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Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien [338]: Goldman, Hugo F. – Frauen- und Kinderarzt, Kurarzt und Bergwerksarzt

Autor: Dr. Walter Mentzel

Published online: 24.08.2025

Keywords: Bergwerksarzt, Frauenarzt, Kinderarzt, Kurarzt, Wien, Brennberg, Sopron, Medizingeschichte, Wien

Hugo Filipp Goldman(n) wurde am 20. September 1867 als Sohn von Joachim Löb Goldman (1822-?) und Katty, geborene Wiessner, in Mödritz bei Brünn in Mähren (heute: Modrice/Tschechien) geboren. 1896 konvertierte er vom Judentum zum Augsburger Bekenntnis. Im Jahr 1900 heiratete er die Tochter der Bergdirektors der Kohlewerke in Brennberg, Ida Katalin Rudolf (1879-),[1] mit der er gemeinsam den Sohn Ernö Goldmann (1900-1883) hatte.

Nachdem Goldman 1888 das k.k. Maximiliansgymnasium in Wien erfolgreich absolvierte hatte,[2] begann er sein Medizinstudium an der Universität Wien, das er am 7. Juli 1894 mit seiner Promotion abschloss. Im Juni 1895 beendete er seinen Militärdienst, nachdem er zum Assistenzarzt der Reserve ernannt worden war.[3]

Nach seiner Ausbildung eröffnete er als Frauen- und Kinderarzt eine private Arztpraxis in Wien 9, Seegasse 4a,[4] später Seegasse 6 und danach in der Hahngasse 8-10. Daneben war er bis zirka 1897/98 während der Sommermonate als Kurarzt im Hotel Panhans am Semmering in Niederösterreich tätig.

Werksarzt der Kohlengewerkschaft in Brennberg (Brennbergbánya) bei Ödenburg in Ungarn

Ab 1897 bis zirka 1910 war Goldman in der Kohlengewerkschaft in der Bergwerkgemeinde Brennberg bei Ödenburg (heute: Sopron) als Bergwerksarzt beschäftigt.[5] Zuvor war er in der ungarischen Gemeinde Agendorf (Agfalva) als Arzt tätig. Dort widmete er sich den durch die massiven gesundheitsschädigenden Arbeitsbedingungen verursachten Erkrankungen der Bevölkerung.[6] Zu den häufigsten Krankheitsbildern, mit denen er sich befasste, gehörten insbesondere die aus Oberitalien eingeschleppte Infektionserkrankung der Ankylostomiasis, die vor allem in Bergbauregionen auftrat sowie die Lungentuberkulose. Im Jahr 1898 verfasste er die Studie „Ueber Anchylostomiasis[7], die er zuvor vor der Gesellschaft der Ärzte in Wien vorgestellt hatte. Seine dazu entwickelte Behandlungsmethode fand internationale Beachtung und führte zu Konsultationen britischer Bergwerksärzte in Brennberg. Im selben Jahr veröffentlichte er den Aufsatz „Ueber die Behandlung der Lungentuberculose mit Creostum carbonicum und Ammonium sulfo-ichthyolicum“.[8] 1899 hielt er vor der Fachgruppe der Berg- und Hüttenmänner einen Vortrag über die Berufskrankheiten des Bergarbeiters und deren Verhütung.[9] Zudem referierte er 1903 über den Einfluss der Grubenarbeit auf den menschlichen Organismus“.[10] Im selben Jahr erschien von ihm die Monografie „Die Hygiene des Bergmannes, seine Berufskrankheit, erste Hilfeleistung und die Wurmkrankheit (Ankylostomiasis)“. 1902 veröffentlichte er „Marasmus montanus“,[11] 1904 „Vorläufige Mitteilung über die Impfung unter rotem Licht“,[12] 1905 „Die Infektion mit dem Ankylostoma hominis infolge Eindringens der Larven in die Haut[13] und „Sollen wir Gruben, die mit Ankyslostomiasis infiziert sind, desinfizieren?“,[14] und 1906 „Die Impfung unter Rotlicht“.[15] 1910 publizierte er die Arbeit „Ein Fall von Weilscher Krankheit“. Ebenfalls 1910 nahm er in Brüssel am II. Internationalen Kongress für Berufskrankheiten teil, wo er über „Kachexia Montana (Marasmus montanus“ referierte.[16]

Die Hygiene-Ausstellung in Wien

Bei den Vorarbeiten zur Hygiene-Ausstellung in Wien, die im Jahr 1906 auf dem Areal der Rotunde stattfand, wirkte er im vorbereitenden Komitee zur Darstellung der medizinischen Implikationen im Bergbau mit.[17] Zu diesem Zweck wurde auf seine Initiative im Hof der Rotunde eine naturgetreue Nachbildung eines 100 Meter langen Bergschachtes errichtet. Diese Maßnahme sollte die Bedeutung der Bergbau-Hygiene im Kontext der öffentlichen Gesundheit und Hygiene verdeutlichen. Die Ausstellung fand unter dem Protektorat von Erzherzog Leopold Salvator (1863-1931) statt und ist durch einen offiziellen Katalog der Veranstaltung dokumentiert.[18]

1907 eröffnete er in Ödenburg eine Kuranstalt.

Wiener Neustädter Nachrichten, 8.6.1907, S. 15.

Im Ersten Weltkrieg gehörte er als Militärarzt der ungarischen Landwehr an und war im Kriegsspital in Sopron tätig. 1916 erfolgte seine Ernennung zum Regimentsarzt.[19]

Nach dem Ersten Weltkrieg arbeitete Goldman als Kreisarzt in Sopron (Ödenburg)[20] sowie als Arzt der Rettungsgesellschaft Ödenburg.

Goldman war Mitglied der Gesellschaft für innere Medizin und Kinderheilkunde in Wien und der Gesellschaft der Ärzte in Wien.

Goldman trat 1935 in den Ruhestand, führte aber seine vor dem Ersten Weltkrieg betriebene Heilanstalt weiter.[21] Während des Zweiten Weltkrieges publizierte er noch in der Oedenburger Zeitung. Hugo Goldman verstarb am 11. November 1944 in Sopron.

Quellen:

UAW, Med. Fakultät, Nationalien/Studienkataloge, Sign. 134-0377, Goldmann Hugo (Nationalien Datum 1890/91).

UAW, Rektorat, Med. Fakultät, Rigorosen- und Promotionsprotokolle, Sign. 177-126a, Goldmann Hugo (Rigorosum Datum 1893).

UAW, Rektorat, Med. Fakultät, Rigorosen- und Promotionsprotokolle, Sign. 187-1344, Goldmann Hugo (Promotion Datum 7.7.1894).

Billiongraves.com: Goldmann Hugo.

Literatur:

Goldman, Hugo F.: Ueber die Bahnadlung der Lungentuberkulose mit Cresotum carbonicum und Ammonium sulfo-ichthyolicum. Sonderdruck aus: Wiener klinische Wochenschrift. Wien: Druck von Friedrich Jasper 1898.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Goldman, Hugo F.: Die Hygiene des Bergmannes, seine Berufskrankheiten, erste Hilfeleistung und die Wurmkrankheit (Ankylostomiasis). Halle a.S.: Knapp 1903.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 54204]

Goldman, Hugo F.: Ein Fall von Weilscher Krankheit. Sonderdruck aus: Wiener klinische Rundschau. Wien: Buchdruckerei Max Werthner 1910.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

[1] Neues Wiener Journal, 31.1.1900, S. 3.

[2] Jahresbericht des k.k. Maximiliangymnasium in Wien, Wien 1889.

[3] Neue Freie Presse, 5.6.1895, S. 4.

[4] Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 35, 1894, Sp. 1546.

[5] Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 34, 1897, Sp. 1590.

[6] Die Bergwerks-Inspektion in Österreich; Berichte der k.k. Bergbehörden über ihre Tätigkeit bei der Handhabung der Bergpolizei und Beaufsichtigung der Bergarbeiterverhältnisse, Berichte der k.k. Bergbehörden über ihre Tätigkeit im Jahr 1902, Wien 1902.

[7] Wiener klinische Wochenschrift, Nr. 19, 1898, S. 457-461.

[8] Wiener klinische Wochenschrift, Nr. 35, 1898, S. 817-819.

[9] Zeitschrift des österreichischen Ingenieur-Vereines, Nr. 47, 1899, S. 664.

[10] Zeitschrift des österreichischen Ingenieur-Vereines, Nr. 11, 1903, S. 176.

[11] Wiener klinische Rundschau, 17.8.1902, 649-652.

[12] Wiener klinische Wochenschrift, Nr. 36, 1904, S. 971-972.

[13] Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 2, 1905, Sp. 82-85.

[14] Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 2, 1905, Sp. 472-472.

[15] Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 31, 1906, Sp. 1542-1545.

[16] Wiener klinische Rundschau, 12.3.1911, 165-167.

[17] Neues Wiener Journal, 7.4.1906, S. 6.

[18] Offizieller Katalog der unter dem höchsten Protektorate Sr. K.u.k. Hoheit Erzherzogs Leopold Salvator stehenden Allgemeinen Hygienischen Ausstellung Wien-Rotunde 1906, Hg. von Direktor Josef Gally.

[19] Der Militärarzt, Nr. 12, 1916, Sp. 239.

[20] Neues Wiener Tagblatt (Tages-Ausgabe), 10.10.1927, S. 4.

[21] Oedenburger Zeitung, 8.9.1935, S. 3; 16.5.1937, S. 7.

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Letzte Aktualisierung: 2025.08.24

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Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien [85]: Mediziner in der Revolution 1848: Moritz Kálazdy (Kaufmann)

Mediziner in der Revolution 1848: Moritz Kálazdy (Kaufmann)

Text: Walter Mentzel

Moritz Kálazdy (auch Kálozdy) (sein ursprünglicher Name lautete Kaufmann) wurde zirka 1819 in Tata (dt.: Totis) in Ungarn geboren. Sein Lebenslauf ist über weite Strecken unbekannt und nur lückenhaft nachzuzeichnen. Kálazdy studierte an der Universität Wien Medizin und promovierte am 6. August 1847 zum Dr. der Medizin.[1] Von ihm besitzt die Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin seine approbierte Dissertation:

Kálazdy, Mauritius: Dissertatio inauguralis medica de balsamisatione quam consensu et auctoritate illustrissimi ac magnifici domini praesidis et directoris perillustris ac spectabilis domini decani nec non clarissimorum ac celeberrimorum d..d. professorum pro doctoris medicinae laurea rite obtinenda in antiquissima ac celeberrima universitate vindobonensis. Vindobonae: Typis Caroli Ueberreuter 1847.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Historische Dissertations-Bibliothek, Sign.: D-2924]

http://webapp.uibk.ac.at/alo/cat/card.jsp?id=8418405&pos=0&phys=

Kálazdy war Mitarbeiter und Journalist in der von Journalisten und Chefredakteur Leopold Häfner gegründeten und bis Oktober 1848 erscheinenden radikal-demokratischen Zeitung „Die Constitution“ (= Tagblatt für Demokratie und Volksbelehrung). Hafner und seine Mitstreiter versuchten während der Revolution besonders die Verbindung zur Arbeiterschaft in den Vorstädten Wiens herzustellen. Sie riefen am 18. Mai 1848 in Wien die Republik aus und schlugen Kálazdy zum künftigen Unterrichtsminister vor. Kálazdy, der für die Unabhängigkeit Ungarns eintrat, war 1848 Mitglied des Sicherheitsausschusses der Stadt Wien[2] und der 6. Kompanie des „Mediziner-Corps“,[3] und gehörte als Stabsarzt Arzt während des ungarischen Unabhängigkeitsaufstand seit dem März 1849 dem Regiment von Lajos Kossuth (1802-1894) an. Kálazdy übersetzte die Rede von Lajos Kossuth, in der dieser am 3. März 1848 im Landtag in Pressburg die konstitutionelle Umwandlung der Monarchie und eine Verfassung für alle österreichischen Länder forderte, in die deutsche Sprache, worauf sie am 13. März 1848 im Hofe des niederösterreichischen Landhauses in Wien verlesen wurde.[4]

Nach der Niederschlagung der Revolution flüchtete Kálazdy 1849 in das osmanische Reich, wo er in Aleppo und in Beirut als Arzt im türkischen Dienst tätig war.[5] Seit den 1850er Jahren arbeitete er bis zu seinem Tod als Arzt im Allgemeinen Krankenhaus in Gyöngyös.[6]

Kálazdy verstarb im April 1875 in Gyöngyös in Ungarn.[7]

Quellen:

Archiv der Universität Wien, Med. Fak., Dekanat, Rigorosen- und Promotionsprotokolle, Nr. 176-635, Kálazdy Moritz (1847.08.06).

Fischer, Isidor: Wiens Mediziner und die Freiheitsbewegung des Jahres 1848. (= Wiener medizingeschichtliche Beiträge 1) Wien: 1935.

Kertbeny Karoly Maria, Alphabetische Namensliste ungarischer Emigration 1848-1864 (Mit Einschluss der außerhalb Ungarns Internierten). Samt vorläufigen biografischen Andeutungen in Abreviaturen. Brüssel-Leipzig 1864.

Reschauer Heinrich, Das Jahr 1848: Geschichte d. Wiener Revolution, Bd. 1, Wien 1876, S. 191.

[1] Archiv der Universität Wien, Med. Fak., Dekanat, Rigorosen- und Promotionsprotokolle, Nr. 176-635, Kalazdy Moritz (1847.08.06).

[2] Wiener Zeitung, 16.6.1848, S. 2.

[3] Fischer, Isidor: Wiens Mediziner und die Freiheitsbewegung des Jahres 1848. (= Wiener medizingeschichtliche Beiträge 1) Wien: 1935.

[4] Reschauer Heinrich, Das Jahr 1848: Geschichte d. Wiener Revolution, Bd. 1, Wien 1876, S. 191.

[5] Kertbeny Karoly Maria, Alphabetische Namensliste ungarischer Emigration 1848-1864 (Mit Einschluss der außerhalb Ungarns Internierten). Samt vorläufigen biografischen Andeutungen in Abreviaturen. Brüssel-Leipzig 1864.

[6] Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 9, 1864, Sp. 143-144.

[7] Wiener Medizinische Wochenschrift, Nr. 1, 1867, Sp. 18.

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