-1929) tätig. Hier erschienen von ihm 1906 „Ueber die Rolle der Grubeninfektionen beim Entstehen der Genickstarreepidemien“ und 1907 „Ueber das Vorkommen des Meningokokkus und des Micrococcus catarrhalis im Nasenrachenraum und Desinfektionsversuche mit Pyocyanase bei diesen Infektionen“.

Nachdem er sich 1910 im Fach Kinderheilkunde habilitiert hatte und den Titel eines Privatdozenten verliehen bekam, kehrte er an die Allgemeine Poliklinik zurück und übernahm als Primararzt die leitende Funktion der II. Kinderabteilung als Nachfolger des verstorbenen Vorstands Alois Monti.[3] Im Kriegsjahr 1914 trat er provisorisch die Leitung seines in den Kriegsdienst eingerückten Kollegen Franz Hamburger an der I. Kinderabteilung an. Im selben Jahr veröffentlichte er die Studie „Die Bronchialerkrankungen im Kindesalter“.[4] 1917 erhielt er den Titel eines a.o. Professors und leitete die Abteilung bis zu seinem Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis im März 1938 weiter. In seinen wissenschaftlichen Arbeiten befassten sich Jehle mit Bronchial- Nieren- und Baucherkrankungen im Kindesalter. Dazu sind seine Arbeiten „Die Gewebsasphyxie und die Nierendystrophie: ein Beitrag zur Frage der Nephritis“, „Die Nierenerkrankungen und ihre Therapie“.

Für seine Studien zur Lordotischen Albuminurie, die er vor dem Ersten Weltkrieg begonnen und 1913 in seiner Arbeit „Die Albuminurie: (klinisch-experimentelle Beiträge zur Frage der orthostatisch-lordotischen und der nephritischen Albuminurie)“ erstmals vorgelegt hatte, die 1914 als Monografie unter demselben Titel erschien, und 1923 mit der Publikation „Die funktionelle Albuminurie und Nephritis im Kindesalter“ fortgesetzt wurde, erhielt er von der Medizinischen Fakultät der Universität Wien den Oppolzer-Preis. Weitere Arbeiten von ihm befinden sich in der Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin.

Jehle engagierte sich im Verein „Wiener Frauenheim“[5] und während des Ersten Weltkriegs in der Gesellschaft zur Fürsorge für Kriegsinvalide.[6] Er war Mitglied der Gesellschaft der Ärzte in Wien und der Gesellschaft für Kinderheilkunde in Wien.

Nach dem „Anschluss“ im März 1938 verlor er aufgrund der Schließung seine Abteilung seine Arbeit an der Allgemeine Poliklinik, die ihre Autonomie verlor und in den Besitz der Gemeinde Wien kam. Jehle, der laut der nationalsozialistischen „Rassengesetzgebung“ als „Mischling 2. Grades“ galt und dem die Verfolgung und der Entzug der Venia Legendi drohte, verstarb am 1. März 1939 in Wien. Seine Ehefrau Lilly starb 1943 in Wien, seine beiden Töchter Christl, verheiratet mit dem Mediziner Peter Clemens Kronfeld (1899-1980), dem Sohn des Radiologen Adolf Kronfeld (1861-1938), und Maria, verheiratete Winterstein (1913-2001), überlebten den Holocaust.

Quellen:

UAW, Rektorat, Med. Fakultät, Rigorosen- und Promotionsprotokolle, Sign. 177-172b, Jehle Ludwig (Rigorosum Datum: 1892).

UAW, Rektorat, Med. Fakultät, Rigorosen- und Promotionsprotokolle, Sign. 188-265, Jehle Ludwig (Promotion Datum: 13.7.1895).

Trauungsbuch, Erzdiözese Wien, Matriken, 01, St. Augustin, 02-17, Folio 244, Jehle Ludwig (5.10.1905).

UAW, Rektoratsarchive, Akademischer Senat, Akten-Sonderreihe, Personalakt S 304.552, Jehle Ludwig.

UAW, Rektoratsarchive, Akademischer Senat, Akten-Sonderreihe, Nekrologe S 305.40, Jehle Ludwig.

UAW, Rektorat, GZ 680/II ex 1937/38, Jehle Ludwig.

Friedhofsdatenbank Wien: Jehle Ludwig.

Gedenkbuch für die Opfer des Nationalsozialismus an der Universität Wien 1938, Jehle Ludwig.

Literatur:

Jehle, Ludwig: Zehnjährige Beobachtungs-Resultate der meteorologischen Station Prerau (Zucker-Fabrick). Sonderdruck aus: Verhandlungen des naturforschenden Vereines. Brünn: Verlag des Vereines 1887.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 1650]

Jehle, Ludwig: Ueber den Nachweis von Typhusbacillen im Sputum Typhuskranker. Aus der Prosectur des k.k. Kaiser Franz Josef-Spitales. Sonderdruck aus: Wiener klinische Wochenschrift. Wien: Wilhelm Braumüller 1902.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Jehle, Ludwig: Ueber die Rolle der Grubeninfektionen beim Entstehen der Genickstarreepidemien. Aus der K.K. Universitäts-Kinderklinik in Wien (Vorstand: Hofrat Prof. Dr. Th. Escherich). Sonderdruck aus: Münchener medizinische Wochenschrift. München: J.F. Lehmann 1906.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Jehle, Ludwig: Ueber das Vorkommen des Meningokokkus und des Micrococcus catarrhalis im Nasenrachenraum und Desinfektionsversuche mit Pyocyanase bei diesen Infektionen. Sonderdruck aus: Wiener klinische Wochenschrift. Wien: Verlag von Wilhelm Braumüller 1907.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Jehle, Ludwig: Die Gewebsasphyxie und die Nierendystrophie. Ein Beitrag zur Frage der Nephritis. Sonderbeilage der: Wiener klinische Wochenschrift. Wien: Springer 1925.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Jehle, Ludwig: Die Nierenerkrankungen und ihre Therapie. O.O.: 1927.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: Z-3499/Sd.blg. 1927, H.4]

Jehle, Ludwig: Die Albuminurie (klinisch-experimentelle Beiträge zur Frage der orthostatisch-lordotischen und der nephritischen Albuminurie.) Mit 32 Abb. im Text und 2 Abb. auf einer Tafel. Sonderdruck aus: Ergebnisse der inneren Medizin und Kinderheilkunde. Berlin: Verlag von Julius Springer 1913.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Jehle, Ludwig: Die Albuminurie. Klinische und experimentelle Beiträge zur Frage der orthostatisch-lordotischen und der nephritischen Albuminurie. Berlin: Springer 1914.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Gesellschaft der Ärzte Bibliothek, Sign.: GÄ-20189]

Jehle, Ludwig: Die funktionelle Albuminurie und Nephritis im Kindesalter. (=Abhandlungen aus dem Gesamtgebiet der Medizin/2) Wien: Springer 1923.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Gesellschaft der Ärzte Bibliothek, Sign.: GÄ-21161]

Referenzen:

[1] Wiener Zeitung, 17.5.1896, S. 1.

[2] Allgemeine Wiener medizinische Zeitung, 19.7.1898, S. 3.

[3] Die Heilkunde. Monatsschrift für praktische Medicin, Nr. 4, 1910, S. 154-155.

[4] Beihefte zur Medizinischen Klinik, H. 3, 1914, S. 1-56,

[5] Jahresbericht des unter dem hohen Protektorate ihrer k.u.k. Hoheit, der durchlauchtigsten Frau Erzherzogin Marie Valerie stehenden Vereines „Wiener Frauenheim“ für das Verwaltungsjahr 1903, Wien 1904.

[6] Neue Freie Presse, 28.10.1915, S. 10.

Normdaten (Person): Jehle, Ludwig: BBL: 44507; GND: 134080823;

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Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien [299]: Schiff, Eduard – Dermatologe, Gründer des Instituts für Radiographie und Radiotherapie

Schiff, Eduard – Dermatologe, Gründer des Instituts für Radiographie und Radiotherapie

Autor: Dr. Walter Mentzel

Published online: 26.08. 2024

Keywords: Dermatologe, Institut für Radiographie und Radiotherapie, Medizingeschichte, Wien

Eduard Liberius Schiff wurde am 4. März 1849 als Sohn des aus Mannheim in Baden-Württemberg stammenden Leopold Schiff (1797-1874) und der aus Posen in Preußen stammenden Johanna Wollheim (1811-1876) in Triest geboren. Nachdem er zunächst im wohlhabenden Elternhaus privat unterrichtet wurde, besuchte er ab 1861 das deutschsprachige Gymnasium in Triest, trat 1863 in die Gelehrtenschule des Johanneum in Hamburg ein und maturierte 1868 in Triest. Danach studierte er an der Universität Wien Medizin – mit einer Unterbrechung an der Universität Würzburg im Sommersemester 1870 – und promovierte am 14. Mai 1875 in Wien zum Doktor der gesamten Heilkunde. Darauf absolvierte er seinen Militärdienst im Garnisonspital Nr. 9 in Triest.[1]

Am Beginn seiner medizinischen Laufbahn beschäftigte sich Schiff mit der Neurologie, bevor er sich der Dermatologie zuwandte und als Assistent bei Professor Heinrich Auspitz (1835-1886) an der Abteilung für Hautkrankheiten an der Allgemeine Poliklinik in Wien und als dessen Sekundararzt im Allgemeinen Krankenhaus in Wien arbeitete. Danach war er als Assistent bei Hans von Hebra (1847-1902) und Moritz Kaposi (1837-1902) tätig. Im Jahr 1882 nahm er als erster Arzt die Untersuchungen an den Opfern des Ringstraßentheaterbrandes in Wien vor.[2]

1884 habilitierte sich Schiff zum Privatdozenten im Fach Hautkrankheiten und Syphilis.[3][4] In den 1880er Jahren widmete er sich der Methoden der Untersuchung von Bakterien und der Säuglingspflege zu der er 1885 den populärwissenschaftlichen Artikel „Die Toilette des Säuglings“ publizierte.[5] 1885 erhielt er vom Handelsministerium das Privileg zur Herstellung einer Apparatur zum Desinfizieren „verseuchter Effecte“ erteilt.[6] 1887 nahm er am Internationalen Kongress für Hygiene und Demographie in Wien teil, wozu er auch in das Organisationskomitee gewählt worden war,[7] sowie 1897 am Lepra-Kongress in Berlin.[8]

Erstes Kinder-Krankeninstitut

Neben seiner Tätigkeit an der Medizinischen Fakultät der Universität Wien gehörte er dem Personalstand des I. öffentlichen Kinder-Krankeninstituts in Wien an, wo er 1887 gemeinsam mit Carl Hochsinger (1860-1942) die Arbeit „Ueber Leukaemia cutis“ und 1889 „Zur Pathologie und Therapie des Ekzems im Kindesalter“ veröffentlichte. Seit 1896 fungierte er als Leiter der Hautabteilung am Institut, 1900 zählte er neben Max Kassowitz (1842-1913), Carl Hochsinger, Julius Drey (1858-1939), August Hock (1865-1932), Benjamin Gomperz (1861-1935), Oscar Rie (1863-1931), Julius Zappert (1867-1941), Rudolph Neurath (1869-1947), Isidor Frey, Theodor Ritter von Genser und Eduard Ronsburger (1838-1905) zu den Gründungsmitgliedern des Vereins zur Unterstützung und Förderung der Anstalt.[9]

Institut für Radiographie und Radiotherapie (Röntgeninstitut)

Seit spätestens 1897 befasste sich Schiff mit der Verwendung von Röntgenstrahlen in der Dermatologie, – 1897 erschien von ihm „Ueber die Einführung und Verwendung der Röntgenstrahlen in der Dermatotherapie“ – und den von seinem Assistenten Leopold Freund (1868-1943) durchgeführten Experimente. Mit Freund publizierte er 1898 „Beiträge zur Radiotherapie“ und arbeitete in den darauffolgenden Jahren eng mit ihm zusammen. 1899 referierten beide vor der „British Medical Association“ in Portsmouth über die Entwicklung der Röntgen-Therapie und veröffentlichte die Studien „Neuere Erfahrungen auf dem Gebiete der Radiotherapie“ und „Über die Anwendung der Röntgenstrahlen in der Medizin“.

1900 errichtete Schiff in Wien 1,Bauernmarkt 10,  aus eigenen Mitteln – ermöglicht durch seinen finanziellen Background – das Institut für Radiographie und Radiotherapie“.[10] Dort setzte er gemeinsam mit Leopold Freund erstmals in Wien die nach Niels Ryberg Finsen (1860-1904) benannte Finsen-Apparatur ein, schaffte in größeren Mengen Radium an, das er in den Behandlungen verwendete und untersuchte die Einwirkungen von Röntgenstrahlen auf Hautkrankheiten.

1900 publizierten Schiff und Freund in der Wiener klinischen Wochenschrift unter dem Titel „Der gegenwärtige Stand der Radiotherapie“ ihre auf dem 13. Internationalen Dermatologischen Kongress in Paris gehaltenen Vorträge, 1901 hielt Schiff am Deutschen Dermatologischen Kongress in Breslau ein Referat zur Röntgentherapie. An seinem Institut entstanden u.a. seine Arbeiten „Die Behandlung des Lupus erythematodes mit Röntgenstrahlen“ und „Welches ist das wirksame Agens in der Radiotherapie?“.

1901 bekam Schiff den Titel eines a.o. Professors verliehen,[11] seit diesem Jahr hielt er regelmäßig an der Universität Wien Vorlesungen zur Radiographie und Radiotherapie.[12]

Schönheitspflege und Kosmetik

Schiff gilt auch als Mitbegründer der wissenschaftlichen Kosmetik und der Haut- und Haarpflege. 1898 veröffentlichte er die am Institut für angewandte medicinische Chemie in Wien erstellte Studie „Ueber die Ablagerung von Arsen in den Haaren“, 1892 „Die Krankheit der behaarten Kopfhaut“, „Kosmetik und Dermatologie“, und 1900 „The therapeutical value of the x raxs in medicine“. 1909 hielt er zu den Grundlagen der Kosmetik einen Vortrag am Naturforschertag in Frankfurt am Main, sowie im selben Jahr am Budapester Ärztekongress ein Referat zur „Kosmetik und Dermatologie“.[13]

Schiff war Mitglied der Gesellschaft der Ärzte in Wien, des Vereins der Ärzte im I. Bezirk in Wien, korrespondierendes Mitglied der Sociéte francaise de Dermatologie et de Syphiligraphie und der Sociéte de médicine publique in Paris, der Berliner dermatologischen Gesellschaft,[14] seit 1885 der Sociéte Royale de médicine publique de Belgique in Brüssel,[15] und 1909 der Societá Italiana di Dermatologia e Sifiligrafia.[16] Weiters war er Mitarbeiter der Vierteljahreschrift für Dermatologie und Syphilis, der Monatshefte für praktische Dermatologie, der Annales de dermatologie et de syphiligraphie und des British jounal of Dermatology. 1892 erhielt er das Ritterkreuz der Französischen Ehrenlegion.[17]

Politisches Engagement

1897 gehörte er für die kommenden Reichsratswahlen dem Wahlkomitee der Sozialpolitiker der Inneren Stadt in Wien für die 1896 von der Wiener Fabier-Gesellschaft gegründeten „Sozialpolitischen Partei“ an.[18]

Foto: Wiener Bilder, 9.3.1913, S. 9

Wiener Volksbildungsverein, Bildungsreformer und die Künstlergenossenschaft im Künstlerhaus in Wien

Schiff war Arzt der 1861 gegründeten „Genossenschaft der bildenden Künstler Wiens“ und gehörte auch dem Fonds zum Ankauf von Kunstwerken an.[19] Er verkehrte in Künstler- und Schriftstellerkreisen Wiens und Europas, förderte die Musik und deren Popularisierung, besaß eine reichliche Kunstsammlung sowie eine große Privatbibliothek und widmete sich den Fragen der Beziehung zwischen Medizin und Kunst, wozu er 1909 im Künstlerhaus einen Vortrag über die „Verwertung medizinischer Sujets in der bildenden Kunst mit Vorführung“ hielt.[20] Weiters war er Mitglied des Wiener Photo-Clubs, an dessen siebenten Ausstellung für künstlerische und wissenschaftliche Fotografie er 1905 mit Röntgen-Aufnahmen und Aufnahmen mit Radium teilnahm.[21]

Er zählte in Wien zu den prominenten Förderern und Initiatoren der Volksbildung, insbesondere 1887 als Mitbegründer des Wiener Volksbildungsvereins, in dessen Vorstand er später auch wirkte und in dessen Vortragsprogramm er Kurse zur Bekämpfung von Geschlechtskrankheiten anbot und Vorträge zur Hygiene und Volksbildung hielt.[22] Neben seinen volkstümlichen Vorlesungen zu sanitären und hygienischen Themen nahm er zu Fragen der öffentlichen Hygiene Stellung und verfasste populärwissenschaftliche Artikel, die er in der Neuen Freien Presse unter der Rubrik Natur- und Völkerkunde publizierte, darunter 1905 „Ein Jubiläum der Röntgenstrahlen“.[23] 1904 nahm er auch an der vom Volksbildungsverein unternommenen Initiative zur Errichtung einer Volkslesehalle in Wien teil.[24] Weiters war er Mitglied des Exekutivkomitees des „Vereins zur Abhaltung akademischer Vorträge für Damen“,[25] des Komitees der Wohltätigkeitsaktion für hungernde Kinder,[26] und als Vereinsarzt im Presseklub Concordia tätig.[27]

1898 arbeitete Schiff anlässlich der Mittelschul-Enquete gemeinsam mit dem Zoologen Berthold Hatschek (1854-1941), dem Philosophen Friedrich Jodl (1849-1914), dem Physiker Anton Lampa (1868-1938), dem Techniker Arthur Oelwein (1837-1917), dem evangelischen Theologen Carl Alphons Witz-Oberlin (1845-1918) sowie den beiden Medizinern Max Herz (1865-1956) und Isidor Schnabel (1842-1908) an einer Gymnasialreform und erstellte dazu ein Gutachten mit dem Titel „Was leistet die Mittelschule?“.

Zentrales Gesundheitsamt

Als Mitglied der Österreichischen Gesellschaft für Gesundheitspflege forderte Schiff 1883 in einem Vortrag die Schaffung eines „Österreichischen Central-Gesundheitsamtes“[28], was er hinsichtlich der in Deutschland gemachten Erfahrungen bei Desinfektionen und der Choleraepidemie in Frankreich 1884 erneuerte.[29] Seine Ideen, die er an die Erfahrungen von Robert Koch (1843-1910) und dem deutschen Gesundheitsamt anlehnte, veröffentlichte er zunächst 1883 im Selbstverlag unter dem Titel „Ein österreichisches Zentral-Gesundheitsamt. Vorschläge“. Im Rahmen seiner Tätigkeit in der Gesellschaft zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten[30] versuchte er 1907 breitere Bevölkerungsschichten für Reformen der öffentlichen Gesundheitsfürsorge zu erreichen.[31] Ebenso trat er immer wieder öffentlich für den Bau von Kurheimen für Lupuskranke im Hochgebirge ein.

 

Eduard Schiff verstarb am 5. März 1913 in Wien. Er hinterließ eine reiche wissenschaftliche Bibliothek, die er dem Volksbildungsverein „Zentralbibliothek“ in Wien testamentarisch vermachte.[32]

Todesanzeige Eduard Schiff, Neue Freie Presse, 15.3.1913, S. 8.

Quellen:

UAW, Rektorat, Med. Fakultät, Rigorosen- und Promotionsprotokolle, Sign. 177-352a, Schiff Eduard (Rigorosum Datum: 1874).

UAW, Rektorat, Med. Fakultät, Rigorosen- und Promotionsprotokolle, Sign. 186-285, Schiff Eduard (Promotion Datum: 14.5.1875).

UAW, Rektoratsarchive, Akademischer Senat, Akten-Sonderreihe, Senat S 304.1107 Schiff, Eduard Liberius (4.3.1849-5.3.1913; Dermatologe und Syphilis).

UAW, Med. Fakultät, Personalakt, MED PA 957 Schiff, Eduard Liberius, (1870-5.2.1901).

WStLA, Magistratsdepartments und Magistratsabteilungen, M.Abt. 212, Statuten 1745-1936, 1.3.2.212.A26.5/33 – Institut für Radiographie und Radiotherapie, 1900.

Literatur:

Hochsinger, Carl und Eduard Schiff: Ueber Leukaemia cutis (hierzu Tafel XVII). Aus dem ersten öffentlichen Kinder-Krankeninstitute in Wien. Sonderdruck aus: Vierteljahresschrift für Dermatologie und Syphilis. Wien: Wilhelm Braumüller K.U.K. Hof- und Universitätsbuchhändler 1887.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Schiff, Eduard: Zur Pathologie und Therapie des Ekzems im Kindesalter. Sonderdruck aus: Wiener medizinische Wochenschrift. Wien: Verlag von Moritz Perles 1889.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Schiff, Eduard: Ueber die Einführung und Verwendung der Röntgenstrahlen in der Dermatotherapie. (Hierzu Tafel I-III). Sonderdruck aus: Archiv für Dermatologie und Syphilis. Wien, Leipzig: Wilhelm Braumüller k.u.k. Hof- und Universitäts-Buchhändler 1897.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Schiff, Eduard und Leopold Freund. Beiträge zur Radiotherapie. Sonderdruck aus: Wiener medizinische Wochenschrift. Wien: Verlag von Moritz Perles 1898.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Schiff, Eduard: Neuere Erfahrungen auf dem Gebiete der Radiotherapie. Sonderdruck aus: Wiener medizinische Presse. Wien: Verlag von Urban & Schwarzenberg 1899.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Schiff, Eduard: Über die Anwendung der Röntgenstrahlen in der Medizin. Sonderdruck aus: Deutsche Medizinal-Zeitung. Berlin: Druck von Leonhard Simion 1899.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Schiff Eduard und Leopold Freund: Der gegenwärtige Stand der Radiotherapie. Nach einem auf dem XIII. internationalen dermatologischen Congresse in Paris gehaltenen Vortrage. Sonderdruck aus: Wiener klinische Wochenschrift. Wien, Leipzig: Wilhelm Braumüller k.u.k. Hof- und Universitäts-Buchhändler 1900.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Schiff, Eduard: Die Behandlung des Lupus erythematodes mit Röntgenstrahlen. Aus dem Institute für Radiographie und Radiotherapie in Wien. (Hierzu Tafel XIII). Sonderdruck aus: Fortschritte auf dem Gebiete der Röntgenstrahlen. Hamburg: Verlag von Lucas Gräfe & Sillem o.J.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Schiff, Eduard: Welches ist das wirksame Agens in der Radiotherapie? Aus Dr. Ed. Schiff´s Institut für Radiographie und Radiotherapie in Wien. Sonderdruck aus: Klinisch-therapeutische Wochenschrift. Wien: Buchdruckerei „Industrie“ 1901.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Schiff, Eduard: Ueber die Ablagerung von Arsen in den Haaren. Aus dem Institute für angewandte medicinische Chemie in Wien. Sonderdruck aus: Wiener klinische Wochenschrift. Wien: Wilhelm Braumüller 1898.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Schiff, Eduard: Die Krankheiten der behaarten Kopfhaut. In: Klinische Zeit- und Streitfragen (6/7) 1892. S. 267-297.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: K-13492/6,7]

Schiff, Eduard: Kosmetik und Dermatologie. Sonderdruck aus: Österreichische Rundschau. Wien, Leipzig: Fromme o.J.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 15800]

Schiff, Eduard: The therapeutical value of the x raxs in medicine. Sonderdruck aus: British medical journal. 1900.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Schiff, Eduard: Ein österreichisches Zentral-Gesundheitsamt. Vorschläge. Wien: Selbstverlag 1883.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 13116]

Referenzen:

[1] Wiener Zeitung, 21.8.1875, S. 1.

[2] Wiener Allgemeine Zeitung, 9.5.1882, S. 2.

[3] Wiener Allgemeine Zeitung, 17.5.1884, S. 3.

[4] Wiener klinische Wochenschrift, Nr. 37, 1901, S. 879.

[5] Neue illustrierte Zeitung, 8.11.1885, S. 10-11.

[6] Wiener Zeitung, 5.12.1885, S. 15.

[7] Internationale klinische Rundschau, Nr. 1, 1887, Sp. 29.

[8] Neue Freie Presse, 13.10.1897, S. 3.

[9] Illustriertes Wiener Extrablatt, 22.3.1900, S. 9.

[10] Wiener klinische Rundschau, Nr. 9, 1900, S. 180.

[11] Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 37, 1901, Sp. 1733.

[12] Wiener klinische Rundschau, Nr. 33, 1901, S. 589.

[13] Neues Wiener Journal, 19.9.1909, S. 4.

[14] Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 42, 1911, Sp. 2734.

[15] Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 29, 1885, Sp. 929.

[16] Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 4, 1909, Sp. 234.

[17] Neue Freie Presse, 16.4.1892, S. 4.

[18] Neues Wiener Tagblatt (Tages-Ausgabe), 18.3.1897, S. 5.

[19] Die Presse, 29.12.1883, S. 10.

[20] Die Zeit, 22.4.1909, S. 5.

[21] Photographische Notizen, April 1905, S. 33-35.

[22] Wiener Zeitung, 17.3.1912, S. 5.

[23] Neue Freie Presse, 27.4.1905, S. 20-22.

[24] Neues Wiener Tagblatt (Tages-Ausgabe), 6.12.1904, S. 11.

[25] Neues Wiener Tagblatt (Tages-Ausgabe), 16.10.1895, S. 4.

[26] Neues Wiener Tagblatt (Tages-Ausgabe), 31.12.1911, S. 10.

[27] Neues Wiener Journal, 23.6.1906, S. 7.

[28] Neue Freie Presse, 24.1883, S. 17.

[29] Neue Freie Presse, 27.7.1884, S. 8.

[30] Neues Wiener Journal, 23.3.1904, S. 7.

[31] Illustriertes Wiener Tagblatt, 21.4.1907, S. 17.

[32] Arbeiter Zeitung, 15.3.1913, S. 6.

Normdaten (Person): Schiff, Eduard : BBL: 44505; GND: 117231754;

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Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien [298]: Schiff, Arthur – Internist, Chefarzt der Allgemeinen Arbeiterkrankenkasse und des Verbandes der Genossenschaftskrankenkasse, NS-Verfolgter

Schiff, Arthur – Internist, Chefarzt der Allgemeinen Arbeiterkrankenkasse und des Verbandes der Genossenschaftskrankenkasse, NS-Verfolgter

Autor: Dr. Walter Mentzel

Published online: 26.08.2024

Keywords: Internist, Allgemeine Arbeiterkrankenkasse, Verband der Genossenschaftskrankenkasse, NS-Verfolgter, Medizingeschichte, Wien

Arthur (Artur) Schiff, Sohn des Kaufmannes und Mitbegründers des Wiener Musikvereins Max Marcus Schiff (1829-1903) und Lina Caroline (1839-1908), geborene Schlesinger, wurde am 13. Mai 1871 in Wien geboren. Im Mai 1900 heiratete er die Schwester des Internisten am Rothschild-Spital Robert Leopold Breuer (1869-1936), Margarethe Breuer (1872-1942). Er war der Onkel des Philosophen Sir Karl Popper.

Schiff studierte an der Universität Wien Medizin und promovierte am 7. Juli 1894. 1892 gehörte er als Student zu den Gründungsmitgliedern des Medicinischen Unterstützungsvereins und wurde als Kandidat der Fortschrittlichen Partei im Mai 1892 bei der unter antisemitischen Protesten durchgeführten Wahl in den Ausschuss gewählt.[1] Im September 1894 erfolgte nach seinem Einjährig-Freiwilligendienst seine Ernennung zum Assistenzarzt-Stellvertreter und seine Zuteilung zum Garnisonsspital Nr. 1 in Wien, 1895 seine Beförderung zum Assistenzarzt der Reserve. Im Garnisonsspital tätigte er als Stabsarzt während des Ersten Weltkrieges seinen Dienst, und erhielt 1916 das Offiziersehrenzeichen vom Roten Kreutz.[2] 1917 bekam er das Ritterkreuz des Franz-Joseph-Ordens verliehen.[3]

Nach dem Militärdienst arbeitete er als Sekundararzt an der III. Medizinische Klinik im Allgemeinen Krankenhaus bei Professor Leopold Schrötter von Kristelli (1837-1908), wo er eine Reihe von Arbeiten veröffentlichte wie „Ueber zwei Fälle von intramedullären Rückenmarkstumoren“, „Zur diagnostischen Bedeutung der Lumbalpunktion“, oder „Myelitis haemorrhagica acutissima transversalis bei Typhus abdominalis“. 1895 übersetzte er in der Wiener klinischen Rundschau den von Sigmund Freud (1856-1939) in französischer Sprache verfassten Artikel „Zwangsvorstellungen und Phobien“ aus der Revue Neurologique.[4]

Seit 1900 führte er als emeritierter Assistent eine Arztpraxis in Wien 9, Wasagasse 4, später an seinem Wohnort in Wien 8, Skodagasse 19. 1901 habilitierte er sich im Fach Innere Medizin an der Universität Wien und gehörte dem Lehrkörper der Medizinischen Fakultät an.[5] In den 1920er Jahren hielt er Vorträge im Rahmen der ärztlichen Fortbildungskurse der Wiener Medizinischen Fakultät,[6] wo er sich u.a. auch sozialversicherungstechnischen Fragen bei der Krankheitsbekämpfung widmete.[7] 1926 nahm er am 8. Internationalen ärztlichen Fortbildungskurs in Karlsbad teil.[8] Er gehörte als Mitglied der Gesellschaft der Ärzte in Wien, der Dermatologischen Gesellschaft in Wien, dem Wiener medizinischen Club, sowie der Gesellschaft für Innere Medizin an.

Allgemeine Arbeiterkranken- und Unterstützungskasse und des Verbandes der Genossenschaftskrankenkasse

Nach seiner Emeritierung als Assistent an der III. Medizinischen Klinik fungierte Schiff als Chefarzt der Allgemeinen Arbeiterkrankenkasse und des Verbandes der Genossenschaftskrankenkasse (später Arbeiter-Krankenversicherungskasse für Wien, Niederösterreich und das Burgenland). In dieser Funktion widmete er sich zunehmend sozialmedizinischen Themen. 1907 nahm er am Internationalen Kongress für Hygiene und Demographie in Berlin teil, wo er über Krankenkassenstatistik referierte,[9] und 1908 an der von der Österreichischen Gesellschaft zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten abgehaltenen Enquete zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten.[10] 1909 war er gemeinsam u.a. mit Ludwig Teleky (1872-197) an der vom arbeitsstatistischen Amt im Handelsministerium organisierten Enquete über die Arbeitszeit in den Bäckereibetrieben vertreten, indem er auch in der vom Verband der Bäckerarbeiter herausgegebenen Denkschrift „Gutachten von ärztlichen Fachmännern über den Gesundheitsschutz im Bäckergewerbe“ einen Beitrag schrieb.[11] Im selben Jahr gehörte er am II. Internationalen Kongress für Unfallmedizin gemeinsam mit u.a. Ludwig Teleky, Alexander Fränkel (1857-1941) und Maximilian Sternberg (1863-1934) dem dafür zusammengestellten österreichischen Reichskomitee an.[12] 1915 publizierte er die Monografie „Klinische und sozialmedizinische Arbeiten der Ärzte des Verbandes der Genossenschaftskrankenkassen Wiens und Niederösterreichs“, 1917 „Zur Pathologie der Ödemkrankheit

1919 erfolgte seine Berufung zum a.o. Professor an der Medizinischen Fakultät der Universität Wien,[13] 1931 seine Wahl zum Vorsitzenden-Stellvertreter der im selben Jahr gegründeten Gesellschaft für Sozialversicherungsmedizin.[14]

Zahlreiche seiner Arbeiten befinden sich in der Separata-Bibliothek an der Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin.

Wiener Volksbildung und Freie Schule

Schiff war über viele Jahre in der Wiener Volksbildung aktiv, wo er zu medizinischen Themen wie „Über Tuberkulose“[15] oder den „Wert und Nutzen der Schutzimpfung“[16] referierte. 1906 wurde er neben Viktor Hammerschlag (1870-1975) in der im Wiener Gemeindebezirk Alsergrund gegründeten Ortsgruppe der Freien Schule, in den Vereinsausschuss gewählt.[17] Daneben überstützte er auch als Mitglied den Verein für realgymnasialen Mädchenunterricht.

Arthur Schiff und seine Ehefrau Margarethe wurden wegen ihrer jüdischen Herkunft nach dem „Anschluss“ im März 1938 von den Nationalsozialisten verfolgt. Nach seiner Vertreibung von der Universität Wien und der Widerufung seiner Venia legendi, beging er am 12. Juni 1939 in seiner Wohnung in Wien 8, Skodagasse 19 Suizid. Seine Ehefrau Margarethe wurde am 9. September 1942 im Ghetto Theresienstadt ermordet. Seinem Sohn, den späteren Nationalökonom Erich Schiff (1901-1992) und seiner Tochter Elisabeth gelang die Flucht in die USA, die Tochter Hanna Elisabeth (1902-1942) wurde nach 1942 im Holocaust ermordet.

Quellen:

Matriken der IKG Wien, Taufbuch 1871, Schiff Arthur.

Matriken der IKG Wien, Trauungsbuch, Schiff Arthur, Breuer Margarethe.

UAW, Med. Fakultät, Nationalien/Studienkataloge, Sign. 134-0419, Schiff Arthur (Nationalien Datum: 1890/91).

UAW, Rektorat, Med. Fakultät, Rigorosen- und Promotionsprotokolle, Sign. 177-389b, Schiff Arthur (Rigorosum Datum: 1891).

UAW, Rektorat, Med. Fakultät, Rigorosen- und Promotionsprotokolle, Sign. 187-1355, Schiff Arthur (Promotion Datum: 7.7.1894).

UAW, Rektoratsarchive, Akademischer Senat, Akten-Sonderreihe, Senat S 304.1106 Schiff, Arthur (13.05.1871; Innere Medizin).

ÖStA, AdR, E-uReang, VVSt, VVSt, VA, Zl. 27.067, Schiff Arthur.

Gedenkbuch für die Opfer des Nationalsozialismus an der Universität Wien 1938: Schiff Arthur.

Literatur:

Schiff, Arthur: Ueber zwei Fälle von intramedullären Rückenmarkstumoren. (Hierzu Tafel VI.). Sonderdruck aus: Arbeiten aus dem Institut für Anatomie und Physiologie des Centralnervensystems an der Wiener Universität. Wien, Leipzig: Franz Deuticke 1894.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Schiff, Arthur: Zur diagnostischen Bedeutung der Lumbalpunktion. Aus der III. medicinischen Klinik des Hofrathes Prof. Dr. v. Schrötter in Wien. Sonderdruck aus: Wiener klinische Wochenschrift. Wien, Leipzig: Wilhelm Braumüller k.u.k. Hof- und Universitäts-Buchhändler 1898.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Schiff, Arthur: Myelitis haemorrhagica acutissima transversalis bei Typhus abdominalis (Exitus in 18 Stunden). Aus der III. medicin. Univ.-Klinik von Hofr. Prof. v. Schrötter in Wien. (Mit Tafel XI.). Sonderdruck aus: Deutsches Archiv für klinische Medizin. O.O. O.J.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Schiff, Arthur: Klinische und sozialmedizinische Arbeiten der Ärzte des Verbandes der Genossenschaftskrankenkassen Wiens und Niederösterreichs. Sonderdruck aus: Das österreichische Sanitätswesen. Wien: Hölder 1915.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 2873]

Schiff, Arthur: Zur Pathologie der Ödemkrankheit. Sonderdruck aus: Wiener medizinische Wochenschrift. Wien: Perles 1917.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 14609]

Referenzen:

[1] Neue Freie Presse, 6.5.1892, S. 19; 25. Mai 1892, S. 5.

[2] Die Presse, 30.9.1894, S. 4; Wiener Zeitung, 30.5.1895, S. 2; Allgemeine Wiener medizinische Zeitung, 11.6.1895, S. 10; Die Zeit, 3.7.1916, S. 4.

[3] Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 21, 1917, Sp. 953.

[4] Wiener klinische Rundschau, Nr. 17, 1895m S. 262-263; Nr. 18, 1895, S. 276-278.

[5] Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 38, 1901, Sp. 1794.

[6] Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 52/53, 1920, Sp. 2229.

[7] Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 10, 1927, S. 335.

[8] Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 43, 1926, Sp. 1279.

[9] Wiener Zeitung, 5.9.1907, S. 4.

[10] Medizinische Klinik, Nr. 12, 1908, S. 419.

[11] Arbeiter Zeitung, 5.6.1910, S. 13.

[12] Medizinische Klinik, Nr. 8, 1909, S. 38.

[13] Neue Freie Presse, 31.12.1919, S. 14.

[14] Neues Wiener Journal, 31.3.1931, S. 10.

[15] Volksbote, 12.2.1909, S. 4.

[16] Arbeiter Zeitung, 31.1.1915, S. 10.

[17] Arbeiter Zeitung, 14.11.1906, S. 7.

Normdaten (Person): Schiff, Arthur: BBL: 44503; GND: 1340146339;

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Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien [296]: Kreidl, Alois – Vorstand des Instituts für Allgemeine und Vergleichende Physiologie

Kreidl, Alois – Vorstand des Instituts für Allgemeine und Vergleichende Physiologie

Autor: Dr. Walter Mentzel

Published online: 12.08.2024

Keywords: Physiologe, Institut für Allgemeine und Vergleichende Physiologie, Medizingeschichte, Wien

Alois Kreidl wurde am 18. Jänner 1864 als Sohn des Kaufmannes Joachim Kreidl (1827-1902) und Eva, geborene Schüller (1834-1902), in Gratzen in Böhmen (heute: Nové Hrady/Tschechien) geboren. Die ersten sechs Schulstufen am Gymnasium absolvierte er in Prag und nach der weiteren Übersiedlung seiner Eltern nach Wien im Jahr 1880, maturierte er hier und begann im Wintersemester 1882 mit dem Studium der Medizin an der Universität Wien, das er am 25. Februar 1888 mit seiner Promotion abschloss.

Nach dem Abschluss des Studiums absolvierte er seinen Einjährigen-Freiwilligendienst in der k.u.k. Armee. Im Oktober 1888 erfolgte seine Ernennung zum Assistenzarzt und 1895 zum Oberarzt.[1] Nachdem er schon während seines Studiums als Demonstrator am Physiologischen Institut bei Ernst Wilhelm von Brücke (1819-1892) gearbeitet hatte, wurde er 1890 dessen Assistent am Institut, sowie nach dem Tod von Brücke von dessen Nachfolger Siegmund Exner (1846-1926). 1897 habilitierte er sich im Fach Physiologie zum Privatdozenten an der Universität Wien,[2] 1900 erhielt er den Titel eines a.o.[3] und 1906 eines ordentlichen Professors.[4]

Foto: Kreidl Alois, Österreichische illustrierte Zeitung, 25.11.1906, S. 15.

Institut für Allgemeine und Vergleichende Physiologie

1917 erfolgte seine Ernennung zum supplierenden Vorstand[5] und nach dem Tode Exners 1918 seine Bestellung zum Leiter des Institut für Allgemeine und Vergleichende Physiologie.[6] Diese Funktion behielt er bis zu seinem Tod.

Kreidl unternahm zoologische Studien in Neapel und Triest, war im Verein zur wissenschaftlichen Erforschung der Adria aktiv und gehörte dem Kuratorium der Biologischen Station in Lunz an. 1919 führte er eine Studie an Wiener Kindern zu deren Träumen durch.[7]

Alois Kreidl war Redakteur des Zentralblattes für Physiologie, sowie seit 1899 Mitarbeiter der Wiener klinischen Rundschau.[8] Weiters war er Mitglied des Physiologischen Clubs zu Wien, der Gesellschaft der Ärzte in Wien, seit 1908 korrespondierendes Mitglied der Akademie der Wissenschaften in Wien, der Gesellschaft zur Förderung von Kunst und Wissenschaft in Böhmen und der Leopoldina Carolina-Akademie der Naturforscher in Halle. 1911 wurde ihm der Titel eines Regierungsrates verliehen. In dem im Jahr 1900 von Ludo Hartmann (1865-1924) gegründeten Verein für Abhaltung wissenschaftlicher Lehrkurse für Frauen und Mädchen (Athenäum) hielt er Vorträge zu physiologischen Themen.[9]

Kreisel gilt als ein bedeutender Forscher auf dem Gebiet der Physiologie des zentralen Nervensystems, zu dem er u.a. gemeinsam mit Johann Paul Karplus (1866-1936) 1910 „Ein Sympathicuszentrum im Zwischenhirn“, 1911 „Sympathicusleitung im Gehirn und Halsmark“, 1912 „Eine neue Methode zur Totalexstirpation des Grosshirns und Freilegung des Hirnstammes“ publizierte, sowie 1925 die Monografie „Zur Kenntnis der Schmerzleitung im Rückenmark“ herausgab. Wesentlich sind seine Untersuchungen zur Physiologie des Hörens, des Ohrlabyrinths an Taubstummen sowie an Fischen und Krebsen, seine Arbeiten über den galvanischen Schwindel und über den Nystagmus. Dazu verfasste er „Ein weiterer Versuch über das angebliche Hören eines Glockenzeichens durch die Fische“, „Ueber die Schallperception der Fische“, „Ueber die Beziehungen der galvanischen Reaction zur angeborenen und erworbenen Taubstummheit“, „Über das zeitliche Verhalten der Phänomene nach passiver Drehung beim Menschen“ oder „Der Schlaf des Menschen bei Fernbleiben von Gesichts- und Gehörseindrücken. Über den Schlaf der Mindersinnigen“. Weitere seiner zahlreichen Arbeiten finden sich in den Beständen der Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin.

Kreidl verstarb am 6. Dezember 1928 in Wien. Seinen Nachruf mit einer ausführlichen Besprechung der wissenschaftlichen Forschungen von Kreidl verfasste Arnold Durig (1872-1961) in der Wiener medizinischen Wochenschrift.[10] Ein Verzeichnis seiner Arbeiten findet sich in einem weiteren Nachruf in der Monatsschrift für Ohrenheilkunde.[11]

Todesanzeige: Kreidl Alois, Neue Freie Presse, 8.12.1928, S. 47.

Quellen:

UAW, UAW, Med. Fakultät, Nationalien/Studienkataloge, Sign. 134-0178, Kreidl Alois (Nationalien Datum: 1882/83).

UAW, Rektorat, Med. Fakultät, Promotionsprotokolle, Sign. 177-192a, Kreidl Alois (Rigorosum Datum: 1885).

UAW, Rektorat, Med. Fakultät, Promotionsprotokolle, Sign. 186-2168, Kreidl Alois (Promotion Datum: 25.2.1888).

UAW, Rektoratsarchiv, Akademischer Senat, Akten-Sonder-Reihe, S Personalblätter, Senat S 304.676 Kreidl, Alois (18.01.1864-06.12.1928; Physiologie).

Friedhofsdatenbank der IKG Wien: Kreidl Alois.

Literatur:

Karplus, Johann Paul und Alois Kreidl: Ein Sympathicuszentrum im Zwischenhirn. (= Gehirn und Sympathicus/Mitteilung 2). Sonderdruck aus: Pflügers Archiv für die gesamte Physiologie. Bonn: Hager, Berlin: Springer 1910.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 17322/2]

Karplus, Johann Paul und Alois Kreidl: Symphaticusleitung im Gehirn und Halsmark. (= Gehirn und Sypmpathicus/Mitteilung 3). Sonderdruck aus: Pflügers Archiv für die gesamte Physiologie. Bonn: Hager, Berlin: Springer 1911.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 17322/3]

Karplus, Johann Paul und Alois Kreidl: Eine neue Methode zur Totalexstirpation des Grosshirns und Freilegung des Hirnstammes. Sonderdruck aus: Zeitschrift für biologische Technik und Methodik. Leipzig: Barth 1912.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 25913]

Karplus, Johann Paul und Alois Kreidl: Zur Kenntnis der Schmerzleitung im Rückenmark. Mitteilung 2. Sonderdruck aus: Zeitschrift für die gesamte Physiologie. Berlin: Springer 1925.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 12416]

Kreidl, Alois: Ein weiterer Versuch über das angebliche Hören eines Glockenzeichens durch die Fische. Sonderdruck aus: Archiv für die gesamte Physiologie. Bonn: Verlag von Emil Strauss 1896.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Kreidl, Alois: Ueber die Schallperception der Fische. Sonderdruck aus: Archiv für die gesamte Physiologie. Bonn: Verlag von Emil Strauss 1895.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Alexander, Gustav und Alois Kreid: Ueber die Beziehungen der galvanischen Reaction zur angeborenen und erworbenen Taubstummheit. Sonderdruck aus: Archiv für die gesamte Physiologie. Bonn: Verlag von Emil Strauss 1902.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Kreidl, Alois und S. Gatscher: Über das zeitliche Verhalten der Phänomene nach passiver Drehung beim Menschen. Sonderdruck aus: Wiener medizinische Wochenschrift. Wien: Verlag von Moritz Perles k.u.k. Hofbuchhandlung 1927.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Kreidl, Alois und Franz Herz: Der Schlaf des Menschen bei Fernbleiben von Gesichts- und Gehörseindrücken. Über den Schlaf der Mindersinnigen. Sonderdruck aus: Pflüger´s Archiv für die Gesamte Physiologie. Berlin: Verlag von Julius Springer 1924.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Referenzen:

[1] Wiener allgemeine Zeitung, 13.10.1888, S. 8; Die Presse, 14.11.1895, S. 4.

[2] Wiener klinische Wochenschrift, Nr. 40, 1897, S. 802.

[3] Wiener klinische Rundschau, Nr. 30, 1900, S. 608.

[4] Die Heilkunde, Nr. 5, 1906, S. 233.

[5] Neue Freie Presse, 4.11.1917, S. 8.

[6] Die Zeit, 18.9.1918, S. 5.

[7] Neues Wiener Tagblatt (Tages-Ausgabe), 8.6.1919, S. 21.

[8] Wiener klinische Rundschau, Nr. 15, 1899, S. 243.

[9] Österreichische Lehrerinnen-Zeitung, 15.6.1900, S. 10.

[10] Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 2, 1929, S. 68-70.

[11] Monatsschrift für Ohrenheilkunde, Nr. 7, 1929, S.727-730.

Normdaten (Person): Kreidl, Alois: BBL: 44498; GND: 118204289;

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Letzte Aktualisierung: 2024 08 12

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Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien [294]: Hödlmoser, Karl – Chirurg, Leiter der Internen Abteilung im Landesspital Sarajewo

Hödlmoser, Karl – Chirurg, Leiter der Internen Abteilung im Landesspital Sarajewo

Autor: Dr. Walter Mentzel

Published online: 29.07.2024

Keywords: AKH Wien, Chemische Medizin, Landeskrankenhaus Sarajewo, Bosnien-Herzegowina, Medizingeschichte, Sarajewo, Wien

Karl Hödlmoser wurde als Sohn des Regierungsrates und Leiters der Lithographie- und Photo-Abteilung am Militär-geographischen Institut in Wien Carl Hödlmoser (1846-1910) und Johanna, geborene Frankenberger, am 15. August 1873 in Wien geboren. Er war mit Lottka Edle von Niebauer verheiratet.

Hödlmoser studierte an der Universität Wien Medizin und schloss das Studium am 19. Juni 1897 mit seiner Promotion ab. Während des Studiums arbeitete er seit 1. Oktober 1894 bis 1. Oktober 1897 als Demonstrator an der Lehrkanzel für Angewandte Medizinische Chemie bei Professor Ernst Ludwig (1842-1915), mit dem er gemeinsam 1899 die Studie „Über den Franzensbader Mineralmoor“ veröffentlichte. Vom 1. Oktober 1895 bis 1. April 1897 war er Hospitant an der II. Medizinischen Klinik im Allgemeinen Krankenhaus in Wien. Nach seinem Studienabschluss nahm er von 1. Oktober 1897 bis 16. April 1898 die Assistentenstelle an der Lehrkanzel für Angewandte Medizinische Chemie an, wo er 1898 die Arbeit „Chemische Untersuchungen einer fetthaltigen Ascitesflüssigkeit“ publizierte. Daneben war er vom 30. November 1897 bis 16. Mai 1898 beeideter Sachverständiger für Chemie beim Landesgericht in Wien. Ebenfalls 1898 erschien von ihm aus dem chemischen Laboratorium des k.k. Militärsanitätskomitee die Arbeit „Ueber einen Fall von Arsenvergiftung“. Zwischen 1898 und 1899 absolvierte er seinen Militärdienst und war danach als Hospitant und Aspirant an der II. und III. Medizinischen Klinik im AKH Wien und kurze Zeit wieder an der Angewandten Medizinischen Chemie tätig. Im März 1899 erfolgte seine Ernennung zum Assistenten an der II. Medizinischen Klinik bei Professor Leopold Schrötter von Kristelli (1837-1908). An der III. Medizinischen Klinik verfasste Hödlmoser eine Reihe von Studien darunter „Ueber die Behandlung der Tuberculose mit intravenäsen Zimmtsäure-Injectionen“, „Beitrag zur Klinik der myastenischen Paralyse“, „Zur Casuistik des Pankreascarcinoms“, oder „Beitrag zur Klinik der myastenischen Paralyse“.

Im Dezember 1901 wechselte er als Nachfolger von G. Kobler in die Funktion als Leiter des Sanitätsdepartments der Landesregierung für Bosnien und Herzegowina und übernahm die von Kobler geführte Interne Abteilung als Primararzt im Bosnisch-Herzegowinischen Landesspital in Sarajewo.[1] Hier publizierte er eine Reihe von Arbeiten, darunter „Ueber eine wahrscheinlich als Recurrens zu deutende fieberhafte Erkrankung, nebst Bemerkungen über abortiven Thyphus“, „Beitrag zur Klinik der nervösen Erscheinungen des Abdominaltyphus“, „Die serumdiagnose des Typhus recurrens“ und „Tabes und Syphilis mit besonderer Berücksichtigung der Verhältnisse von Bosnien und Herzegowina“. Zahlreiche seiner Arbeiten befinden sich in der Separata-Bibliothek an der Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin.

Hödlmoser verstarb am 29. Dezember 1905 in Sarajewo.

Sein Werkverzeichnis und ein von Josef Preindlsberger (1863-1938) verfasster Nachruf finden sich in der Wiener klinischen Rundschau abgedruckt.[2]

Quellen:

UAW, Rektorat, Med. Fakultät, Promotionsprotokolle, Sign. 188-868, Hödlmoser Karl (Promotion Datum: 19.6.1897).

Literatur:

Ludwig, Ernst, Hödlmoser, Karl und Th. Panzer: Über den Franzensbader Mineralmoor. Sonderdruck aus: Wiener klinische Wochenschrift. Wien, Leipzig: Braumüller 1899.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 32921]

Hödlmoser, Karl: Chemische Untersuchungen einer fetthaltigen Ascitesflüssigkeit. Aus dem Laboratorium für angewandte medicinische Chemie in Wien. Sonderdruck aus: Wiener klinische Wochenschrift. Wien: Druck von Friedrich Jasper 1898.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Hödlmoser, Karl: Ueber einen Fall von Arsenvergiftung. Aus dem chemischen Laboratorium des k.k. Militär-Sanitätscomites. Sonderdruck aus: Wiener klinische Wochenschrift. Wien: Druck von Friedrich Jasper 1898.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Hödlmoser, Karl: Ueber die Behandlung der Tuberculose mit intravenäsen Zimmtsäure-Injectionen. Aus der III. medicinischen Universitätsklinik in Wien. Sonderdruck aus: Wiener klinische Wochenschrift. Wien: Verlag von Friedrich Jasper 1901.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Hödlmoser, Karl: Beitrag zur Klinik der myastenischen Paralyse. Aus der III. medicinischen Klinik in Wien. Zeitschrift für Heilkunde. Wien: Druck von Friedrich Jasper 1902.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Hödlmoser, Karl: Zur Casuistik des Pankreascarcinoms. Aus der III. medicinischen Klinik in Wien. Sonderdruck aus: Wiener klinische Wochenschrift. Wien: Druck von Friedrich Jasper 1902.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Hödlmoser, Karl: Ueber eine wahrscheinlich als Recurrens zu deutende fieberhafte Erkrankung, nebst Bemerkungen über abortiven Thyphus. Aus der internen Abtheilung des b.-h. Landesspitales in Sarajevo. Sonderdruck aus: Wiener klinische Rundschau. Wien: Druck von Hermann Gasser 1902.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Hödlmoser, Karl: Beitrag zur Klinik der nervösen Erscheinungen des Abdominaltyphus. Aus der internen Abtheilung des bosnisch-hercogovinischen Landesspitales in Sarajevo. Sonderdruck aus: Wiener klinische Wochenschrift. Wien: Druck von Friedrich Jasper 1902.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Hödlmoser, Karl: Die serumdiagnose des Typhus recurrens. Sonderdruck aus: Wiener medizinische Wochenschrift. Wien: Verlag von Moritz Perles, k. und k. Hofbuchhandlung 1904.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Hödlmoser, Karl: Tabes und Syphilis mit besonderer Berücksichtigung der Verhältnisse von Bosnien und Herzogowina. Aus der internen Abteilung des bosn.-herz. Landesspitales in Sarajevo. Sonderdruck aus: Wiener klinische Rundschau 1904.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Referenzen:

[1] Wiener klinische Rundschau, Nr. 1, 1902, S. 16.

[2] Wiener klinische Rundschau, Nr. 3, 1906, S. 56-57.

Normdaten (Person): Hödlmoser, Karl: BBL: 43985; GND: 142129631;

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Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien [293]: Clar, Franz – Kinderarzt in Wien und Graz, Professor für Allgemeine Pathologie, Therapie, Pharmakologie und Pharmakognosie an der Medizinischen Fakultät der Universität Graz

Clar, Franz – Kinderarzt in Wien und Graz, Professor für Allgemeine Pathologie, Therapie, Pharmakologie und Pharmakognosie an der Medizinischen Fakultät der Universität Graz

Autor: Dr. Walter Mentzel

Published online: 18.07.2024

Keywords: Kinderarzt, Pathologe, Pharmakologe, Pharmakognostiker, Medizingeschichte, Wien, Graz

Franz Clar wurde am 13. Dezember 1812 in Herreskretschen bei Jonsdorf in Böhmen (heute: Janov u Hřenska/Tschechien) geboren. Er war mit Theresia Clar (1820-1856) verheiratet. Ihr gemeinsamer Sohn war der Balneologe und Geologe Conrad Clar (1844-1904).

Clar studierte ab 1835 an der Universität Wien Medizin und promovierte am 30. März 1840 zum Doktor der gesamten Heilkunde und am 17. April 1842 zum Doktor der Chirurgie. 1840 erhielt er eine Sekundararztstelle am Wiener Allgemeinen Krankenhaus und ergänzte seine Ausbildung in Pathologie bei Carl Freiherr von Rokitansky (1804-1878). Daneben arbeitete er zwischen 1843 und 1847 als praktischer Arzt in Wien sowie bis 1851 als Sekundararzt im Findelhaus in Wien. Hier publizierte er 1850 „Ueber Dr. Grün’s Abortivheilmethode neonatorum und das seit Anfang 1848 an der Wiener Findelanstalt übliche Verfahen“.[1] 1852 folgte die Publikation „Ueber den angeborenen Hirnbruch“. Innerhalb der Gesellschaft der Ärzte, der er seit 1851 als Mitglied angehörte, nahm er an den Sitzungen der Sektion für Therapie teil.[2]

1852 übersiedete er nach Graz, wo er als Assistent im Findelhaus arbeitete und an der Medizinischen Fakultät in Graz als Dozent für Kinderheilkunde lehrte. Mit „Allerhöchster Entschließung“ vom 26. Oktober 1852 erfolgte seine Ernennung zum Professor der Theoretischen Medizin an der Chirurgischen Lehranstalt in Graz,[3] und 1854 zum Professor der Allgemeinen Pathologie, Therapie und Pharmakologie. 1857 fungiert er als Leiter der Ambulatorischen Kinderklinik im Allgemeinen Krankenhaus in Graz, sowie der Diätischen Heilanstalt. Weiters stand er der Lehrkanzel für Theoretische Medizin an der Chirurgenschule vor, und nach deren Auflösung, der medizinisch-chirurgischen Lehrkanzel der Medizinischen Fakultät in Graz.[4] Von 1863 bis 1876 unterrichtete er am Lehrstuhl für Pharmakologie, Allgemeine Pathologie und Kinderheilkunde an der Medizinischen Fakultät in Graz, nachdem er bereits als Mitglied der im Juli 1863 eingerichteten Kommission zur Errichtung einer Medizinischen Fakultät den der Universität Graz angehört hatte. Nach dieser Bestellung veröffentlichte er 1864 die Monografie „Einige Worte über ärztliche Schule und Praxis“ und 1869 die Monografie „Die Gesundheits-Pflege von Graz. Ansichten und Wünsche“.

Clar war Mitbegründer und Direktor des Vereins für Krippen in Graz, der nach dem Vorbild des Wiener Zentral-Vereins eingerichtet wurde,[5] und 1886 Gründer der Auenbrugger Stiftung, zu dessen Andenken er bereits 1867 die Arbeit „Leopold Auenbrugger. Der Erfinder der Percussion des Brustkorbes und sein Inventum Novum“ verfasste, und mit der erkrankte mittelose Ärzte, sowie Witwen und Waisen eine Unterstützung fanden. Neben seinen zahlreichen caritativen Tätigkeiten war er Mitbegründer des Vereins der Ärzte in Graz sowie des Grazer Kommunalvereines, als dessen Präsident er beiden Vereinen er vorstand.

Grazer Gemeinderat

Clar engagierte sich in den 1860er Jahren in der Grazer Bürgerpartei, 1871 erfolgte seine Wahl in den Gemeinderat. Als Mitglied des Grazer Gemeinderates engagierte er sich für die Verbesserung der sanitären Verhältnisse und brachte u.a. Studien zur Anlage von Schlachthäusern und Friedhöfen ein. Auf einer ihm gehörenden Parganlage am Rainerkogel errichtete er eine Aussichts-Gloriette und überließ das Areal der Grazer Bevölkerung zur freien Benützung.

Clar verstarb am 22. Dezember 1876 in Graz.

Quellen:

UAW, Rektorat, Med. Fakultät, Promotionsprotokolle, Sign. 170-117r, Klar Franz (Rigorosum Datum: 1840).

UAW, Rektorat, Med. Fakultät, Promotionsprotokolle, Sign. 1751173, Clar Franz (Promotion Datum: 30.3.1840).

UAW, Rektorat, Med. Fakultät, Promotionsprotokolle, Sign. 176-0074, Clar Franz (Promotion Datum: 17.4.1842).

Literatur:

Clar, Franz: Ueber den angebornen Hirnbruch. Mit einer lithographirten Tafel. Zwei Vorträge, gehalten in den wissenschaftlichen Plenarversammlungen des Doctoren-Collegiums der med. Fak. Sonderdruck aus: Zeitschrift der Gesellschaft der Ärzte in Wien. Wien: Druck von Carl Gerold und Sohn 1851.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Clar, Franz: Leopold Auenbrugger. der Erfinder der Percussion des Brustkorbes und sein Inventum Novum. Sonderdruck aus: Jahresbericht des Vereins der Ärzte in der Steiermark. Graz: Leuschner & Lubensky 1867.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign: BS-009]

Clar, Franz: Beobachtungen über Thymus-Anomalien. Sonderdruck aus: Jahrbuch für Kinderheilkunde und physische Erziehung. Wien: Druck der typogr.-liter.-art. Anstalt (L.C. Zamarski, C. Dittmarsch & Comp.) 1859.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Referenzen:

[1] Vierteljahresschrift für praktische Heilkunde, 1. Hauptteil, 1850, S. 112-121.

[2] Zeitschrift der k.k. Gesellschaft der Ärzte zu Wien, Wien 1851, S. 335.

[3] Zeitschrift der k.k. Gesellschaft der Ärzte zu Wien, Wien 1852, S. 568.

[4] Grazer Zeitung, 10.10.1863, S. 9.

[5] Krippen-Kalender für das Jahr 1853; Jahrbuch für Frauen und Mütter, (Hrsg. von der Direktion des Zentral-Vereines für Kostkinder-Beaufsichtigung und Krippen, Wien 1853, S. 43.

Normdaten (Person): Clar, Franz: BBL: 43982; GND: 1075617677;

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Letzte Aktualisierung: 2024 07 18

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Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien [292]: Hock, Jakob – Augenarzt, Leiter der Augenabteilung an der Allgemeinen Poliklinik in Wien

Hock, Jakob – Augenarzt, Leiter der Augenabteilung an der Allgemeinen Poliklinik in Wien

Autor: Dr. Walter Mentzel

Published online: 18.07.2024

Keywords: Augenarzt, Allgemeine Poliklinik, Rothschild-Spital, Blindeninstitut, Medizingeschichte, Wien

Jakob Hock wurde am 31. Oktober 1831 als Sohn von Simon Jakob Hock (zirka 1798-1838) und Marie (1800-1858), geborene Stösseles, in Prag geboren. 1875 heiratete er die Budapesterin Therese Zitter (1847-1939).

Hock, der zunächst einen Handels- und Kaufmannsberuf ausübte, studierte an der Universität Wien Medizin und beendete sein Studium am 3. August 1861 mit seiner Promotion zum Doktor der Medizin. Danach arbeitete er bei Eduard Jaeger von Jaxthal (1818-1884) an der Augenabteilung des Allgemeinen Krankenhauses in Wien, wo er seine Ausbildung zum Ophthalmologen erhielt und 1865 die Stelle eines Sekundararztes an der Abteilung erhielt. Am 20. März 1866 promovierte er zum Doktor der Chirurgie. Im selben Jahr wurde er in das medizinische Doktoren-Collegium aufgenommen,[1] und eröffnete eine private Arztpraxis in Wien 1, Renngasse 2, später Tiefer Graben 12. 1872 habilitierte er sich im Fach Augenheilkunde und wurde vom Minister für Kultus und Unterricht zum Privatdozent ernannt.[2]

Allgemeine Poliklinik Wien

Hock gehörte 1871 federführend jener Gruppe von zwölf Ärzten an, die 1872 die Allgemeine Poliklinik in Wien gründeten. Hier übernahm er neben einer Funktion im Verwaltungsausschuss die Leitung der Augenabteilung der Klinik,[3] und entfaltete an der Klinik eine rege wissenschaftliche Tätigkeit, die sich in zahlreichen Publikationen niederschlug. Dazu zählen seine Arbeiten „Ueber scheinbare Myopie“, „Fall von Cysticercus cellulosae unter der Bindehaut des Augapfels“, „Ueber Sehnervenerkrankung bei Gehirnleiden der Kinder“, „Die Therapie der Netzhautablösung“, „Experimentelle Untersuchungen über die Wirkung der meridionalen (Längs-) Fasern des Cillliarmuskels“, „Acht Sclerotomien nach der v. Wecker-Mauthner’schen Methode“, „Ueber die Komplikationen der Irtis specifica: mit Erkrankungen der Haut“, „Ueber den Zusammenhang der Keratitis interstitalis mit der Iritis specifica“, „Ueber den geeignetesten Zeitpunkt zur Vornahme der Schieloperation“, und „Fall von Cysticercus cellulosae unter der Bindehaut des Augapfels“. 1887 publizierte er noch die Monografie „Propädeutik für das Studium der Augenheilkunde“. Weitere Arbeiten von ihm befinden sich im Bestand der Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin.

Neben seiner Beschäftigung an der Allgemeinen Poliklinik war er als Augen-Operateur am Rothschild-Spital und als Augenarzt am Blindeninstitut auf der Hohen Warte in Wien-Döbling tätig.[4] Hock war weiters Vorstandsmitglied im Verein der Ärzte Niederösterreichs, Mitglied der Gesellschaft der Ärzte in Wien, und Mitglied im Direktorium der Pensions- und Invalidenkasse des österreichischen Ärzteverbandes.[5] Zuletzt errichtete er mit Bewilligung der niederösterreichischen Statthalterei im Jänner 1882 eine private Augenheilanstalt in Wien 9, Universitätsstraße 4.[6]

Jakob Hock verstarb am 2. Februar 1890 in Wien.

Hock Jakob: Todesanzeige, Neue Freie Presse, 3.2.1890, S. 7.

Quellen:

Matriken der IKG Wien, Trauungsbuch 1875, Hock Jakob, Zitter Therese.

UAW, Rektorat, Med. Fakultät, Promotionsprotokolle, Sign. 181-938, Hock Jakob, (Promotion Datum: 3.8.1861).

UAW, Rektorat, Med. Fakultät, Promotionsprotokolle, Sign. 182-19, Hock Jakob, (Promotion Datum: 20.3.1866).

Friedhofsdatenbank der IKG Wien: Hock Jakob.

Jahresbericht der unter dem Protectorat Seiner kaiserlichen Hoheit des Herrn Erzherzogs Rainer stehenden allgemeinen Poliklinik in Wien für 1890, Wien 1891, S. 36.

Literatur:

Hock, Jakob: Ueber scheinbare Myopie. Sonderdruck aus: Mittheilungen des ärztlichen Vereines in Wien. Wien: Druck von J. Wallishauser 1872.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Hock, Jakob: Fall von Cysticercus cellulosae unter der Bindehaut des Augapfels. Sonderdruck aus: Mittheilungen des ärztlichen Vereines in Wien. Wien: Druck von Carl Finsterbeck 1874.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Hock, Jakob: Ueber Sehnervenerkrankung bei Gehirnleiden der Kinder. Sonderdruck aus: Österreichisches Jahrbuch für Pädiatrik. O.O.: 1874.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Hock, Jakob: Die Therapie der Netzhautablösung. Sonderdruck aus: Wiener medizinische Blätter. Wien: aus J.B. Wallishauser’s k.k. Hoftheater-Druckerei 1878.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Hock, Jakob: Experimentelle Untersuchungen über die Wirkung der meridionalen (Längs-) Fasern des Cillliarmuskels. Sonderdruck aus: Centralblatt für die medicinischen Wissenschaften. Berlin: Verlag von August Hirschwald 1878.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Hock, Jakob: Acht Sclerotomien nach der v. Wecker-Mauthner’schen Methode. Mit 2 Abbildungen. Sonderdruck aus: Archiv für Augen- und Ohrenheilkunde. Carlsruhe: Chr. Fr. Müller’sche Hofbuchhandlung 1878.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Hock, Jakob: Ueber die Komplikationen der Irtis specifica. Mit Erkrankungen der Haut. Sonderdruck aus: Wiener medizinische Presse. Wien: Druck von G. Gistel & Comp. 1880.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Hock, Jakob: Ueber den Zusammenhang der Keratitis interstitalis mit der Iritis specifica. Sonderdruck aus: Wiener medizinische Presse. Wien: Verlag von Urban & Schwarzenberg 1881.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Hock, Jakob: Ueber den geeignetesten Zeitpunkt zur Vornahme der Schieloperation. Sonderdruck aus: Centralblatt für die gesamte Therapie. Wien: Verlag von Moritz Perles 1883.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Hock, Jakob: Fall von Cysticercus cellulosae unter der Bindehaut des Augapfels. Sonderdruck aus: Mittheilungen des ärztlichen Vereines in Wien. Wien: Verlag von Carl Finsterbeck 1874.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Hock, Jakob: Propädeutik für das Studium der Augenheilkunde. Stuttgart: Enke 1887.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 31940]

Referenzen:

[1] Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 90, 1866, Sp. 1447.

[2] Wiener Zeitung, 5.5.1872, S. 565.

[3] Jahresbericht der unter dem Protectorat Seiner kaiserlichen Hoheit des Herrn Erzherzogs Rainer stehenden allgemeinen Poliklinik in Wien für 1876, Wien 1877, S. 15-16.

[4] Israelitisches Blinden-Institut auf der Hohen Warte bei Wien. Gegründet 1870. Bericht für die Jahre 1872, 1873, 1874, Wien 1875.

[5] Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 5, 1885, Sp. 155.

[6] Neuigkeits-Welt-Blatt, 18.1.1882, S. 3.

Normdaten (Person): Hock, Jakob: BBL: 43979; GND: 137583702;

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BBL: 43979 (18.07.2024)
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