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Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien [280]: Bum, Anton – Chirurg und Physiotherapeut, Gründer des Institutes für Mechanotherapie in Wien

Bum, Anton – Chirurg und Physiotherapeut, Gründer des Institutes für Mechanotherapie in Wien

Autor: Dr. Walter Mentzel

Published online: 16.04.2024

Keywords: Chirurg, Physiotherapeut, Physikalische Medizin, Institut für Mechanotherapie, Medizingeschichte, Wien

Anton Bum wurde als Sohn von Emanuel Bum (1824-?) und Charlotte (1830-1904), geborene Pokorny, am 2. Juli 1856 in Brünn (heute Brno/Tschechien) geboren. Seit 1887 war er mit Annica Benvenisti (1866-?) verheiratete und hatte mit ihr die Tochter Gertrud (1888-?).

Bum maturierte am Deutschen Gymnasium in Brünn, studierte ab dem Wintersemester 1874/75 an der Universität Wien Medizin, und promovierte hier am 6. Juni 1879. Während seiner Studentenzeit engagierte er sich im „Leseverein der deutschen Studenten Wiens“, wo er die Funktion eines Vereinsbibliothekars einnahm[1] und 1876 zum Obmann-Stellvertreter ernannt wurde.[2] Nach dem Studienabschluss leistete er seinen Militärdienst im Garnisonsspital Nr. 5 in Brünn ab.[3]

Danach arbeitete er bis 1883 zunächst als Sekundararzt und darauf als Assistent bei Albert von Mosetig-Moorhof (1838-1907) am Krankenhaus Wieden. Hier veröffentlichte er 1881 „Ueber Jodoform und seine Anwendung“. In den folgenden Jahren unternahm Bum Studienreisen nach Holland und nach Schweden zur Ausbildung in der Gymnastik, Massage und Mechanotherapie. Er ließ sich als Facharzt in Wien nieder und übernahm 1898 den Chefarztposten an der Kuranstalt Gutenbrunn bei Baden bei Wien für Massagen, Orthopädie und Mechanotherapie.[4] Zuvor erfolgte 1882 seine Berufung als ordinierender Arzt für Chirurgie an das Mariahilfer Laboratorium,[5] weiters arbeitete er als Facharzt im Verband der Genossenschaftskrankenkassen. 1885 nahm er in Sofia mit Richard Wittelshöfer (1853-1889) an der Unterstützungsaktion zur medizinischen Versorgung der im serbisch-bulgarischen Krieg verwundeten Wehrangehörigen teil, worüber er im Dezember 1885 den Artikel „Aus den bulgarischen Spitälern“ verfasste[6] und im Jänner 1886 vor dem Wiener Medizinischen Doktoren-Kollegium über „Kriegschirurgisches aus Bulgarien“ referierte.[7]

1904 habilitierte er sich im Fach Chirurgie mit besonderer Berücksichtigung der Unfallchirurgie und erhielt den Titel eines Privatdozenten an der Medizinischen Fakultät der Universität Wien.

Autor und Herausgeber

Von Anton Bum sind zahlreiche Artikel, wissenschaftliche Aufsätze und Publikationen, die unter seiner Herausgeberschaft erschienen, erhalten. 1891 publizierte er seinen auf der 64. Versammlung der Gesellschaft deutscher Naturforscher und Ärzte in Halle an der Saale gehaltenen Vortrag zur „Mechanodiagnostik“ und seinen vor dem Wiener Medizinischen Doktoren-Kollegium gehaltenen Vortrag „Ueber Heilgymnastik“. 1895 veröffentlichte er den Aufsatz „Zur Technik der Bauchmassage“ und 1898 „Ueber Muskelmechanik“.

Bum war auch Autor und Herausgeber mehrerer Monografien und Handbücher, darunter das „Therapeutische Lexikon für praktische Ärzte“ und das 1893 von ihm gemeinsam mit Moriz Tobias Schnirer (1860-1941) herausgegebene „Diagnostische Lexikon für praktische Ärzte“. 1896 publizierte er das in mehreren Auflagen gedruckte „Handbuch der Massage und Heilgymnastik“, 1904 das „Lexikon der physikalischen Therapie, Diätetik und Krankenpflege: für praktische Ärzte“ und 1906 „Physiologie und Technik der Massage“. 1917 gab er gemeinsam mit Julius Tandler (1869-1936) das „Handbuch der Krankenpflege“ heraus.

Seit Jänner 1887 hatte Bum die Redaktion der Zeitschrift „Wiener medizinische Presse“ übernommen, weiters redigierte er die Zeitschrift „Wiener Klinik“.

Von Anton Bum befinden sich 22 Sonderdrucke aus der Separata-Bibliothek im Bestand der Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin und sind online abrufbar.

Institut für Mechanotherapie (Orthopädie, maschinelle Heilgymnastik und Massage) in Wien

Spätestens 1896 hatte Bum nach schwedischen Vorbild am Standort Wien 9, Garnisonsgasse 7, das „Institut für Heilgymnastik und Massage“ gegründet, in dem er auch orthopädische Gymnastik für Kinder anbot.[8] Im Oktober 1898 wechselte er an den Standort Wien 1, Schottenring, Deutschmeisterplatz 2 und eröffnete hier das „Institut für Mechanotherapie, Orthopädie, maschinelle Heilgymnastik und Massage“, das er gemeinsam mit Max Herz (1865-1956) ärztlich leitete. Es wurde im selben Jahr durch Apparaturen nach dem von Max Herz entworfenen System vergrößert.[9] Zu seinen Mitarbeitern zählte hier auch Robert Grünbaum (1874-1954), der später anstelle von Herz gemeinsam mit Bum die leitende ärztliche Funktion am Institut übernahm.

Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 1, 1899, Sp. 47.

Bum war über viele Jahre als Referent im Wiener Volksbildungsverein, sowie als Autor populärwissenschaftlicher Artikel in Zeitungen wie dem Neuen Wiener Journal, die Neue Freie Presse oder Die Presse und in Zeitschriften tätig. 1902 unterstützte er Hugo Klein (1863-1937) u.a. in einem Gutachten bei dessen Initiative eine Modernisierung und Verbesserung der Frauenbekleidung aus medizinischer Sicht zu bewirken.[10]

Im Ersten Weltkrieg leitete er das chirurgische Universitäts-Spital und gehörte als Konsiliarius dem Grinzinger Kriegs-Spital an. 1916 erfolgte durch das Ministerium des Inneren seine Bestellung zum Lehrer an der Krankenpflegeschule des Wiener Krankenanstaltsfonds.[11]

Bum war Mitglied der Gesellschaft der Ärzte in Wien, der Physikalischen Gesellschaft in Wien, bei der er die Funktion eines Vizepräsidenten ausübte, sowie der Wiener Rettungsgesellschaft, und 1892 Gründungsmitglied des Krankenvereins der Ärzte Wiens.[12] 1921 erhielt er den Titel eines Regierungsrates.[13]

Anton Bum verstarb am 18. August 1925 in Wien. Er vermachte seine umfangreiche Bibliothek der Gesellschaft der Ärzte in Wien.[14]

Neue Freie Presse, 21.8.1925, S. 21.

Quellen:

UAW, Med. Fakultät, Nationalien/Studienkataloge, Sign. 134-0091, Bum Anton (Nationalien Datum 1874/75).

UAW, Rektorat, Med. Fakultät, Rigorosen- und Promotionsprotokolle, Sign. 177-21b, Bum Anton (Rigorosum Datum 1878).

UAW, Rektorat, Med. Fakultät, Rigorosen- und Promotionsprotokolle, Sign. 186-931, Bum Anton (Promotion Datum 6.6.1879).

UAW, Rektoratsarchive, Akademischer Senat, Akten Sonderreihe, Senat S 304.128 Bum, Anton (02.07.1856-18.08.1925).

Friedhofsdatenbank der IKG Wien, Bum Anton.

Literatur:

Bum, Anton: Ueber Jodoform und seine Anwendung. Auf der chirurgischen Abteilung des Prof. v. Mosetig-Moorhof im k.k. Krankenhause Wieden. Sonderdruck aus: Wiener medizinische Presse. Wien: Verlag von Urban & Schwarzenberg 1881.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Bum, Anton: Mechanodiagnostik. Vorläufige Mitteilung, erstattet in der Section für Chirurgie der 64. Versammlung der Gesellschaft deutscher Naturforscher und Aerzte in Halle a.d.S. Sonderdruck aus: Wiener medizinische Presse. Wien: Druck von Gottlieb Gistel & Comp. 1891.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Bum, Anton: Ueber Heilgymnastik. Vortrag gehalten in der wissenschaftlichen Versammlung des „Wr. med. Doctoren-Collegiums“ am 26. October 1891. Sonderdruck aus: Wiener medizinische Presse. Wien: Druck von Gottlieb Gistel & Comp. 1891.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Bum, Anton: Zur Technik der Bauchmassage. Sonderdruck aus: Wiener medizinische Wochenschrift. Wien: Verlag von Moritz Perles, Buchhandlung 1895.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Bum, Anton: Ueber Muskelmechanik. Nach einem in der k.k. Gesellschaft der Aerzte am 20. Mai 1898 gehaltenen Vortrage. Sonderdruck aus: Wien, Berlin: Urban & Schwarzenberg 1898.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Bum, Anton: Therapeutisches Lexikon für Ärzte. 3. vermehrte und verbesserte Auflage. 2 Bände. Berlin, Wien: Urban & Schwarzenberg 1900.

[Universitätsbibliothek MedUni Wien/Freihand-Magazin Ebene04, Sign.: 2002-02123, 2002-02124]

Bum, Anton: Handbuch der Massage und Heilgymnastik für praktische Ärzte. Berlin, Wien: Urban & Schwarzenberg 1907.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 10073]

Bum, Anton und J. Bädeker: Lexikon der physikalischen Therapie, Diätetik und Krankenpflege für praktische Ärzte. Berlin, Wien: Urban & Schwarzenberg 1904.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Gesellschaft der Ärzte Bibliothek, Sign.: GÄ-20365]

Bum, Anton u.a.: Handbuch der Krankenpflege. Mit 182, zum Teil farbigen Abbildungen. Berlin, Wien: Urban & Schwarzenberg 1917.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 56181]

Referenzen:

[1] Adolph Lehmann’s allgemeiner Wohnungs-Anzeiger, Vereine, Wien 1876, S. 81.

[2] Die Presse, 12.5.1876, S. 10.

[3] Neue Freie Presse, 17.7.1879, S. 6.

[4] Neue Freie Presse, 25.2.1898, S. 7.

[5] Neue Freie Presse, 30.9.1882, S. 6.

[6] Neues Wiener Tagblatt (Tages-Ausgabe), 12.12.1885, S. 2.

[7] Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 8, 1886, Sp. 257-258.

[8] Neues Wiener Tagblatt, 31.10.1896, S. 7.

[9] Wiener klinische Wochenschrift, Nr. 39, 1898, S. 889.

[10] Dokumente der Frauen, Nr. 22, 1902, S. 669.

[11] Wiener Zeitungen, 1.6.1916, S. 6.

[12] Wiener klinische Wochenschrift, Nr. 42, 1892, S. 614.

[13] Neue Freie Presse, 18.11.1921, S. 1.

[14] Neues Wiener Tagblatt (Tages-Ausgabe), 21.8.1925, S. 2.

Normdaten (Person): Bum, Anton: BBL: 43609; GND: 117640646;

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Letzte Aktualisierung: 2024 04 16

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Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien [279]: Herz, Max – Internist, Kardiologe, NS-Verfolgter

Herz, Max – Internist, Kardiologe, NS-Verfolgter

Autor: Dr. Walter Mentzel

Published online: 10.04.2024

Keywords: Internist, Kardiologe, Physikalische Medizin, NS-Verfolgter, Medizingeschichte, Wien

Max Herz wurde als Sohn von Josef Herz (1826-1911) und Philippine, geborene Schostal (1840-?), am 3. April 1865 in Neutitschein in Mähren (heute: Nový Jičín/Tschechien) geboren. Er war seit 1898 mit der in New York in den USA geborenen Mignon Reno (1880-1930) verheiratet, mit der er die drei Kinder Walter (1900-?), Viola (1901-1995) und Herbert (1903-1980) hatte.

Nach Abschluss des Gymnasiums in Kremsier (heute: Kroměříž/Tschechien) im Jahr 1884 studierte Herz an der Universität Wien Medizin und promovierte am 26. März 1890. Danach war er zunächst als Aspirant an der I. Medizinischen Klinik bei Hermann Nothnagel (1841-1905) tätig, danach arbeitete bis 1893 als Sekundararzt am Allgemeinen Krankenhaus Wien bei Wilhelm Winternitz (1834-1917) und führte als Internist eine Ordination in Wien. 1895 habilitierte er sich als Privatdozent im Fach Innere Medizin an der Medizinischen Fakultät der Universität Wien.[1]

Herz war Autor zahlreicher Studien zum Thema Herz- und Gefäßerkrankungen, diagnostische Verfahren und Therapien (Thermopalpation, Widerstandstherapie, Hydrotherapie u.a.), die er in Zeitschriften wie der Wiener medizinischen Presse, der Wiener klinischen Wochenschrift oder der Medizinischen Klinik veröffentlichte, wie u.a. über „Genussmittel als Heilmittel für Herzkranke“[2] oder 1913 den „Vortragszyklus über Herzkrankheiten“, darunter „Ueber den Einfluss des Geschlechts und der Heredität. Die Herzkrankheit der höheren Altersstufe“,[3] oder „Der Einfluss von Luft, Licht und Wärme auf Herzkranke“.[4] Er publizierte auch eine Reihe von Monografien zu seinen Forschungsschwerpunkten wie 1903 auf der Basis seiner Vorlesungen an der Medizinischen Fakultät das „Lehrbuch der Heilgymnastik in Vorlesungen“, 1907 „Heilgymnastik“, 1911 „Ein Buch für Herzkranke“, und 1912 „Herzkrankheiten. Erfahrungen aus der Sprechstunde“.

Max Herz trat weiters als Konstrukteur einer Reihe von medizinischen Apparaturen hervor, wie u.a. gymnastische Apparaturen für Herzkranke, einen Apparat für Thermopalpation[5] und Widerstandstherapie sowie eines neuen einfacheren Blutdruckmessgeräts, das er gemeinsam mit seinem Bruder, dem Ingenieur Albert Adolf Herz (1862-1947), entwarf und dazu 1911 den Aufsatz „Das neue Modell meines Blutdruckmessers“ publizierte.[6]

Institut für Mechanotherapie (Orthopädie, maschinelle Heilgymnastik und Massage) in Wien

Seit Oktober 1898 teilte er sich mit Anton Bum (1856-1925) die ärztliche Leitung in dem vom Bum erweiterten und neugegründeten Institut. Hier brachte er auch die von ihm entworfenen maschinellen Apparaturen ein.

Wiener medizinische Wochenschrift, Nr.1, 1899, Sp. 47.

Im Institut für Mechanotherapie publizierte er 1899 „Zur heilgymnastischen Behandlung von Circulationsstörungen“. 1890er Jahren spezialisierte sich Herz auf die Erkrankungen des Herzens und ging zu Ausbildungszwecken nach Berlin und Meran, wo er seit 1904 als Kurarzt und Mitleiter des Sanatoriums „Waldpark“ arbeitete.[7] Hier veröffentlichte er 1905 „Eine einfache Methode der pneumatischen Therapie von Erkrankungen der Respirationsorgane[8] und 1907 „Ueber die Verwendung des künstlichen Licht-Luftstrombades bei einigen Erkrankungen des Nervensystems“.[9] 1907 kehrte er nach Wien zurück und eröffnete als Facharzt eine Ordination in Wien 1, Kärntner Ring 3.[10] Herz gründete 1909 das Zentralblatt für Herzkrankheiten und die Krankheiten der Gefäße. Während des Ersten Weltkriegs publizierte er den Aufsatz „Über die Begutachtung des Herzens im Kriege“.[11] Zahlreiche seiner Arbeiten befinden sich als Sonderdrucke in der Separata-Bibliothek der Universitätsbibliothek der Medizinischen Universität Wien.

Diagnostisch-therapeutisches Institut für Herzkranke

Im Jahr seiner Rückkehr gründete er das „Diagnostisch-therapeutisches Institut – Wiener Kuranstalt für Herzkranke“ am Standort seiner Ordination Wien 1, Kärntnerring 3. Hier veröffentlichte er 1908 „Die Beeinträchtigung des Herzens durch Raummangel“ und „Die sexuelle Psychogene Herzneurose“ sowie im selben Jahr den Aufsatz „Die nervösen Krankheiten des Herzens“ in der von Isaak Segel (1870-1913) herausgegebenen Zeitschrift „Die Medizin für Alle“.[12]

Wiener medizinische Club und die Gesellschaft für physikalisch-therapeutische Medizin

1892 gründete Herz zusammen mit Hermann Schlesinger (1866-1934) den Wiener medizinischen Klub, dem er auch als Präsident vorstand, und in dem in einer der ersten Versammlungen Sigmund Freud seinen Vortrag über Hypnose und ihre Anwendung in der Medizin hielt.[13] 1894 war er Gründungsmitglied des Vereins Freier Kassenärzte,[14] sowie 1907 Gründungsmitglied der Gesellschaft für physikalische Medizin, dessen erster und langjähriger Präsident er war, und in dem auch Anton Bum als Vizepräsident und Robert Grünbaum (1874-1954) im Vorstand wirkten. Weiters gehörte er als Mitglied dem Akademischen Verein für medizinische Psychologie, der Gesellschaft der Ärzte in Wien, der Gesellschaft für innere Medizin und Kinderheilkunde in Wien, die aus dem Medizinischen Klub hervorging, sowie als Obmann dem Verein der Ärzte im 9. Bezirk in Wien an. Als Vorstandsmitglied war er noch in der „Frauenvereinigung für soziale Hilfstätigkeit“ tätig.[15]

Eine Klangschrift für Blinde

1916 erfand Herz eine druckfähige Klangschrift für Blinde, die er zunächst im Mai 1916 in der Gesellschaft der Ärzte in Wien vorstellte[16] und dazu in der Wiener klinischen Wochenschrift den Artikel „Eine druckfähige Klangschrift für Schwachsichtige und Blinde“ verfasste. 1917 veröffentlichte er darüber noch einen Aufsatz „Klangschrift und Blinden-Prägedruck“ im Organ des Zentralvereines für das österreichische Blindenwesen, der Zeitschrift für das Österreichische Blindenwesen.[17] Die vom Österreichischen Blindenverein herausgegeben Blindenzeitung wurde nach dem von Max erfundenen Massedruck der Blinden-Punktschrift hergestellt.

Aufgrund dieses Erfolges erhielt er 1920 eine Einladung der amerikanischen Philanthropen-Vereinigung und von Thomas Alva Edison in die USA, wo er die von ihm erfundene Klangschrift für Blinde vorlegte. Nach seiner Rückkehr berichtete er darüber in der Neuen Freien Presse.[18]

Das interessante Blatt, 23.9.1920, S. 2.

Standesvertretung

Herz engagierte sich seit den 1890er Jahren in den ärztlichen Standesvertretungen wie der Ärztekammer Wien, für die er auch kandidierte. Zu Themen des Ärztestandes publizierte u.a. 1896 „Zur Krankenkassenreform in Österreich“.[19] 1899 gehörte er der konstituierenden Generalversammlung und als gewähltes Ausschussmitglied der Vereinigung österreichischer Hochschuldozenten an.[20] 1923 erhielt er den Titel eines Obermedizinalrates.[21]

Volksbildner

Herz war bis in die späten 1930er Jahre als Volksbildner aktiv: Als Referent im Wiener Volksbildungsverein, der „Jüdisch akademischen Lesehalle“ (später: Lese- und Redehalle jüdischer Hochschüler),[22] im Verein „Bereitschaft“, im Volksheim und in sozialdemokratischen Arbeiterbildungsvereinen wie u.a. „Apollo“. In den 1920er bis 1930er Jahren hielt er regelmäßig Vorträge im Radio Wien in der „Stunde der Volksgesundheit“. Daneben verfasste er populärwissenschaftliche Artikel in der Zeitung Die Zeit, der Wiener Hausfrauen-Zeitung „Über Schule und Herz“ nach einem von ihm gehaltenen Vortrag vor der Österreichischen Gesellschaft für Schulhygiene,[23] im „Illustrem Bade-Blatt“ „Über den Missbrauch der Kohlensäurebäder“[24] oder über „Genussmittel als Heilmittel“.[25]

Herz war auch Autor zahlreicher Monografien. 1897 veröffentlichte er „Kritische Psychiatrie. Kantische Studien über die Störungen und den Missbrauch der reinen speculativen Vernunft“, in der er die Pathologie von Geisteskrankheiten auf Kant aufzubauen versuchte und als Freimaurer 1924 die Monografie „Die Freimaurer“. 1927 erschien von ihm die Monografie „Des alten Doktors wundersames Wachsfigurenkabinett“, in dem er seine Erlebnisse aus seinem Berufsleben reflektierte, und die Adolf Kronfeld (1861-1938) in der Wiener medizinische Wochenschrift rezensierte.[26] Eine launige Beschreibung zu seiner Person erschien aus diesem Anlass vom Schriftsteller Ernst Lothar (1890-1974) in der Neuen Freien Presse.[27]

Foto (zirka 1944) aus: California, Northern U.S. District Court Naturalization Index.

Nach dem „Anschluss“ im März 1938 wurde ihm wegen seiner jüdischen Herkunft die Lehrbefugnis entzogen. Im März 1939 flüchtete er nach England, von wo er im November 1943 mit der SS Empress of Australia in die USA emigrierte und sich in San Francisco niederließ. 1944 erwarb er die US-amerikanische Staatsbürgerschaft.

Max Herz verstarb am 20. Oktober 1956 in San Francisco in Kalifornien.

Quellen:

Matriken der IKG Wien, Trauungsbuch 1898, Herz Max Dr., Reno Mignon.

UAW, Med. Fakultät, Nationalien/Studienkataloge, Sign. 134-0261, Herz Max (Nationalien Datum: 1886/87).

UAW, Rektorat, Med. Fakultät, Rigorosen- und Promotionsprotokolle, Sign. 177-145a, Herz Max (Rigorosum Datum: 1888).

UAW, Rektorat, Med. Fakultät, Rigorosen- und Promotionsprotokolle, Sign. 186-2808, Herz Max (Promotion Datum: 26.3.1890).

UAW, Rektoratsarchive, Akademischer Senat, Akten-Sonderreihe, Personalblätter, Senat S 304.477 Herz, Max (03.04.1865; Innere Medizin).

ÖStA, AdR, E-uReang, VVSt, VA, Zl. 31.86, Herz Max.

California, Northern U.S. District Court Naturalization Index, 1852-1989, Petition no. 091275, Jun. 20, 1949 – Petition no. 091600, Nov. 21, 1949 (= NARA microfilm publication M1744 (Pacific Sierra Region, San Bruno: National Archives and Records Administration, n.d.), Herz Max.

United States, Genealogy Bank Historical Newspaper Obituaries, 1815-2011, Entry for Dr Max Herz and Hery, 21 Oct 1956.

Find a grave: Max Herz Dr.

United States Deceased Physician File (AMA), 1864-1968, Entry for Max Herz, 22 Oct 1956.

Literatur:

Herz, Max: Ueber den Einfluß des Geschlechtes auf die Entstehung und Gestaltung von Herzkrankheiten. Aus dem diagnostisch-therapeutischen Institut für Herzkranke in Wien. Sonderdruck aus: Wiener klinische Wochenschrift. Wein: Druck von Bruno Bartelt 1912.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Herz, Max: Lehrbuch der Heilgymnastik. Wien, Berlin: Urban & Schwarzenberg 1903.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 10323]

Herz, Max: Heilgymnastik. (=Physikalische Therapie/5). Stuttgart: Enke 1907.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 17918/5]

Herz, Max: Ein Buch für Herzkranke. Was sie tun sollen. 3. vermehrte Auflage. München: Reinhardt 1911.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 56639]

Herz, Max: Herzkrankheiten. Erfahrungen aus der Sprechstunde. Wien, Leipzig: Perles 1912.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 8009]

Herz, Max: Zur heilgymnastischen Behandlung von Circulationsstörungen. Sonderdruck aus: Prager medizinischer Wochenschrift. Prag: Druck von Carl Bellmann 1899.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Herz, Max: Eine druckfähige Klangschrift für Schwachsichtige und Blinde. Sonderdruck aus: Wiener klinische Wochenschrift. Wien: Druck von Bruno Bartelt 1916.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Herz, Max: Des alten Doktors wundersames Wachsfigurenkabinett. Wien: Elbemühl-Graph. Industrie 1927.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Gesellschaft der Ärzte Bibliothek, Sign.: GÄ-21901]

Referenzen:

[1] Die Neuzeit, 3.5.1895, S. 192.

[2] Medizinische Klinik, 29.5.1910, S. 865-866.

[3] Medizinische Klinik, 30.11.1913, S. 1965-1968.

[4] Medizinische Klinik, 28.12.1913, S. 2142-2143.

[5] Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 9, 1897, Sp. 393.

[6] Wiener klinische Wochenschrift, Nr. 37, 1911.

[7] Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 41, 1904, Sp. 1949.

[8] Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 39, 1905, Sp. 1861-1865.

[9] Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 15, 1907, Sp. 729-732.

[10] Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 35, 1907, Sp. 1698.

[11] Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 4, 1916, Sp. 159-161.

[12] Österreichische Illustrierte Zeitung, 15.1.1908, S. 392.

[13] Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 17, 1892, Sp. 685.

[14] Wiener Allgemeine Zeitung, 28.10.1894, S. 3.

[15] Illustriertes Wiener Extrablatt, 13.3.1901, S. 8.

[16] Die Zeit, 25.5.1916, S. 4.

[17] Zeitschrift für das Österreichische Blindenwesen, Nr. 3, 1917, S. 695-696.

[18] Neue Freie Presse, 5.9.1920, S. 5-6.

[19] Die Heilkunde. Monatsschrift für praktische Medicin (Wiener Ausgabe), 1896, S. 190-192

[20] Arbeiter Zeitung, 14.3.1899, S. 6.

[21] Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 45, 1923, Sp. 2031.

[22] Neuzeit, 24.1.1896, S. 36.

[23] Wiener Hausfrauen-Zeitung, 8.3.1914, S. 119-121; 15.3.1914, S. 136-140.

[24] Allgemeines Bade-Blatt für die Frauen-Welt, 30.4.1909, S. 1-2.

[25] Allgemeines Bade-Blatt für die Frauen-Welt, 20.7.1913, S. 1-2.

[26] Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 50, 1927, S. 1708.

[27] Neue Freie Presse, 2.10.1927, S. 1-4

Normdaten (Person): Herz, Max: BBL: 43607; GND: 117523593;

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URL: https://ub.meduniwien.ac.at/blog/?p=43607

Letzte Aktualisierung: 2024 04 10

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Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien [277]: Beni Buxbaum – Leiter der Abteilungen für Hydrotherapie an der Allgemeinen Poliklinik in Wien und der „Fango-Heilanstalt“

Beni Buxbaum – Leiter der Abteilungen für Hydrotherapie an der Allgemeinen Poliklinik in Wien und der „Fango-Heilanstalt“

Autor: Dr. Walter Mentzel

Published online: 28.03.2024

Keywords: Hydrotherapeut, Physikalische Medizin, Allgemeine Poliklinik Wien, Fango-Heilanstalt, Medizingeschichte, Wien

Beni (Benö, Benjamin) Buxbaum wurde am 2. Jänner 1864 als Sohn von Henrik Buxbaum und Maria, geborene Ehrenfeld, in Pressburg in Ungarn (heute: Bratislava/Slowakei) geboren. Er war seit 1904 mit Anna Leopoldine Kornelia Ester Oberländer (1879-?) verheiratet und hatte mit ihr die beiden Töchter Henriette (1906-1991) und Adele (1905).

Im Wintersemester 1882/83 begann Buxbaum an der Universität Wien mit dem Studium der Medizin, das er am 13. April 1889 mit seiner Promotion abschloss. Danach trat er als Aspirant in die Allgemeine Poliklinik in Wien ein,[1] wo er von 1891 bis zu seiner Emeritierung während des Ersten Weltkrieges als Assistent von Professor Wilhelm Winternitz (1834-1917) an der hydrotherapeutischen Abteilung der Klinik arbeitete.[2]

Hier publizierte er 1894 „Zur Influenza cerebralis“,[3] 1897 „Die diätische und physikalische Behandlung der Schlaflosigkeit“,[4] und 1898 „Die hydriatische Behandlung der Chlorose und Anämie“.[5] 1900 veröffentlichte er zwei Monografien: „Lehrbuch der Hydrotherapie“ und „Technik der Wasseranwendungen“. Eine weitere Monografie brachte er 1906 mit dem „Kompendium der physikalischen Therapie für praktische Ärzte und Studierende“ heraus, sowie im selben Jahr den Aufsatz „Physikalische Therapie der Erkrankungen der Verdauungsorgane“.

Zahlreiche Arbeiten erschienen in der Allgemeinen Wiener medizinischen Zeitung, darunter 1900 „Die Behandlung acuter fieberhafter Infectionskrankheiten“,[6] 1902 „Das Indicationsgebiet der Hydrotherapie“,[7] 1903 Die hydriatische Behandlung der Lungentuberkulose“,[8] und 1904 „Soziale und ökonomische Bedeutung des physikalischen Heilmethode“.[9] 1905 publizierte er „Über die Kombination physikalischer Reize und physikalisch-diätetischer Heilmethoden“, 1907 „Technik der Wasseranwendungen, der Massage und der Elektrotherapie: Belehrung für Badewärter, Krankenpfleger usw.“ und „Zur physikalischen Behandlung der Obstipation“.[10] 1909 veröffentlichte er den Aufsatz „Das Vollbad“,[11] 1910 „Die physikalische Therapie bei Fettsucht“,[12] und 1913 „Die Adria-Seebäder[13] sowie über „Kohlensäurebäder in der ärztlichen Praxis“.[14] 1914 erschienen von ihm in der von Wilhelm Stekel (1868-1940) herausgegebenen Schriftenreihe „Grenzfragen der Medizin und Pädagogik“ der Artikel „Der Kopfschmerz als Erziehungsproblem“, und in der Allgemeinen Wiener medizinischen Zeitung „Einige neue hydriatische Prozeduren“.[15] Seine letzte Publikation stammt aus dem Jahr 1919 über „Die Tebecinbehandlung in der Privatambulanz“.[16]

Seit spätestens 1903 arbeitete er neben seiner Tätigkkeit an der Poliklinik als Vorstand der Abteilung für Hydrotherapie an der Privat-Heilanstalt (Fango-Heilanstalt) für Behandlung mit Fango, Hydrotherapie, Heißluft, elektrische Lichtbädern Elektrotherapie u.a. in Wien 9, Lazarettgasse 20.

Wiener klinische Wochenschrift, 19.2.1903, S. 31.

Buxbaum führte weiters eine Arztpraxis in Wien 6, Gumpendorferstraße 116 und später in Wien 9, Spitalgasse 1a. Er war Mitglied der Gesellschaft für physikalische Medizin und der Gesellschaft der Ärzte in Wien.

Beni Buxbaum verstarb am 26. September 1920 in Wien.

Todesanzeige: Neue Freie Presse, 29.9.1920, S. 10.

Quellen:

Slovakia Church and Synagogue Books, 1592-1935, Jewish (Židovská obec), Odbor Archivnictva (The Archives of the Republic), Slovakia.

UAW, Med. Fakultät, Nationalien/Studienkataloge, Sign. 134-0151, Buxbaum Beni (Nationalien Datum: 1882/83).

UAW, Med. Fakultät, Nationalien/Studienkataloge, Sign. 177-28b, Buxbaum Beni (Rigorosum Datum: 1886).

UAW, Med. Fakultät, Nationalien/Studienkataloge, Sign. 186-2524, Buxbaum Beni (Promotion Datum: 13.4.1889).

Literatur:

Buxbaum, Beni: Lehrbuch der Hydrotherapie. Leipzig: Thieme 1903.

[Zweigbibliothek für Zahnmedizin/ÖGZMG, Sign.: V-0873]

Buxbaum, Beni: Technik der Wasseranwendungen. Leipzig: Thieme 1901.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 28434]

Buxbaum, Beni, Herzl, Ludwig und Ferdinand Winkler: Kompendium der physikalischen Therapie für praktische Ärzte und Studierende. Leipzig: Thieme 1906.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 10433]

Buxbaum, Beni: Physikalische Therapie der Erkrankungen der Verdauungsorgane. (= Physikalische Therapie in Einzeldarstellungen/12) Stuttgart: Enke 1906.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 17918/12]

Buxbaum, Beni: Über die Kombination physikalischer Reize und physikalisch-diätetischer Heilmethoden. Sonderdruck aus: Blätter für klinische Hydrotherapie und verwandte Heilmethoden. Wien: Druckerei der kaiserl. Wiener Zeitung 1905.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Buxbaum, Beni: Technik der Wasseranwendungen, der Massage und der Elektrotherapie. Belehrung für Badewärter, Krankenpfleger usw. 2. Vermehrte Auflage. Leipzig: Thieme 1914.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Gesellschaft der Ärzte Bibliothek, Sign.: GÄ-18575]

Referenzen:

[1] Jahresbericht der unter dem Protectorate […] Herrn Erzherzog Rainer stehenden Allgemeinen Poliklinik in Wien, Wien 1889, S. 16.

[2] Jahresbericht der unter dem Protectorate […] Herrn Erzherzog Rainer stehenden Allgemeinen Poliklinik in Wien, Wien 1892, S. 19.

[3] Wiener medizinische Wochenschrift, Nr.6, 1894, Sp. 237-239.

[4] Allgemeine Wiener medizinische Zeitung, 7.9.1897, S. 405-406; 14.9.1897, S. 417-418; 21.9.1897, S. 429-431; 28.9.1897, S. 442-443; 5.10.1897, S. 452-453.

[5] Allgemeine Wiener medizinische Zeitung, 1.11.1898, S. 693-694; 8.11.1898, S. 503-504.

[6] Allgemeine Wiener medizinische Zeitung, 17.7.1900, S. 325-326;24.7.1900, S. 327-328; 31.7.1900, S. 349-351; 7.8.1900, S. 359-360; 14.8.1900, S. 371-372.

[7] Allgemeine Wiener medizinische Zeitung, 8.7.1902, S. 293-294.

[8] Allgemeine Wiener medizinische Zeitung, 15.12.1903, S. 547-548.

[9] Allgemeine Wiener medizinische Zeitung, 4.10.1904, S. 439-440; 11.10.1904, S. 452-453.

[10] Allgemeine Wiener medizinische Zeitung, 29.1.1907, S. 49-50; 5.2.1907, S. 59-60; 12.2.1907, S. 71-72; 19.2.1907, S. 83-84; 26.2.1907, S. 95-96; 5.3.1907, S. 105-106.

[11] Allgemeine Wiener medizinische Zeitung, 1.6.1909, S. 243-344; 8.6.1909, S. 255-256.

[12] Allgemeine Wiener medizinische Zeitung, 1.3.1910, S. 93-94.

[13] Brioni Insel-Zeitung, 22.6.1913, S. 1-2.

[14] Allgemeine Wiener medizinische Zeitung, 4.2.1913, S. 47-48.

[15] Allgemeine Wiener medizinische Zeitung, 26.5.1914, S. 209-210; 2.6.1914, S. 217-218.

[16] Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 30, 1919, Sp. 1487-1489.

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#SHOWCASE UB: Zum Internationalen Frauentag am 8. März: Publikationen von Mona Spiegel-Adolf, Klara Weingarten und Melitta Sperling

Die Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin der Ub MedUni Wien ist mit über einer halben Million Bände die größte medizinhistorische Bibliothek Österreichs. Neben rezenter Literatur zur Geschichte der Medizin gibt es acht historisch sehr wertvolle Bibliotheken mit Beständen aus 6 Jahrhunderten (15.-20. Jhdt.).

Wir präsentieren im Lesesaal der Universitätsbibliothek zu den Öffnungszeiten im #SHOWCASE UB folgende Publikationen herausragender Medizinerinnen:

Die Globuline : mit 68 Abbildungen und 300 Tabellen

Mona Spiegel-Adolf (Anna Spiegel), 1893-1983 [VerfasserIn]

1930

Physikalisch-chemische Untersuchungen bestrahlter Proteine : <1.> Mitteilung: Die Veränderungen des Seralbumins bei Ultraviolettbestrahlung und ihre Beziehungen zur Hitzegerinnung

Mona Spiegel-Adolf (Anna Spiegel), 1893-1983 [VerfasserIn]
1927


Neuburger Bibliothek
Nominalkatalog Medizinhistorische Literatur 1850-1989


Normdaten
(Person): Spiegel-Adolf, Mona: BBL: 31332; GND: 127944494;

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Die myoklonischen Syndrome : mit 29 Abbildungen

Weingarten, Klara, 1909-1973 [VerfasserIn]

1957

Gesellschaft der Ärzte Bibliothek
Zettelkatalog der Gesellschaft der Ärzte Bibliothek


Normdaten
(Person): Weingarten, Klara: BBL: 31434; GND: 1231078308;

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Sperling, Melitta: Analyse eines Knaben mit transvestitischen Tendenzen. Ein Beitrag zur Genese und Dynamik des Transvestitismus. In: Psyche. (21/7) 1967. S. [520]-541.

[Universitätsbibliothek, AKH/Magazin, Periodika]

Sperling, Melitta: VI. Psychotherapeutische Aspekte des kindlichen Bronchialasthmas. In: Handbuch der Kinderpsychotherapie. Hg.: Gerd Biermann. Band 2. München: Reinhardt 1969. S. 886-896.

[Universitätsbibliothek, AKH/Magazin, Sign.: 1999-03485]

Sperling, Melitta: VIII. Psychotherapeutische Aspekte der Coltis ulcerosa bei Kindern. In: Handbuch der Kinderpsychotherapie. Hg.: Gerd Biermann. Band 2. München: Reinhardt 1969. S. 912-921.

[Universitätsbibliothek, AKH/Magazin, Sign.: 1999-03485]


Normdaten
(Person): Sperling, Melitta: BBL: 42065; GND: 142843482;

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Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien [273]: Adolf Jolles – Chemiker und Inhaber des Chemisch-mikroskopischen Laboratoriums für hygienische, medizin-chemische und technisch-chemische Untersuchungen, NS-Verfolgter

Adolf Jolles – Chemiker und Inhaber des Chemisch-mikroskopischen Laboratoriums für hygienische, medizin-chemische und technisch-chemische Untersuchungen, NS-Verfolgter

Autor: Dr. Walter Mentzel

Published online: 04.03.2024

Keywords: Chemiker, Firmeninhaber, Medizingeschichte, Wien, NS-Verfolgter

Adolf (Adolph) Jolles wurde am 9. November 1862 als Sohn von Fabian (Feibisch) Jolles und Pauline, geboren Fichtenholz (etwa 1840-1898), in Warschau („Kongresspolen“) geboren. Im Juli 1892 heiratete er in Wien die Tochter des Textilkaufmannes David Geiringer, Rosa Geiringer (1868-1942), mit der er die beiden Töchter, die Konzertpianistin Gertrud (1895-1996) und Paula Jolles (1901-2008) hatte.

Nachdem Jolles an der Universität Breslau 1887 sein Chemiestudium mit seiner Promotion zum Dr. phil. absolviert hatte, arbeitete er als Assistent am amtlichen Laboratorium des städtischen Gesundheitsamtes der Stadt Breslau. Hier erwarb er sich als technischer Beamter umfassende Kenntnisse auf dem Gebiet der physiologischen und Nahrungsmittel-Chemie. 1889 kam er nach Wien, wo er am Hygiene-Institut der Universität Wien arbeitete, und veröffentlichte im selben Jahr den Artikel „Die Hygiene in der Jubiläums-Gewerbe-Ausstellung in Wien“,[1] und „Die physiologische Seite der Alkoholfrage“.[2] 1922/23 inskribierte er an der Universität Wien Medizin.

Chemisch-mikroskopisches Laboratorium für hygienische, medizin-chemische und technisch-chemische Untersuchungen

Im Sommer 1889 gründete er gemeinsam mit seinem Bruder, dem Mediziner Maximilian Jolles in Wien 9, Türkenstraße 9, das Chemisch-mikroskopische Laboratorium für hygienische, medizin-chemische und technisch-chemische Untersuchungen.[3] Eine der ersten am Laboratorium vorgenommenen Untersuchungen publizierte er 1890 unter dem Titel „Ueber den chemischen Nachweis der Glycosurie“,[4]  und weiters „Über eine neue quantitative Methode zur Bestimmung der freien Salzsäure des Magensaftes“,[5] und „Ueber die „Jodzahl“ der Harne und ihre Bedeutung für die Semiotik derselben“,[6] sowie ein am Laboratorium erstelltes „Gutachten über ein behufs chemischer und bacteriologischer Untersuchungen […] in Arad eingesandten, dem Badehausbrunnen zu Arad entnommenen Wasser“.[7] Nach dem Tode seines Bruders (1914) führte er das Laboratorium bis 1938 weiter. In diesem Laboratorium erfolgten neben Untersuchungen auf dem Gebiet der medizinischen Chemie und Mikroskopie, Untersuchungen im Bereich der Hygiene und im speziellen der Genuss- und Lebensmitteln, sowie von Gebrauchsgegenständen, aber auch synthetische und technologische Arbeiten für das Gewerbe, die Industrie und Landwirtschaft. Weiters besaß Jolles gemeinsam mit seinem Bruder Maximilian in Wien 10, eine Firma zur Erzeugung chemischer Präparate.

1890 erhielten Adolf und Max Jolles auf der Bielitzer Gewerbeausstellung für ihre hygienische und technologischen Erfindungen eine Goldmedaille zuerkannt.[8] 1893 beriet Adolf Jolles die montenegrinische Regierung über die Einrichtung einer hygienischen Trinkwasserversorgung in deren Hauptstadt Cetijne.

Foto: Adolf Jolles, Die Stunde, 27.4.1935, S. 3.

Publizist

Seit der Gründung im Jahr 1887 war Jolles Redakteur der in Wien von Hans Heger (1855-1940) herausgegebenen Wochenschrift „Pharmaceutische Post“ sowie der „Zeitschrift für Nahrungsmittel-Untersuchung und Hygiene und Warenkunde. Eine Monatsschrift für chemische und mikroskopische Untersuchung von Nahrungs- und Genussmitteln, Gebrauchsgegenständen und für Hygiene“ (ab 1898: Österreichische Chemiker-Zeitung). Jolles veröffentlichte zahlreiche weitere Aufsätze und Gutachten in medizinisch-chemischen und technischen Zeitungen und Zeitschriften, darunter in der Zeitschrift des österreichischen Ingenieur-Vereines, den Monatsheften für Chemie, der Medizinischen Klinik, der Wiener medizinischen Wochenschrift und der Wiener klinischen Wochenschrift, oder der Allgemeinen Wiener medizinischen Zeitung. In der Separata-Bibliothek an der Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin sind von Adolf Jolles insgesamt 76 Sonderdrucke erhalten. Weiters veröffentlichte er in der siebenbändigen Reihe „Die wissenschaftlichen Grundlagen der Ernährung“ 1926 „Die wissenschaftlichen Grundlagen der Ernährung. 1: Die Nahrungs- und Genußmittel und ihre Beurteilung“ und 1932 „Die wissenschaftlichen Grundlagen der Ernährung. 2: Die Vitamine : nebst einer Einleitung über chemische Dynamik biologischer Vorgänge“.

1900 erhielten Adolf und Max Jolles vom k.k. Ministerium des Inneren die Autorisierung zur Vornahme von chemischen und bakteriologischen Untersuchungen von Nahrungs- und Genussmittel.[9] Wie sein Bruder Maximilian war er k.k. landesgerichtlich beeideter Sachverständiger und Schätzmeister für Lebensmittelchemie. 1904 nahm er an der Naturforscherversammlung in Breslau teil,[10] 1906 am Kongress der Gesundheitspolizei in Genf,[11] 1912 am Naturforscher- und Ärztetag in Münster.[12]

Universitäre Laufbahn

1896 erfolgte die Ernennung Jolles zum Dozenten für Chemie und Mikroskopie der Nahrungs- und Genussmittel am Technologischen Gewerbemuseum, 1909 erhielt er den Titel Professor (vom Ministerium für öffentliche Arbeiten)[13] und 1918 wurde er zum Dozenten für chemische und mikroskopische Übungen in der markttechnischen Beurteilung der wichtigsten Lebensmittel und Gebrauchsgegenstände an der k.k. Exportakademie (spätere Hochschule für Welthandel) ernannt. 1931 bekam er die Lehrbefugnis für Technologie unter besonderer Berücksichtigung der markttechnischen Untersuchung und Beurteilung der wichtigsten Nahrungs- und Genussmittel zuerteilt.

Volksbildner

Seit spätestens 1889 war er als Vortragender im Allgemeinen Niederösterreichischen Volksbildungsverein aktiv, wo er zu Nahrungs- und Genussmittel[14], oder zur Bestimmung der Luftqualität[15] referierte.

Während des Ersten Weltkrieges bekam er 1915 das Ehrenzeichen für die Verdienste um das Rote Kreuz verliehen, sowie 1935 den Titel eines a.o. Professors an der Hochschule für Welthandel durch den Bundespräsidenten der Republik Österreich.[16] Jolles war Mitglied des Österreichischen Ingenieur- und Architektenvereines, der Chemisch-physikalischen Gesellschaft in Wien und des Verein Österreichischer Chemiker.

Verfolgung und Ermordung

Adolf Jolles und seine Ehefrau Rosa waren jüdischer Herkunft und nach dem „Anschluss“ im März 1938 der Verfolgung durch die Nationalsozialisten ausgesetzt. Nach dem ‚Anschluss‘ im März 1938 wurde ihm die Lehrbefugnis entzogen und am 13. August 1942 erfolgte die Deportation von Adolf und Rosa Jolles aus ihrer Wohnung in Wien 9, Peregringasse 1/13 in das Ghetto Theresienstadt. Rosa wurde am 7. September 1942 und Adolf Jolles am 13. November 1942 ermordet. Ihr „gesamtes bewegliches und unbewegliches Vermögen“ wurde ihnen gemäß § 1 der Verordnung über die Einziehung volks- und staatsfeindlicher Vermögens im Lande Österreich (vom 18.11.1938, RGBl. 1, S. 1620) zugunsten des Deutschen Reiches entzogen. Seinen Töchtern gelang mit ihren Familien die Flucht aus Österreich, sie lebten danach in den USA.

Quellen:

Matriken der IKG Wien, Trauungsbuch, 1892, Jolles Adolf, Geiringer Rosa.

WStLA, 2.3.3.B74.38.465, Handelsregister, E 38/465, Erzeugung chemischer Präparate Dr. A. Jolles.

OeStA. AdR, HBbBuT, BMfHuV, Allg. Reihe, Sekt IV 1919, Zl. 25.550, Jolles Adolf Doz. Dr., chemischen und mikroskopischen Übungen an der Exportakademie, Anempfehlung, 1919.

OeStA, AdR, E-uReang, VVSt, VA, Zl. 46.836, Jolles Adolf.

Arolsen-Archiv, Inhaftierungsdokumente, 1.2 Verschiedenes, 1.2.1 Deportationen und Transporte, 1.2.1.1 Deportationen, Deportationen aus dem Gestapobereich Wien (1939-1945), Jolles Adolf.

Arolsen-Archiv, Inhaftierungsdokumente, 1.1 Lager und Ghettos, 1.1.42 Ghetto Theresienstadt, 1.1.42.2 Kartei Theresienstadt, Ghetto Theresienstadt-Kartei, Jolles Adolf.

Ghetto Theresienstadt, Todesfallanzeige, Jolles Adolf, Rosa.

Gedenkbuch für die Opfer des Nationalsozialismus an der Hochschule für Welthandel 1938-1945, Jolles Adolf a.o. Prof.

Literatur:

Jolles, Adolf: Die wissenschaftlichen Grundlagen der Ernährung. 1.: Die Nahrungs- und Genußmittel und ihre Beurteilung. Leipzig, Wien: Deuticke 1926.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Gesellschaft der Ärzte Bibliothek, Sign.: GÄ-21372]

Jolles, Adolf: Die wissenschaftlichen Grundlagen der Ernährung. 2.: Die Vitamine, nebst einer Einleitung über chemische Dynamik biologischer Vorgänge. Leipzig, Wien: Deuticke 1932.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Gesellschaft der Ärzte Bibliothek, Sign.: GÄ-21372]

Referenzen:

[1] Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 38, 1889, S. Sp. 1291-1294; Nr. 39, 1889, Sp. 1325-1327.

[2] Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 6, 1889, Sp. 229-230.

[3] Wiener Allgemeine Zeitung, 10.7.1889, S. 5.

[4] Internationale klinische Rundschau, Nr. 31, 1890, Sp. 1275-1278; Nr. 32, 1890, Sp. 1323-1325.

[5] Monatshefte für Chemie, Wien 1890, S. 472-481.

[6] Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 16, 1890, Sp. 649-653.

[7] Zeitschrift für Nahrungsmittel-Untersuchung und Hygiene, H. 1, 1890, S. 1-11.

[8] Allgemeine Wiener medizinische Zeitung, 26.8.1890, S. 407.

[9] Zeitschrift des österreichischen Ingenieur-Vereines, Nr. 16, 1900, S. 267.

[10] Neue Freie Presse, 21.9.1904, S. 6.

[11] Neues Wiener Tagblatt (Tages-Ausgabe), 18.8.1906, S. 9.

[12] Die Zeit, 17.9.1912, S. 6.

[13] Die Zeit, 25.8.1909, S. 5.

[14] Wiener Allgemeine Zeitung, 6.1.1889, S. 3.

[15] Arbeiter Zeitung, 17.1.1890, S. 8.

[16] Die Stunde, 27.4.1935, S. 3.

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Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien [266]: Josef Hermann – Primararzt am Krankenhaus Wieden, Betriebsarzt der Wienerberger Ziegelfabrik- und Baugesellschaft, Schriftsteller

Josef Hermann – Primararzt am Krankenhaus Wieden, Betriebsarzt der Wienerberger Ziegelfabrik- und Baugesellschaft, Schriftsteller

Autor: Dr. Walter Mentzel

Published online: 25.01. 2024

Keywords: Primararzt Krankenhaus Wieden, Betriebsarzt Wienerberger Ziegelfabrik- und Baugesellschaft, Schriftsteller, Medizingeschichte, Wien

Josef Hermann wurde als Sohn des Weinhändlers Franz Hermann (1777-1825) und Josepha Buchta (1796-1870), als ältester von fünf Geschwistern, am 20. August 1817 in Golassowitz in Österreichisch-Schlesien (heute: Golasowice/Polen) geboren. In erster Ehe war er mit Susanne Peyer (1823-1843) und seit 1854 mit Anna von Gaugusch (1833-1911) verheiratet. Sein Sohn war der k.k. Hofapothekerbeamte Albert Hermann (1867-1947).

Hermann studierte an der Universität Wien Medizin und promovierte am 28. März 1843 zum Doktor der Medizin. Am 11. Februar 1844 erhielt er die Sponsion zum Magister der Chirurgie und Magister der Geburtshilfe. Danach arbeitete er als Arzt in der Gemeinde Inzersdorf bei Wien sowie im Bürgerspital in der Cäciliengasse 6 in Wien 1 (heute: Lobkowitzplatz).

Zwischen 1845 und 1846 gehörte er als Assistent der Lehrkanzel für Staatsarzneikunde und als Mitglied der Medizinischen Fakultät der Universität Wien an.

Chefarzt der Wienerberger Ziegelfabrik- und Baugesellschaft

Seine erste selbständige berufliche Tätigkeit übte er seit spätestens 1846 als Arzt, Chirurg, Geburtshelfer und Zahnarzt in der von Alois Miesbach (1791-1857) 1820 erworbenen ersten staatlichen Ziegelei am Wienerberg mit zirka 4.000 Mitarbeitern aus. Später war er hier als Chefarzt des Krankenhauses „am Wienerberg“ der „Wienerberger Ziegelfabrik- und Baugesellschaft“ tätig.

Primarius im Krankenhaus Wieden und seine Syphilisbehandlung

Im Juli 1855 veröffentlichte Hermann eine 75-seitige Arbeit unter dem Titel „Medicinische Studien“, in der er die Gründe für seine Ablehnung des Quecksilbers als Heilmittel gegen Syphilis formulierte. Im Oktober 1855 trat Hermann in das Bezirkskrankenhaus Wieden ein, wo er, nachdem ihm durch einen Minister-Erlass von 25. Oktober 1855 die Bewilligung erteilt worden war, „unter commissioneller Kontrolle von Fachgenossen“ Syphilis zu behandeln, um den Beweis anzutreten, dass Mercur kein Heilmittel sei, bzw. selbst schwere Krankheiten verursacht.[1] Ein Jahr später publizierte er die Ergebnisse seiner Arbeit unter dem Titel „Die Behandlung der Syphilis ohne Mercur. Wissenschaftlicher Bericht über die Ergebnisse der unter commisssioneller Controlle von Fachgenossen der k.k. Bezirkskrankenhause Wieden im Jahr 1856 stattgefundenen Behandlung syphilitischer Erkrankter“. Darin wandte er sich gegen die zu dieser Zeit übliche Quecksilbertherapie und betrachtete die sekundäre konstitutionelle Syphilis als Wirkung des Quecksilbers. Seine Ansichten riefen u.a. von Ärzten wie Mathias Singer (1829-1912) von der Abteilung für Syphilis im Allgemeinen Krankenhaus Wien[2] heftigen Widerspruch hervor und stießen eine Debatte an, die er mit seinen Kritikern in Fachzeitschriften ausfocht.[3]

Mit Friedrich Lorinser (1817-1895), der ebenfalls zum Personalstand des Wiedner Spitals gehörte, und mit dem er 1845 die schädigende Wirkung von Phosphordämpfen bei der Zündholzherstellung auf die Knochen untersucht hatte, begründete er damit die „antimercurale Schule“. Am 27. Juli 1858 trat er mit Bestellung durch einen Ministerialerlass die provisorische Leitung der neu gegründeten Abteilung für Syphilis und Hautkrankheiten in das Bezirkskrankenhaus Wieden an,[4] und konnte nun Syphilis nach seinen Heilmethoden ohne Mercur und ohne Jod behandeln.[5]

In den nächsten Jahren publizierte er eine Reihe von Arbeiten, in denen er seine Theorien weiter vehement vertrat. 1859 veröffentlichte er dazu in der Wiener medizinischen Wochenschrift den Aufsatz „Zur Frage der Syphilisation“,[6] 1861 „Der constitutionelle Jodismus“, 1862 „Studien über Syphilis“, 1865 „Die Mercurial-Krankheiten und deren Verhältnisse zur Lustseuche“, 1868 schrieb er das Vorwort zu der von Robert Charles Drysdale (1824-1907) veröffentlichten Arbeit „Ueber die Behandlung der Syphilis und anderer Krankheiten ohne Quecksilber. Eine Sammlung von Beweisen, dass das Quecksilber eine Krankheitsursache, aber kein Heilmittel ist“. 1869 veröffentlichte er den Artikel „Die Syphilis und deren Behandlung vom Standpunkte der öffentlichen Administration,“[7] 1872 „Die Behandlung Syphilitischer in den öffentlichen in den öffentlichen Krankenhäusern Wiens mit besonderer Rücksicht auf die öffentlichen Fonde“,[8] 1875 „Über die Natur und Wesenheit der Syphilis und deren Behandlung ohne Mercus“,[9] 1889 „Es gibt keine constitutionelle Syphilis: ein Trostwort für die gesammte Menschheit“. Weiters publizierte er 1862 „Die Prostitution und die Syphilis“ und 1890 eine Artikelserie zur „Sanitätspolizei und Prostitution“.[10] Er sprach sich darüber hinaus auch gegen die Impfung bei Tollwut und Pocken aus.[11]

Im Herbst 1858 erschienen von ihm die „Studien über Krankheitsformen in Idria“ (1. Teil,[12] 2, Teil,[13] 3. Teil[14]), nachdem er im Oktober 1857 das Quecksilberwerk in der Krain besucht hatte, um die Auswirkungen des Quecksilbers auf die Gesundheit der Bergarbeiter zu untersuchen, 53 Jahre bevor 1910 Ludwig Teleky (1872-1957) hier seine Untersuchungen zu quecksilberbedingten Krankheiten anstellte. 1873 publizierte er dazu „Die Wirkungen des Quecksilbers auf den menschlichen Organismus“.

Am 15. September 1862 erfolgte seine Ernennung zum Primararzt an der Abteilung für Syphilis im Krankenhaus Wieden,[15] 1863 bekam er als Assistent Eduard Lewy (1838-1905) zugeteilt.

Im Jänner 1889 erfolgte seine Pensionierung am Bezirkskrankenhaus Wieden,[16] bis 1893 führte er noch seine private Arztpraxis zuletzt in Wien 9, Spitalgasse 5.

Hermann verfasste in seinen späteren Lebensjahren zwei Monografien 1886 die „Glückseligkeitslehre“, die als Gebrauchsanweisung zu einer bewussten Lebensführung als auch als Bauanleitung zur Entwicklung einer organisch aufgebauten Gesellschafts- und Staatsphilosophie gelesen werden kann, sowie 1902 „Die Lebensführung im hohen Alter“, die 1910 in der 5. Auflage erschien und neben Diätvorschlägen zahlreiche autobiografische Skizzen enthält.

Exlibris Josef Hermann, aus: Die Lebensführung im hohen Alter, Leipzig 1910.

Hermann war seit 1888 Träger des Franz-Joseph-Ordens, den er für bürgerliche Verdienste verliehen bekam.[17] Er lebte bis zu seinem Tod auf einem von ihm 1850 erworbenen Grundstück in Inzersdorf Parzelle 26, und war zwischen 1879 und 1882 gewählter Mandatar im Gemeinderat von Inzersdorf.[18]

Josef Hermann verstarb am 12. Oktober 1902 in Inzersdorf bei Wien.

Quellen:

Trauungsbuch, Rk Erzdiözese Wien 23 Inzersdorf, 1854, Sign. 02-03; Folio 151, Hermann Josef.

Sterbebuch, Rk Erzdiözese Wien, Wien 23, Inzersdorf, 1902, Sign. 03-11, Folio 274, Hermann Josef.

UAW, Rektorat, Med. Fakultät, Rigorosen- und Promotionsprotokolle, Sign. 170-91r, Hermann Josef (Rigorosum Datum 1842).

UAW, Rektorat, Med. Fakultät, Rigorosen- und Promotionsprotokolle, Sign. 176-265, Hermann Josef (Promotion Datum 28.3.1843).

UAW, Rektorat, Med. Fakultät, Rigorosen- und Promotionsprotokolle, Sign. 176-0170, Hermann Josef (Sponsion Datum 11.2.1844).

Freund Georg, Inzersdorf am Wienerberge. Historisch-topografische Darstellung des Ortes und seiner Bestandtheile vom Ursprunge bis in die neuste Zeit, 1882.

Literatur:

Hermann, Josef: Die Behandlung der Syphilis ohne Mercur. Wissenschaftlicher Bericht über die Ergebnisse der unter comissioneller Controlle von Fachgenossen im k.k. Bezirkskrankenhause Wieden im Jahre 1856 stattgefundenen Behandlung syphilitisch Erkrankter. Wien: Sallmayer & Comp. 1857.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 3436]

Hermann, Josef: Der constitutionelle Jodismus. Sonderdruck aus: Österreichischer Zeitschrift für praktische Heilkunde. Wien: Druck von Anton Schweiger 1861.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Hermann, Josef: Studien über Syphilis. Sonderdruck aus: Österreichische Zeitschrift für praktische Heilkunde. Wien: Druck und Papier von Leopold Sommer 1862.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Drysdale, Charles Robert und Josef Hermann: Ueber die Behandlung der Syphilis und anderer Krankheiten ohne Quecksilber. Eine Sammlung von Beweisen, dass das Quecksilber eine Krankheitsursache, aber kein Heilmittel ist. Wien: Sallmayer 1868.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Gesellschaft der Ärzte Bibliothek, Sign.: GÄ-17715]

Hermann, Josef: Es gibt keine constitutionelle Syphilis. Ein Trostwort für die gesammte Menschheit. Hagen i.W.: Risel 1880.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Gesellschaft der Ärzte Bibliothek, Sign.: GÄ-18264]

Hermann, Josef: Die Glücklichkeitslehre. Wien, Leipzig: Verlag von A. Pichlldf’s Witwe und Sohn 1861.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 61332]

Hermann, Josef und Peter Simon Ziegelroth: Die Lebensführung im hohen Alter. Mit einem Bildnis des Verfassers. 5. Auflage. Leipzig: Verlag von Hand Hedwig’s Nachfolger Curt Ronninger 1910.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 64038]

Referenzen:

[1] Zeitschrift der k.k. Gesellschaft der Ärzte in Wien, Nr. 17, 1857, S. 273-182.

[2] Zeitschrift der k.k. Gesellschaft der Ärzte in Wien, Nr. 11, 1857, S. 177-182; 23.3.1857, S. 193-199.

[3] Zeitschrift der k.k. Gesellschaft der Ärzte zu Wien, Nr. 11, 1857, S. 177-182; Nr. 17, 1857, S. 273-276.

[4] Die Presse, 8.8.1858, S. 3.

[5] Ärztlicher Bericht des k. k. Bezirks-Krankenhauses Wieden, 1858, S. 88.

[6] Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 5, 1859, Sp. 67-71; Nr. 6, Sp. 84-86; Nr. 7, Sp. 101-104.

[7] Allgemeine Wiener medizinische Zeitung, 1.6.1869, S. 179-180.

[8] Allgemeine Wiener medizinische Zeitung, 26.11.1872, S. 589-590; 3.12.1872, S. 606-607; 17.12.1872, S. 638-639.

[9] Allgemeine Wiener medizinische Zeitung, 30.11.1875, S. 429-431.

[10] Allgemeine Wiener medizinische Zeitung, 2.9.1890, S. 417-418; 9.9.1890, S. 429; 16.9.1890, S. 442-443; 23.9.1890, S. 453-454; 14.10.1890, S. 489-490; 21.10.1890, S. 500; 28.10.1890, S. 511-512.

[11] Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 48, 1864, Sp. 737-741. Allgemeine Wiener medizinische Zeitung, 12.12.1871, S. 409-410.

[12] Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 40, 1858, Sp. 697-700.

[13] Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 41, 1858, Sp. 713-717.

[14] Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 43, 1858, Sp. 750-751.

[15] Wiener klinische Wochenschrift, Nr. 49, 1891, S. 931.

[16] Die Presse, 19.2.1889, S. 3.

[17] Wiener medizinische Wochenschrift Nr. 11, 1888, Sp. 378.

[18] Inzersdorf am Wienerberge. Historisch-topografische Darstellung des Ortes und seiner Bestandtheile vom Ursprunge bis in die neueste Zeit (Georg Freund, Bearbeiter), Inzersdorf am Wienerberge 1882, S. 74 und 142.

Normdaten (Person): Hermann, Josef: BBL: 43041; GND: 139899812;

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Letzte Aktualisierung: 20240125

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#SHOWCASE UB: Highlights aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni: Publikationen von Mona Spiegel-Adolf, Klara Weingarten und Melitta Sperling

Die Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin der Ub MedUni Wien ist mit über einer halben Million Bände die größte medizinhistorische Bibliothek Österreichs. Neben rezenter Literatur zur Geschichte der Medizin gibt es acht historisch sehr wertvolle Bibliotheken mit Beständen aus 6 Jahrhunderten (15.-20. Jhdt.).

Wir präsentieren im Lesesaal der Universitätsbibliothek zu den Öffnungszeiten im #SHOWCASE UB folgende Publikationen herausragender Medizinerinnen:

Die Globuline : mit 68 Abbildungen und 300 Tabellen

Mona Spiegel-Adolf (Anna Spiegel), 1893-1983 [VerfasserIn]

1930

Physikalisch-chemische Untersuchungen bestrahlter Proteine : <1.> Mitteilung: Die Veränderungen des Seralbumins bei Ultraviolettbestrahlung und ihre Beziehungen zur Hitzegerinnung

Mona Spiegel-Adolf (Anna Spiegel), 1893-1983 [VerfasserIn]
1927


Neuburger Bibliothek
Nominalkatalog Medizinhistorische Literatur 1850-1989


Normdaten
(Person): Spiegel-Adolf, Mona: BBL: 31332; GND: 127944494;

>Short Bio im VS-Blog

 

 

Die myoklonischen Syndrome : mit 29 Abbildungen

Weingarten, Klara, 1909-1973 [VerfasserIn]

1957

Gesellschaft der Ärzte Bibliothek
Zettelkatalog der Gesellschaft der Ärzte Bibliothek


Normdaten
(Person): Weingarten, Klara: BBL: 31434; GND: 1231078308;

>Short Bio im VS-Blog

 

 

Sperling, Melitta: Analyse eines Knaben mit transvestitischen Tendenzen. Ein Beitrag zur Genese und Dynamik des Transvestitismus. In: Psyche. (21/7) 1967. S. [520]-541.

[Universitätsbibliothek, AKH/Magazin, Periodika]

Sperling, Melitta: VI. Psychotherapeutische Aspekte des kindlichen Bronchialasthmas. In: Handbuch der Kinderpsychotherapie. Hg.: Gerd Biermann. Band 2. München: Reinhardt 1969. S. 886-896.

[Universitätsbibliothek, AKH/Magazin, Sign.: 1999-03485]

Sperling, Melitta: VIII. Psychotherapeutische Aspekte der Coltis ulcerosa bei Kindern. In: Handbuch der Kinderpsychotherapie. Hg.: Gerd Biermann. Band 2. München: Reinhardt 1969. S. 912-921.

[Universitätsbibliothek, AKH/Magazin, Sign.: 1999-03485]


Normdaten
(Person): Sperling, Melitta: BBL: 42065; GND: 142843482;

>Short Bio im VS-Blog

 

 

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Ausstellungsprojekt:
#SHOWCASE UB
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Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien [260]: Ludwig Waelsch – Dermatologe an der Deutschen Universität Prag

Ludwig Waelsch – Dermatologe an der Deutschen Universität Prag

Autor: Walter Mentzel

Published online: 09.01.2024

Keywords: Dermatologe, Medizingeschichte, Prag

Ludwig Waelsch wurde als Sohn des Hopfenhändlers Benedict Waelsch (1830-1898) und Karoline, geborene Basch, am 20. November 1867 in Prag geboren. Sein Bruder Emil Walsch (1863-1927) war Professor an der Technischen Hochschule. Sein Vater war im Kreuzerverein zur Unterstützung armer israelitischer Waisenmädchen im Königreich Böhmen aktiv.[1]

Nachdem er 1886 das Gymnasium absolviert hatte, studierte er an der Deutschen Universität in Prag Medizin und promovierte 1893. Im selben Jahr erfolgte zur Ableistung seines Militärdienstes seine Zuteilung zum Garnisonsspital Nr. 11 in Prag,[2] wo er 1895 zum Assistenzarzt-Stellvertreter im Infanterieregiment Nr. 28 ernannt wurde.[3]

Waelsch begann seine berufliche Laufbahn an einer internen Klinik, 1894 kam er als externer Arzt an die II. Klinik für Dermatologie und Venerologie des ehemaligen Assistenten von Ferdinand von Hebra (1816-1880) Philipp Josef Pick (1834-1910) und nahm hier 1895 eine Assistentenstelle an. Seit diesem Jahr führte er auch eine rasch wachsende Praxis für Haut- und Geschlechtskrankheiten. Daneben errichtete er eine Ambulanz in einem Prager jüdischen Krankenhaus und fungierte als Konsiliararzt im Spital des Prager Handelsgremiums,[4] sowie als Chefarzt im 1914 errichteten Krankenhaus des Roten Kreuzes in Prag.[5]

1898 erfolgte seine Habilitation im Fach Dermatologie, 1907 seine Ernennung zum a.o. Prof. für Dermatologie und Syphilidologie.[6] Nachdem 1908 seine Bewerbung um eine Chefarztstelle in Wien scheiterte, erhielt er 1916 den Titel a.o. Prof. für Dermatologie und Venerologie an der Medizinischen Fakultät an der Deutschen Universität Prag.[7]

Waelsch befasste sich u.a. mit Pilzerkrankungen der Haut, der Lehre von der Ansteckungsfähigkeit der Warzen und ähnlicher Hauterkrankungen, sowie mit Geschlechtskrankheiten. Zahlreiche seiner Arbeiten publizierte er in der „Prager medizinischen Wochenschrift“ und vor allem im „Archiv für Dermatologie und Syphilis“. Zwanzig seiner Arbeiten befinden sich in der Separata-Bibliothek an der Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin.

Zwischen 1903 und 1905 redigierte er die „Prager medizinische Wochenschrift“, weiters war er Mitglied der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft in Prag, seit spätestens 1895 Mitglied und später auch Vizepräsident des Vereins Deutscher Ärzte in Prag, wo er 1895 einen Vortrag „Zur Anatomie des Favus“ hielt, sowie der Lese- und Redehalle der deutschen Studenten. Im Israelitischen Spitalbauverein in Prag gehörte er dem Vorstand, u.a. als 2. Obmannstellvertreter, an.[8] Er engagierte sich im Krankenunterstützungsverein deutscher Ärzte, als Ausschussmitglied der Bezirksvertretung deutscher. Ärzte und als Stellvertreter des Ärztekammerausschusses in Böhmen.

Neben seiner Leidenschaft als Sammler von Büchern, Gemälden, Porzellan und Glas, war er noch als Schriftsteller tätig. U.a. publizierte er unter den Pseudonym „Franz Rainer“ das Stück „Das heiße Herz“, das 1919 am Prager Theater uraufgeführt wurde.[9]

Ludwig Waelsch verstarb am 5. April 1924 in Prag. Nach seinem Tod wurde ihm zu Ehren in Prag die Ludwig Waelsch-Stiftung ins Leben gerufen.

Quellen:

Hlaváčková Ludmila/Svobodný Petr, Biographischer Lexikon der deutschen medizinischen Fakultät in Prag 1883–1945, Prag, 1998.

Literatur:

Waelsch, Ludwig: Zur Anatomie des Favus. Vortrag gehalten in der Sitzung des Vereines deutscher Aerzte in Prag am 8. März 1895. Sonderabdruck aus: Prager medizinische Wochenschrift. Prag: 1895.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Gesellschaft der Ärzte Bibliothek, Sign.: GÄ-20102]

[1] Prager Tagblatt, 24.3.1883, S. 6.

[2] Prager Tagblatt, 16.11.1893, S. 4.

[3] Prager Tagblatt, 17.1.1895, S. 5.

[4] Prager Tagblatt, 8.5.1913, S. 3.

[5] Prager Abendblatt, 19.2.1915, S. 3.

[6] Wiener Allgemeine Zeitung, 18.10.1907, S. 2.

[7] Neue Freie Presse, 9.10.1916, S. 7.

[8] Prager Tagblatt, 28.11.1910, S. 3.

[9] Prager Tagblatt, 6.4.1924, S. 4.

Normdaten (Person): Waelsch , Ludwig: BBL: 42740; GND: 140809368;

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BBL: 42740 (09.01.2024)
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Letzte Aktualisierung: 20240901

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Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien [257]: Martin Pappenheim – Neurologe am Versorgungsheim der Gemeinde Wien, Gerichtspsychiater, NS-Verfolgter

Martin Pappenheim – Neurologe am Versorgungsheim der Gemeinde Wien, Gerichtspsychiater, NS-Verfolgter

Autor: Dr. Walter Mentzel

Published online: 11.12. 2023

Keywords: Neurologe, Psychiater, Medizingeschichte, Wien, Tel Aviv

Martin (Moriz) Pappenheim wurde am 4. November 1881 als Sohn von Max Miksa Pappenheim (1850-1921) und der aus Lemberg stammenden Regina (1858-1924), geborene Sprecher, in Preßburg in Ungarn (heute: Bratislava/Slowakei) geboren. Nach seiner Ehe mit Edith Goldschmidt (1883-1942) war er in zweiter Ehe mit der Ärztin Amalie Mela Bloch (1890-1930) und zuletzt seit 1932 mit Rose Beatrice Adelheid, geborene Liebrecht (1901-?), verheiratet. Er hatte drei Töchter, Eva (*24.6.1923), Nira Ruth (*1934), und die Neurologin, Schülerin von Sigmund Freud (1856-1939), und spätere Kommunistin Else Pappenheim (22.5.1911 Salzburg, gest. 11.1.2009 New York), die nach ihrer Flucht vor den Nationalsozialisten gemeinsam mit Else Volk-Friedland (1880- 1953) im mexikanischen Exil den Exilverlag „El Libro Libre“ gründete. Eine seiner Schwestern war die Ärztin und Schriftstellerin Marie Pappenheim (1882-1966), verheiratete Frischauf.

Pappenheim begann 1899 an der Universität Wien mit dem Studium der Medizin und schloss es am 18. Mai 1905 mit der Promotion ab. Im Anschluss daran arbeitete er zunächst als Assistent an der Psychiatrischen Klinik in Prag und ab 1911 an der Psychiatrischen Klinik in Heidelberg, wo er eine umfassende Broschüre und ein Gutachten zu dem zu dieser Zeit Aufsehen erregenden Kriminalfall um den Betrüger Eduard Wenzel Czapek verfasste.[1] Daneben verfasste er hier die Arbeit „Über die Polynucleose im Liquor cerebrospinalis, insbesondere bei der progressiven Paralyse. (Mit einem Beitrag zur Kasuistik der Strangulationspsychosen)“.

Danach kehrte er nach Wien zurück und wurde an der Psychiatrisch-neurologischen Klinik bei Julius Wagner-Jauregg (1857-1940) tätig, wo er gemeinsam mit Richard Volk (1876-1943) an der „Behandlung von Paralytikern mit Tuberkulin“ arbeitete.[2] Dazu publizierte er 1914 „Untersuchungen des Liquor cerebrospinalis bei der v. Wagnerschen Tuberkulinbehandlung der progressiven Paralyse“ und im selben Jahr gemeinsam mit dem Landesgerichtspsychiater in Wien Karl Grosz (1879-1962) „Die Neurosen und Psychosen des Pubertätsalters (Zwanglose Behandlungen aus den Grenzgebieten der Pädagogik und Medizin)“.

Pappenheim war bereits vor dem Ersten Weltkrieg in der Sozialdemokratischen Partei aktiv. 1912 besuchte Pappenheim erstmals die Wiener Psychoanalytische Gesellschaft, seit 1928 gehörte er der Wiener Psychoanalytischen Vereinigung und dem engeren Kreis um Sigmund Freud an. 1913 trat er als Mitglied der Gesellschaft der Ärzte in Wien bei,[3] weiters war er Mitglied des Vereins für Psychiatrie und Neurologie, des deutschen Vereins für Psychiatrie, der Österreichischen Kriminalistischen Vereinigung, und der Gesellschaft der Nervenärzte in Wien. Darüber hinaus fungierte er nach dem Ersten Weltkrieg als Präsident des Österreichischen Komitees der Internationalen Liga für psychische Hygiene, und als Vorsitzender des Vereins für angewandte Psychopathologie und Psychologie.[4]

Im September 1915 erfolgte seine Ernennung zum Privatdozenten für Neurologie und Psychiatrie an der Universität Wien,[5] und von Oktober 1915 bis Oktober 1916 war Pappenheim als Militärarzt und Gefängnispsychiater der Festungsanstalt Theresienstadt zugeteilt. Hier beschäftigte er sich mit Genehmigung der Festungskommandantur erstmals zu Beginn des Jahres 1916 in vier Gesprächssitzungen mit dem hier untergebrachten Attentäter des Thronfolgers Franz Ferdinand von Österreich (1863-1914), Gavrilo Princip (1894-1918). 1926 publizierte er aus diesen Gesprächsaufzeichnungen die Arbeit „Gavrilo Princips Bekenntnisse. Ein geschichtlicher Beitrag zur Vorgeschichte des Attentats von Sarajewo“. Während seiner weiteren Verwendung als Militärpsychiater in den Garnisonsspitälern in Mähren, darunter ab 1916 in Leitmeritz (heute: Litoměřice/Tschechien), setzte er zur Behandlung kriegsuntauglicher Patienten die sogenannte faradische Therapie (Elektroschocks) ein und publizierte 1916 „Über Neurosen bei Kriegsgefangenen“ und 1917 „Liquorpolynukleose im Status epilepticus“. Zuletzt war er als Regimentsarzt und Leiter der Nervenabteilung im Kriegsspital in Grinzing in Wien bei Professor Julius Wagner-Jauregg (1857-1940) tätig, wo er die in Theresienstadt und Leitmeritz angewandte elektrotherapeutische Behandlungsmethode fortsetzte. In diesem Zusammenhang wurde 1920 gegen Wagner-Jauregg und u.a. gegen ihn Vorwürfe wegen der Anwendung elektrischer Zwangstherapien erhoben und durch die Kommission zur Erhebung militärischer Pflichtverletzungen eine Untersuchung gegen ihn durchgeführt. 1919 veröffentlichte er zu diesem Thema noch „Kriegsneurose und Psychogenie. Bemerkungen zum Aufsatz von Dr. August Richter“.

Gemeinsam mit seiner Ehefrau und Ärztin Amalie Mela Pappenheim reiste er im August 1920 als Mitglied der Repatriierungskommission für österreichische Kriegsgefangene in Russland nach Moskau.[6]

Von 1922 bis 1933 war er als Vorstand der neurologischen Abteilung am städtischen Versorgungsheim der Gemeinde Wien und im selben Zeitraum als Primararzt an der neurologischen Abteilung des Versorgungsheimes der Stadt Wien-Lainz tätig.[7] 1924 erhielt Pappenheim den Titel eines a.o. Professors verliehen.[8] Hier veröffentlichte er u.a. 1922 „Die Lumbalpunktion: Anatomie, Physiologie, Technik, Untersuchungsmethoden, diagnostische und therapeutische Verwertung“, 1923 „Neueres über Lumbalpunktion“, oder 1925 gemeinsam mit Otto Marburg (1874-1948) „Syphilitische Parkinsonismus“. 1926 erschien von ihm „Allgemeine Grundlagen der Reflexologie des Menschen : Leitfaden für das objektive Studium der Persönlichkeit“, und 1930 „Neurosen und Psychosen der weiblichen Generationsphasen

Daneben wirkte Pappenheim als Sachverständiger und als Gerichtspsychiater beim Landesgericht für Strafsachen in Wien, sowie als Referent im Radio Wien, an Wiener Volksbildungsorganisationen und wissenschaftlichen Vereinigungen. 1930 organisierte er in Wien die internationale Tagung für angewandte Seelenkunde im Rahmen der Tagung für Kulturforschung[9] und 1932 sprach er sich vor der Gesellschaft der Ärzte in Wien für eine umfassende Reform und Modernisierungen der psychiatrischen Anstalten in Österreich aus.[10] Zuvor hatte er bereits 1927 seine Vorstellungen dazu im Aufsatz „Über die sogenannte verminderte Zurechnungsfähigkeit im Strafgesetzentwurf“ publiziert. Im selben Jahr gehörte er zu den Unterzeichnern eines Protesttelegramms gegen Misshandlung und Hinrichtungen politischer Gefangener in Ungarn und Bulgarien,[11] und 1929 setzte er sich gemeinsam mit Sigmund Freud u.a. für die Freilassung der politischen Häftlinge in Rumänien ein.[12] Im März 1929 nahm er am Internationalen Antifaschistenkongress in Berlin teil.

Mandat zur Einbürgerung in Palästina, 1937-1947, Government of Palestine, Department of Immigration, Pappenheim Martin.

Ende 1933 folgte er einer für ein halbes Jahr anberaumten Berufung nach Tel Aviv zur Gründung einer modernen Nerven-Heilanstalt. Wegen seiner exponierten Stellung innerhalb der österreichischen Sozialdemokratie kehrte er nach den Februarkämpfen 1934 nicht mehr nach Österreich zurück. Er führte in Tel Aviv eine private Arztpraxis, erhielt an der Universität Jerusalem eine Lehrkanzel,[13] und gehörte zu den Mitbegründern der „Vereinigung für psychische Hygiene Palästinas“. 1936 trat er für die eugenische Sterilisation geistig Behinderter ein.

Pappenheim wurde wegen seiner jüdischen Herkunft am 22. April 1938 seines Amtes an der Universität Wien enthoben. 1939 erhielt er die Staatsbürgerschaft Palästinas.

Martin Pappenheim verstarb am 22. November 1943 in Tel Aviv.

Von Martin Pappenheim besitzt die Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin einen umfangreichen Bestand.

Quellen:

UAW, Med. Fakultät, Nationalien/Studienkataloge, Sign. 134-0573, Pappenheim Martin (Nationalien Datum: 1902/03).

UAW, Rektorat, Med. Fakultät, Rigorosen- und Promotionsprotokolle, Sign. 195-290a, Pappenheim Moriz (Rigorosen Datum: 9.5.1905).

UAW, Rektorat, Med. Fakultät, Rigorosen- und Promotionsprotokolle, Sign. 190-0210, Pappenheim Martin (Promotion Datum: 18.5.1905).

Mandat zur Einbürgerung in Palästina, 1937-1947, Government of Palestine, Department of Immigration, Pappenheim Martin.

Gedenkbuch für die Opfer des Nationalsozialismus an der Universität Wien 1938: Pappenheim Martin.

Eissler Kurt, Freud und Wagner-Jauregg vor der Kommission zur Erhebung militärischer Pflichtverletzungen, Wien 2006.

Mayer Gregor, Verschwörung in Sarajewo. Triumph und Tod des Attentäters Gavrilo Princip, Wien 1914.

Literatur:

Pappenheim, Martin: Über die Polynucleose im Liquor cerebrospinalis, insbesondere bei der progressiven Paralyse. (Mit einem Beitrag zur Kasuistik der Strangulationspsychosen) Aus der psychiatrischen Klinik in Heidelberg. Sonderdruck aus: Zeitschrift für die gesamte Neurologie und Psychiatrie. Berlin: Julius Springer, Leipzig: Johann Ambrosius Barth 1911.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Pappenheim, Martin: Untersuchungen des Liquor cerebrospinalis bei der v. Wagnerschen Tuberkulinbehandlung der progressiven Paralyse. Sonderdruck aus: Jahrbücher für Psychiatrie und Neurologiel. Wien: Franz Deuticke 1914.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Pappenheim, Martin und Karl Grosz: Die Neurosen und Psychosen des Pubertätsalters. (=Zwanglose Abhandlungen aus den Grenzgebieten der Pädagogik und Medizin/1) Berlin: Springer 1914.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Gesellschaft der Ärzte Bibliothek, Sign.: GÄ-18581/1]

Pappenheim, Martin: Über Neurosen bei Kriegsgefangenen. Sonderdruck aus: Wiener medizinische Wochenschrift. Wien: Verlag von Moritz Perles k.u.k. Hofbuchhandlung 1916.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Pappenheim, Marti: Liquorpolynukleose im Status epilepticus. Sonderdruck aus: Neurologisches Centralblatt. Leipzig: Veith & Comp. 1917.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Pappenheim, Martin: Kriegsneurose und Psychogenie. Bemerkungen zum Aufsatze von Dr. August Richter. Sonderdruck aus: Wiener klinische Wochenschrift. Wien: 1919.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Pappenheim, Martin: Die Lumbalpunktion. Anatomie, Physiologie, Technik, Untersuchungsmethoden, diagnostische und therapeutische Verwertung. Wien: Rikola 1922.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 8108]

Pappenheim, Martin: Neueres über Lumbalpunktion. Sonderdruck aus: Jahreskurse für ärztliche Fortbildung. München: J.F. Lehmanns Verlag 1923.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Pappenheim, Martin und Otto Marburg: Syphilitische Parkinsonismus. Aus der Neurologischen Abteilung des Wiener Versorgungskrankenhauses (Vorstand: Prof. Martin Pappenheim) und aus dem Neurologischen Institute der Wiener Universität (Vorstand: Prof. Otto Marburg) (Mit 3 Textabbildungen) Sonderdruck aus: Zeitschrift für die gesamte Neurologie und Psychiatrie. Berlin: Verlag von Julius Springer 1925.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Bechterev, Vladimir Michailovič und Martin Pappenheim: Allgemeine Grundlagen der Reflexologie des Menschen. Leitfaden für das objektive Studium der Persönlichkeit. Leipzig, Wien: Deuticke 1926.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 12214]

Pappenheim, Martin: Neurosen und Psychosen der weiblichen Generationsphasen. (= Bücher der ärztlichen Praxis/26) Wien: Springer 1930.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Gesellschaft der Ärzte Bibliothek, Sign.: GÄ-21948/26]

Referenzen:

[1] (Neuigkeits) Weltblatt, 31.5.1910, S. 8.

[2] Neues Wiener Journal, 24.9.1913, S. 3.

[3] Neue Freie Presse, 16.4.1913, S. 9.

[4] Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 3, 1928, S. 108.

[5] Neue Freie Presse, 23.9.1915, S. 1.

[6] Neues Wiener Tagblatt (Tages-Ausgabe), 22.8.1920, S. 8.

[7] Amtsblatt der Stadt Wien, Wien 1922, S. 710.

[8] Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 41, 1924, Sp. 2159.

[9] Der Abend, 3.6.1930, S. 2.

[10] Neues Wiener Journal, 23.1.1932, S. 7.

[11] Die Rote Fahne, 30.3.1927, S. 4.

[12] Wiener Allgemeine Zeitung, 26.1.1929, S. 1.

[13] Neues Wiener Journal, 13.7.1934, S. 5.

Normdaten (Person): Pappenheim, Martin : BBL: 42676; GND: 1025029364;

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Letzte Aktualisierung: 2023 1211

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Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien [255]: Rudolf Paul Königstein – Professor für Interne Medizin und Tropenkrankheiten, NS-Verfolgter

Rudolf Paul Königstein – Professor für Interne Medizin und Tropenkrankheiten, NS-Verfolgter

Autor: Dr. Walter Mentzel

Published online: 28.11. 2023

Keywords: Innere Medizin, Tropenkrankheiten, Primarius, Krankenhaus Wien-Lainz, Shanghai, NS-Verfolgter, Medizingeschichte, Wien

Rudolf Paul Königstein war der Sohn des Mediziners Robert Königstein und Marianne, geborene Riesz, und wurde am 10. Jänner 1915 in Wien geboren. Er war der Cousin von Professor Hans Königstein.

Nachdem er im Juni 1933 die Matura abgelegt hatte, studierte Königstein an der Universität Wien Medizin und war im Sommersemester 1938 im 10. Semester inskribiert. Am 7. März 1938 bekam er das Absolutorium ausgestellt. Schon seit 1. April 1936 war er als „Demonstrator“ am Institut für medizinische Chemie bei Professor Otto Fürth (1867-1938) als Mitarbeiter tätig. Für das Sommersemester 1938 erhielt er im Rahmen des Numerus clausus für jüdische Studierende die Zulassung zum Studium bis zum Semesterende, sein Studium konnte er jedoch nicht mehr abschließen. Als Mitarbeiter der Fakultät erfolgte schon am 31. März 1938 seine Entlassung.

Rudolf Paul Königstein, zirka 1955: Wiener Stadt- und Landesarchiv, Ärztekammer Wien, A1, Personalakten, Königstein Rudolf.

Königstein gelang wie seinem Vater Robert die Flucht nach Shanghai. Hier setzte er sein Medizinstudium an der St. John’s University fort, promovierte am 31. Mai 1941, und arbeitete danach bis 1945 als Laborarzt im internationalen Ghetto Shanghais. Von 1946 bis 1951 war er als Arzt in Hangzhou an der anglikanisch-neuseeländischen Mission tätig. 1951 emigrierte er im Zuge der Indoktrinierungskampagne Maos nach Wien, wo er jene Prüfungen zum letzten Rigorosum nachholte, die er im Sommersemester 1938 nicht mehr absolvieren konnte. Sein in Shanghai erworbenes Doktorat wurde am 15. Dezember 1951 von der Universität Wien nostrifiziert, mit 1. Juni 1955 bekam er die Anerkennung als Facharzt für Innere Medizin. Königstein arbeitete in den folgenden Jahren als Assistent und Oberarzt an der III. medizinischen Abteilung (Stoffwechselabteilung) des Krankenhaus Wien-Lainz, später erfolgte seine Ernennung zum Primarius des Altersheimes in Lainz.

Hier publizierte er 1952 „Die medizinische Entwicklung in China“ und „Fortschritte auf dem Gebiet der Malariaforschung“, sowie 1967 „Diabetes mellitus und Saluretika“.

Im Februar 1969 habilitierte er sich zum Privatdozenten und bekam die Lehrbefugnis für Interne Medizin verliehen und im Juli 1976 erhielt er den Titel eines außerordentlichen Universitätsprofessors für Interne Medizin und Tropenkrankheiten an der Universität Wien verliehen. Am 31. Oktober 1979 ging er als Primarius in Pension und führte danach seine private Arztpraxis, die er seit 1963 betrieb, weiter. Er verstarb am 15. Juli 1985 in Wien.

Quellen:

Matriken der IKG Wien, 1915, Königsstein Paul Rudolf.

AUW, Nationalen MED 1937-1938, Rektorat, Zl. 680 I/1937/38, Königstein Rudolf Paul.

WStLA, Ärztekammer Wien, A1, Personalakten, Königstein Rudolf.

Gedenkbuch für die Opfer des Nationalsozialismus an der Universität Wien 1938, Königstein Rudolf.

Friedhofsdatenbank Wien, Königstein Rudolf Paul.

Literatur:

Königstein, Paul Rudolf: Die medizinische Entwicklung in China. Sonderdruck aus: Wiener medizinische Wochenschrift. Wien: Hollinek 1952.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 21636]

Königstein, Paul Rudolf: Fortschritte in der Malariaforschung. Sonderdruck aus: Wiener medizinische Wochenschrift. Wien: Brüder Hollinek 1952.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 24307]

Königstein, Rudolf Paul: Diabetes mellitus und Saluretika. Stuttgart: G. Thieme 1967.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Gesellschaft der Ärzte Bibliothek, Sign.: GÄ-25374]

Normdaten (Person): Königstein, Rudolf: BBL: 42616; GND: 1311716122;

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Letzte Aktualisierung: 2023 11 28

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