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Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien [62]: Emanuel Berghoff – Medizinhistoriker, Widerstandskämpfer und Herausgeber der Festschrift zum 80. Geburtstag von Max Neuburger im Jahr 1948 – Teil 2

Emanuel Berghoff – Medizinhistoriker, Widerstandskämpfer und Herausgeber der Festschrift zum 80. Geburtstag von Max Neuburger im Jahr 1948 – Teil 2

Text: Dr. Walter Mentzel

Im Jahr 1948 erschien aus Anlass des 80. Geburtstages des österreichischen Medizinhistorikers und Gründers des Institutes für Geschichte der Medizin am Standort des Josephinum in Wien, Max Neuburger (1868-1955), eine von seinem langjährigen „Schüler“ und Mitarbeiter, Emanuel Berghoff (1896-1974), herausgegebene Festschrift unter dem Titel:

Festschrift zum 80. Geburtstag von Max Neuburger. Mit 91 internationalen medicohistorischen Beiträgen. (= Wiener Beiträge zur Geschichte der Medizin/2). Hrsg.: Emanuel Berghoff. Wien: Verlag Wilhelm Maudrich 1948.

Umschlag: Festschrift zum 80. Geburtstag Max Neuburgers. Wien: 1948.

Titelblatt: Festschrift zum 80. Geburtstag Max Neuburgers. Wien: 1948.

Diese Festschrift hatte zum Zeitpunkt ihres Erscheinens eine mehr als zehnjährige Geschichte hinter sich. Berghoff, der schon die Arbeiten an der 1928 zum 60. Geburtstag Neuburgers herausgegebenen Festschrift übernommen hatte,[1] übernahm auch für die 1938 als Sammelband konzipierte Publikation zu dessen 70. Geburtstag die Redaktion. Zur gleichen Zeit schrieb Berghoff an einer ebenso für das Jahr 1938 geplanten Biografie über das Leben und wissenschaftliche Wirken Max Neuburgers, die wie die Festschrift erst zehn Jahre später 1948 publiziert werden konnte.

Berghoff, Emanuel: Max Neuburger. Werden und Wirken eines österreichischen Gelehrten. Mit einem Vorwort von Dr. Henry E. Sigerist. (= Wiener Beiträge zur Geschichte der Medizin/III). Hrsg.: Emanuel Berghoff. Wien: Verlag Wilhelm Maudrich 1948.

Titelblatt: Berghoff: Max Neuburger. […] Wien: 1948.

Da nach dem „Anschluss“ im März 1938 sowohl Max Neuburger als auch Emanuel Berghoff von der NS-Verfolgung betroffen waren – Berghoff wurde aus „politischen und rassischen“ Gründen verfolgt – konnte die Drucklegung der Festschrift nicht wie geplant verwirklicht werden. Die bis März 1938 eingelangten Manuskripte der Autoren der Festschrift gelangten zunächst bedingt durch die Flucht von Berghoff nach Jugoslawien, wo er im Rahmen des im September 1938 stattgefundenen 11. Internationalen Kongresses für Geschichte der Medizin in Dubrovnik die Drucklegung der Festschrift zu bewerkstelligen versuchte, davon jedoch wegen der „dort schon unsicher gewordenen politischen Verhältnisse“ wieder Abstand nehmen musste. Nachdem sich Berghoff nach dem Überfall der deutschen Wehrmacht auf Jugoslawien der Widerstandsbewegung von Josip Broz Tito (1892-1980) angeschlossen hatte und er nach seiner Festnahme in das KZ Groß Rosen deportiert worden war, lag das weitere Schicksal der Manuskripte in den Händen seiner Ehefrau Anna Maria Berghoff (1907-1989), die laut der von Berghoff nach 1945 getroffenen Darstellung die Manuskripte in Sicherheit bringen konnte.[2] Nach der Rückkehr von Berghoff nach Wien im Sommer 1945 standen sie so wieder für eine Drucklegung zur Verfügung.

Von den 91 österreichischen vor allem aber internationalen Autoren, die am Sammelband mitwirkten, hatten 20 ihre Manuskripte für die für Publikation bis zum Jahresbeginn 1938 abgegeben. Ihre nunmehr 1948 publizierten Aufsätze sind am Beginn der Texte in Fußnoten mit dem Hinweis „1938 als Manuskript eingelangt“ versehen.

Aus: Festschrift zum 80. Geburtstag von Max Neuburger. Mit 91 internationalen medicohistorischen Beiträgen. (= Wiener Beiträge zur Geschichte der Medizin/2). Hrsg.: Emanuel Berghoff. Wien: Verlag Wilhelm Maudrich 1948.

Einige dieser Autoren waren bei Erscheinen der Festschrift im Jahr 1948 bereits verstorben, andere waren zu dieser Zeit im Exil. Max Neuburger, dem die Festschrift galt, lebte zum Zeitpunkt der Erscheinung des Sammelbandes 1948 nach seiner Emigration in London bei seinem Sohn in Buffalo/USA. Er kehrte erst 1952 nach Wien zurück. Die Festschrift lässt sich damit als Dokument jener nach dem März 1938 an der Medizinischen Fakultät durch das NS-Regime stattgefundenen Verfolgungen aber auch als Mahnmal der Verfolgungsgeschichte jüdischer Mediziner in Europa von 1933 bis 1945 lesen.

Zu den mit dem Vermerk „1938 als Manuskript eingelangt“ versehenen Autoren zählt zunächst der Beitrag des Herausgebers Emanuel Berghoff selbst, der mit einem Aufsatz über „Die Ausbildung zum ärztlichen Beruf im Wandel der Zeit“ im Band vertreten ist.

Ein Artikel mit dem Titel „Zur Wohnungsfrage im Alten Wien“ stammt vom Dozenten für Innere Medizin an der Medizinischen Fakultät und Chefarzt der Tuberkulosefürsorge der Stadt Wien, Alfred Götzl (1873-1946).

Ein weiterer bereits 1938 abgegebener Beitrag stammte von dem deutschen Pathologen und Medizinhistoriker Edgar Goldschmid (1881-1957), der 1933 aufgrund seiner jüdischen Herkunft vor den Nationalsozialisten in die Schweiz flüchtete und als Medizinhistoriker an der Universität Lausanne unterrichtete. Er ist mit einem 1938 abgegebenen Beitrag „Handzeichnungen chirurgischer Erkrankungen von J. E. Klemm (1817-1822)“ vertreten.

Ein Aufsatz über „Medizinisches aus einer alten Chronik“ trug der polnische Gynäkologe Jan Lachs (1869-1954) bei, der nach dem Einmarsch der deutschen Wehrmacht in Polen wegen seiner jüdischen Herkunft der Verfolgung ausgesetzt war. Lachs überlebte den Holocaust als Arzt und Leiter der Gynäkologie- und Geburtshilfeabteilung des israelitischen Krankenhauses in Krakau und nach der Liquidierung des Krakauer Ghettos in einem Versteck. 1947 habilitierte er sich im Fach Geschichte der Medizin und der Pharmazie.

Vom Professor für Kinderheilkunde Ernst Mayerhofer (1877-1957), der seit 1923 in Zagreb arbeitete, stammt der 1938 abgegebene Aufsatz „Paediatrie und Volksmedizin (mit besonderer Berücksichtigung der Südslawen)“. Der Aufsatz enthält die Anmerkung: „Zagreb, Juni 1938; damals wegen der Zustände im Okkupationsbereich nicht zum Drucke gelangt: Der Autor“.

Ein Aufsatz „Über eine arabische Krankenhauspharmakopöe aus Kairo (um 1200 N. Chr.)“ kam vom deutsch-ägyptischen Augenarzt und Medizinhistoriker Max Meyerhof (1874-1945). Meyerhof, der jüdischer Abstammung war, wurde in Hildesheim geboren, studierte in Heidelberg, Freiburg, Berlin und Straßburg Medizin, arbeitete ab 1898 an verschiedenen Augenkliniken in Deutschland und eröffnete 1902 in Hannover eine eigene Praxis. Bereits 1903 emigrierte er nach Ägypten und eröffnete in Kairo eine Augenarztpraxis für Verarmte. Er gehörte ab 1913 zu den Mitherausgebern der „Revue médical d’Égypte“. Ab den 1920er Jahren widmete er sich auch orientalistischen, philologischen und medizinhistorischen Studien und war Übersetzer arabischer medizinischer Text-Überlieferungen. 1932 erhielt er das Angebot den Lehrstuhl für Medizingeschichte an der Universität Leipzig zu übernehmen, das er aufgrund des anwachsenden Antisemitismus und dem Aufstieg der Nationalsozialisten ablehnte. Er gab seine deutsche Staatsbürgerschaft auf, nahm 1936 die ägyptische Staatsbürgerschaft an und engagierte sich in einem jüdischen Hilfswerk für die aus Europa geflüchteten Juden. Am 20. April 1945 starb Meyerhof in Kairo, wo er auf dem jüdischen Friedhof beerdigt wurde.

Beiträge von zwei wegen ihrer jüdischen Herkunft verfolgten Mitgliedern der Wiener Medizinischen Fakultät stammen vom Radiologen und Röntgenologen, Prof. Leopold Freund (1868-1943), der 1943 im Exil in Brüssel unter ungeklärten Umständen verstarb. Sein 1938 abgegebener Aufsatz lautete: „Ein Beitrag zur Geschichte der Entstehung der Röntgentherapie“. Der zweite Aufsatz stammt vom Laryngologen Prof. Emil Fröschels (1884-1972) der den Titel „Ein Versuch, von der Medizin aus die Entstehung und Bedeutung einer Hyroglyphe zu erklären“ trägt. Fröschels flüchtete 1939 in die USA, wo er seine wissenschaftliche Karriere zunächst als Research Professor an der Washington Universität, danach als Direktor der Speech and Voice Clinic des Mount Sinai Hospitals in New York und an der Speech and Voice Clinic am Beth David Hospital in New York fortsetzte.

Weitere 1938 eingebrachte Aufsätze kamen vom französischen Bibliothekar, Medizinhistoriker und Mediziner Ernest Wickersheimer (1880-1965), von dem in Chicago wirkenden Kinderarzt, Isaac Abt (1867-1955), vom in Deutschland geborenen US-Bakteriologen Charles Frederick Bolduan (1873-1950), vom US-Neurologen Robert Foster Kennedy (1884-1952) und vom britischen Medizinhistoriker und Präsidenten der History of Medicine Society und der Royal Society of Medicin, D’Arcy Power (1855-1941). Aus Rumänien kamen 1938 Beiträge von Constantin Ion Parhon (1874-1969), George Zaharia Petrescu (1874–1954) und Hector Sarafidi/Έκτωρ Σαραφίδης (1872-1950), sowie aus Polen ein Aufsatz vom Gründer des Institutes für Geschichte der Medizin und Philosophie an der Jagiellonen-Universität in Krakau, Władysław Szumowski (1875-1954). Ein weiterer 1938 abgelieferter Beitrag stammt von dem mit dem italienischen Faschismus sympathisierenden und involvierten italienischen Medizinhistoriker Davide Giordano (1864-1954).

Quellen:

Archiv der Universität Wien, Dekanat der Medizinischen Fakultät, Zl. 41/1945-1946 Institut für Geschichte der Medizin

Wiener Stadt- und Landesarchiv:

WStLA, Selbstverwaltungskörper, Ärztekammer Wien, Personalakt Ärztekammer Wien 2.10.1. A1 Berghoff Emanuel Personalakt Ärztekammer.

WStLA, M.Abt. 119, Gelöschte Vereine, Akt 1.3.2.119.A32. Zl. 8.857/1931 Akademische freie Vereinigung für medizinische Geistesgeschichte.

Literaturliste:

Internationale Beiträge zur Geschichte der Medizin. Max Neuburger. Festschrift zur Feier seines 60. Geburtstages am 8. Dezember 1928 gewidmet von Freunden, Kollegen und Schülern. Wien: Verlag des Fest-Komitees 1928.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 6043]

Berghoff, Emanuel: Max Neuburger. Werden und Wirken eines österreichischen Gelehrten. Mit einem Vorwort von Dr. Henry E. Sigerist. (= Wiener Beiträge zur Geschichte der Medizin/III). Hrsg.: Emanuel Berghoff. Wien: Verlag Wilhelm Maudrich 1948.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: K-16771/3]

Festschrift zum 80. Geburtstag von Max Neuburger. Mit 91 internationalen medicohistorischen Beiträgen. (= Wiener Beiträge zur Geschichte der Medizin/2). Hrsg.: Emanuel Berghoff. Wien: Verlag Wilhelm Maudrich 1948.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 69889]

Keywords:

1938, 1945, Alfred Götzl, Charles Frederick Bolduan, Constantin Ion Parhon, D’Arcy Power, Davide Giordano, Edgar Goldschmid, Έκτωρ Σαραφίδης, Emanuel Berghoff, Emil Fröschels, Ernest Wickersheimer, Ernst Mayerhofer, Festschrift, Hector Sarafidi, Institut für Geschichte der Medizin, Isaac Abt, Jan Lachs, Josephinum, Josip Broz Tito, Konzentrationslager, KZ Groß Rosen, Leopold Freund, Max Meyerhof, Max Neuburger, Medizinhistoriker, Nationalsozialismus, Robert Foster Kennedy, Vertriebene, Widerstand, Władysław Szumowski, Arzt, Wien, Medizingeschichte

[1] Festschrift zur Feier seines 60. Geburtstages am 8. Dezember 1928. Max Neuburger gewidmet von Freunden, Kollegen und Schülern. (= Internationale Beiträge zur Geschichte der Medizin). Wien: Verlag des Fest-Komitees 1928.

[2] Berghoff, Emanuel: Max Neuburger. Werden und Wirken eines österreichischen Gelehrten. Mit einem Vorwort von Dr. Henry E. Sigerist. (= Wiener Beiträge zur Geschichte der Medizin/III). Hrsg.: Emanuel Berghoff. Wien: Verlag Wilhelm Maudrich 1948. S. Vorwort.

Normdaten (Person) Berghoff, Emanuel: BBL: 30184;  30149; GND: 1055154361

Bio-bibliografisches Lexikon (BBL)/Liste aller Beiträge der VS-Blog-Serie: Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien

Bitte zitieren als VAN SWIETEN BLOG der Universitätsbibliothek der Medizinischen Universität Wien, BBL: 30184 (26.04.2018); Letzte Aktualisierung: 2022 08 24
Online unter der URL: https://ub-blog.meduniwien.ac.at/blog/?p=30184

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Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien [22]: Josef GRÜNFELD – Syphilidologe und Urologe

Josef GRÜNFELD – Syphilidologe und Urologe

Text: Dr. Walter Mentzel, Harald Albrecht, BA

Josef Jehuda Grünfeld wurde am 19. November 1840 als Sohn von Samuel Grünfeld und Rachel, geborene Roth, in Györke in Ungarn (heute: Durkov/Slowakei) geboren. Er war mit Sofie Schneider (1856-1946) verheiratet, eines seiner Kinder war sein Sohn Richard Leo Grünfeld (1874-1914), der ebenfalls die berufliche Laufbahn eines Mediziners einschlug.

Nach dem Besuch des Gymnasiums in Kaschau (heute: Košice/Slowakei) und der Matura 1861, studierte er zuerst an der Universität in Budapest und danach an der Universität Wien Medizin. Aufgrund seiner schlechten finanziellen Situation, die ihn zwang nebenbei als Lehrer zu arbeiten, verzögerte sich sein Studium, das er schließlich 1867 mit seiner Promotion zum Doktor der Medizin und im selben Jahr mit dem Magister der Geburtshilfe abschloss. 1869 promovierte er noch zum Doktor der Chirurgie. Nachdem er einige Zeit im Wiener Allgemeinen Krankenhaus zuerst an einer chirurgischen, danach an einer internen Abteilung gearbeitet hatte, trat er als Assistent in die Abteilung von Carl Ludwig Sigmunds (1810-1883), der späteren Klinik für Syphilidologie und Dermatologie, ein. Grünfeld initiierte im Oktober 1869 die Gründung des „Ärztlichen Lesezimmers im allgemeinen Krankenhause in Wien“, der Vorgängerinstitution der heutigen Universitätsbibliothek der Medizinischen Universität Wien. Neben seiner Tätigkeit am AKH führte er ab 1873 in Wien eine Arztpraxis.

Gruenfeld1

Abb. 1    Josef Grünfeld. Josephinum – Medizinische Sammlungen, MedUni Wien. Sign.: MUW-FO-IR-001869-0001

Grünfeld war Mitglied der Gesellschaft der Ärzte in Wien, des Wiener Medizinischen Doctoren-Collegiums sowie korrespondierendes Mitglied der Gesellschaft der Ärzte in Warschau. Weiters war er Vorstand der österreichisch-israelitischen Union in Wien und Mitglied des Vorstandes der israelitischen Kultusgemeinde in Wien. Grünfeld und seine Ehefrau Sofie, die auch in der österreichischen Frauenbewegung aktiv war und 1939 wie ihre Kinder wegen ihrer jüdischen Herkunft in die USA flüchteten musste, wo sie 1946 verstarb, engagierten sich in zahlreichen Initiativen zur Bekämpfung der Armut, der Kinderfürsorge und in jüdischen Wohlfahrtseinrichtungen. Als Mediziner unterstützten er an der Universität den „Verein zur Unterstützung mitteloser israelitischer Studierender“ als dessen Präsident und als Ehrenpräsident und Mitbegründer den „Arbeitsvermittlungsverein für jüdische Hochschüler“.

1900 publizierte er im Israelitischen Kalender für 5661 (1900/1902) „Die Geschichte des jüdischen Spitals in Wien und dessen Wandlungen seit dem Mittelalter“. [Neuburger-Bibliothek, Sign. 2901] und 1902 in der Monatsschrift der Österreichisch-israelitischen Union die Arbeit „Antiseptik und Judenthum“

[Neuburger-Bibliothek, Sign. 12446]

Bereits als Student beschäftigte er sich mit der Augenheilkunde und verfasste mit dem Privat-Dozenten an der Augenklinik in Wien, Max Tetzer (*1834, gest. 28.4.1866 Wien), ein „Compendium zur Augenheilkunde“ [Neuburger Bibliothek, Sign. 3953], das erst nach dem Tode von Tetzer erschien.

Josef Grünfeld zählt zu den Pionieren der Endoskopie und Begründer der modernen Harnspiegelung. Noch vor der Einführung der elektrischen Lichtquelle in die Endoskopie durch Max Nitze (1848-1906) konstruierte er ein Zystoskop, das vorne trichterförmig ausgestaltet war und einen Konduktor zur Erleichterung der Einführung in die Harnblase besaß. Ab 1872 entwickelte Grünfeld, inspiriert von Benjamin Tarnowski (1838-1906), einen eigenen Harnröhrenspiegel als reine Lufturethroskopie mit Lichteinspiegelung und demonstrierte seine Methode erstmals am 13. Februar 1874 in der k.k. Gesellschaft der Ärzte in Wien. 1876 sah er mit seinem Urethroskop erstmals – allerdings nur bei Frauen – die Uretermündung (Harnleitermündung), 1885 entfernte er als erster kleine Blasentumore durch einen offenen Tubus unter Sicht.

Aufgrund seiner jüdischen Herkunft und dem an der Medizinischen Fakultät zusehends wachsenden Antisemitismus blieb Grünfeld lange Zeit die Habilitierung verwehrt. Erst durch die Intervention Theodor Billroths (1829-1894) konnte er sich 1881 für Dermatologie und Syphilidologie habilitieren.[1] 1885 wurde er zum Abteilungs-Vorstand an der für ihn geschaffenen II. Dermatologischen Abteilung der Wiener Allgemeinen Poliklinik berufen, der er bis zu seiner Emeritierung 1907 vorstand und wo er auch Patienten mit urologischen Erkrankungen betreute.

1881 erschien von ihm die Arbeit „Die Endoskopie der Harnröhre und Blase“


[Neuburger-Bibliothek, Sign. LS-32380/51].

 Gruenfeld2

Abb. 2    Endoskopische Untersuchung: Grünfeld: Die Endoskopie der Harnröhre und Blase. Stuttgart: 1881. S. 68.

Gruenfeld3

Abb. 3    Instrumente: Grünfeld: Die Endoskopie der Harnröhre und Blase. Stuttgart: 1881. S. 189.

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Abb. 4    Endoskopische Bilder: Grünfeld: Die Endoskopie der Harnröhre und Blase. Stuttgart: 1881. Tafel III.

Grünfeld verstarb am 14. Mai 1910 in Wien.
 

Abb. 5    Neue Freie Presse 15.5.1910, S. 98.

Quellen:

Matriken der IKG Wien, Sterbebuch 1910, Grünfeld Josef.

AUW, Rektoratsarchive, Akademischer Senat, Akten-Sonderreihe, Personalblätter, Senat S 304.399 Grünfeld Josef.

AUW, Rektorat, Med. Fakultät, Rigorosen- und Promotionsprotokolle, Sign. 170-79r, Grünfeld Josef (Rigorosen Datum 1866).

AUW, Rektorat, Med. Fakultät, Rigorosen- und Promotionsprotokolle, Sign. 182-128, Grünfeld Josef (Promotions- Sponsionsdatum, 12.2.1867).

AUW, Rektorat, Med. Fakultät, Rigorosen- und Promotionsprotokolle, Sign. 182-288, Grünfeld Josef (Sponsionsdatum Chirurgie, 21.5.1869).

Homepage: European Museum of Urology. Stand: 27.03.2017.
http://history.uroweb.org/biographies/gruenfeld-josef/

Reuter, Matthias A.: Geschichte der Endoskopie. Handbuch und Atlas Band 1-4. Stuttgart und Zürich: Karl Krämer Verlag 1998.

Klein-Bäringer, Salomon: Privatdozent Dr. Josef Grünfeld. 1840-1910. Separatabdruck von: Medicinische Blätter. Wochenschrift für die gesamte Heilkunde. (26) 1910. Wien: Verlag der „Medicinischen Blätter“ 1910.

Klein-Bäringer, Salomon: Privatdozent Dr. Josef Grünfeld. 1840-1910. Separatabdruck von: Medicinische Blätte. Wochenschrift für die gesamte Heilkunde. (26) 1910. Wien: Verlag der „Medicinischen Blätter“ 1910. S. 3.

Reuter, Matthias A.: Geschichte der Endoskopie. Handbuch und Atlas Band 1-4. Stuttgart und Zürich: Karl Krämer Verlag 1998. S. 63.

Homepage: European Museum of Urology. Stand: 27.03.2017 http://history.uroweb.org/biographies/gruenfeld-josef/

Literaturliste:

Von Josef Grünfeld besitzt die Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin im Bestand der Separata-Bibliothek eine Reihe von Arbeiten.

Grünfeld, Josef: Die Geschichte des jüdischen Spitales in Wien und dessen Wandlungen seit dem Mittelalter. Sonderdruck aus: Kalender für Israeliten. Wien: Druck und Verlag von Moritz Waizner & Sohn 1900.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 2901]

Grünfeld, Josef: Antiseptik und Judenthum. Vortrag, gehalten in der Plenarversammlung der „Oesterreichisch-Israelitischen Union“ am 25. Jänner 1902. Sonderdruck aus: Monatsschrift der Oesterreichisch-Israelitischen Union. Wien: Buchdruckerei „Indurstrie“ 1902.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 12446]

Tetzer, Max und Josef Grünfeld: Compendium der Augenheilkunde. Nach weil. Dr. Max Tetzer’s systematischen Vorträgen. Mit 3 lithographirten Tafeln. Wien: Verlag von Sallmayer & Comp. 1870.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 3953]

Grünfeld Josef: Die Endoskopie der Harnröhre und Blase. Mit 22 Holzschnitten und 3 Tafeln in Farbendruck. Stuttgart: Verlag von Ferdinand Enke 1881.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: LS-32.380/51]

[1] Klein-Bäringer, Salomon: Privatdozent Dr. Josef Grünfeld. 1840-1910. Separatabdruck von: Medicinische Blätter. Wochenschrift für die gesamte Heilkunde. (26) 1910. Wien: Verlag der „Medicinischen Blätter“ 1910. S. 3.

Keywords:
Augenheilkunde, Josef Grünfeld, Syphilidologie, Urologie, Wien, Dermatologe, Syphilis, Medizingeschichte, Arzt

Normdaten (Person) Grünfeld, Josef:  GND134060628; BBL: 27489

Bio-bibliografisches Lexikon (BBL)/Liste aller Beiträge der VS-Blog-Serie: Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien

Josef Grünfeld in: Wikipedia – Die Freie Enzyklopädie: URL: https://de.wikipedia.org/wiki/Josef_Grünfeld (Stand: 16.02.2022)

Bitte zitieren als VAN SWIETEN BLOG der Universitätsbibliothek der MedUni Wien, BBL: 27489 (30.03.2017); Letzte Aktualisierung: 2022 02 16
Online unter der URL: https://ub-blog.meduniwien.ac.at/blog/?p=27489

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