Digitale Separata-Bibliothek online

Seit 7.3. ist im institutionellen Repositorium der MedUni Wien (MedUni Wien ePub) die historische Separatasammlung abrufbar.

Diese einzigartige Sammlung medizinhistorischer unselbstständig erschienener Spezialliteratur beinhaltet etwa 51.000 Separata (Artikel) aus medizinischen Fachzeitschriften und Sammelwerken, die zwischen 1860 und 1935 publiziert wurden.

Dank der zahlreichen Hilfe und Unterstützung über verschiedene Abteilungen hinweg, gelang es in einem mehr als 2jährigen Projekt mit mehr als 1300 Digitalisaten online zu gehen. Dafür wurden die einzelnen Separata österreichischer Autor:innen zuerst identifiziert, danach katalogisiert und schlussendlich digitalisiert und die Digitalisate in das Repositorium eingepflegt. Daneben wurden und werden die einzelnen Autor:innen auch biographisch erschlossen und die entsprechenden GND-Einträge entweder neu erstellt oder die vorhandenen ergänzt.

Das Projekt ist damit aber noch nicht abgeschlossen, sondern es werden auch weiterhin neue Separata den beschriebenen Workflow durchlaufen und somit die Sammlung stetig erweitern.

Der Einstieg zu der Sammlung findet sich unter https://repositorium.meduniwien.ac.at/obvumwhs/wiki/hist-select als letzter Eintrag der alphabetischen Auflistung.

20 Jahre MedUni Wien – Jubiläumsveranstaltungen & Tag der Medizinischen Universität Wien

Zum Internationalen Frauentag: Molnar, Klara – Ärztin, Pathologin am Institut für Allgemeine und Experimentelle Pathologie der Universität Wien, NS-Verfolgte

Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien [274]:

Zum Internationalen Frauentag am 8. März: Molnar, Klara – Ärztin, Pathologin am Institut für Allgemeine und Experimentelle Pathologie der Universität Wien, NS-Verfolgte

Autor: Walter Mentzel

Published online: 07.03.2024

Keywords: Bakteriologin, Institut für Allgemeine und Experimentelle Pathologie der Universität Wien, NS-Verfolgte, Medizingeschichte, Wien

Klara Molnar wurde als Tochter des Lehrers an einer Handelsschule Bela Molnar (1880-1928) und der Lehrerin Gizella (geb. 1881, ermordet 1944 KZ Auschwitz), geborene Jakobi, am 18. Oktober 1907 in Großwardein in Ungarn (heute Oradea: Rumänien) geboren. Ihr Bruder war der spätere Architekt und Karikaturist Gheorghe Molnar (1910-1989).

Molnar lebte seit 1925 in Österreich und studierte ab dem Wintersemester 1925/26 an der Universität Wien Medizin. Während des Studiums heiratete sie und publizierte unter den Namen Klara Köck-Molnar. Nach ihrer Scheidung nahm sie wieder den Namen Molnar an.

1928 erschien ihre erste Arbeit, die sie gemeinsam mit Joseph Obstmayer (1907-1992) an der II. Medizinischen Abteilung der Allgemeinen Poliklinik „Über die Verwendung von Intestinol bei Darmerkrankungen“ verfasste.[1]

Nachdem sie ihr Studium am 23. Dezember 1930 mit ihrer Promotion abgeschlossen hatte, arbeitete sie am Institut für Allgemeine und Experimentelle Pathologie an der Universität Wien als Assistentin von Professor Fritz Silberstein (1888-1975). Hier veröffentlichte sie mit ihrem Kollegen Paul Engel (1907-1997) 1932 „Das Auftreten und Verschwinden einer östrogenen Substanz der Bakterienkulturen“ in den IV. Mitteilungen der Klinischen Wochenschrift, und 1933 gemeinsam mit Silberstein und Engel zwei weitere Studien „Über das Auftreten eines Brunststoffes in Blut und Geweben unter Pathologischen Verhältnissen: VII. Mitteilung: Über Zerstörung von Menformon im Blut und in Organen“ und „Über das Auftreten eines Brunststoffes in Blut und Geweben unter pathologischen Verhältnissen: VI. Mitteilung: Vergleich der im Blut und Organen nachweisbaren Brunststoffmengen“.

1934 publizierte sie mit dem am Institut tätigen Assistenten Friedrich Rappaport (1901-1959) im Journal of biolological chemistry[2], die Arbeit „An Improvement in the Van Slyke method for blood gas analysis“ und im selben Jahr gemeinsam mit H. Hoff und H. Urban in der Wiener klinischen Wochenschrift „Das Vorkommen von Inkreten im Subokzipitalliquor“.[3]

Seit Juli 1933 führte sie eine private Arztpraxis in Wien 19, Döblinger Hauptstraße 18[4] und ab November 1933 in Wien 9, Strudelhofgasse 14.[5]

Als engagierte Kommunistin war sie als ungarische Staatsangehörige nach dem Februar 1934 mit der Ausweisung aus Österreich bedroht, und arbeitete seit 1936 ausschließlich als praktische Ärztin in Wien.

Molnar wurde nach dem „Anschluss“ im März 1938 wegen ihrer jüdischen Herkunft von den Nationalsozialisten verfolgt und verlor ihre Berechtigung zur Ausübung ihres Berufes. Seit Juli 1938 arbeitete als freiwillige Mitarbeiterin der IKG, bezog kein Einkommen und lebte vom Verkauf ihres Mobiliars. Am 8. März 1939 gab sie bei der Fürsorgestelle der Auswanderungsabteilung der IKG Wien in ihrer Erklärung als Fluchtziel England an. Sie war bis 1938 in Wien 9, Liechtensteinstraße 118/9, und nach dem März 1938 in Wien 19, Heiligenstädterstraße 5/5 wohnhaft. Ende März 1939 gelang ihr die Flucht nach England.

1944 heiratete Molnar in Birmingham/Warwickshire den ebenfalls kurz vor Kriegsausbruch nach England geflüchteten Wiener Arzt Alfred Fischer (28.2.1894 Kanitz/Mähren-1965 Wien), der vor seiner Flucht im Juni 1938 zunächst im KZ Dachau und danach in Buchenwald inhaftiert war.

In England gab sie 1945 in dem von der Exil-Organisation „Young-Austria“ betriebenen Verlag „Jugend Voran“ in der Reihe „Jugendführerschule des jungen Österreich“ den Band „Hygiene“ heraus.[6] 1945 kehrte sie mit ihrem Ehemann nach Wien zurück. Während Alfred Fischer im Gesundheitsamt der Stadt Wien als Leiter der Tuberkulose-Abteilung, wo er schon vor 1934 tätig war,[7] seine Karriere fortsetzte, arbeitete Klara Fischer als Ärztin in ihrer Arztpraxis in Wien 23, Ernst Häckel-Gasse 1.[8]

Im November 1950 bekam sie ihre Tochter Antonia, verheiratete Wenisch (1950-2012), die später als Kunstmalerin vor allem aber als Kernenergieexpertin bekannt wurde. Klara Fischer war wie ihr Ehemann Alfred Fischer nach dem Krieg Mitglied des Verbandes österreichischer KZler und sonst politisch Verfolgter in Wien und Funktionärin in der KPÖ.[9]

Klara Fischer verstarb im November 1957 in Wien.

Quellen:

UAW, Med. Fakultät, Nationalien/Studienkataloge, Sign. 134-1025, Molnar Clara (Nationalien Datum: 1925/26).

UAW, Rektorat, Med. Fakultät, Rigorosen- und Promotionsprotokolle, Sign. 197-0476, Molnar, vereh. Köck Klara (Rigorosum Datum: 12.12.1930).

UAW, Rektorat, Med. Fakultät, Rigorosen- und Promotionsprotokolle, Sign. 194-0438, Molnar/Köck Klara (Promotion Datum: 23.12.1930).

Auswanderungskartei der IKG Wien, Köck Klara, Molnar Klara.

England and Wales Marriage Registration Index, 1837-2005, Klara Molnar, 1944-1944.

Friedhofsdatenbank Wien, Fischer Klara.

Literatur:

Silberstein, Fritz, Engel, Paul und Klara Molnar: Über das Auftreten eines Brunststoffes in Blut und Geweben unter Pathologischen Verhältnissen. VII. Mitteilung: Über Zerstörung von Menformon im Blut und in Organen. Aus dem Institut für Allgemeine und Experimentelle Pathologie der Universität und dem S. Canning-Childs-Spital und Forschungsinstitut in Wien. Sonderdruck aus: Klinische Wochenschrift. Berlin: Verlag von Julius Springer, München: J.F. Bergmann 1933.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Silberstein, Fritz, Engel, Paul und Klara Molnar: Über das Auftreten eines Brunststoffes in Blut und Geweben unter pathologischen Verhältnissen. VI. Mitteilung: Vergleich der im Blut und Organen nachweisbaren Brunststoffmengen. Aus dem Insitut für Allgemeine und Experimentelle Pathologie der Universität und dem S. Cannings-Childs-Spital und Forschungsinstitut in Wien. Sonderdruck aus: Klinische Wochenschrift. Berlin: Verlag von Julius Springer, München: J.F. Bergmann 1933.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Referenzen:

[1] Medizinische Klinik, Nr. 50, 1928, S. 1886-

[2] Journal of biolological chemistry, 1934, S. 29-31

[3] Wiener klinische Wochenschrift Nr. 19, 1934, S. 584.

[4] Medizinische Klinik, Nr. 27, 1933, S. 4.

[5] Medizinische Klinik, Nr. 47, 1933, S. 2.

[6] Österreichische Zeitung (= Organ der Freien Österreichischen Bewegung, herausgegeben von der Landesgruppe Schweden in Stockholm), 25.9.1945, S. 6.

[7] Der neue Mahnruf, H. 3, 1965, S. 6.

[8] Der neue Mahnruf, H. 10, 1950, S. 15.

[9] Der neue Mahnruf, H. 10, 1950, S. 15.

Normdaten (Person): Molnar, Klara : BBL: 43225; GND: 1322661197;

VAN SWIETEN BLOG der Universitätsbibliothek der Medizinischen Universität Wien
BBL: 43225  (07.03.2024)
URL: https://ub.meduniwien.ac.at/blog/?p=43225

Letzte Aktualisierung: 2024 03 08

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#SHOWCASE UB: Zum Internationalen Frauentag am 8. März: Publikationen von Mona Spiegel-Adolf, Klara Weingarten und Melitta Sperling

Die Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin der Ub MedUni Wien ist mit über einer halben Million Bände die größte medizinhistorische Bibliothek Österreichs. Neben rezenter Literatur zur Geschichte der Medizin gibt es acht historisch sehr wertvolle Bibliotheken mit Beständen aus 6 Jahrhunderten (15.-20. Jhdt.).

Wir präsentieren im Lesesaal der Universitätsbibliothek zu den Öffnungszeiten im #SHOWCASE UB folgende Publikationen herausragender Medizinerinnen:

Die Globuline : mit 68 Abbildungen und 300 Tabellen

Mona Spiegel-Adolf (Anna Spiegel), 1893-1983 [VerfasserIn]

1930

Physikalisch-chemische Untersuchungen bestrahlter Proteine : <1.> Mitteilung: Die Veränderungen des Seralbumins bei Ultraviolettbestrahlung und ihre Beziehungen zur Hitzegerinnung

Mona Spiegel-Adolf (Anna Spiegel), 1893-1983 [VerfasserIn]
1927


Neuburger Bibliothek
Nominalkatalog Medizinhistorische Literatur 1850-1989


Normdaten
(Person): Spiegel-Adolf, Mona: BBL: 31332; GND: 127944494;

>Short Bio im VS-Blog

 

 

Die myoklonischen Syndrome : mit 29 Abbildungen

Weingarten, Klara, 1909-1973 [VerfasserIn]

1957

Gesellschaft der Ärzte Bibliothek
Zettelkatalog der Gesellschaft der Ärzte Bibliothek


Normdaten
(Person): Weingarten, Klara: BBL: 31434; GND: 1231078308;

>Short Bio im VS-Blog

 

 

Sperling, Melitta: Analyse eines Knaben mit transvestitischen Tendenzen. Ein Beitrag zur Genese und Dynamik des Transvestitismus. In: Psyche. (21/7) 1967. S. [520]-541.

[Universitätsbibliothek, AKH/Magazin, Periodika]

Sperling, Melitta: VI. Psychotherapeutische Aspekte des kindlichen Bronchialasthmas. In: Handbuch der Kinderpsychotherapie. Hg.: Gerd Biermann. Band 2. München: Reinhardt 1969. S. 886-896.

[Universitätsbibliothek, AKH/Magazin, Sign.: 1999-03485]

Sperling, Melitta: VIII. Psychotherapeutische Aspekte der Coltis ulcerosa bei Kindern. In: Handbuch der Kinderpsychotherapie. Hg.: Gerd Biermann. Band 2. München: Reinhardt 1969. S. 912-921.

[Universitätsbibliothek, AKH/Magazin, Sign.: 1999-03485]


Normdaten
(Person): Sperling, Melitta: BBL: 42065; GND: 142843482;

>Short Bio im VS-Blog

UpToDate: Online-Schulung, 14. März 2024, 17.00-17.30

Wie kann man schnell aktuelles Medizinwissen finden,
um klinische Fragen zu beantworten?

In dieser 30-minütigen Sitzung stellt Frau Nessie Cumur die praktische Anwendung von UpToDate und UpToDate Anywhere vor:

  • Kurzvorstellung der Kernfunktionen & der erneuerten Benutzeroberfläche
  • Vorteile eines personalisierten Benutzerkontos

Eine Anmeldung ist nicht nötig. Link zur Teilnahme im PDF:

Webinar UpToDate als evidenzbasierter Wegweiser am 14. März um 17.00 Uhr

Benutzer:innenbefragung 2024 der Universitätsbibliothek für MedUni Wien Studierende & Bedienstete

Die Universitätsbibliothek führt eine Befragung durch, deren Ziel es ist, die Zufriedenheit der Benutzer:innen mit der Bibliothek und ihren Leistungen und Angeboten zu erheben. Die elektronische Umfrage „Benutzer:innenbefragung der Universitätsbibliothek der MedUni Wien 2024 für MedUni Wien Angehörige“ ist bis 14.04.24 freigeschaltet.

Die Beantwortung der Fragen nimmt ca. 5 Minuten in Anspruch und ist anonym.

Es gibt jeweils eine benutzer:innenspezifische Umfrage für Studierende und eine für Bedienstete.

Bitte wählen Sie den für Sie zutreffenden Link:


MedUni Wien Studierende erreichen die anonyme Umfrage direkt unter folgender URL:
https://campus.meduniwien.ac.at/med.campus/wbEvaluierungen.showEvaluierungen?pFilter=US

MedUni Wien Bedienstete erreichen die anonyme Umfrage direkt unter folgender URL:
https://campus.meduniwien.ac.at/med.campus/wbEvaluierungen.showEvaluierungen?pFilter=UB

Sie können den jeweiligen Link auch auf Ihrer Startseite in MedCampus über die Applikation „Evaluierungen“ erreichen.

Wir würden uns freuen, wenn Sie uns mit Ihrem Feedback dabei helfen, unsere Leistungen kontinuierlich zu verbessern!

Ihr Bibliotheksteam
bibliothek@meduniwien.ac.at

 

Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien [273]: Jolles, Adolf – Chemiker und Inhaber des Chemisch-mikroskopischen Laboratoriums für hygienische, medizin-chemische und technisch-chemische Untersuchungen, NS-Verfolgter

Jolles, Adolf – Chemiker und Inhaber des Chemisch-mikroskopischen Laboratoriums für hygienische, medizin-chemische und technisch-chemische Untersuchungen, NS-Verfolgter

Autor: Walter Mentzel

Published online: 04.03.2024

Keywords: Chemiker, Firmeninhaber, Medizingeschichte, Wien, NS-Verfolgter

Adolf (Adolph) Jolles wurde am 9. November 1862 als Sohn von Fabian (Feibisch) Jolles und Pauline, geboren Fichtenholz (etwa 1840-1898), in Warschau („Kongresspolen“) geboren. Im Juli 1892 heiratete er in Wien die Tochter des Textilkaufmannes David Geiringer, Rosa Geiringer (1868-1942), mit der er die beiden Töchter, die Konzertpianistin Gertrud (1895-1996) und Paula Jolles (1901-2008) hatte.

Nachdem Jolles an der Universität Breslau 1887 sein Chemiestudium mit seiner Promotion zum Dr. phil. absolviert hatte, arbeitete er als Assistent am amtlichen Laboratorium des städtischen Gesundheitsamtes der Stadt Breslau. Hier erwarb er sich als technischer Beamter umfassende Kenntnisse auf dem Gebiet der physiologischen und Nahrungsmittel-Chemie. 1889 kam er nach Wien, wo er am Hygiene-Institut der Universität Wien arbeitete, und veröffentlichte im selben Jahr den Artikel „Die Hygiene in der Jubiläums-Gewerbe-Ausstellung in Wien“,[1] und „Die physiologische Seite der Alkoholfrage“.[2] 1922/23 inskribierte er an der Universität Wien Medizin.

Chemisch-mikroskopisches Laboratorium für hygienische, medizin-chemische und technisch-chemische Untersuchungen

Im Sommer 1889 gründete er gemeinsam mit seinem Bruder, dem Mediziner Maximilian Jolles in Wien 9, Türkenstraße 9, das Chemisch-mikroskopische Laboratorium für hygienische, medizin-chemische und technisch-chemische Untersuchungen.[3] Eine der ersten am Laboratorium vorgenommenen Untersuchungen publizierte er 1890 unter dem Titel „Ueber den chemischen Nachweis der Glycosurie“,[4]  und weiters „Über eine neue quantitative Methode zur Bestimmung der freien Salzsäure des Magensaftes“,[5] und „Ueber die „Jodzahl“ der Harne und ihre Bedeutung für die Semiotik derselben“,[6] sowie ein am Laboratorium erstelltes „Gutachten über ein behufs chemischer und bacteriologischer Untersuchungen […] in Arad eingesandten, dem Badehausbrunnen zu Arad entnommenen Wasser“.[7] Nach dem Tode seines Bruders (1914) führte er das Laboratorium bis 1938 weiter. In diesem Laboratorium erfolgten neben Untersuchungen auf dem Gebiet der medizinischen Chemie und Mikroskopie, Untersuchungen im Bereich der Hygiene und im speziellen der Genuss- und Lebensmitteln, sowie von Gebrauchsgegenständen, aber auch synthetische und technologische Arbeiten für das Gewerbe, die Industrie und Landwirtschaft. Weiters besaß Jolles gemeinsam mit seinem Bruder Maximilian in Wien 10, eine Firma zur Erzeugung chemischer Präparate.

1890 erhielten Adolf und Max Jolles auf der Bielitzer Gewerbeausstellung für ihre hygienische und technologischen Erfindungen eine Goldmedaille zuerkannt.[8] 1893 beriet Adolf Jolles die montenegrinische Regierung über die Einrichtung einer hygienischen Trinkwasserversorgung in deren Hauptstadt Cetijne.

Foto: Adolf Jolles, Die Stunde, 27.4.1935, S. 3.

Publizist

Seit der Gründung im Jahr 1887 war Jolles Redakteur der in Wien von Hans Heger (1855-1940) herausgegebenen Wochenschrift „Pharmaceutische Post“ sowie der „Zeitschrift für Nahrungsmittel-Untersuchung und Hygiene und Warenkunde. Eine Monatsschrift für chemische und mikroskopische Untersuchung von Nahrungs- und Genussmitteln, Gebrauchsgegenständen und für Hygiene“ (ab 1898: Österreichische Chemiker-Zeitung). Jolles veröffentlichte zahlreiche weitere Aufsätze und Gutachten in medizinisch-chemischen und technischen Zeitungen und Zeitschriften, darunter in der Zeitschrift des österreichischen Ingenieur-Vereines, den Monatsheften für Chemie, der Medizinischen Klinik, der Wiener medizinischen Wochenschrift und der Wiener klinischen Wochenschrift, oder der Allgemeinen Wiener medizinischen Zeitung. In der Separata-Bibliothek an der Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin sind von Adolf Jolles insgesamt 76 Sonderdrucke erhalten. Weiters veröffentlichte er in der siebenbändigen Reihe „Die wissenschaftlichen Grundlagen der Ernährung“ 1926 „Die wissenschaftlichen Grundlagen der Ernährung. 1: Die Nahrungs- und Genußmittel und ihre Beurteilung“ und 1932 „Die wissenschaftlichen Grundlagen der Ernährung. 2: Die Vitamine : nebst einer Einleitung über chemische Dynamik biologischer Vorgänge“.

1900 erhielten Adolf und Max Jolles vom k.k. Ministerium des Inneren die Autorisierung zur Vornahme von chemischen und bakteriologischen Untersuchungen von Nahrungs- und Genussmittel.[9] Wie sein Bruder Maximilian war er k.k. landesgerichtlich beeideter Sachverständiger und Schätzmeister für Lebensmittelchemie. 1904 nahm er an der Naturforscherversammlung in Breslau teil,[10] 1906 am Kongress der Gesundheitspolizei in Genf,[11] 1912 am Naturforscher- und Ärztetag in Münster.[12]

Universitäre Laufbahn

1896 erfolgte die Ernennung Jolles zum Dozenten für Chemie und Mikroskopie der Nahrungs- und Genussmittel am Technologischen Gewerbemuseum, 1909 erhielt er den Titel Professor (vom Ministerium für öffentliche Arbeiten)[13] und 1918 wurde er zum Dozenten für chemische und mikroskopische Übungen in der markttechnischen Beurteilung der wichtigsten Lebensmittel und Gebrauchsgegenstände an der k.k. Exportakademie (spätere Hochschule für Welthandel) ernannt. 1931 bekam er die Lehrbefugnis für Technologie unter besonderer Berücksichtigung der markttechnischen Untersuchung und Beurteilung der wichtigsten Nahrungs- und Genussmittel zuerteilt.

Volksbildner

Seit spätestens 1889 war er als Vortragender im Allgemeinen Niederösterreichischen Volksbildungsverein aktiv, wo er zu Nahrungs- und Genussmittel[14], oder zur Bestimmung der Luftqualität[15] referierte.

Während des Ersten Weltkrieges bekam er 1915 das Ehrenzeichen für die Verdienste um das Rote Kreuz verliehen, sowie 1935 den Titel eines a.o. Professors an der Hochschule für Welthandel durch den Bundespräsidenten der Republik Österreich.[16] Jolles war Mitglied des Österreichischen Ingenieur- und Architektenvereines, der Chemisch-physikalischen Gesellschaft in Wien und des Verein Österreichischer Chemiker.

Verfolgung und Ermordung

Adolf Jolles und seine Ehefrau Rosa waren jüdischer Herkunft und nach dem „Anschluss“ im März 1938 der Verfolgung durch die Nationalsozialisten ausgesetzt. Nach dem ‚Anschluss‘ im März 1938 wurde ihm die Lehrbefugnis entzogen und am 13. August 1942 erfolgte die Deportation von Adolf und Rosa Jolles aus ihrer Wohnung in Wien 9, Peregringasse 1/13 in das Ghetto Theresienstadt. Rosa wurde am 7. September 1942 und Adolf Jolles am 13. November 1942 ermordet. Ihr „gesamtes bewegliches und unbewegliches Vermögen“ wurde ihnen gemäß § 1 der Verordnung über die Einziehung volks- und staatsfeindlicher Vermögens im Lande Österreich (vom 18.11.1938, RGBl. 1, S. 1620) zugunsten des Deutschen Reiches entzogen. Seinen Töchtern gelang mit ihren Familien die Flucht aus Österreich, sie lebten danach in den USA.

Quellen:

Matriken der IKG Wien, Trauungsbuch, 1892, Jolles Adolf, Geiringer Rosa.

WStLA, 2.3.3.B74.38.465, Handelsregister, E 38/465, Erzeugung chemischer Präparate Dr. A. Jolles.

OeStA. AdR, HBbBuT, BMfHuV, Allg. Reihe, Sekt IV 1919, Zl. 25.550, Jolles Adolf Doz. Dr., chemischen und mikroskopischen Übungen an der Exportakademie, Anempfehlung, 1919.

OeStA, AdR, E-uReang, VVSt, VA, Zl. 46.836, Jolles Adolf.

Arolsen-Archiv, Inhaftierungsdokumente, 1.2 Verschiedenes, 1.2.1 Deportationen und Transporte, 1.2.1.1 Deportationen, Deportationen aus dem Gestapobereich Wien (1939-1945), Jolles Adolf.

Arolsen-Archiv, Inhaftierungsdokumente, 1.1 Lager und Ghettos, 1.1.42 Ghetto Theresienstadt, 1.1.42.2 Kartei Theresienstadt, Ghetto Theresienstadt-Kartei, Jolles Adolf.

Ghetto Theresienstadt, Todesfallanzeige, Jolles Adolf, Rosa.

Gedenkbuch für die Opfer des Nationalsozialismus an der Hochschule für Welthandel 1938-1945, Jolles Adolf a.o. Prof.

Literatur:

Jolles, Adolf: Die wissenschaftlichen Grundlagen der Ernährung. 1.: Die Nahrungs- und Genußmittel und ihre Beurteilung. Leipzig, Wien: Deuticke 1926.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Gesellschaft der Ärzte Bibliothek, Sign.: GÄ-21372]

Jolles, Adolf: Die wissenschaftlichen Grundlagen der Ernährung. 2.: Die Vitamine, nebst einer Einleitung über chemische Dynamik biologischer Vorgänge. Leipzig, Wien: Deuticke 1932.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Gesellschaft der Ärzte Bibliothek, Sign.: GÄ-21372]

Referenzen:

[1] Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 38, 1889, S. Sp. 1291-1294; Nr. 39, 1889, Sp. 1325-1327.

[2] Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 6, 1889, Sp. 229-230.

[3] Wiener Allgemeine Zeitung, 10.7.1889, S. 5.

[4] Internationale klinische Rundschau, Nr. 31, 1890, Sp. 1275-1278; Nr. 32, 1890, Sp. 1323-1325.

[5] Monatshefte für Chemie, Wien 1890, S. 472-481.

[6] Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 16, 1890, Sp. 649-653.

[7] Zeitschrift für Nahrungsmittel-Untersuchung und Hygiene, H. 1, 1890, S. 1-11.

[8] Allgemeine Wiener medizinische Zeitung, 26.8.1890, S. 407.

[9] Zeitschrift des österreichischen Ingenieur-Vereines, Nr. 16, 1900, S. 267.

[10] Neue Freie Presse, 21.9.1904, S. 6.

[11] Neues Wiener Tagblatt (Tages-Ausgabe), 18.8.1906, S. 9.

[12] Die Zeit, 17.9.1912, S. 6.

[13] Die Zeit, 25.8.1909, S. 5.

[14] Wiener Allgemeine Zeitung, 6.1.1889, S. 3.

[15] Arbeiter Zeitung, 17.1.1890, S. 8.

[16] Die Stunde, 27.4.1935, S. 3.

Normdaten (Person): Jolles, Adolf : BBL: 43223; GND: 11716738X;

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