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Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien [336]: Bondi, Samuel – Internist, NS-Verfolgter

Autor: Dr. Walter Mentzel

Published online: 31.07.2025

Keywords: Internist, NS-Verfolgter, Medizingeschichte, Wien, New York

Samuel Herz Bondi wurde am 29. Juni 1878 in Mainz als Sohn von Marcus Meier Bondi (1831-1926) und Bertha Bella (1842-1912), geborene Hirsch, geboren. Seine Familie zog Mitte der 1880er Jahre nach Wien, wo Marcus Bondi zunächst als Kaufmann tätig war und später die Leitung der Metallfirma Jakob Neurath übernahm. Er war in der jüdischen Gemeinde Wiens aktiv, förderte und initiierte zahlreiche humanitäre Projekte, insbesondere Bereich Bildung und Krankenfürsorge. Einer der sechzehn Geschwister von Samuel Bondi war der Mediziner Josef Bondi (1872-1942). Seit 1914 war Bondi mit der aus Halberstadt in Sachsen-Anhalt stammenden Helene Bertha Hirsch (1892-1960) verheiratet, mit der er zwei Kinder, die Medizinerin Gabriele, (1915-1992), verheiratete Lobel, und den Mathematiker Hermann Naftali Bondi (1919-2005) hatte. Bondi besuchte das Communal- Real- und Obergymnasium in Wien Leopoldstadt, maturierte 1897[1] und begann anschließend mit dem Studium der Medizin an der Universität Wien. Er promovierte am 15. März 1903.

Nachdem er ein Jahr an der Universität in Heidelberg am Institut für Pharmakologie bei Rudolf Gottlieb (1864-1924) und den Chemiker Julius Wilhelm Theodor Curtius (1857-1928) arbeitete, trat er in das Allgemeine Krankenhaus in Wien, in die I. Medizinischen Klinik unter Hermann Nothnagel (1841-1905), danach unter dessen Nachfolger Carl von Noorden (1858-1944) und Karel Frederick Wenckebach (1864-1940) ein. Zwischen September 1908 und Oktober 1912 war er an der I. Medizinischen Abteilung als Assistent von Jakob Pal (1863-1936) und Julius Mauthner (1852-1917) tätig. Während dieser Jahre erschienen von ihm zahlreiche Arbeiten wie „Ueber die Verfettung von Magen- und Darmepithel und ihren Zusammenhang mit Stoffwechselvorgängen“, „Experimentelle Untersuchung über Nierenveränderungen in der Schwangerschaft“ oder „Über Diätverschreibung im großen Krankenhausbetriebe“. Nach seiner Emeritierung führte er ab 1912 eine private Arztpraxis in Wien 8, Langegasse 67, wo er 1938 auch wohnhaft war. Bondi beschäftigte sich mit den Forschungsgebieten der Diabetes, der physiologischen Chemie und dem Herzen. Dazu publizierte er zahlreiche Arbeiten wie „Das äussere Bild des männlichen Diabetikers“, „Ueber die Beeinflussung der Zuckerausscheidung durch Fettzufuhr“, „Beiträge zur Chemie der Galle“, „Synthese der Glykocholsäure und Taurocholsäure“ die Monografie „Herzhinterwand und oesophageale Auskultation“, „Die Entstehung der Herzgeräusche“ oder „Herzgeräusch und Sprachlaut“.

Seine Publikationen befinden sich heute an der Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin.

Nachdem er sich im Fach für Innere Medizin habilitiert hatte, wurde er im Dezember 1919 als Privatdozent bestätigt[2] und im Jahr 1920 zum Privatdozenten für Innere Medizin ernannt.

Wie sein Bruder Josef Bondi fungierte er als Schularzt in der Vereins-Volksschule Talmud-Thora in Wien 2, Malzgasse 16.[3] Zudem war er Mitglied der Gesellschaft für innere Medizin und Kinderheilkunde in Wien und der Gesellschaft der Ärzte in Wien.

Samuel Bondi war jüdischer Herkunft. Auf Anraten seines Sohnes Hermann Bondi, der in Cambridge als Mathematiker am Trinity College tätig war, reisten Salomon und Helene Bondi vor dem „Anschluss“ im Februar 1938 aus Wien in die Schweiz ab. Von dort gingen sie nach England. Im August 1940 emigrierten sie über Liverpool nach Montreal, Canada und schließlich in die USA.

Petitions for naturalization from the U.S. District Court for the Southern District of New York, NARA RG21 publication M1972 1824-1945, Bondi Samuel.

In den USA beschäftigte er sich mit der Elektrokardiografie und arbeitete als leitender Assistenzarzt für Stoffwechselerkrankungen an der Ambulanz des Beth Israel Hospital in New York. Er war Mitglied der New York County Medical Society, der Medical Society of the State of New York und der American Medical Society.[4]

Bondi verstarb am 21. Jänner 1959 in New York, USA.

Quellen:

UAW, Rektoratsarchiv, Akademischer Senat, Akten-Sonderreihe, S 304 Personalblätter, Senat S 304.97, Bondi Samuel.

UAW, Rektoratsakt, Zl. 677 /1937/38 Bondi, Samuel (29.06.1878-21.01.1959; Innere Medizin) (29.06.1878-21.01.1959).

ÖStA, AdR, E-uReang, VVSt, VA, Zl. 27.469, Bondi Samuel.

New York, Passenger and Crew Lists, 1909, 1925-1958, Samuel Bondi, 1940.

United States, World War II Draft Registration Cards, 1942, Samuel Bondi, 1942.

Petitions for naturalization from the U.S. District Court for the Southern District of New York, NARA RG21 publication M1972 1824-1945, Bondi Samuel.

Literatur:

Bondi, Samuel und Josef Bondi: Ueber die Verfettung von Magen- und Darmepithel und ihren Zusammenhang mit Stoffwechselvorgängen. Aus der I. medicin. Klinik (Prof. v. Noorden) und dem Institute für allgemeine und experimentelle Pathologie (Prof. Paltauf) in Wien. Sonderdruck aus: Zeitschrift für experimentelle Pathologie und Therapie. Berlin: Verlag von August Hirschwald 1909.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Bondi, Samuel und Josef Bondi: Experimentelle Untersuchung über Nierenveränderungen in der Schwangerschaft. Aus dem Institut für allgemeine und experimentelle Pathologie (Vorstand: Hofrat Paltauf) und der I. medizinischen Abteilung des Allgemeinen Krankenhauses (Vorstand: Prof. Pál) in Wien. Sonderdruck aus: Archiv für Gynäkologie. Berlin: Verlag von August Hirschwald 1914.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Bondi, Samuel: Über Diätverschreibung im großen Krankenhausbetriebe. Aus der I. medizinischen Abteilung im k.k. Wiener Allgemeinen Krankenhause (Prof. Pal). Sonderdruck aus: Das österreichische Sanitätswesen. Wien: Druck von Friedrich Jasper 1912.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Bondi, Samuel: Das äussere Bild des männlichen Diabetikers. Sonderdruck aus: Zeitschrift für angewandte Anatomie und Konstitutionslehre. Berlin: Springer 1919.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Bondi, Samuel: Ueber die Beeinflussung der Zuckerausscheidung durch Fettzufuhr. Aus der I. med. Klinik in Wien (derz. Vorstand: Priv.-Doz. Dr. Fr. Wechsberg). Sonderdruck aus: Wiener klinische Wochenschrift. Wien: Druck von Bruno Bartelt 1906.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Bondi, Samuel: Beiträge zur Chemie der Galle. II. Mitteilung: Über die Stärke der Glykocholsäure. Aus dem I. chemischen Laboratorium an der k.k. Universität Wien (Vorstand: Prof. Dr. R. Wegscheider). Sonderdruck aus: Hoppe-Seyler’s Zeitschrift für physiologische Chemie. Straßburg: Verlag von Karl J. Trübner 1907.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Bondi, Samuel und Ernst Müller: Synthese der Glykocholsäure und Taurocholsäure. Mitteilung aus dem chemischen Institut der Universität Heidelberg. Sonderdruck aus: Hoppe-Seyler’s Zeitschrift für physiologische Chemie. Straßburg: Verlag von Karl J. Trübner 1906.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Bondi, Samuel: Herzhinterwand und oesophageale Auskultation. Sonderdruck aus: Abhandlungen aus dem Gesamtgebiet der Medizin. Wien: Springer 1927.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Bondi, Samuel: Die Entstehung der Herzgeräusche. Sonderdruck aus: Ergebnisse der Inneren Medizin und Kinderheilkunde. Berlin: Verlag von Julius Springer 1936.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Bondi, Samuel: Herzgeräusch und Sprachlaut. Aus der I. medizinischen Klinik (derz. Leiter: Professor Dr. G. Porges). Sonderdruck aus: Wiener medizinische Wochenschrift. Wien: Gesellschafts-Buchdruckerei Brüder Hollinek 1933.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

 

[1] Festschrift des k.k Erzherzog Rainer-Real-Gymnasiums im II. Gemeinde-Bezirke in Wien, früher: Leopoldstädter Kommunal-Real- u. Obergymnasium. Aus Anlass seines fünfzigjährigen andauernden Bestehens herausgegeben vom Redaktionskomitee, Wien: 1914, S. 177.

[2] Neue Freie Presse, 31.12.1919, S. 5.

[3] Jüdische Presse, 7.1.1921, S. 5.

[4] New York State Journal of Medicine, New York: 1959, S. 884.

Normdaten (Person):  : BBL: ; GND:

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BBL:  47059 (31.07.2025)
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Letzte Aktualisierung: 2025.07.31

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Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien [335]: Passini, Fritz – Kinderarzt, Leiter des Leopoldstädter Kinderspitals

Autor: Dr. Walter Mentzel

Published online: 24.07.2025

Keywords: Kinderarzt, Leopoldstädter Kinderspital, Medizingeschichte, Wien

Friedrich (Fritz) Johann Anton Ludwig wurde am 20. November 1868 in Lienz in Osttirol als Sohn des Sektionschefs der bosnisch-herzegowinischen Landesregierung Friedrich Passini (1839-1915) und Maria Anna (zirka 1845-1924), geborene Zeller, geboren. 1896 heiratete er in Berlin Lilli Mendelsohn Bartholdy (1876-1927), die Enkelin des Komponisten und Pianisten Jakob Ludwig Felix Mendelsohn Bartholdy (1809-1847). Sie hatten die drei Kinder Paul Otto (1897-1980), Peter Johann Franz (1897-1978) und Maria Margarethe, verheiratete Crowe (1903-1997).

Passini begann, nachdem er in Kremsmünster die Matura absolviert hatte, sein Studium der Medizin in Berlin, wechselte an die Medizinische Fakultät der Universität Wien, wo er 1890 sein Rigorosum absolvierte und am 23. Dezember 1893 promovierte. Danach leistete er seinen einjährigen Militärdienst beim Tiroler Jäger-Regiment im Garnisonsspital in Agram (heute Zagreb, Kroatien) ab.[1] 1898 erfolgte seine Ernennung zum Assistenzarzt in der Reserve des Divisions-Artillerie-Regiments Nr. 7.[2] 1896 eröffnete er eine Privatpraxis in Wien 8, Tulpengasse 3.[3]

Seine weitere Ausbildung erhielt er bei Hermann Widerhofer (1832-1901) an der Klinik für Kinderkrankheiten im Allgemeinen Krankenhaus in Wien, darauf bei Theodor Escherich (1857-1911) im St. Anna Kinderspital und bei Alexander Hüttenbrenner (1842-1905) am Karolinen-Spital, wo er 1899 die Arbeit „Ueber einen Fall von Noma faciei“ publizierte. Danach arbeitete er als Assistent an der Abteilung von Professor Ferdinand Frühwald (1854-1908) an der Wiener Allgemeinen Poliklinik. Hier veröffentlichte er die Studie „Ueber den normalen Grosszehenreflex bei Kindern“. Daneben beschäftigte er sich bei Richard Paltauf (1858-1924) am Institut für pathologische Histologie und Bakteriologie mit bakteriologischen Studien, die sich in den Arbeiten „Ueber granulosebildende Darmbacterien“, „Studien über fäulniserregende anaerobe Bakterien des normalen menschlichen Darmes und ihre Bedeutung“, „Die bakteriellen Hemmungsstoffe Conradis und ihr Einfluss auf das Wachstum der Anaerobier des Darmes“ und „Ueber Giftstoffe in den Kulturen des Gasphlegmonebazillus“ niederschlugen.

Leopoldstädter Kinderspital

1907 wurde Passini zum Primarius des vom „Leopoldstädter Kinderspitalverein“ gegründeten und 1924 von der Gemeinde Wien übernommenen Leopoldstädter Kinderspital in Wien 2, Obere Augartenstraße 26-28, bestellt, das er bis zu seinem Tode leitete. Hier verfasste er Arbeiten wie „Ueber die Lebensdauer der Tuberkulosebazillen in Kulturen anaerober Fäulnisbakterien“, „Ueber Urobilinbildung durch Reinkulturen anaerober Darmbakterien“ und „Kultureller Nachweis des Kochschen Bazillus im Lumbalpunktate von Meningitis tuberculosa“.

Passini verstarb am 28. November 1935 in Wien.

Passini Fritz: Todesanzeige, Neue Freie Presse, 1.12.1935, S. 34.

Quellen:

UAW, Rektorat, Med. Fakultät, Rigorosen- und Promotionsprotokolle, Sign. 177-302a, Passini Friedrich (Rigorosum Datum 1890).

UAW, Rektorat, Med. Fakultät, Rigorosen- und Promotionsprotokolle, Sign. 187-538, Passini Friedrich (Promotion Datum 23.12.1893).

Literatur:

Passini, Fritz und Carl Leiner: Ueber einen Fall von Noma faciei. Aus dem Carolinen-Kinderspitale. Sonderdruck aus: Wiener klinische Wochenschrift. Wien: Wilhelm Braumüller 1899.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Passini, Fritz: Ueber den normalen Grosszehenreflex bei Kindern. Sonderdruck aus: Wiener klinische Wochenschrift. Wien: Wilhelm Braumüller k.u.k. Hof- und Universitäts-Buchhändler 1900.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Passini, Fritz: Ueber granulosebildende Darmbacterien. Vorläufige Mittheilung. Aus dem hygienischen Institute der Universität Wien. Sonderdruck aus: Wiener klinische Wochenschrift. Wien: Wilhelm Braumüller Universitäts-Buchhändler 1902.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Passini, Fritz: Studien über fäulniserregende anaerobe Bakterien des normalen menschlichen Darmes und ihre Bedeutung. Aus dem hygienischen Institut der Universität Wien. Sonderdruck aus: Zeitschrift für Hygiene und Infectionskrankheiten. Leipzig: Verlag von Veit & Comp. 1905.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Passini, Fritz: Die bakteriellen Hemmungsstoffe Conradis und ihr Einfluss auf das Wachstum der Anaerobier des Darmes. Aus dem hygienischen Institute der Universität Wien. Sonderdruck aus: Wiener klinische Wochenschrift. Wien, Leipzig: Verlag von Wilhelm Braumüller, k.u.k. Hof- und Universitäts-Buchhändler 1906.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Passini, Fritz: Ueber Giftstoffe in den Kulturen des Gasphlegmonebazillus. Aus dem hygienischen Institut der Universität Wien. Sonderdruck aus: Wiener klinische Wochenschrift. Wien: Verlag von Wilhelm Braumüller, k.u.k. Hof- und Universitäts-Buchhändler 1905.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Passini, Fritz: Ueber die Lebensdauer der Tuberkulosebazillen in Kulturen anaerober Fäulnisbakterien. Aus dem Leopoldstädter KInderspitale der Gemeinde Wien. Sonderdruck aus: Wiener klinische Wochenschrift. Wien: Verlag von Julius Springer 1925.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Passini, Fritz und J. Czaczkes: Ueber Urobilinbildung durch Reinkulturen anaerober Darmbakterien. Aus dem Leopoldstädter Kinderspitale. Sonderdruck aus: Wiener klinische Wochenschrift. Wien: Rikola Verlag 1923.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Passini, Fritz: Kultureller Nachweis des Kochschen Bazillus im Lumbalpunktate von Meningitis tuberculosa. Aus dem Leopoldstädter-Kinderspital der Gemeinde Wien. Sonderdruck aus: Medizinische Klinik. Wien, Berlin: Verlag von Urban & Schwarzenberg 1934.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

[1] Innsbrucker Nachrichten, 31.3.1894, S. 2.

[2] Wiener Zeitung, 29.5.1898, S. 1.

[3] Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 7, 1896, Sp. 287.

Normdaten (Person):  : BBL: ; GND:

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BBL: 47056 (24.07.2025)
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Letzte Aktualisierung: 2025.07.24

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Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien [333]: Nasch, Leonhart – Bahnhofsarzt in Wien Ottakring, NS-Verfolgter

Autor: Dr. Walter Mentzel

Published online: 22.07.2025

Keywords: Internist, Betriebsarzt, NS-Verfolgter, Medizingeschichte, Wien

Leonhart Nasch wurde am 2. Februar 1895 als Sohn des aus Zohor bei Pressburg in Ungarn (heute Bratislava/Slowakei) stammenden Pinkas Phüllöpp Nasch und Julie, geborene Ehrenhaft, in Wien geboren.

Nasch studierte an der Universität Wien Medizin und promovierte am 6. Mai 1921. Nach seiner Promotion führte er eine private Arztpraxis (für innere Krankheiten) in Wien 9, Porzellangasse 30, die er später nach Wien 16, Lienfeldergasse 39, verlegte. Daneben arbeitete er als Hilfsarzt im Kaiser-Franz-Joseph-Spital in Wien und später als Bahnhofsarzt der Betriebskrankenkasse in Wien Ottakring sowie als Vertrauensarzt der Wirtschaftlichen Vereinigung der Haushalte Österreichs.[1] 1931 publizierte er eine Arbeit „Über den Einfluß der Basen auf die Hitzegerinnung der Eiweißkörper“ und 1937 meldete er ein Patent (Formaldehyd in fester Form)[2] an.

Leonhard Nasch war jüdischer Herkunft und wurde nach dem „Anschluss“ im März 1938 von den Nationalsozialisten verfolgt. Am 20. August 1942 wurde er aus einer Sammelwohnung in Wien 2, Zwerggasse 5/8, in das Ghetto Theresienstadt deportiert und von dort am 29. Jänner 1943 in das KZ Auschwitz überstellt und ermordet.

Quellen:

IKG Wien, Geburtsbuch, 1895, Nasch Leonhard.

UAW, Med. Fakultät, Rigorosen- und Promotionsprotokolle, Sign. 192-0576, Nasch Leonhard (Datum Promotion 6.5.1921).

ÖStA, AdR, E-uReang, VVSt, VA, Zl. 29.308, Nasch Leonhard.

Auswanderungsblätter IKG Wien, jüdische Auswanderungsanträge, 1938-1939, Nasch Familie.

Arolsen-Archiv, Inhaftierungsdokumente, Lager und Ghettos, Ghetto Theresienstadt, Kartei Theresienstadt, Nasch Leonhard.

Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes (DÖW), Nasch Leonhard.

Literatur:

Nasch, Leonhard: Über den Einfluß der Basen auf die Hitzegerinnung der Eiweißkörper. Sonderdruck aus: Biochemische Zeitschrift. Berlin: Julius Springer 1931.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

[1] Die Frau von heute, Nr. 65, 1933, S. 4.

[2] Zeitschrift für Nahrungsmittel-Untersuchung und Hygiene, Nr. 17, 1937, S. 399.

Normdaten (Person)BBL: ; GND:

VAN SWIETEN BLOG der Universitätsbibliothek der Medizinischen Universität Wien
BBL:  47052 (22.07.2025)
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Letzte Aktualisierung: 2025.07.22

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Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien [332]: Weismayr, Alexander – Internist, Balneologe, Tuberkuloseforscher, Chefarzt der Heilanstalt Alland

Autor: Dr. Walter Mentzel

Published online: 30.06.2025

Keywords: Internist, Balneologe, Tuberkuloseforscher, Heilanstalt Alland, Medizingeschichte, Wien

Alexander Franz Michael Ritter von Weismayr wurde am 24. September 1867 als Sohn des Kreisgerichtspräsidenten in Steyr in Oberösterreich, Michael Weismayr, und Ludowika, geborene Kreil, in Wien Josefstadt geboren.

Nach dem Besuch des Gymnasiums in Kremsmünster studierte er an der Universität Wien Medizin und legte 1888 sein Rigorosum ab. Seit 1891 führte er eine private Arztpraxis in Wien 8, Lederergasse 23.[1]

Nach dem Studium trat er im Allgemeinen Krankenhaus in Wien in die III. medizinische Klinik ein und wurde Assistent von Leopold Schrötter von Kristelli (1837-1908). 1898 erhielt er die Dozentur im Fach Innere Medizin.[2] Weismayr beschäftigte sich als einer der Ersten ausschließlich mit der Tuberkuloseforschung und verfasste darüber auf Anregung von Schrötter Monografien wie 1897 „Die medikamentöse und symptomatische Behandlung der Lungentuberkulose“ und im selben Jahr „Zur Klinik der primären Neoplasmen der Pleura“ sowie 1901 „Die Lungenschwindsucht, ihre Verhütung, Behandlung und Heilung“. Weitere Arbeiten von ihm aus seiner Zeit an der Klinik erschienen 1893 „Das Exalgin als schmerzstillendes Mittel“, 1894 „Ein Fall von Stenose der Carotis und Subclavia“ und 1896 „Eine noch nicht beobachtete Complication des Scleroms der Luftwege“, „Ein Beitrag zum Verlauf des tuberculösen Pneumothorax“ und „Tuberculose bei Herzfehlern“.

Heilanstalt Alland und Kaiserin-Elisabeth-Spital

Seit den frühen 1880er Jahren verfolgte Schrötter seine Anliegen zum Bau von Heilanstalten. 1890 gründete er dazu den „Verein zur Errichtung und Erhaltung einer klimatischen Heilstätte für Brustkranke in der Nähe Wiens“ und erhielt schließlich die Genehmigung zum Bau einer Lungenheilanstalt in Alland. 1897 wurde Weismayr zum Direktor und Chefarzt der im Oktober 1897 eröffneten Heilanstalt ernannt, in der auch der spätere Sozialmediziner Alfred Götzl (1873-1946) als Assistent tätig war. Im selben Jahr veröffentlichte Weismayr den Aufsatz „Die Schweizer Volksheilstätten für Tuberculose“. Weitere Publikationen waren „Zum Verlaufe der croupösen Pneumonie“ und „Die häusliche Behandlung der Lungentuberkulose“. Anlässlich des 1. Internationalen Tuberkulose-Kongresses in Berlin im Jahr 1899 verfasste er den Aufsatz „Der Congress zur Bekämpfung der Tuberculose als Volkskrankheit“.

Weismayr Alexander (1. Reihe, Links): Das interessante Blatt, 4.9.1902, S. 9.

Nach mehreren Jahren in dieser Funktion trat er als Leiter der Heilanstalt zurück, übernahm die Leitung einer Privatheilanstalt in Arco in Trient, gab diese jedoch nach kurzer Zeit wieder auf und kehrte nach Wien zurück. 1906 wurde er zum Vorstand der II. medizinischen Abteilung im Kaiserin-Elisabeth-Spital berufen.[3]

Volksbildner

Weismayr hielt im Rahmen des Wiener Volksbildungsvereines Vorträge zur Tuberkulose, darunter 1894 zur „Die klimatische Behandlung der Tuberkulose“.[4]

Weismayr war als Redakteur bei der Wiener klinischen Rundschau tätig, er gehörte der Gesellschaft der Ärzte in Wien an und nahm 1900 am 2. Österreichischen Balneologen-Kongress in Triest teil.[5] Weiters war er Träger und Ritter des sächsisch-ernestinischen Hausordens.

Alexander Weismayr verstarb am 10. März 1907 in Wien.[6]

Quellen:

Taufbuch, Erzdiözese Wien, 08, Alservorstadtpfarre, Taufbuch 01-32, 1867, Folio 450, Weismayr Alexander.

UAW, Rektoratsarchive, Akademischer Senat, Akten-Sonderreihe, S 304 Personalblätter, Senat S 304.1354 Weismayr, Alexander Ritter von.

Friedhofsdatenbank der Gemeinde Wien, Weismayr Alexander.

Literatur:

Weismayr, Alexander von: Die medikamentöse und symptomatische Behandlung der Lungentuberkulose. Sonderdruck aus: Klinisch-therapeutische Wochenschrift. Wien: 1902.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 1543]

Weismayr, Alexander von: Zur Klinik der primären Neoplasmen der Pleura. In: Klinische Medizin und Chirurgie. Wien, Leipzig: Braumüller 1897.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: K-1511/17]

Weismayr, Alexander von: Die Lungenschwindsucht. Ihre Verhütung, Behandlung und Heilung, in gemeinverständlicher Weise dargestellt. Wien: Braumüller 1901.

[Universitätsbibliothek MedUni Wien/Magazin Eben04, Sign.: 2018-05319]

Weismayr, Alexander von: Das Exalgin als schmerzstillendes Mittel. Aus der medicinischen Klinik des Herrn Prof. von Schrötter. Sonderdruck aus: Wiener klinische Wochenschrift. Wien: Druck von Friedrich Jasper 1893.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Weismayr, Alexander von: Ein Fall von Stenose der Carotis und Subclavia. Aus der medicinischen Klinik des Herrn Professor v. Schrötter. Sonderdruck aus: Wiener klinische Wochenschrift. Wien: Druck von Friedrich Jasper 1894.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Weismayr, Alexander von: Eine noch nicht beobachtete Complication des Scleroms der Luftwege. Aus der III. medicin. Klinik des Herrn Hofrath von Schrötter. Sonderdruck aus: Monatsschrift für Ohrenheilkunde sowie Kehlkopf-, Nasen-, Rachenkrankheiten. Berlin: Druck von Maischner & Stephan 1896.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Weismayr, Alexander von: Ein Beitrag zum Verlauf des tuberculösen Pneumothorax. Aus der III. medizinischen Klinik des Herrn Prof. v. Schrötter. Sonderdruck aus: Wiener klinische Wochenschrift. Wien: Druck von Friedrich Jasper 1896.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Weismayr, Alexander von: Tuberculose bei Herzfehlern. Aus der III. medicinischen Klinik des Herrn Prof. v. Schrötter. Sonderdruck aus: Wiener klinische Wochenschrift. Wien: Druck von Friedrich Jasper 1896.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Weismayr, Alexander von: Die Schweizer Volksheilstätten für Tuberculose. Sonderdruck aus: Wiener klinische Wochenschrift. Wien: Druck von Friedrich Jasper 1897.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Weismayr, Alexander von: Zum Verlaufe der croupösen Pneumonie. Sonderdruck aus: Zeitschrift für klinische Medizin. Berlin: Gedruckt bei L. Schumacher 1897.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Weismayr, Alexander von: Die häusliche Behandlung der Lungentuberkulose. Sonderdruck aus: Die Krankenpflege- Monatsschrift für die gesamten Zweige der Krankenhauspflege und Krankenhausbehandlung in Wissenschaft und Praxis. Berlin: Verlag von Georg Reimer 1901.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Weismayr, Alexander von: Der Congress zur Bekämpfung der Tuberculose als Volkskrankheit. Sonderdruck aus: Wiener klinische Wochenschrift. Wien, Leipzig: Wilhelm Braumüller k.u.k. Hof- und Universitäts-Buchhändler 1899.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

[1] Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 23, 1891, Sp. 1020.

[2] Wiener Zeitung, 2.10.1898, S. 8.

[3] Wiener Zeitung, 23.9.1906, S. 4.

[4] Wiener Zeitung, 13.11.1894, S. 8.

[5] Neue Freie Presse, 29.3.1900, S. 5.

[6] Wiener Kommunal-Kalender und Städtisches Jahrbuch 1908, Wen 1908, S. 704.

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BBL:  47050 (30.06.2025)
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Letzte Aktualisierung: 2025.06.30

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Rezension: Gerhard Aumüller, Andreas Hedwig (Hg.), „Der zeichnende Medizin-Student und seine Professoren. Die Professoren-Skizzen des Dr. med. Ludwig Justus (1840-1920)“

Autor: Dr. Walter Mentzel

Published online:

Keywords: Rezension, Zeichnungen, Portraits, Marburg, Würzburg, Berlin, Wien, Medizingeschichte

Im Jänner 2025 erschien in der von der Hessischen Historischen Kommission Darmstadt und der Historischen Kommission für Hessen herausgegebenen Reihe „Quellen und Forschungen zur Hessischen Geschichte“ der Band 197 unter dem Titel „Der zeichnende Medizin-Student und seine Professoren. Die Professoren-Skizzen des Dr. med. Ludwig Justus (1840-1920)“. Herausgeber und Autoren sind der emeritierte Professor der Anatomie an der Universität Marburg und Autor zahlreicher medizin- und musikhistorischer Arbeiten Gerhard Aumüller und der bis 2024 als Präsident des Hessischen Landesarchivs und Honorarprofessors wirkende Andreas Hedwig. Weitere Beiträge in diesem Band wurden von Reinhard Hildebrand, Andreas Mettenleiter und Irmtraut Sahmland verfasst.

Der Ausgangspunkt dieses Buches ist eine Sammlung von Portraitzeichnungen von Ärzten, die von dem aus einer Marburger Gelehrtenfamilie stammenden Medizinstudenten und späteren praktischen Arztes Ludwig Justi während seines Studiums in den 1860er Jahren angefertigt wurden. Diese Sammlung befindet sich als Konvolut, das neben weiteren Zeichnungen auch seine Vorlesungsmitschriften umfasst, in seinem Nachlass im Marburger Staatsarchiv. Gerhard Aumüller stieß auf diese Sammlung während seiner Recherchen im Marburger Staatsarchiv und entwickelte daraus ein Buchkonzept. Dieses umfasst Justis Biografie, die Rekonstruktion seiner Arbeitsweisen und Arbeitstechniken sowie seines Studienverlaufes an den Medizinischen Fakultäten in Marburg, Würzburg, Berlin und Wien. Anschließend folgt eine umfangreiche Darstellung der Zeichnungen und deren sorgfältige Interpretation unter Einbeziehung der historischen und kulturellen Perspektiven.

Mit diesen Portraitzeichnungen versuchte Justi die charakteristischen Gesten und Eigenschaften der Lehrkräfte auf eine zeichnerisch anspruchsvolle Weise zu präsentieren, wozu er karikierende Elemente integrierte. Dadurch konterkarierte er auch die damals aufkommende Darstellungsweise jener Ärztegeneration, die erstmals einen erheblichen gesellschaftlichen Bedeutungs- und Prestigezuwachs erfuhr. In den kommenden Jahrzehnten sollte sich diese Entwicklung in der Bildsprache der Porträts durch eine Überhöhung und Entrücktheit der dargestellten Personen häufig widerspiegeln.

Die Porträtzeichnungen von Justi beginnen mit der Aufnahme seines Studiums an der Medizinischen Fakultät in Marburg im Mai 1860. Hier porträtierte er vierzehn Professoren, darunter den Pharmakologen Carl Falk (1816-1880), den Anatomen Friedrich Matthias Claudius (1822-1869) und den Professor für Geburtshilfe Rudolf Dohrn (1836-1915). Danach studierte er 1862 und 1863 zwei Semester an der Universität Würzburg, wo er 12 Professoren verewigte, darunter den Anatomen Albert von Kölliker (1817-1905), den Pathologen Rudolf Virchow (1821-1902) und den später an die Medizinische Fakultät in Wien als Nachfolger seines Lehrers Johann Oppolzer berufenen und aus Prag stammenden Pathologen Heinrich Bamberger (1822-1888). Von ihm fertigte Justi gleich fünf Portraitzeichnungen an. An der Universität Berlin hielt er sich in den Jahren 1869 und 1870 auf. Weitere Portraits, die er in Berlin herstellte, weisen auf seine Besuche in den Jahren 1865 und 1867 hin. Insgesamt finden sich 13 portraitierte Professoren wie der Kliniker Ludwig Taube (1818-1876) oder der Chirurg Adolf Heinrich von Bardeleben (1819-1895) in seiner Sammlung. Aus seiner Zeit an der Wiener Medizinischen Fakultät, die er im Frühjahr und Sommer 1869 besuchte, sind 16 Portraits überliefert, und zwar von den Professoren und Sekundarärzten Ferdinand von Hebra (1816-1880), Carl Ludwig Sigmund (1810-1883), Theodor Billroth (1829-1894), Ferdinand von Arlt (1812-1887), Joseph von Skoda (1805-1881), Johann von Oppolzer (1808-1871), Joseph Hyrtl (1810-1894), Josef Gruber (1827-1900), Karl von Patruban (1816-1880), Carl von Rokitansky (1804-1874), Alois Monti (1839-1909), sowie Portraits der Assistenten Ludwig Mauthner (1840-1894), Johann Schnitzler (1835-1893), Moriz Kohn (ab 1871 Kaposi) (1837-1902), Isidor Schnabel (1842-1908) und Markus Funk (1839-1883), die im Stil von Collagen hergestellt wurden. Wie aus seinen Tagebuchaufzeichnungen hervorgeht, war er in Wien vor allem mit Theater- und Museumsbesuchen sowie mit Ausflügen in die Umgebung der Stadt beschäftigt.

Die Mitarbeiter:innen des Bandes haben neben kurzer Abrisse über die von ihm besuchten medizinischen Fakultäten ausführliche biografische Skizzen der porträtierten Personen verfasst, die eine zeitgenössische Kontextualisierung bieten und zur Vertiefung der Bildanalyse beitragen.

Insgesamt bietet die Darstellung eine spannende Einsicht in die Erfahrungen eines Marburger Medizinstudenten während seines Studienverlaufs im deutschsprachigen Raum. Sie beleuchten seine Wahrnehmungen und die visuelle Darstellung einer sich zu dieser Zeit immer mehr spezialisierenden und an Bedeutung gewinnenden Wissenschaftsgemeinschaft.

Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien [331]: Kautzky, Anton – Leibarzt des Vizekönigs von Ägypten, Radiologe und Leiter des Röntgeninstitutes im Sanatorium Auersperg in Wien

Autor: Dr. Walter Mentzel

Published online: 22.06.2025

Keywords: Radiologe, Leibarzt, Röntgeninstitut, Allgemeine Poliklinik, Sanatorium Auersperg, Medizingeschichte, Ägypten, Kairo, Wien

Anton Kautzky wurde am 12. März 1867 als Sohn des Kleidermachers Anton von Padua Kautzky (1833-1909) und der Kaffeehaus-Kassiererin Josepha (1836-1921), geborene Knauer, in Wien Gumpendorf geboren. 1897 heiratete er Leopoldine Hermanek (1878-1957). Mit ihr hatte er einen Sohn, den späteren Mediziner Anton Kautzky jun. (1898-1985).

Kautzky studierte an der Universität Wien Medizin und promovierte am 19. März 1892 zum Doktor der gesamten Heilkunde. Danach führte er eine Arztpraxis in Wien 6, Bürgerspitalgasse 22.[1] Während des Studiums war er Mitbegründer und Mitglied der seit 1886 bestehenden deutschnationalen Studentenverbindung Akademische Corps Symposion.

Leibarzt des Vizekönigs von Ägypten

Im Jahr 1894 trat er als Leibarzt in den Dienst des osmanischen Khedive (Vizekönig) von Ägypten, Abbas Hilmi Pascha II (1874-1944). Daneben übernahm er 1909 die Leitung der Internen Abteilung in der neu errichteten Klinik in Kairo, die nach dem Vorbild der Wiener Allgemeinen Poliklinik gestaltet wurde.[2] Kautzky war in Ägypten Mitglied der Khedivial Society of Medicine in Kairo, und erhielt 1896 in Kairo den kaiserlich ottomanischen Medschidie-Orden.[3] Im Jahr 1908 wurde ihm das Offizierskreuz des Franz-Joseph-Ordens verliehen. 1903 nahm er am I. Medizinischen Kongress in Kairo teil und war als Schriftführer der Sektion für Innere Medizin tätig.[4] Während seiner Zeit in Ägypten publizierte er 1903 „Die Bilharziaerkrankungen“ und 1904 „Blutuntersuchungen bei Bilharzia-Krankheit“.

Allgemeine Poliklinik Wien und das Röntgeninstitut im Sanatorium Auersperg Straße 9, Wien 8.

Nach dem Ersten Weltkrieg arbeitete er zunächst als privater Röntgenarzt in Wien 13, Hietzinger Hauptstraße 34A, sowie am Radiologischen Institut der Allgemeinen Poliklinik in Wien unter dem Vorstand Robert Kienböck (1871-1953), wo er 1923 „Ein seltener Fall von Knochengeschwulst“ publizierte.[5] Zudem war er als Leiter des Instituts für Röntgen-Untersuchungen im Sanatorium Auerspergstraße 9 tätig. 1927 publizierte er gemeinsam mit Alfred Luger (1886-1938) „Ueber das Vorkommen von Oscillospira Guillermondi“.

Kautzky war Mitglied der Gesellschaft der Ärzte in Wien. Er verstarb am 19. April 1944 in Wien.

Quellen:

Trauungsbuch, Erzdiözese Wien, 06, Gumpendorf, Sign. 02-66, Folio 87, Kautzky Anton, Herzmanek Leopoldine.

UAW, Rektorat, Med. Fakultät, Rigorosen- und Promotionsprotokolle, Sign. 177-205a, Kautzky Anton (Rigorosum Datum 1890).

UAW, Rektorat, Med. Fakultät, Rigorosen- und Promotionsprotokolle, Sign. 187-538, Kautzky Anton (Promotion Datum 19.3.1892).

Friedhofsdatenbank der Gemeinde Wien, Kautzky Anton.

Literatur:

Kautzky, Anton: Die Bilharziaerkrankungen. Demonstrationsvortrag gehalten in der Sitzung vom 18. Juni 1903 des Vereines für innere Medizin in Wien. Sonderdruck aus: Wiener klinische Rundschau. Wien: Verlag der Wiener klinischen Rundschau 1903.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Kautzky, Anton: Blutuntersuchungen bei Bilharzia-Krankheit. Sonderdruck aus: Zeitschrift für klinische Medizin. Berlin: 1904.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Luger, Alfred und Anton Kautzky: Ueber das Vorkommen von Oscillospira Guillermondi. Aus der II. Medizinischen Universitätsklinik in Wien (Vorstand: Prof. N. Ortner). Sonderdruck aus: Wiener klinische Wochenschrift. Wien: Verlag von Julius Springer 1927.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

[1] Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 32, 1892, Sp. 1280.

[2] Wiener klinische Rundschau, Nr. 26, 1909, S. 414.

[3] Neue Freie Presse, 29.1.1896, S. 4.

[4] Wiener klinische Rundschau, Nr. 5, 1903, S. 81.

[5] Fortschritte auf den Gebieten der Röntgenstrahlen. Publikationsorgan der Deutschen Röntgen-Gesellschaft. 31, 5/6, 1923-24, S. 636-638.

Normdaten (Person):  Kautzky, Anton: BBL: ; GND:

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Letzte Aktualisierung: 2025.06.22

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Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien [328]: Weiss-Eder, Stephanie – Kinderärztin, erste definitive Assistenzärztin in Österreich am Elisabeth-Spital und am Karolinen-Kinderspital in Wien

Autor: Dr. Walter Mentzel

Published online: 19.05.2025

Keywords: Kinderärztin, Elisabeth-Spital, Karolinen-Kinderspital, Medizingeschichte, Wien

Stephanie Eder wurde am 3. Februar 1878 als Tochter von Elise (Elisabeth) Eder in Wien-Josefstadt geboren. Im Jahr 1905 heiratete sie den Sohn des Mediziners Adolf Weiss, den Hauptmann-Auditor und späteren Oberlandesgerichtsrat Theodor Weiss (1872-). Nachdem sie die gymnasiale Mädchenschule in Wien absolviert und 1898 die Matura am Akademischen Gymnasium bestanden hatte, studierte sie an der Universität Wien Medizin und promovierte am 23. März 1904.

Studentinnen-Verein „Wien“

Während ihrer Studienzeit war sie neben Gabriele Possanner von Ehrenthal (1860-1940), Margarete Hilferding-Hönigsberg (1871-1942) und Bianca Bienenfeld (1879-1929) Mitglied des im Dezember 1898 im wissenschaftlichen Club gegründeten ersten Wiener Studentinnen-Vereins „Wien“ und fungierte hier seit der Vereinsgründung als Vizepräsidentin.[1]

Nach dem Studium arbeitete sie an verschiedenen Kliniken im Allgemeinen Krankenhaus in Wien bis schließlich im Sommer 1904 nach einer gemeinsamen Petition mit Bianca Bienenfeld ihre Zulassung als Aspirantin in den Spitalsdienst erfolgte. Während Bianca Bienenfeld an der II. Medizinischen Klinik im Allgemeinen Krankenhaus in Wien bei Edmund Neusser (1852-1912) ihre Tätigkeit aufnahm, wurde Stephanie Eder als Aspirantin der Frauenabteilung des Bettina-Pavillon unter Ernst Wertheim (1864-1920) im Elisabeth-Spital in Wien zugewiesen.[2] Im November 1906 erfolgte ihre Ernennung als erste weibliche definitive Sekundarärztin am Karolinen-Spital unter Primarius Wilhelm Knöpfelmacher (1866-1938). Hier publizierte sie 1908 „Ueber Komplikationen und Serumtherapie bei Meningitis cerebrospinalis epidemica“, 1909 erschien von ihr die Arbeit „Orthotische Albuminurie und Scharlachnephritis“.

Weiss-Eder Stefanie: Österreichische Illustrierte Zeitung, H. 12, S. 23.12.1906, S. 273.

Im Jahr 1908 beendete sie ihre Tätigkeit am Karolinen-Spital und eröffnete in Wien 7, Burggasse 6, eine Arztpraxis für Frauen- und Kinderkrankheiten. Darüber hinaus arbeitete sie als Schulärztin an der gewerblichen Fortbildungsschule[3] sowie als Sekundarärztin im Vereinsreservespital Nr. 4 des Österreichisch patriotischen Hilfsvereines in Wien 18 unter den Primarärzt:innen Karl Bondy (1866-1938) und Dora Brücke-Teleky (1879-1963).[4]

Kinderärztin des Jugendamtes der Gemeinde Wien

Im Jahr 1916 wurde sie von der Stadt Wien gemeinsam mit Luise Rollet (1884-) zur Kinderärztin für die Säuglingsfürsorgestellen in Wien Ottakring und Rudolfsheim[5] und im Jahr 1918 als Ärztin für Säuglinge und Kleinkinder an der Bezirksstelle des Jugendamtes in Wien-Fünfhaus[6] bestellt. Weiters war sie Mitglied des Vereines für erweiterte Frauenbildung in Wien,[7] sowie als Referentin zu medizinischen Themen in der Wiener Volksbildung u.a. in der Vereinigung der arbeitenden Frauen tätig.

Reichsorganisation der Hausfrauen Österreichs (Rohö)

Weiss-Eder engagierte sich in der Reichsorganisation der Hausfrauen Österreichs, in dessen Vereinsorganen sie als Vorstandsmitglied[8] und später in den 1920er Jahren als Präsidentin und in den 1930er Jahren als Vizepräsidentin hohe Funktionen einnahm.

Stefanie Weiss-Eder verstarb am 1. Oktober 1959 in Wien. Ihr Ehemann Theodor Weiss wurde wegen seiner jüdischen Herkunft von den Nationalsozialisten verfolgt und 1942 in Maly Trostinec ermordet.

Quellen:

Erzdiözese Wien, 8. Maria Treu, Taufbuch 01-055, 1878, Folio 11, Eder Stefanie.

Erzdiözese Wien, 8. Alservorstadt-Pfarre, Trauungsbuch 02-24, 1905, Folio 13, Weiss Theodor, Eder Stefanie.

Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes (DÖW), Weiss Theodor.

Literatur:

Weiss-Eder, Stephanie: Ueber Komplikationen und Serumtherapie bei Meningitis cerebrospinalis epidemica. Aus dem Karolinen-Kinderspitale in Wien. (Dirig. Primärarzt Doz. Dr. Wilhelm Knoepfelmacher). Sonderdruck aus: Medizinische Klinik. Berlin: Verlag von Urban & Schwarzenberg 1908.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Weiss-Eder, Stephanie: Orthotische Albuminurie und Scharlachnephritis. Aus dem Karolinen-Kinderspitale in Wien (dirigierender Primararzt: Privatdozent Dr. Wilhelm Knoepfelmacher). Sonderdruck aus: Wiener medizinische Wochenschrift. Wien: Verlag von Moritz Perles k.u.k. Hofbuchhandlung 1909.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

[1] Frauen-Werke, Nr. 2, 1899, S. 2.

[2] Neue Freie Presse, 31.8.1904, S. 7; Blatt der Hausfrau, Nr. 1, 1904, S. 4; Wiener Mode, Nr. 12, 1905, S. 615.

[3] Neues Frauenleben, Oktober 1913, S. 281; Neues Wiener Tagblatt (Tages-Ausgabe), 30.11.1911, S. 10.

[4] Rechenschafts-Bericht des … österreichischen patriotischen Hilfsvereines, 1913, S. 11.

[5] Amtsblatt der k.k. Reichshaupt- und Residenzstadt Wien. Stadt Wien – Presse- und Informationsdienst, Wien 1916, S. 43.

[6] Aufgaben und Organisation der Wiener städtischen Jugendfürsorge: zum Dienstgebrauche/Jugendamt der Stadt Wien. Wien 1922, S. 7.

[7] Jahresbericht des Vereines für erweiterte Frauenbildung in Wien, Wien 1905.

[8] Neues Wiener Journal, 21.11.1920, S. 15.

Normdaten (Person):  Weiss-Eder, Stephanie: BBL: 47042; GND: 1365818128;

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Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien [327]: Adalbert Stauber – Internist, Arzt der k.k. Staatsbahnen und Direktor des Rekonvaleszentenheims in Wien

Autor: Dr. Walter Mentzel

Published online: 19.05.2025

Keywords: Internist, k.k. Staatsbahn, Rekonvaleszentenheim für verarmte Frauen, Medizingeschichte, Wien

Adalbert Stauber wurde am 17. Jänner 1840 in Dorog, Ungarn, als Sohn von Samuel Stauber und Juliane (ca. 1819-1893), geborene Szlovak, geboren. Im Jahr 1876 heiratete er die Wienerin Johanna Kohn (1856-1930), mit der er zwei Töchter, darunter die spätere Ärztin und Psychologin Alice Elisabeth Lehndorff-Stauber (1881-1960) hatte.

Stauber studierte an der Universität Wien Medizin und promovierte am 17.Jänner 1871 zum Doktor der Medizin sowie am 4. April 1871 zum Doktor der Chirurgie. Danach absolvierte er seinen Militärdienst als Assistenzarzt im Garnisonsspitals Nr. 1 in Wien und wurde im Mai 1871 zum Reserve-Oberarzt ernannt.[1] 1878 erfolgte seine Beförderung zum Regimentsarzt.[2]

Anschließend arbeitete er als Sekundararzt an der II. Chirurgischen Abteilung des Bezirkskrankenhauses in Wieden in Wien.[3] Im Jänner 1874 trat er nach seiner Ernennung zum Bahn-Arzt in den Dienst der Franz-Josefs-Bahn (Station Wien) ein.[4] Daneben war er für die Wiener Bezirkskrankenkasse tätig und bot hier Massagetherapien an. 1883 publizierte er dazu „Beiträge zur Massagebehandlung“. 1877 trat er dem neugegründeten Wiener Humanitätsverein Allianz bei und fungierte hier als Vereinsarzt.[5] Der Verein löste sich 1879 wieder auf.

Rekonvaleszentenheim für arme Frauen in Neu-Gersthof/Hütteldorf (Kaiser-Franz-Josef-Rekoncaleszentenheim)

Stauber war Mitglied in der 1874 vom Wiener Rechtsanwalt Geza Viktor Winter (1850-1924) gegründeten und aus vereinsrechtlichen Gründen in Pressburg ansässigen Freimaurerloge „Freundschaft“, die in Wien den humanitären Verein „Freundschaft“ unterhielt, sowie in dem von Winter gegründeten Ungarn-Verein in Wien.[6]

Um der Mortalität nach der Entbindung – häufig aufgrund der zu raschen Entlassung aus den Wiener Spitälern – entgegenzuwirken, stellte Stauber 1889 als Obmannstellvertreter im Verein „Freundschaft“ den Antrag ein Rekonvaleszentenheim für Wöchnerinnen mit einer längeren Aufenthalts- und Betreuungsdauer von zwei bis drei Wochen ins Leben zu rufen.[7] Einige Jahre später fanden auch Frauen nach operativen Eingriffen oder schweren Erkrankungen hier Aufnahme und Pflege, womit armutsbetroffene Frauen, die sich keine Pflege und Versorgung in ihrem Umfeld leisten konnten, zu frühzeitigen operativen Eingriffen entschieden. Das Heim stand Frauen aller Konfessionen sowie verheirateten wie unverheirateten Frauen offen. Die ärztliche Leitung übernahm mit der Eröffnung des Heimes Adalbert Stauber, Geza Winter fungierte als Obmann des Exekutivkomitees. Der Standort dieses Heimes befand sich zunächst in Neu-Gersthof in der Johannesgasse 10, in einer leerstehenden Villa und wechselte 1898 nach Wien Hütteldorf in die Rosenthalgasse 11. Im selben Jahr wurde das Haus anlässlich des Regierungsjubiläums von Kaiser Franz Josef I in Kaiser-Franz-Josef-Rekonvaleszentenheim umbenannt.

Rekonvaleszentenheim für arme Frauen: Rosenthalgasse 11, Postkartenansicht

Adalbert Stauber verstarb am 29. September 1909 in Wien.

Todesanzeige: Neue Freie Presse, 30.9.1909, S.42.

Sein Nachfolger im Rekonvaleszentenheim wurde der Arzt Siegmund Politzer (1866-1925).

Quellen:

UAW, Med. Fakultät, Nationalien/Studienkataloge, Sign. 134-0041, Stauber Adalbert (Nationalien Datum 1866/67).

UAW, Rektorat, Med. Fakultät, Rigorosen- und Promotionsprotokolle, Sign. 170-257a, Stauber Adalbert (Rigorosen Datum 1870).

UAW, Rektorat, Med. Fakultät, Rigorosen- und Promotionsprotokolle, Sign. 182-707, Stauber Adalbert (Promotion Datum 27.1.1871).

UAW, Rektorat, Med. Fakultät, Rigorosen- und Promotionsprotokolle, Sign. 182-493, Stauber Adalbert (Promotion Datum – Chirurgie 4.4.1871).

WStLA, M.Abt. 212, A26, Statuten, 1.3.2.212.A26.4/13, Kaiser Josefs-Rekonvaleszentenheim für arme Frauen, 1906-1912.

WStLA, M.Abt. 119, A32, Gelöschte Vereine, 2099/1938. Humanitärer Verein Freundschaft.

Friedhofsdatenbank der IKG Wien.

Literatur:

Stauber, Adalbert: Beiträge zur Massagebehandlung. Sonderdruck aus: Wiener medizinische Blätter. Wien: Druck und Verlag von Ludwig Schönberger 1883.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

[1] Wiener Zeitung, 11.5.1871, S. 1.

[2] Die Vedette, 22.9.1878, S. 11.

[3] Ärztlicher Bericht des k. k. Bezirks-Krankenhauses Wieden, 1872, S. 273.

[4] Neue Freie Presse, 13.1.1874, S. 5

[5] Illustriertes Wiener Extrablatt, 30.4.1877, S. 3.

[6] Pester Loyd, 16.12.1890, S. 7.

[7] Internationale klinische Rundschau, Nr. 12, 1889, Sp. 520.

Normdaten (Person):  Stauber, Adalbert: BBL: 47040; GND: 1365462064:

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Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien [325]: Neudörfer, Ignaz Joseph – Chirurg und Militärarzt

Neudörfer, Ignaz Joseph – Chirurg und Militärarzt

Autor: Dr. Walter Mentzel

Published online: 16.04.2025

Keywords: Chirurg, Militärarzt, Privatdozent, Allgemeine Poliklinik, Medizingeschichte, Wien

Ignaz Joseph Neudörfer wurde am 15. März 1825 als Sohn von Moses Neudörfer (zirka 1797-?) und Anna (zirka 1797-1877), geborene Schlesinger, in Hlinik bei Bytca in Ungarn (heute: Hlinik nad Vahom/Slowakei) geboren. In erster Ehe war er mit Emma Emilie Lange (1845-1873) und in zweiter Ehe mit der aus Schlesien stammenden Anna Paulina Lange (1848-1926) verheiratet. Aus diesen Ehen stammten sechs Kinder, darunter der spätere Chirurg und Leiter des Krankenhauses in Hohenems in Vorarlberg, Artur Neudörfer (1877-1952). Neudörfer konvertierte während seines Studiums vom jüdischen zum katholischen Glauben.

Neudörfer studierte an der Universität Wien Medizin und promovierte am 3. August 1855 zum Doktor der Medizin und am 19. Jänner 1856 zum Doktor der Chirurgie. Nachdem er 1855 als Cholera-Aushilfsarzt nach Laibach entsandt wurde,[1] arbeitete er als Sekundararzt an der IV. Chirurgischen Abteilung im Allgemeinen Krankenhaus und zwischen 1857 und 1858 als supplierender Professor an der Chirurgenschule in Olmütz.[2] Darüber berichtete er in seiner 1858 erschienen Arbeit „Mitteilungen aus der chirurgischen Klinik in Olmütz“. Im Jahr 1857 veröffentlichte Neudörfer den Aufsatz „Der hydrostatische Apparat in der Chirurgie“, basierend auf einem im November 1856 gehaltenen Vortrag an der Akademie der Wissenschaften in Wien und im Jänner 1857 seinen in der Sektion für Physiologie und Pathologie der k.k. Gesellschaft der Ärzte gehaltenen Vortrag „Über Hydrocephalus externus chronicus aquisitus“.

Neudörfer Ignaz: Josephinum – Sammlungen der Medizinischen Universität Wien

Solferino

Im Juni 1859 nahm Neudörfer als Oberarzt im Sardinischen Krieg an der Schlacht von Solferino teil und erhielt dafür das Ritterkreuz des Franz Josefs-Ordens.[1] Ein Jahr darauf wurde er zum Regimentsarzt ernannt.[2] Danach erfolgte 1860 seine Zuteilung zum Garnisonsspital Nr. 1 in Prag und seine Ernennung zum Privatdozenten der Chirurgie an der Universität Prag.

Deutsch-Dänischer Krieg 1864 – Chefarzt der kaiserlichen Armee in Mexiko

Im Jahr 1864 leitete er im Deutsch-Dänischen Krieg zunächst das Offiziers-Spital in Schleswig[3] und danach das Feldspital Nr. 12, wofür er das Ritterkreuz des königlichen Württembergischen Kron-Ordens erhielt.[4] Darüber berichtete er in seiner 63-seitigen Broschüre „Aus dem feldärztlichen Berichte über die Verwundeten in Schleswig“. Anschließend trat er im April 1864 als Chefarzt und Begleiter des späteren Kaisers Maximilian I. in die kaiserliche mexikanische Armee ein[5] und unternahm im Frühjahr 1864 zur Rekrutierung von Ärzten für die mexikanische Armee eine Reise durch Deutschland und die Schweiz.[6] In Mexiko organisierte er das Sanitätswesen in der Armee. Nach seiner Rückkehr nahm er 1866 wieder seinen Dienst in die k.u.k. Armee auf, wurde für seine Tätigkeit als Militärarzt in der kaiserlichen mexikanischen Armee zum Oberstleutnant Stabsarzt befördert[7] und richtete in Reichenberg eine Heilanstalt ein.

Garnisons-Spital Nr. 1 Wien

1867 wechselte Neudorfer vom Garnisons-Spital Nr. 1 in Prag in das Garnisons-Spital Nr. 1 nach Wien[8] und erhielt im selben Jahr die Militärdekoration des Offizierskreuzes des belgischen Leopolds-Ordens sowie das Offizierskreuz des mexikanischen Guadaloup-Ordens.[9]

Seine umfangreichen Erfahrungen als Kriegschirurg fanden ihren Niederschlag in dem von ihm verfassten dreibändigen „Handbuch der Kriegschirurgie“, das über Jahrzehnte als Standardwerk der Kriegschirurgie galt. Neudörfer publizierte darüber hinaus zahlreiche Aufsätze und Artikel in der medizinischen Fachpresse wie 1867 „Ueber die Grösse der abzutragenden Knochenstücke“[10] oder 1871 „Die Endresultate der Gelenksresektion“. Er führte eine Reihe von Neuerungen im militärischen Sanitätswesen ein, darunter eine von ihm konstruierte Feldtrage[11] sowie die Verwendung von Gips- und desinfizierenden Pulverbänden bei Schussverletzungen und die Gelenkssekretion bei Schussbrüchen. Weiters beschäftigte er sich mit Wundinfektionen. 1877 erschien dazu seine Monografie „Die chirurgische Behandlung der Wunden“, 1879 „Aus der chirurgischen Klinik der Militärärzte“, 1880 „Über Desinfektion im Kriege“, 1882 „Zur Chloroformnarkose“ und 1885 „Die moderne Chirurgie in ihrer Theorie und Praxis“.

Militär-Sanitätsreform-Kommission, Josephinum, Mitbegründer der Allgemeinen Poliklinik

Zunächst erfolgte im Jahr 1868 nach seiner Habilitation die Ernennung Neudörfers zum Privatdozenten der allgemeinen und klinischen Chirurgie an der Universität Wien. Im selben Jahr wurde er als Mitglied der Militär-Sanitäts-Reform-Kommission eingesetzt, in der er sich für die Schließung des Josephinums einsetzte.[12] Trotzdem wirkte er hier seit 1870 als Lehrbeauftragter für operative Chirurgie und ab 1875 als Chirurg im Rahmen der militärärztlichen Kurse am Josephinum.[13]

1872 gehörte er dem Kreis der Gründungsmitglieder der Allgemeinen Poliklinik in Wien an und übernahm die Leitung der Chirurgischen Abteilung an der Klinik.[14] 1873 wurde das Verlangen des k.u.k. Kriegsministeriums nach einer Ernennung von Neudörfers zum a.o. Professor vom medizinischen Doctoren-Kollegium abgelehnt.[15] 1874 erhielt er seine Beförderung zum Stabsarzt.

1878: Bosnien-Herzegowina

1878 nahm er als Operateur und Berater des Armee-Chefarztes an der Okkupation Bosnien-Herzegowinas teil.[16]

Nachdem er 1883 zum Sanitätschef des 9. Armeekorps in Josefstadt und 1886 zum Sanitätschef des 5. Armeekorps in Pressburg bestellt worden war, schied Neudörfer 1887 aus der Armee aus, trat in den Ruhestand und erhielt den Titel eines Generalstabsarztes.[17] Seine Tätigkeit an der Poliklinik führte er ab 1891 bis 1895 weiter. In diesen Jahren publizierte er 1888 „Gegenwart und Zukunft der Antiseptik und ihr Verhältnis zur Bakteriologie“ und „Die Impfung als pathogenes, curatives und prophylaktisches Agens“.[18] 1889 erschien von ihm „Die Syphilis“, 1889 „Erfahrungen und Enttäuschungen mit der Ozontherapie“,[19] 1890 „Ueber Spirotherapie“, 1891 „Die lokale Anästhesie“[20] und „Die Aus- und Einrenkungen im Schultergelenk“,[21] sowie 1895 „Behring´s Heilserum und das Wasserstoffsuperoxyd“. Zahlreiche seiner Arbeiten befinden sich heute in der Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin.

Volksbildung – Ethische Gesellschaft

Neudörfer unterstützte den Wiener Volksbildungsverein und war dort als Referent tätig. Außerdem war er Mitglied der Gesellschaft der Ärzte in Wien und Redaktionsmitglied der von Karl Bettelheim (1840-1895) herausgegebenen „Medizinisch-chirurgischen Rundschau“. Neudörfer gehörte zu den Gründungsmitgliedern der Ethischen Gesellschaft in Wien, die für eine Trennung von Staat und Kirche eintrat.

Neudörfer verstarb am 20. Mai 1898 in Abbazia (Opatija, Kroatien).

Quellen:

Taufmatriken, Rk., Erzdiözese Wien, 3. Landstraße, St. Rochus, Taufbuch 01-34, 1851, Folio 117, Neudörfer Ignaz Joseph.

UAW, Rektorat, Med. Fakultät, Rigorosen- und Promotionsprotokolle, Sign. 170-175a, Neudörfer Ignaz (Rigorosum Datum: 1855).

UAW, Rektorat, Med. Fakultät, Rigorosen- und Promotionsprotokolle, Sign. 181-169, Neudörfer Ignaz (Promotion Datum: 3.8.1855).

UAW, Rektorat, Med. Fakultät, Rigorosen- und Promotionsprotokolle, Sign. 181-102, Neudörfer Ignaz (Promotion Datum: 19.1.1856).

ÖStA, AVA, Unterricht UM, Allg. Akten, 1210.16 Neudörfer Ignaz, Professorenakt, 1856-1863.

ÖStA, AVA, Unterricht UM, Allg. Akten, 628.30 Neudörfer Ignaz, Professorenakt, 1868-1887.

Literatur:

Neudörfer, Ignaz Joseph: Mitteilungen aus der chirurgischen Klinik in Olmütz. Sonderdruck aus: Österreichische Zeitschrift für praktische Heilkunde. Wien: 1858.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 40376]

Neudörfer, Ignaz Joseph: Über Hydrocephalus externus chronicus aquisitus. Vorgetragen in der Section für Physiologie und Pathologie der k.k. Gesellschaft der Ärzte am 2. Jänner 1857. Sonderdruck aus: Zeitschrift der k.k. Gesellschaft der Ärzte zu Wien. Wien: Druck von Carl Gerold’s Sohn 1857.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Neudörfer, Ignaz Joseph: Aus dem feldärztlichen Berichte über die Verwundeten in Schleswig. Berlin: Sittenfeld 1864.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 33431]

Neudörfer, Ignaz Joseph: Handbuch der Kriegschirurgie. Leipzig: Vogel 1864-1872.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 8068]

Neudörfer, Ignaz Joseph: Die Endresultate der Gelenksresektion. Sonderdruck aus: Wiener medizinische Presse. Wien: Druck von F.B. Geitler 1871.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Neudörfer, Ignaz Joseph: Die chirurgische Behandlung der Wunden. Wien: Braumüller 1877.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 29151]

Neudörfer, Ignaz Joseph: Aus der chirurgischen Klinik der Militärärzte. Wien: Braumüller 1879.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 29190]

Neudörfer, Ignaz Joseph: Über Desinfektion im Kriege. Vortrag, gehalten im Militärwiss. Vereine zu Wien am 13. Februar 1880. Sonderdruck aus: Organ des Militärwiss. Vereines. Wien: Verlag des Militärwiss. Vereines 1880.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 46838]

Neudörfer, Ignaz Joseph: Zur Chloroformnarkose. Sonderdruck aus: Deutsche Zeitschrift für Chirurgie. Leipzig: 1882.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 29148]

Neudörfer, Ignaz Jospeh: Die moderne Chirurgie in ihrer Theorie und Praxis. Wien: Braumüller 1885.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 29191]

Neudörfer, Ignaz Joseph: Gegenwart und Zukunft der Antiseptik und ihr Verhältnis zur Bakteriologie. Sonderdruck aus: Klinische Zeit- und Streitfragen. Wien: 1888.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 13492/2,1]

Neudörfer, Ignaz Joseph: Die Impfung als pathogenes, curatives und prophylaktisches Agens. Sonderdruck aus: Wiener klinische Wochenschrift. Wien: Verlag von Alfred Hölder, k.k. Hof- und Universitäts-Buchhändler 1888.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Neudörfer, Ignaz Jospeh: Die Syphilis. Sonderdruck aus: Verlag von Alfred Hölder, k.k. Hof- und Universitäts-Buchhändler 1889.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Neudörfer, Ignaz Joseph: Ueber Spirotherapie. Vortrag, gehalten in der Sitzung der k.k. Gesellschaft der Aerzte in Wien, am 14. März 1890. Sonderdruck aus: Wiener klinische Wochenschrift. Wien: Verlag von Alferd Hölder, k.k. Hof- und Universitäts-Buchhändler 1890.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Neudörger, Ignaz Joseph: Behring´s Heilserum und das Wasserstoffsuperoxyd. Sonderdruck aus: Wiener medizinische Wochenschrift. Wien: Verlag von Moritz Perles 1895.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

[1] Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 34, 1859, Sp. 557.

[2] Allgemeine Wiener medizinische Zeitung, 17.7.1860, S. 234.

[3] Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 10, 1864, Sp. 157.

[4] Wiener Zeitung, 16.9.1864, S. 1.

[5] Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 38, 1864, Sp. 607. Allgemeine Wiener medizinische Zeitung, 20.12.1864, S. 412.

[6] Allgemeine Wiener medizinische Zeitung, 15.8.1864, S. 271.

[7] Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 68, 1866, Sp. 1094.

[8] Wiener medizinische Wochenpresse, Nr. 44, 1867, Sp. 704.

[9] Wiener medizinische Wochenpresse, Nr.,33, 1867, Sp. 525.

[10] Wiener medizinische Wochenpresse, Nr. 11, 1867, Sp. 161-165,

[11] Der Militärarzt, 1875, Sp. 132-133

[12] Allgemeine Wiener medizinische Zeitung, 8.9.1868, S. 6.

[13] Wiener medizinische Wochenpresse, Nr. 31, 1875, Sp. 725-726.

[14] Wiener medizinische Wochenpresse, Nr. 1, 1872, Sp. 20.

[15] Wiener medizinische Wochenpresse, Nr. 4, 1873, Sp. 94.

[16] Wiener medizinische Wochenpresse, Nr. 37, 1878, Sp. 1006.

[17] Internationale klinische Rundschau, Nr. 23, 1887, Sp. 737.

[18] Wiener klinische Wochenschrift, Nr. 14, 1888, S. 299-304.

[19] Wiener klinische Wochenschrift, Nr. 20, 1889, Sp. 833-835; Nr. 21, 1889, Sp. 873-876.

[20] Wiener klinische Wochenschrift, Nr. 31, 1891, S. 1177-1180; Nr. 32, 1891, Sp. 1221-1224; Nr. 33, 1891, Sp. 1265-1268.

[21] Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 40, 1891, Sp. 1601-1605; Nr. 41, 1891, Sp. 1649-1651; Nr. 42, 1891, Sp. 1689-1692; Nr. 43, 1891, Sp. 1733-1736.

[1] Zeitschrift der k.k. Gesellschaft der Aerzte zu Wien, 1855, S. 584.

[2] Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 40, 1857, Sp. 733.

Normdaten (Person): Neudörfer, Ignaz Joseph: BBL: 46611; GND: 116952814

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Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien [324]: Bienenstock, Walther – Inspektionsarzt an der Wiener Börse, NS-Verfolgter

Bienenstock, Walther – Inspektionsarzt an der Wiener Börse, NS-Verfolgter

Autor: Dr. Walter Mentzel

Published online: 26.03.2025

Keywords: Arzt, Medizingeschichte, Wien, NS-Verfolgter

Walther (Walter) David Bienenstock wurde am 7. Juli 1867 in Brügge in Belgien, als Sohn von Isaac Bienenstock (1833-1914) und Amalie Spitzer (1833-1912) geboren.

Nachdem Bienenstock 1885 in Wien maturiert hatte, studierte er an der Universität Wien Medizin und promovierte am 6. Juni 1891. Anschließend arbeitete er als Aspirant an der Wiener Allgemeinen Poliklinik[1] und von 1894 bis 1899 als Sekundararzt am Allgemeinen Krankenhaus Wien. Nebenbei führte er seine private Arztpraxis in Wien, Leopoldstadt, in der Lichtenauergasse 12, später in der Adlergasse 8, in Wien 1,[2] und ab 1900 in der Wipplingerstraße 18, wo er auch bis 1939 wohnhaft war. Im Jahr 1902 veröffentlichte er den Aufsatz „Mittel und Wege zur Einschränkung der Geschlechtskrankheiten“.

Im Ersten Weltkrieg diente Bienenstock als Oberarzt und wurde 1915 zum Regimentsarzt bei der Landwehr ernannt. Anschließend war er im Landsturmbataillon Nr. 232 in Galizien tätig[3] und erhielt für seine Verdienste hohe Dekorationen. 1915 wurde ihm das goldene Verdienstkreuz mit Krone am Bande der Tapferkeitsmedaille verliehen, gefolgt vom Eisernen Kreuz im Jahr 1917.[4] Während des Krieges publizierte er 1915 „Zur Behandlung der Furunkulose[5] und 1916 „Improvisation eines Heißluftapparates im Feld“.

Nach seiner Rückkehr nach Wien im Jänner 1918, nach mehr als dreieinhalb Jahren im Kriegsdienst, führte er seine private Arztpraxis weiter und wurde im Februar 1918 mit dem Ritterkreuz des Franz-Josef-Ordens mit der Kriegsdekoration ausgezeichnet.[6]

Arzt an der Wiener Börse

Im Jahr 1924 wurde er zum Inspektionsarzt an der Wiener Börse bestellt.[7] 1932 erschien von ihm der Aufsatz „Zur Organisation der Psychopathen-Fürsorge in Österreich“, der auf seinen Vortrag im April 1932 im Verein für Psychiatrie und Neurologie basierte.

Bienenstock war Mitglied des Vereins der Ärzte des I. Wiener Gemeindebezirkes, wo er Teil der Vereinsorgane war,[8] der Wiener Laryngologischen Gesellschaft, seit 1897 Mitglied des Wiener Medizinischen Clubs,[9] und seit 1912 Mitglied der Gesellschaft für Physikalische Medizin.[10] 1917 erfolgte seine Ernennung zum Medizinalrat.[11] Darüber hinaus war er seit 1919 Mitglied der Loge Eintracht der B’nai Brith und unterstützendes Mitglied des Allgemeinen Frauenvereins.[12]

Bienenstock wurde wegen seiner jüdischen Herkunft nach dem „Anschluss“ von den Nationalsozialisten verfolgt. Er verstarb am 30. September 1938 in Wien.

Todesanzeige: Neue Freie Presse, 2.10.1938, S. 29.

Quellen:

ÖStA, AdR, E-uReang, VVSt, VA, Zl.26.326, Bienenstock Walther.

Matriken der IKG Wien, Friedhofsdatenbank, Bienenstock Walther.

Literatur:

Bienenstock, Walther: Mittel und Wege zur Einschränkung der Geschlechtskrankheiten. Sonderdruck aus: Wiener medizinische Presse. Wien, Berlin: Urban & Schwarzenberg 1902.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Bienenstock, Walther: Improvisation eines Heißluftapparates im Feld. Sonderdruck aus: „Militärwesen“ aus Wiener klinische Wochenschrift. Wien: Verlag von Wilhelm Braumüller 1916.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Bienenstock, Walther: Zur Organisation der Psychopathen-Fürsorge in Österreich. Sonderdruck aus: Wiener medizinische Wochenschrift. Wien: Verlag von Moritz Perles 1932.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Referenzen:

[1] Jahresbericht der […] Allgemeinen Poliklinik in Wien für 1891, Wien 1892, S. 19.

[2] Wiener Allgemeine Zeitung, 26.2.1899, S. 6.

[3] Neue Freie Presse, 9.4.1915, S. 11.

[4] Illustriertes Wiener Extrablatt, 16.11.1915, S. 8; Neues Wiener Journal, 6.10.1917, S. 6.

[5] Der Militärarzt, Nr. 16, 1915, Sp. 266-267.

[6] Neue Freie Presse, 2.2.1918, S. 10.

[7] Neues Wiener Tagblatt (Tages-Ausgabe), 11.5.1924, S. 16.

[8] Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 2, 1907, Sp. 106.

[9] Wiener klinische Wochenschrift, Nr. 27, 1897, S. 660.

[10] Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 22, 1912, Sp. 1508.

[11] Medizinische Klinik, Nr. 43, 1917, S. 1154.

[12] Neues Frauenleben, Nr. 7, 1905, S. 22.

Normdaten (Person): Bienenstock, Walther: BBL: 46609; GND: 1361358084;

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