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Zum Internationalen Frauentag am 8. März: Else Volk-Friedland – Frauenärztin, Autorin, Herausgeberin, NS-Verfolgte

[210]: Else Volk-Friedland – Frauenärztin, Autorin, Herausgeberin, NS-Verfolgte

Text: Dr. Walter Mentzel

Else (Elsa) Friedland wurde am 21. März 1880 als Tochter von dem aus Miskolc in Ungarn stammenden Eduard Friedland (1850-1929) und der aus Hlinka in Mähren (heute: Tschechien) stammenden Charlotte Steiner (1855-1942) in Wien geboren. Seit Juni 1908 war Else mit dem Dermatologen Richard Volk (1876-1943) verheiratet, mit dem sie gemeinsam die Kinder Georg Heinrich (1910-1959) und Eva Franziska (1912-1983) hatte.

Friedland absolvierte zunächst die gymnasiale Mädchenschule des Vereines für erweiterte Frauenbildung, maturierte 1899 am Akademischen Gymnasium in Wien, und begann danach an der Universität Wien mit dem Studium der Medizin, das sie am 3. März 1905 mit der Promotion abschloss.

Schon während ihres Studiums arbeitete Else Friedland vom 1. Jänner 1904 bis 1. Jänner 1907 als Demonstratorin am Neurologischen Institut bei Prof. Heinrich Obersteiner (1847-1922), der sie selbst dazu ernannt hatte. Friedland, die die erste Universitätsangestellte und erste weibliche Demonstratorin war, beschäftigte in dieser Hinsicht die Universität sowie das Ministerium für Cultus und Unterricht in der prinzipiellen Frage der Anstellung von Akademikerinnen an universitären Einrichtungen.[1]

Nach einer insgesamt dreijährigen Tätigkeit als Aspirantin an verschiedenen Abteilungen und Kliniken, darunter 1906 bei Prof. Julius Wagner-Jauregg (1883-1940),[2] arbeitete sie als Sekundarärztin am Allgemeinen Krankenhaus Wien. Daneben führte Else Friedland seit Februar 1907 eine private Ordination für Nerven- und Frauenkrankheiten in Wien 8, Lange Gasse 63.

In der frühen Phase ihrer Karriere als Ärztin schien sie weiterhin Interesse an der Psychiatrie und Neurologie gefunden zu haben. Im Oktober 1908 nahm sie an dem in Wien stattfindenden 3. Internationalen Kongress für Irrenpflege teil, 1910 schrieb Else Volk-Friedland in den Mitteilungen des 1903 gegründeten Frauenvereins „Diskutierklub“ „Ueber psychische Interaktion und Massenpsychosen“,[3] weiters war sie das einzige weibliche Mitglied der „Wiener Gesellschaft für Psychiatrie und Neurologie“. 1907 hielt sie vor dem „Neuen Frauenklub“ einen Vortrag über populäre und wissenschaftliche Anschauungen nervöser Erkrankungen“,[4] und im selben Jahr einen weiteren im Rahmen der Ausstellung „Das Kind“ über die Gefahren sexueller Erkrankungen bei Jugendlichen“.[5]

Jahresbericht des Vereins für erweiterte Frauenbildung 1907/1908, Wien 1908.

Ab dem Schuljahr 1905/1906 unterrichtete sie das Fach Hygiene an der Schwarzwald-Schule in Wien.[6] 1912 erfolgte ihre Ernennung durch den Verein zur Förderung der höheren kommerziellen Frauenbildung zur Schulärztin, und im selben Jahr wirkte sie als Mitglied in der im Jänner 1912 gegründeten Sektion 6 der Zentralstelle für körperliche Erziehung der Schuljugend in Niederösterreich mit,[7] die sich mit der Ausbildung der weiblichen Jugend befasste.[8]

Während des Ersten Weltkrieges – ihr Ehemann Richard war seit 1915 in russischer Kriegsgefangenschaft – gründete sie eine Hilfsgruppe für die in russischer Kriegsgefangenschaft weilenden österreichischen Kriegsgefangenen in Samarkand-Chodschent, durch die Geldmittel gesammelt werden sollten, um das Leid in der Gefangenschaft zu lindern. Hier übernahm Volk-Friedland den Vorsitz in der Organisation.[9]

Kinder-Ambulatoriums im Wiener „Charitas-Haus“

Ab 1919 leitete sie das Kinder-Ambulatoriums im „Charitas-Haus“ der Gemeinde Wien in Wien Neubau, wo seit Oktober 1918 auch eine Lichttherapie für Kinder („Lederer-Belichtungsambulatorium“)[10] angeboten wurde.

Referentin, Autorin und Mitherausgeberin der Zeitschrift „Die Frau und Mutter. Illustriertes Familienblatt für Kinderpflege, Erziehung sowie Gesundheit in Haus und Familie“

Else Volk-Friedland hielt auch nach dem Ersten Weltkrieg bis in die 1930er Jahre hinein regelmäßig Vorträge, wie u.a. 1921 vor dem Verein Bereitschaft zur „Hygiene des Alltages“,[11] der Sexualkunde und Fragen der Hygiene. 1928 nahm sie als Referentin neben Dora Brücke-Teleky (1879-1963), Pauline Feldmann (1884-1986), Marie Proksch (1892-?), Frieda Becher-Rüdenhof (1874-1951) und Wilhelmine Löwenstein-Brill (1884-1971) an der Delegiertenversammlung der Internationalen Ärztinnenvereinigung in Bologna teil.[12]

Vor allem aber entfaltete Else Volk-Friedland über viele Jahre eine reiche Publikationstätigkeit in der Zeitschrift „Die Frau und Mutter“ aber auch als Autorin in der Zeitung „Die Frau“[13], im Wiener Tagblatt, oder 1932 „Die Schönheit des Alters“ in der Zeitschrift „Das Wort der Frau“.

Else Volk-Friedland schrieb seit 1912 regelmäßig in der Zeitschrift „Die Frau und Mutter. Illustriertes Familienblatt für Kinderpflege, Erziehung sowie Gesundheit in Haus und Familie“, das ein traditionelles und konservatives Frauen- und Familienbild transportierte. In ihren Artikeln versuchte sie in einer niederschwelligen pädagogischen Form medizinische Themen zur Frauen- und Kinderhygiene, zur Mutterschaft und zu Erziehungsfragen, aber auch durch Artikel, die sich mit der Bewältigung verschiedenster Alltags- Lebenssituationen beschäftigten, einem breiteren Publikum näher zu bringen. Dazu zählen beispielsweise ihre Artikel aus dem Jahr 1913 „Kinderpflege in der kalten Jahreszeit“, 1914 „Einiges zur sexuellen Aufklärung“, 1915 „Der Kriegssommer in der Stadt“ und „Der Proletarierhaushalt in der Kriegszeit“, 1925 „Ueber die Schutzpockenimpfung“, 1927 „Einiges über Krankenkost“, 1928 „Wann ruft man den Arzt“ und 1929 „Rechtzeitiges Erkennen der Kinderkrankheiten“, „Das nervöse Schulkind“, „Wenn die stillende Mutter krank wird“. In dieser Zeitschrift, die ab 1916 auch das offizielle Organ des Bundes für Jugenderziehung war, war sie zunächst ab 1914 (Heft 9) mit der Mutter von Franz Kafka, Julie Loewy (1856-1934), und Heinrich Ernst Schwartz und danach gemeinsam mit Lia Lazansky die Mitherausgeberin.

1907 erschien von ihr nach einem Vortrag vor der provisorischen Frauen-Wohlfahrts-Zentrale die Broschüre „Wie schütze ich mein Kind und Mich vor Übertragung gefährlicher Krankheitskeime (Bazillen, Mikroben). 1928 publizierte sie „Wenn du dich als Mutter fühlst. Ärztliche Aufklärungen für werdende Mütter“ in der Reihe „Schwarz Merkbücher“ und im selben Jahr in derselben Reihe die Broschüre „Die Frau von fünfzig Jahren und ihre richtige Lebensführung“. 1930 erschien von ihr unter der Herausgeberschaft der Frauen- und Mütter-Vereinigung „Richtige Säuglings- und Kinderernährung. Ein zeitgemäßer Führer für junge Mütter u. Pflegerinnen“. 1931 publizierte sie den Aufsatz „Die schulärztliche Sprechstunde“ in der Zeitschrift „Volksgesundheit. Organ der Österreichischen Gesellschaft für Volksgesundheit“. 1937 erschien von ihr bereits in der 4. Auflage die gemeinsam mit der Journalistin Julie Lachner erarbeitete Monografie „Meinem Kinde. Mit Mutters Tagebuch und illustrierten Merkblatt“.

Bund für Jugenderziehung

1919 beteiligte sich Else Volk-Friedland als Mitglied des im November 1916 gegründeten Bundes für Jugenderziehung[14] an einen Aufruf zur Schaffung einer Elternvereinigung in Wien und der Gründung von Schul- Bezirks- und Stadt-Elternausschüssen.[15]

Flucht und Exil Mexiko

Else und ihr Ehemann Richard Volk waren wegen ihrer jüdischen Herkunft nach dem „Anschluss“ im März 1938 der Verfolgung durch die Nationalsozialisten ausgesetzt. Ihnen und ihren beiden Kindern Eva und Georg gelang 1939 die Flucht nach Mexiko, wo Else nach dem Tod von Richard Volk im Jahr 1943 dessen bis dahin gemeinsam geführte Arztpraxis weiter fortführte. Else Volk-Friedland leistete in Mexiko einen wesentlichen Beitrag für die deutschsprachige Exilliteratur in Lateinamerika. Sie war gemeinsam mit der ebenfalls aus Wien nach Mexiko vertriebenen Medizinerin und Sexualreformerin Marie Frischauf-Pappenheim (1882-1966), sowie mit dem Journalisten Bruno Frei (1897-1988) und den Schriftstellern Leo Katz (1892-1954) und Egon Erwin Kisch (1885-1948), Mitbegründerin des 1942 gegründeten Exilverlages „El Libro Libre“, der von dem Dramaturgen und Verleger Walter Janka (1914-1994) geleitet wurde. Sie selbst war noch als Schriftstellerin, Übersetzerin und Malerin tätig und gestaltete in Mexiko Radiosendungen zur österreichischen Literatur und zum österreichischen Theater wie u.a. im Oktober 1943 „Das Wiener Burgtheater“, im April 1944 „Die österreichischen Literatur“, im Juli 1945 „Warum lieben wir Mexico“ oder im September 1945 „Theaterkultur in Österreich“. 1942 erschien von ihr als Übersetzung die von Paul Gutmann verfasste Novelle El retorno del hombre de las cavernas (Die Rückkehr des Höhlenmenschen“).

Plataforma Digital CDIJUM: Ficha Migratoria: Else Friedland de Volk.

Daneben arbeitete Volk-Friedland noch an den Exilperiodika „Freies Deutschland“ und „Demokratische Post“ mit, verfasste hier Artikel, und fungierte als Vizepräsidentin in der „Accion Republicana Austriaca“ (ARAM), wo u.a. auch die beiden Ärzte Hans Pilz und der Kinderarzt an der Poliklinik in Wien Kurt Wallis, sowie die Schriftsteller Bruno Frei und Leo Katz mitwirkten. Hier arbeitete sie auch an der Herausgabe der zweisprachigen Exilzeitung „Austria Libre“ mit.[16] 1946 publizierte Volk-Friedland im mexikanischen Verlag Prometeo ihren Roman „Cristo y el Judia“, in dem sie sich mit den christlichen Wurzeln des Antisemitismus auseinandersetzte.

Sie verstarb am 27. Februar 1953. Ihre Tochter Eva Volk Friedland verstarb 1983 in Benito Juarez, Mexiko, ihr Sohn Georg (Jorge) 1959 in Cuauhtemoc, Mexiko.

Quellen:

Matriken der IKG Wien, Geburtsbuch 1880, Else Friedland.

UAW, Med. Fakultät, Nationalien/Studienkataloge, Sign. 134-0587, Friedland Else (Nationalien Datum: 1902/1903).

UAW, Rektorat, Med. Fakultät, Rigorosen- und Promotionsprotokolle, Sign. 195-079a, Friedland Elsa (Rigorosum Datum: 17.2.1905).

UAW, Rektorat, Med. Fakultät, Rigorosen- und Promotionsprotokolle, Sign. 190-0153, Friedland Elsa (Promotion Datum: 3.3.1905).

ÖStA, AdR, E-uReang, VVSt, VA, Zl. 35.148, Volk-Friedland Else.

III. Internationaler Kongress für Irrenpflege, Wien Oktober 1908. Offizieller Bericht (Hg. vom Generalsekretär Prof. Dr. Pilcz), Wien 1909.

Plataforma Digital CDIJUM: Ficha Migratoria: Else Friedland de Volk.

México, Distrito Federal, Registro Civil, 1832-2005, Elsa Friedland Steines, 1953.

Kloyber Christian/Patka Marcus G. (Mit einem Geleitwort von Friedrich Katz), Österreicher im Exil: Mexiko 1938-1947. Eine Dokumentation, (Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (Hrsg.), Wien 2002.

Keywords:

Else Volk-Friedland, Frauenheilkunde, Schriftstellerin, NS-Verfolgte, Mexiko,  Ärztin, BBL Bio-bibliografisches Lexikon, Bio-bibliographisches Lexikon, Biobibiografisches Lexikon, Medizingeschichte, NS-Verfolgte, Wien

[1] Jahresbericht des Vereines für erweiterte Frauenbildung in Wien, 1907/1908, Wien 1908, S. 4; Blatt der Hausfrau, H. 25, 1904-1905, S. 658.

[2] Der Bund. Zentralblatt des Bundes österreichischer Frauenvereine, H. 6, 1906, S. 7.

[3] Mitteilungen des Frauenvereines Diskutierklub, Nr. 1, 1910, S. 4.

[4] Die Zeit, 22.3.1907, S. 6.

[5] Die Zeit, 20.6.1907, S. 6.

[6] 5. Jahresbericht des Mädchen-Lyzeums der Frau Dr. phil. Eugenie Schwarzwald in Wien. Am Kohlmarkt, Wien 1907, S. 73.

[7] Wiener Zeitung, 31.1.1912, S, 4.

[8] Moderne illustrierte Zeitung für Reise und Sport, H. 5, 1912, S. 31.

[9] Die Zeit, 29.12.1916, S. 5.

[10] Die Frau, 22.3.1919, S. 4.

[11] Neues Wiener Tagblatt (Tages-Ausgabe), 2.5.1921, S. 6.

[12] Neue Freie Presse, 8.4.1928, S. 13.

[13] Die Frau, 25.12.1919, S. 4.

[14] Zeitschrift für Frauen-Stimmrecht. Organ für die politischen Interessen der Frau, H. 9, 1916, S. 6.

[15] Die Frau und Mutter, H. 8, 1919, s. 54.

[16] Freiheit für Österreich (Austro American Tribune), H. 10, 1944, S. 4

Bio-bibliografisches Lexikon (BBL)/Liste aller Beiträge der VS-Blog-Serie: Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien

Normdaten (Person) Volk-Friedland, Else: BBL: 40654; GND: in Bearbeitung

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Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien [205]: Richard Volk – Dermatologe, Mitarbeiter am Sero-therapeutischen Institut und der Lupusheilstätte im Wilhelminenspital, NS-Verfolgter

Richard Volk – Dermatologe, Mitarbeiter am Sero-therapeutischen Institut und der Lupusheilstätte im Wilhelminenspital, NS-Verfolgter

Text: Dr. Walter Mentzel

Richard Volk wurde am 14. Oktober 1876 als Sohn von Alois Volk (1847-1927) und Rosa, geborene Spitzer (1854-1932), in Lundenburg in Mähren (heute: Břeclav/Tschechien) geboren. 1908 heiratete er die Medizinerin Else Friedland (1880-1953), die zwischen 1903 und 1907 als erste Universitätsangestellte und als erste weibliche Demonstratorin bei Heinrich Obersteiner jun. am Neurologischen Institut arbeitete.[1] Richard und Else Volk hatten gemeinsam die Kinder Georg Heinrich (geb. 1910-) und Eva Franziska (geb. 1912-)

Nachdem Richard Volk das Gymnasium in Znaim absolviert hatte, begann er 1894 an der Universität Wien mit dem Studium der Medizin, das er am 30. Juni 1900 mit seiner Promotion abschloss. Danach setzte er seine weitere Ausbildung als Aspirant und Operationszögling an der I. Medizinischen Klinik von Hermann Nothnagel (1841-1905) und an der II. Frauenklinik von Friedrich Schauta (1849-1919) u.a. fort. Nach einem darauffolgenden halben Jahr Aufenthalt an den dermatologischen Instituten in Bern und Paris wurde er im Mai 1901 zum Assistenzarzt in der Reserve des Garnisonsspitals Nr. 2 in Wien beim Infanterieregiment Ernst August von Cumberland, Herzog von Braunschweig und Lüneburg Nr. 42 ernannt.[2] Im selben Jahr trat er in den Dienst des staatlichen Sero-therapeutischen Instituts in Wien unter dem Vorstand Richard Paltauf (1858-1924) und publizierte hier gemeinsam mit Philipp Eisenberg die „Untersuchung über die Agglutination“,[3] 1902 „Ueber eine Kaninchenseuche“ und gemeinsam mit Henri de Waele (1876-1967) aus Gent „Ueber Hemmungserscheinungen bei frischen Immunseris[4] sowie 1903 „Zur Frage der Plazentarsyphilis[5] und „Ueber Bakteriohämolysin“.

1903 trat er als Mitglied der Gesellschaft der Ärzte in Wien bei,[6] und wechselte im selben Jahr als Assistent an die II. Abteilung für Haut- und Geschlechtskrankheiten von Professor Eduard Lang (1841-1916) ins Allgemeine Krankenhaus Wien, wo er 1904 den Aufsatz „Darf man während der Gravidität am äusseren Genitale oprieren?“ und 1905 „Die therapeutische Verwendbarkeit des Jothions“ publizierte.[7]

Am 1.1.1908 übernahm er, als Nachfolger von Lang, die Leitung der II. Abteilung für Haut- und Geschlechtskrankheiten im AKH bis 1.1.1909. 1912 habilitierte er sich an der Universität Wien zum Privatdozenten für Dermatologie und Syphilidologie.[8] Seinen „Probevortrag“ gehalten zur Erlangung der Venia legendi im Mai 1912 veröffentlichte er im September 1912 unter dem Titel „Die Vakzinetherapie bei Haut- und Geschlechtskrankheiten in der Wiener medizinischen Wochenschrift in zwei Teilen (Teil 1, Teil 2).[9]

In dieser Zeit engagierte sich Volk als Referent vor allem zum Thema der Geschlechtskrankheiten im Wiener Volksbildungsverein, sowie in sozialdemokratischen Ortsorganisationen.[10] Neben seiner Funktion im AKH Wien führte er eine private Ordination und arbeitete für den Verband der Genossenschafts-Krankenkasse Wiens der Allgemeinen Arbeiter-Krankenkasse- und Unterstützungskasse in Wien. In den späten 1920er Jahren hielt er Vorträge in der Reihe „Stunde der Volksgesundheit“ im Radio Wien, in den 1930er Jahren trat er als Referent bei den Veranstaltungen der „Arbeitsgemeinschaft für gesundheitliche Volksbildung“ auf.[11]

Sammlungen der Medizinischen Universität Wien – Josephinum

Nachdem er im Oktober 1914 vom Oberarzt im Offizierskorps in der Reserve zum Regimentsarzt ernannt wurde,[12] diente er während des Ersten Weltkrieges im Garnisonsspital des Festungskommandos in Przemyśl als Primarius der dermatologischen Abteilung und erhielt im Dezember 1914 das Goldene Verdienstkreuz mit der Krone am Bande der Tapferkeitsmedaille.[13] Hier publizierte er 1915 mit Georg Stiefler (1876-1939) „Über Störung der Harnentleerung infolge Erkältung“.[14] Nach dem Fall der Festung Przemysl im März 1915 geriet Volk in russische Kriegsgefangenschaft,[15] aus der er erst 1917 freigelassen wurde. 1918 erhielt er das Ritterkreuz des Franz-Josephs-Ordens mit der Kriegsdekoration und den Schwertern.[16] Nach seiner Rückkehr aus der Kriegsgefangenschaft wurde er zunächst als Nachfolger des 1916 verstorbenen Eduard Lang zum Leiter der „Heilstätte für Lupuskranke“ ernannt, 1918 erfolgte seine Berufung zum Vorstand der Anstalt und seine Ernennung zum Primararzt 2. Klasse im Stande der Abteilungsvorstände in den Wiener Krankenanstalten.[17] 1919 wirkte er gemeinsam mit Paul Gerber, Ernst Löwenstein (1878-1950) und Moriz Weiß an der Gründung der Wiener Gesellschaft für Tuberkuloseforschung mit.[18] 1921 erhielt er den Titel außerordentlicher Professor verliehen.[19]

Zu seinen Hauptwerken zählt noch das 1927 erschienene und von ihm gemeinsam mit Walter Hausmann herausgegebene „Handbuch der Lichttherapie“, sowie die 1907mit Rudolf Kraus publizierte „Studien über Immunität gegen Veriolavaccine. Experimentelle Begründung einer subkutanen Schutzimpfung mittels verdünnter Vaccine“ und die 1906 erschienene Arbeit „Weitere Studien über Immunität bei Syphilis und bei der Vakzination gegen Variola“.

Volk war Mitglied der Wiener dermatologischen Gesellschaft, 1923 wurde er zum korrespondierenden Mitglied der Dänischen dermatologischen Gesellschaft gewählt.[20]

Seine letzte Arbeit in Österreich erschien am 12. Februar 1938 in der Wiener medizinischen Wochenschrift unter dem Titel „Das Rubrophen in der Behandlung der extrapulmonalen Tuberkulose“.[21]

Richard Volk und seine Ehefrau Elsa waren wegen ihrer jüdischen Herkunft nach dem „Anschluss“ im März 1938 der Verfolgung durch die Nationalsozialisten ausgesetzt. Richard Volk verlor seine Lehrberechtigung und wurde am 22. April 1938 seines Amtes enthoben. Er arbeitete kurzzeitig als „Krankenbehandler“ im Rothschild-Spital, bis ihm und seiner Familie 1939 die Flucht nach Mexiko gelang, wo er gemeinsam mit seiner Ehefrau Else eine Arztpraxis betrieb. Richard Volk verstarb am 14. September 1943 in Mexiko City.

An Richard Volk erinnert eine am 9. September 1953 errichtete Büste an seinem langjährigen Arbeitsort beim Lupuspavillon im Wilhelminenspital in Wien 16.

 

Quellen:

UAW, Med. Fakultät, Nationalien/Studienkataloge, Sign. 134-0548, Volk Richard, (Nationalien Datum: 1898/99).

UAW, Med. Fakultät, Nationalien/Studienkataloge, Sign. 134-0500, Volk Richard, (Nationalien Datum: 1894/95).

UAW, Rektorat, Med. Fakultät, Rigorosen- und Promotionsprotokolle, Sign. 195-431b, Volk Richard (Rigorosum Datum: 13.6.1900).

UAW, Rektorat, Med. Fakultät, Rigorosen- und Promotionsprotokolle, Sign. 189-0546, Volk Richard (Promotion Datum: 30.6.1900).

UAW, Rektoratsarchive, Akademischer Senat, Akten-Sonderreihe, S 304 Personalblätter, Senat S 304.1324 Volk, Richard (14.10.1876-14.09.1943).

Matriken der IKG Wien, Trauungsbuch 1908, Volk Richard Dr., Friedland Else Dr.

ÖStA, AdR, E-uReang, VVSt, VA, Zl. 35.149, Volk Richard.

Gedenkbuch für die Opfer des Nationalsozialismus an der Universität Wien: Richard Volk.

Literatur:

Handbuch der Lichttherapie. Hrsg. von Walter Hausmann und Richard Volk. Wien: Springer 1927.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 503]

Kraus, Rudolf und Richard Volk: Weitere Studien über Immunität bei Syphilis und bei der Vakzination gegen Variola. [Photokopie] Sonderdruck aus: Wiener klinische Wochenschrift. Wien: 1906.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 42764]

Keywords:

Volk Richard, Dermatologe, Lupusheilstätte, Wilhelminenspital, NS-Verfolgter, Mexiko,  Arzt, Medizingeschichte, Wien

[1] Blatt der Hausfrau, H. 25, 1904-1905, S. 658.

[2] Wiener Zeitung, 30.5.1901, S. 1.

[3] Wiener klinische Wochenschrift, Nr. 50, 1901, S. 1221-1222.

[4] Wiener klinische Wochenschrift, Nr. 49, 1902, S. 1305-1306.

[5] Wiener klinische Wochenschrift, Nr. 28, 1903, S. 822-827.

[6] Wiener klinische Wochenschrift, Nr. 15, 1903, S. 459.

[7] Die Heilkunde. Monatsschrift für praktische Medizin, H. 7, 1905, S. 289-295.

[8] Wiener klinische Rundschau, Nr. 31, 1912, S. 494.

[9] Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 39, 1912, Sp. 2541-2546; Nr. 40, 1912, Sp. 2617-2621.

[10] Arbeiter Zeitung, 21.1.1910, S. 10.

[11] Neues Wiener Tagblatt, 25.2.1937, S. 3.

[12] Die Zeit, 25.10.1914, S. 4.

[13] Wiener Zeitung, 10.12.1914, S. 16.

[14] Wiener klinische Rundschau, Nr. 45/46, 1915, S. 263.

[15] Neues Wiener Tagblatt (Tages-Ausgabe), 4.5.1915, S. 14.

[16] Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 24, 1918, Sp. 1117.

[17] Wiener Zeitung, 3.3.1918, S. 5.

[18] Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 43, 1919, Sp. 2126.

[19] Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 34, 1921, Sp. 1512.

[20] Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 52, 1923, Sp. 2353.

[21] Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 7, 1938, S. 173-176.

Normdaten (Person) Volk, Richard: BBL: 40469; GND: 1055427651;

Bio-bibliografisches Lexikon (BBL)/Liste aller Beiträge der VS-Blog-Serie: Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien

Bitte zitieren als VAN SWIETEN BLOG der Universitätsbibliothek der Medizinischen Universität Wien, BBL: 40469 (06.02.2023); Letzte Aktualisierung: 2023 0207
Online unter der URL: https://ub.meduniwien.ac.at/blog/?p=40469

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