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Buchausstellung der besten Wissenschaftsbücher des Jahres 2023!

In der Buchausstellung im Lesesaal werden die Wissenschaftsbücher 2023 der Longlist (Medizin/Biologie) präsentiert.

Sie können in den Wissenschaftsbüchern  „Medizin/Biologie“ schmökern , diese vormerken und nach der Buchausstellung (bis 21.01.2023) entlehnen.

https://www.wissenschaftsbuch.at/

 
 

Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien [199]: Hammerschlag, Ernst Rudolf – Internist am S. Canning-Childs-Spital in Wien und Psychiater in New York – NS-Verfolgter

Hammerschlag, Ernst Rudolf – Internist am S. Canning-Childs-Spital in Wien und Psychiater in New York – NS-Verfolgter

Text: Dr. Walter Mentzel

Ernst Rudolf Hammerschlag wurde am 13. Februar 1894 als Sohn des Mediziners Albert Hammerschlag und Leontine Hammerschlag in Wien geboren. Nach der Absolvierung der Matura am Josefstädter Oberrealgymnasium in Wien im Jahr 1912,[1] begann er mit dem Studium der Medizin, das er mit Ausbruch des Ersten Weltkriegs unterbrechen musste. Im Frühjahr 1915 geriet er in Przemysl in russischen Kriegsgefangenschaft,[2] aus der er sich durch Flucht aus einem sibirischen Kriegsgefangenenlager entziehen konnte. Nach dem Krieg setzte er das Studium der Medizin an der Universität Wien fort und schloss es im Februar 1923 mit seiner Promotion ab. Danach arbeitete an der I. medizinischen Abteilung des Kaiser-Franz-Joseph-Spitals unter dem Vorstand Professor Josef Wiesel (1876-1928), wo er seine Facharztausbildung zum Internisten absolvierte, und eine Reihe wissenschaftlicher Arbeiten publizierte. Darunter den 1925 erschienenen Aufsatz „Ein Fall von wahrem Aneurysma des Ductus arteriosus Botalli“ und die 1926 im Wiener Archiv für innere Medizin veröffentlichte Arbeit „Über die konstitutionelle Disposition zum akuten Gelenkrheumatismus“. Daneben führte er in Wien bis 1938 eine private Arztpraxis.

Ab 1929 war er als Assistent an der I. medizinischen Abteilung des von der „Samuel Canning Childs Stiftung zur Erforschung und Behandlung innerer Krankheiten und des Krebses“ gegründeten und vom Direktor Adolf Edelmann (1885-1939) geführten S. Canning-Childs-Spital tätig.

Hammerschlag war Mitglied der Gesellschaft der Ärzte in Wien, seit 1931 Mitglied der Gesellschaft für innere Medizin, und gehörte der in Wien ansässigen Arbeitsgemeinschaft für gesundheitliche Volksbildung an, in deren Veranstaltungsreihen er in den 1930er Jahren regelmäßig Vorträge hielt.[3] 1936 trat er der Freimaurerloge B’nai Brith bei. Ernst Hammerschlag war Hausarzt von Sigmund Freund, mit dem schon sein Vater Albert und sein Großvater Samuel Hammerschlag eng befreundet waren. Im Jänner 1938 wurde noch sein Redebeitrag in der Sitzung der Gesellschaft für innere Medizin vom 27. Jänner 1938 im Bericht der Gesellschaft publiziert.[4]

New York, Southern District, U.S District Court Naturalization Records, 1824-1946.

Ernst Hammerschlag, der wegen seiner jüdischen Herkunft von den Nationalsozialisten verfolgt wurde, gelang am 27. Juni 1938 über Le Havre mit der SS Normandie die Flucht in die USA. Hier begann er an der New York School of Psychiatry mit dem Studium der Psychiatrie und arbeitete danach am Mount Sinai und Lenox Hill Hospital, sowie als außerordentlicher Professor an der New York School of Psychiatry. Er gehörte in New York bald zu den bekanntesten und prominentesten Psychiatern und Psychotherapeuten und publizierte daneben u.a. 1949 mit dem 1936 aus Österreich in die USA emigrierten Mediziner David Adlersberg (1897-1960) die Arbeit „Mechanism of the Postgastrectomy Syndrome“. In New York heiratete er die von den Nationalsozialisten aus Deutschland geflüchtete Margo Liebes, die lange Jahre Vorstandsmitglied der in New York ansässigen National Association of Women Artists war.

Hammerschlag verstarb am 29. Oktober 1973 in New York. Heute wird ein von der Familie Hammerschlag ins Leben gerufener Preis, der „Margo Harris Hammerschlag Biennial Award“, von der „The National Association of Women Artists“ (NAWA) vergeben.

Quellen:

Matriken der IKG Wien, Geburtsbuch 1893, Hammerschlag Ernst.

UAW, Med. Fakultät, Nationalien/Studienkataloge, 134-0768, Hammerschlag Ernst (Nationalien Datum: 1918/19).

UAW, Rektorat, Med. Fakultät, Rigorosen- und Promotionsprotokolle, 196-0255, Hammerschlag Ernst (Rigorosum Datum: 16.2.1923).

UAW, Rektorat, Med. Fakultät, Rigorosen- und Promotionsprotokolle, 192-1447, Hammerschlag Ernst (Promotion Datum: 20.2.1923).

New York Times, 1.11.1973, S. 46.

Matriken der IKH Wien, Geburts-Anzeige, Hammerschlag Ernst.

New York, New York Passenger and Crew Lists, 1909, 1925-1957, (NARA microfilm publication T715 – Washington, D.C.: National Archives and Records Administration, n.d.).

New York, Southern District, U.S District Court Naturalization Records, 1824-1946, Petitions for naturalization and petition evidence 1943 box 842, no. 458682-458850 (NARA microfilm publication M1972, Southern District of New York Petitions for Naturalization, 1897-1944. Records of District Courts of the United States, 1685 – 2009, RG 21. National Archives at New York).

United States Social Security Death Index, Ernst Hammerschlag, Oct. 1973 (U.S. Social Security Administration, Death Master File).

Literatur:

Hammerschlag, Ernst: Ein Fall von wahrem Aneurysma des Ductus arteriosus Botalli. Sonderdruck aus: Virchow´s Archiv für Pathologische Anatomie und Physiologie und für Klinische Medizin. Berlin: Verlag von Julius Springer 1925.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Keywords:

Ernst Hammerschlag, Innere Medizin, S. Canning-Childs-Spital, Psychiatrie, Sigmund Freud, NS-Verfolgung, Arzt, Medizingeschichte, Wien

[1] Jahresbericht über das k.k. Staatsgymnasium im VVVI. Bezirk Wiens. Josefstädter Obergymnasium, Schulnachricht, Schuljahr 1812/13, S. 19.

[2] Neue Freie Presse, 5.6.1915, S. 19.

[3] Neues Wiener Tagblatt (Tages-Ausgabe), 6.5.1936, S. 27.

[4] Wiener Archiv für innere Medizin. Mitteilungen der Gesellschaft für innere Medizin, Hauptteil Teil 1, Anhang, 1938, S. 15.

 Normdaten (Person) Hammerschlag, Ernst: BBL: 40189; GND: 1275316964

Bio-bibliografisches Lexikon (BBL)/Liste aller Beiträge der VS-Blog-Serie: Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien

Bitte zitieren als VAN SWIETEN BLOG der Universitätsbibliothek der Medizinischen Universität Wien, BBL: 40189 (05.12.2022); Letzte Aktualisierung: 2022 12 05
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Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien [198]: Albert Hammerschlag – Internist

Albert Hammerschlag – Internist

Text: Dr. Walter Mentzel

Albert Hammerschlag wurde am 4. Oktober 1863 als Sohn des aus Reichenberg (heute: Ceska Lipa, Liberec/Tschechien) stammenden langjährigen Bibliothekars der Israelitischen Kultusgemeinde Wien, Samuel Hammerschlag (1826-1904), und der gebürtigen Berlinerin Betti Josephson (1827-1916) in Wien geboren. Seit 1893 war er mit der Philanthropin Leontine Bardach (1866-1934), der Tochter des Lemberger Dentisten Max Bardach (1830-1903), verheiratet, die sich in der „Vereinigung berufstätiger Frauen“ engagierte und während und nach dem Ersten Weltkrieg ein Kindertagesheim, ein Internat und ein Ferienheim gründete.[1] Gemeinsam hatten sie sechs Kinder, darunter den Mediziner Ernst Hammerschlag (1894-1973), die Psychologin und Kunstpädagogin Gertrud Nanette Hammerschlag (1899-1930), und den Direktor der Österreichischen Creditanstalt Paul Hammerschlag (1860-1933), der mit der Tochter des Internisten, Physiologen und Mitbegründers der Psychoanalyse Josef Breuer (1842-1925), Bertha Breuer (1870-1962), verehelicht war.

Hammerschlag studierte, nachdem er 1881 am Leopoldstädter Realgymnasium in Wien die Matura absolviert hatte, an der Universität Wien Medizin und schloss das Studium im Juli 1887 mit seiner Promotion ab. Im selben Jahr wurde er zum militärärztlichen Eleven erster Klasse der Reserve im Garnisonsspital Nr. 1 beim Infanterieregiment Hoch- und Deutschmeister Nr. 4 ernannt.[2]

Nachdem er mehrere Jahre als Demonstrator an der Lehrkanzel für medizinische Chemie bei Ernst Ludwig (1842-1915) und daneben noch bei den Pathologen Professor Curt Weigert, sowie 1888 am Laboratorium des Chemikers Rencki in Bern[3] und dem Internisten Ludwig Lichtheim (1845-1928) gearbeitet hatte, trat er spätestens 1891 in die medizinische Klinik von Hermann Nothnagel (1841-1905) ein, wo er neben Heinrich Lorenz (1859-1945) zu dessen Assistenten berufen wurde. Daneben war er unentgeltlich am Ersten öffentlichen Kinderkranken-Institut tätig.

1893 habilitierte er sich im Fach innere Medizin (Habilitationsschrift: Über Hydrämie), worauf seine Ernennung zum Privatdozenten für innere Medizin an der Universität Wien durch den Minister für Cultus und Unterricht erfolgte.[4] Während des Ersten Weltkrieges fungierte er als Leiter der internen Abteilung des Reservespitals Nr. 6 vom Roten Kreuz in Wien.[5]

Hammerschlag, der Mitglied der Gesellschaft für innere Medizin in Wien sowie seit 1892 der Gesellschaft der Ärzte in Wien war, gehörte seit 1898 als ständiger Mitarbeiter der Wiener klinischen Rundschau an.[6]

Publikationen:

Hammerschlag arbeitete u.a. zur Chemie des Tuberkelbazillus und zu Methoden zur Blutuntersuchung. 1890 berichtete er in der Sitzung der Gesellschaft der Ärzte in Wien „Ueber eine neue Methode zur Bestimmung des specifischen Gewichtes des Blutes“,[7] 1892 publizierte er den an der 66. Versammlung deutscher Naturforscher und Ärzte in Wien gehaltenen Vortrag „Ueber eine neue Methode zur quantitativen Pepsinbestimmung“.[8] An der medizinischen Klinik von Hermann Nothnagel veröffentlichte er 1891 die Arbeiten „Bakteriologische-chemische Untersuchungen über Tuberkelbacillen“ und „Ueber das Verhalten des specifischen Gewichtes des Blutes in Krankheiten“. Ebenfalls erschienen von ihm die Aufsätze „Eine neue Methode zur Bestimmung des specifischen Gewichts des Blutes“ und „Ueber Hydrämie“. 1895 veröffentlichte er den Aufsatz „Zur Kenntnis des Magencarcinoms“. Diese Arbeiten befinden sich in der Separata-Bibliothek an der Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin, ebenso die von ihm im Jahr 1896 erschienene Arbeit „Untersuchungen über das Magencarcinom“, 1893 publizierte er in der Deutschen medizinischen Wochenschrift „Ein Beitrag zur Serumtherapie“ und 1901 in der Wiener klinischen Rundschau „Pylorusstenose nach Vergiftung mit Salzsäure“.[9]

Hammerschlag war Teil des zivilgesellschaftlichen Netzwerkes der Wiener Moderne um 1900. Er engagierte sich in der Volksbildung, wo er u.a. 1890 im Wiener Volksbildungsverein Vorträge zur Verbreitung von Infektionskrankheiten hielt,[10] weiters unterstützte er als Mitglied den 1888 gegründeten Vereine für erweiterte Frauenbildung in Wien,[11] so wie die Lese- und Redehalle jüdischer Hochschüler und die Jüdisch-akademische Vereinigung „Unitas“. 1906 trat er der Freimaurerloge B’nai Brith bei. Seit 1904 war er, wie seine Ehefrau Leontine Mitglied der Photographischen Gesellschaft in Wien.[12] Hammerschlag gehörte auch zum Freundeskreis von Sigmund Freud, den Hammerschlags Vater, Samuel Hammerschlag, früh gefördert hatte und mit ihm eine väterliche Freundschaft verband. Weiters engagierte sich Albert Hammerschlag in dem von Arthur Gundacker (1850-1902) und Bertha von Suttner (1843-1914) 1891 gegründeten Verein zur Abwehr des Antisemitismus,[13] in dem sein Vorgesetzter Hermann Nothnagel schon bei der Vereinsgründung eine federführende Rolle einnahm und die Anliegen des Vereins prominent in der Öffentlichkeit vertrat, was 1891 und 1892[14] zu antisemitischen Krawallen an der Universität Wien führte.

1903 war er neben dem Gynäkologen Karl August Herzfeld (1861-1926) und dem Pathologen Samuel Siegfried Karl Basch (1837-1905) einer der Unterzeichner des Aufrufes zur Gründung einer deutsch-freisinnigen Partei im 9. Wiener Gemeindebezirk Alsergrund,[15] und ab Dezember 1918 stellte er sich als Mitglied der in Wien sich gerade konstituierenden Bürgerlich-demokratischen Partei zur Verfügung.[16] Neben seiner Dozentur arbeitete er in seiner privaten Arztpraxis in Wien.

Hammerschlag verstarb am 7. Juli 1935 in Wien.[17]

Quellen:

Matriken der IKG Wien, Geburtsbuch 1863, Hammerschlag Albert.

Matriken der IKG Wien, Trauungsbuch 1893, Hammerschlag Albert, Bardach Leontine.

UAW, Rektorat, Akten-Sonderreihe des Akademischen Senats, Personalblätter, Senat S 304.429 Hammerschlag, Albert (4.10.1863-7.7.1935; Innere Medizin).

UAW, Med. Fakultät, Nationalien/Studienkataloge, 134-067, Hammerschlag Albert (Nationalien Datum: 1882/83).

UAW, Med. Fakultät, Nationalien/Studienkataloge, 134-0258, Hammerschlag Albert (Nationalien Datum: 1886/87).

UAW, Rektorat, Med. Fakultät, Rigorosen- und Promotionsprotokolle, 177-139b, Hammerschlag Albert (Rigorosum Datum: 1884).

UAW, Rektorat, Med. Fakultät, Rigorosen- und Promotionsprotokolle, 186-2055, Hammerschlag Albert (Promotion Datum: 14.7.1887).

Friedhofsdatenbank der IKG Wien, Hammerschlag Albert.

Literatur:

Hammerschlag, Albert: Bakteriologisch-chemische Untersuchung über Tuberkelbacillen. Aus der 1. med. Klinik des Herrn Hofrath Nothnagel in Wien. Sonderdruck aus: Centralblatt für klinische Medicin. Leipzig 1891.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Hammerschlag, Albert: Über das Verhalten des specifischen Gewichtes des Bluts in Krankheiten. Aus der I. medicinischen Klinik des Herrn Hofrathes Nothnagel in Wien. Sonderduck aus: Centralblatt für klinische Medicin. Leipig: 1891.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Hammerschlag, Albert: Eine neue Methode zur Bestimmung des specifischen Gewichts des Blutes. Aus der medicinischen Klinik des Herrn Hofrath Prof. Nothnagel in Wien. Sonderdruck aus: Zeitschrift für klinische Medizin. Berlin: 1892.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Hammerschlag, Albert. Ueber Hydrämie. Aus der I. med. Klinik des Herrn Hofrath Prof. Nthnagel in Wien. Sonderduck aus: Zeitschrift für klinische Medizin. Berlin: 1892.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Hammerschlag, Albert: Zur Kenntnis des Magencarcinoms. Aus der I. medic. Klinik des Herrn Hofrathes Prof. Nothnagel. Sonderdruck aus: Wiener klinische Rundschau. Wien: Verlag von Alfred Hölder, k.k. Hof u. Universitäts-Buchhändler 1895.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Keywords:

Albert Hammerschlag, Internist, Hermann Nothnagel, Sigmund Freud. Medizingeschichte, Wien, Arzt

[1] Die Österreicherin, Nr. 7, S. 3.

[2] Neue Freie Presse, 30.11.1887, S. 4. Wiener Zeitung, 1.12.1887, S. 3.

[3] Wiener Zeitung, 25.12.1888, S. 14.

[4] Internationale klinische Rundschau, Nr. 41, 1893, Sp. 1566

[5] Neues Wiener Tagblatt (Tages-Ausgabe), 3.11.1914, S. 2.

[6] Wiener klinische Rundschau, Nr. 4, 1898, S. 1.

[7] Allgemeine Wiener medizinische Zeitung, 30.12.1890, S. 622-623.

[8] Internationale klinische Rundschau, 30.9.1894, Sp. 1393-1399.

[9] Wiener klinischen Rundschau, Nr. 41, 1901, S. 737-739.

[10] Arbeiter Zeitung, 12.12.1890, S. 10.

[11] Jahresbericht des Vereines für erweiterte Frauenbildung in Wien, 1909, S. 26.

[12] Photographische Correspondenz, Nr. 522, 1904, S. 129.

[13] Neue Freie Presse, 2.6.1896, S. 6.

[14] Die Presse, 19.5.1892, S. 3.

[15] Die Neuzeit, 16.1.1903, S. 3.

[16] Neue Freie Presse, 8.12.1918, S. 5.

[17] Nachruf Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 31, 1935, S. 863-864.

 Normdaten (Person) Hammerschlag, Albert: BBL: 40184; GND: 1011573784

Bio-bibliografisches Lexikon (BBL)/Liste aller Beiträge der VS-Blog-Serie: Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien

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Neuerwerbungen im Dezember 2022

Der Bestand der Bibliothek wird durch zahlreiche interessante
Neuerwerbungen laufend erweitert. Stöbern Sie in unserer virtuellen Buchausstellung, lesen Sie die eBooks. Ein Großteil der neu erworbenen Literatur wird in der Buchausstellung im Lesesaal präsentiert. Diese Bücher können Sie vormerken und nach der Ausstellung ausleihen.

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Datenbank des Monats – DynaMed

Datenbank des Monats – DynaMed

https://www.dynamed.com/

Die Plattform DynaMed ist ein evidenzbasiertes, klinisches Referenztool, das von Ärzt:innen direkt für den Einsatz am Behandlungsort entwickelt wurde. DynaMed unterstützt Ärzt:innen dabei, die bestmöglichen Entscheidungen für Ihre Patient:innen zu treffen. Die Datenbank enthält mehr als 4.500 klinische Themen inklusive zahlreicher Unterthemen für den Einsatz am Behandlungsort. Das DynaMed Team sichtet über 500 renommierte Fachzeitschriften sowie Publikationen von 100 Fachgesellschaften in einem strikt evidenzbasierten redaktionellen Prozess.

>>Video-Tutorial
>>Anleitung zur Recherche

Inhaltlich bietet DynaMed:

  • Spezifische evidenzbasierte Informationen zu Erkrankungen mit mehr als 1.500 Abschnitten speziell zu Auswertung, Diagnose und Behandlung sowie zu Vorbeugung, Früherkennung, Prognosen, Epidemiologie und Ätiologie aus über 25 medizinischen Disziplinen
  • Übersichten und Empfehlungen zu Krankheiten mit besonderem Fokus auf Evaluation und Krankheitsmanagement mithilfe von über 1.100 GRADE-Klassifikationen
  • Mehr als 1.900 Arzneimittelinformationen inklusive Inhalten zu Wechselwirkungen und IV Kompatibilität
  • Mehr als 600 Laborinformationen
  • Inhalte mit Fokus auf Symptom- und Differentialdiagnosen mit Informationen zu diagnostischen und interventionellen Prozeduren
  • Mehr als 100.000 prägnante Zusammenfassungen von Evidenzen
  • Über 20.000 Leitlinien zur klinischen Praxis, sortiert nach Thema und Region
  • Wöchentlich werden ca. 50 neue Zusammenfassungen von Evidenzen hinzugefügt
  • Über 650 verschiedene Kalkulatoren, die die wichtigsten medizinischen Gleichungen hinsichtlich der Dosierung abdecken sowie Decision Trees, Umrechnung von Dosierungen etc.
  • Optimierter Zugriff auf zusätzliche Informationen wie etwa ICD Codes, Patienteninformationen
  • Zugriff auf die Originalquellen für den Campus der MedUni Wien lizenziert und freigeschaltet.

https://www.dynamed.com/

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Gastautor Prof. Dr. Peter Heilig: ipRGC und Myopie

ipRGC und Myopie

Heilig P: ipRGC und Myopie. Concept Ophthalmologie
9/2022 X16
   Intrinsisch-photosensitive-Melanopsin-Retinale-Ganglienzellen (ipRGC), physiologisch und morphologisch heterogen, haben erstaunlich viel Einfluss auf: Pupille, Biorhythmus,  Vigilanz, Stimmungslage, Lernen, Körpertemperatur, Migräne, Kontrast-, Farbensehen und ‚Myopiegenese‘. Ihre Projektionen erreichen etwa fünfzig kortikale Regionen.

Die  ipRGCs sind über ON-Pathway-Systeme mit dopaminergen Amacrinen verschaltet und steuern das Bulbus-Längenwachstum. Vermehrtes retinales Dopamin verringert Myopie-Inzidenzraten, reduzierte retinale Dopaminspiegel erhöhen hingegen die Anfälligkeit für (auch experimentelle) Myopien. Dabei wurden in Abhängigkeit von Bulbus-Achsenlängen signifikant veränderte b-Wellen-Amplituden und ‚Implicit-times‘ des Elektroretinogramms (ERG) registriert. Das ERG widerspiegelt ‚On-Pathway – Aktivitäten‘; es kann solche funktionellen Störungen früh dokumentieren. Erhöhte Affinität von Dopamin-Rezeptoren wirkt sich ungünstig auf Bulbus-Achsenlängen und als Störfaktor auf die Chronobiologie aus: „positive association between morning melatonin concentration and the magnitude of myopia, with myopes demonstrating up to three times greater melatonin concentration than non-myopes“ (Chakraborty et al. 2022). In den ipRGCs, den retinalen Schlüssel- und Schaltzellen, laufen die Fäden zusammen,.

Unphysiologisches‘ Kunstlicht beeinflusst ipRGCs als ‚Chronodisruptive Factor‘ und in Folge die Master Clocks der SuprachiasmatischenNuclei (SCN). Deren ‚Zeitgeber‘ senden ihre Impulse weiter an die ‚Molecular Clocks‘ in nahezu allen Geweben und Zellen des Körpers. Experimentelle Schädigung der SCNs results in behavioural and molecular circadian arrhythmicity“ (Kimberley et al 2020). Es wäre aufschlussreich zu erfahren, wie sich dies im Detail auf molekularbiologischer Basis manifestiert, als – potential association between retinal circadian clocks and myopia“ (Chakraborty et al. 2022). Die Myopie-Progression lässt sich möglicherweise verhindern – störungsfreie ipRGCs und intakte dopaminerge Systeme vorausgesetzt. Kurzwelliges Licht rückte als möglicher Faktor zu sehr in den Vordergrund, jedoch: „It is likely that a broad range of ambient light exposure during development, including both dim and bright light, is necessary for healthy ocular growth“ (Landis et al. 2021).

Unphysiologische Kunstlichtbelastungen der Netzhaut erfolgen durch Displays, Monitore, (Smartphone, TV, PC, Tablets etc.) und fehlentwickelte Lichtquellen der KFZ-, E-Scooter-, Rad-Scheinwerfer, Daytime Running Lights (DRL), Sportplatz- und Pistenbeleuchtungen etc. (Liste unvollständig). Spektren, Intensitäten und Wirkdauer vieler Kunstlichtquellen bedürfen der Revision, im Sinne der Augengesundheit, des Kontrast-Sehens, der Straßen-Verkehrsicherheit, der Chronobiologie und nicht zuletzt der Myopie-Prophylaxe. Das zunehmende ‚Myopie-Dilemma‘ ist auch mit ‚Chronodisruptionen‘ verknüpft, mit Hyposomnien, Agnypien und Dysphorien*. Smartphone-Licht bis in die Nacht, PC, TV, Tablets etc. im Dauereinsatz, Lichtbombardements im Straßenverkehr, blendende Tagfahrlichter belasten Rezeptoren, ipRGCs, Interneurone, Mitochondrien, Mikroglia:‚Müller glia-derived PRss56‘ (https://ub-blog.meduniwien.ac.at/blog/?p=30977) und Interaktionen mit retinalem Pigmentepithel/Bruchscher Membran.

Die humane Lens Cristallina färbt sich allmählich gelb, eine nahezu ‚teleologische‘ Reaktion in Zeiten aus dem Ruder gelaufener Kunstlicht-Managements. Die evolutionär entstandene retinale Anpassung an Tageslicht- und ‚Incandescent‘-Spektren fordert logischerweise industrielle Anpassung, nicht umgekehrt. Das ‚physiologische blaue Zentralskotom‘, ein besonders überzeugendes Beispiel stellt unreflektiert grell-blaulastige Licht-Inszenierungen in Frage. Blaue Schrift (vor dunklem Hintergrund) führt sich ad absurdum (https://ub-blog.meduniwien.ac.at/blog/?p=31486). Gelbe Intraokularlinsen können überdosiert kurzwellige Licht-Einflüsse und Blendungen mitigieren. Das ‚Blau‘ wird mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit niemals fehlen in unseren Kunstlicht-Spektren und -Szenarios. Dafür garantiert die Beratungsresistenz von Entscheidungsträgern. (QED).

Epilog: Kunstlicht-Installationen ohne Blue-Peak-‚ haben Vorrang, jetzt und in Zukunft. Gelbe Straßenbeleuchtungen und gelbliche KFZ-Scheinwerfer waren kein Irrweg – zum Unterschied von ‚Licht am Tag‘ (DRL). (http://www.lightmare.org/Expert_opinion.htm).

Lit.:

Chakraborty R et al (2022) Melanopsin modulates refractive development and myopia. Exp Eye Res 214:108866.

Liu AL et al (2022) The role of ipRGCs in ocular growth and myopia development. Sci Adv. 2022 Jun 10;8(23):eabm9027.

Aranda ML et al (2021) Diversity of intrinsically photosensitive retinal ganglion cells: circuits and functions. Cell Mol Life Sci. 78(3):889-907.

Schilling T et al (2022) Increase in b-wave amplitude after light stimulation of the blind spot is positively correlated with the axial length of myopic individuals. Sci Rep.21;12(1):4785.

 Kinder L  et al (2022) Intrinsisch photosensitive retinale Ganglienzellen. Ophthalmologe  119(4): 358–366.

Landis EG et al (2021) Ambient Light Regulates Retinal Dopamine Signaling and Myopia Susceptibility Invest Ophthalmol Vis Sci.  62(1): 28.Schilling1,

Prigge CL et al (2016) M1 ipRGCs Influence Visual Function through Retrograde Signaling in the Retina. J Neurosci. 6;36(27):7184-97.

Begemann K et al (2020) Regulation and function of extra-SCN circadian oscillators in the brain. Acta Physiologica 229:e13446.

Núñez-Álvarez C et al  (2019) Blue light negatively affects the survival of ARPE19 cells through an action on their mitochondria and blunted by red light. Acta Ophthalmol. 97(1):e103-e115

Koli S et al (2021) Identification of MFRP and the secreted serine proteases PRSS56 and ADAMTS19 as part of a molecular network involved in ocular growth regulation. PLoS Genet. 17(3):e1009458.

Suizid: zweithäufigste Todesursache bei Jugendlichen“. Einer der mitschuldigen Faktoren ‚falsches Licht zur falschen Zeit‘ läßt sich einfacher korrigieren als manch andere potentiell sowohl Gesundheit als auch Psyche gefährdenden Noxen.   https://www.gesundheit.gv.at/aktuelles/welttag-der-psychischen-gesundheit.

incandescent: glühend-leuchtend (wie Fackeln, Kerzen, Glühbirnen etc.)

isotropes – in alle Richtungen strahlendes Licht

beyond Gender, Interessenkonflikt: nein.

Englische Version: IPRGC and Myopia (en. vers. PDF)

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Katharina und Peter Heilig
VIDEO ON DEMAND: KUNSTLICHT IN UNSEREN AUGEN:

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Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien [197]: Alfred Jungmann – Dermatologe und Mitarbeiter von Eduard Lang an der Heilstätte für Lupuskranke in Wien

Alfred Jungmann – Dermatologe und Mitarbeiter von Eduard Lang an der Heilstätte für Lupuskranke in Wien

Text: Dr. Walter Mentzel

Alfred Jungmann wurde am 5. April 1872 als Sohn von Moritz Jungmann (1841-1900) und Manuela Melanie Trebitsch (1849-1918) in Wien geboren. Er war seit 1909 mit Valerie Jeiteles (*5.8.1882) verheiratet, mit der er gemeinsam die Tochter Elisabeth Rosalie (*21.9.1910 Wien) hatte.

Jungmann inskribierte 1890 an der Universität Wien Medizin und schloss das Studium im Juni 1896 mit seiner Promotion ab. Im selben Jahr eröffnete er in Wien 2, Rembrandtstraße 3, seine private Arztpraxis.[1] Seit spätestens 1900 arbeitete als Sekundararzt an der II. Syphilisabteilung im Allgemeinen Krankenhaus in Wien bei Professor Eduard Lang und danach als dessen Mitarbeiter und Adjunkt an der 1904 zunächst provisorisch errichteten Heilstätte für Lupuskranke. 1911 erfolgte seine Ernennung zum Primararzt zweiter Klasse am Allgemeinen Krankenhaus in Wien.[2]

Exlibris Alfred und Valerie Jungmann

Alfred Jungmann verstarb, nachdem er im Juli 1914 als Militärarzt zum Kriegsdienst eingezogen worden war, am 15.8.1914 während seiner Rückreise nach Wien in Fünfkirchen (Pecs), an einer Fleischvergiftung. Kurz nach seinem Tod kam es zur Errichtung des Dr. Alfred Jungmann-Fonds.[3]

Die Ehefrau von Alfred Jungmann, Valerie, war nach dem „Anschluss“ im März 1938 wegen ihrer jüdischen Herkunft der Verfolgung durch die Nationalsozialisten ausgesetzt und lebte bis zu ihrer Deportation in einer Sammelwohnung in Wien 3, Ungargasse 15/5. Sie wurde am 28.11.1941 von Wien nach Minsk deportiert und 1944 ermordet. Die Tochter Elisabeth Rosalie Jungmann gelang die Flucht vor den Nationalsozialisten nach England. Sie verstarb im Juli 1991 in Leeds in Yorkshire.

Von Alfred Jungmann befinden sich in der Büchersammlung „Heilstätte für Lupuskranke“ Bücher mit dem Exlibris von Alfred und Valeria Jungmann. Zahlreiche seiner Publikationen, u.a. die von ihm verfassten Berichte zur Lupusheilstätte, finden sich in der Separata-Bibliothek und der Neuburger-Bibliothek an der Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin.

Quellen:

IKG Wien, Geburtenbuch 1910, Jungmann Elisabeth Rosalie.

IKG Wien, Trauungsbuch 1909, Jungmann Alfred, Jeitels Valerie.

UAW, Med. Fakultät, Dekanat, Nationalien/Studienkataloge, Sign. 134, 386-1890/91, Jungmann Alfred.

UAW, Med. Fakultät, Dekanat, Nationalien/Studienkataloge, Sign. 134, 466-1894/95, Jungmann Alfred.

UAW, Rektorat, Med. Fakultät, Rigorosen- und Promotionsprotokolle, Sign. 177, 173b Jungmann Alfred (Rigorosen Datum: 1894).

UAW, Rektorat, Med. Fakultät, Rigorosen- und Promotionsprotokolle, Sign. 188, 567, Jungmann Alfred (Promotion Datum: 20.6.1896).

ÖStA, AdR, E-uReang, Hilfsfonds, Abgeltungsfonds, Zl. 5.092 und Zl. 5.093, Jungmann Valerie: Antragstellerin Jungmann Elisabeth Rosalia.

ÖStA, AdR, E-uReang, FLD, Zl. 17.897, Jungmann Elisabeth.

ÖStA, AdR, E-uReang, VVSt, VA, 18.774, Jungmann Valerie.

ÖStA, AdR, E-uReang, VVSt, VA, 19.409, Jungmann Elisabeth Rosalia.

WStLA, VEAV, MA 119.A41, Zl. 172, Zl. 408, Zl. 409, Zl. 458, Bezirk: 10, Jungmann Elisabeth.

Literatur:

Foges, Arthur und Alfred Jungmann: Lichtbehandlung aus rektalem und vaginalem Wege. Sonderabdruck aus: Wiener klinische Wochenschrift. Nr. 47. Jg. 1909. Wien, Leipzig: Braumüller 1909.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 13.911]

Jungmann, Alfred: Die Wiener Heilstätte für Lupuskranke. Für Freunde und Gegner. Wien, Leipzig: Safar 1911.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 4.021]

Jungmann, Alfred: Ärztlicher Bericht aus der Heilstätte für Lupuskranke. Braumüller: Wien, Leipzig: Braumüller 1911.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 2.372]

Jungmann, Alfred: Die Bekämpfung der Hauttuberkulose. Sonderabdruck aus: Die Schule als Verbündete im im Kampfe gegen den Lupus. Wien: 1914.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 13.447]

Keywords:

Jungmann, Alfred, Dermatologe, Lupus, Lupusheilstätte Wien, Medizingeschichte, Arzt, Wien

[1] Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 43. 1896, Sp. 1879.

[2] Neues Wiener Tagblatt (Tages Ausgabe), 15.2.1911, S. 4; Wiener klinische Rundschau, Nr. 8, 1911, S. 129.

[3] Neue Freie Presse. 31.10.1918. S. 10.

Normdaten (Person) Jungmann, Alfred: BBL: 40075; GND: 105537082X

Bio-bibliografisches Lexikon (BBL)/Liste aller Beiträge der VS-Blog-Serie: Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien

Bitte zitieren als VAN SWIETEN BLOG der Universitätsbibliothek der Medizinischen Universität Wien, BBL: 40075 (21.11.2022); Letzte Aktualisierung: 2022 11 21
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Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien [196]: Lang, Eduard – Dermatologe und Gründer der Lupusheilstätte in Wien

Lang, Eduard – Dermatologe und Gründer der Lupusheilstätte in Wien

Text: Walter Mentzel

Eduard Lang wurde am 1. Mai 1841 in Klacsau/Trencsin in Ungarn (heute Klucove/Slowakei), als Sohn des jüdischen Bauern Adam Lang, geboren. Er war mit Ernestine Lang (1848-1926) verheiratet.

Nach dem Besuch des Gymnasiums in Pest und dem Studium der Medizin an der Universität Wien, das er 1865 in Wien mit seiner Promotion abschloss, arbeitete er zunächst als Praktikant im Krankenhaus Rudolfstiftung und danach als Fabriksarzt in der Spinnerei und Weberei im Marienthal in Niederösterreich. Hier entstand 1867 sein Artikel „Ein fremder Körper (Bohne) in den Luftwegen“.[1] 1866 nahm er im Auftrag der niederösterreichischen Statthalterei an der Bekämpfung der Choleraepidemie teil, und 1868 erfolgte seine Aufnahme in das medizinische Wiener Doktoren-Kollegium.[2] Zwischen 1868 und 1870 ließ er sich als Operationszögling bei Theodor Billroth (1829-1894) zum Chirurgen ausbilden und habilitierte sich 1871 in den Fächern Chirurgie und Syphilidologie an der Universität Innsbruck zum Privatdozenten. Hier arbeitete er zunächst als Assistenzarzt von Karl Wilhelm Heine (1838-1877) an der chirurgischen Klinik. 1873 erfolgte seine Ernennung zum a.o. Professor und Vorstand der neugeschaffenen Klinik für Syphilis und Dermatologie in Innsbruck.[3] Im selben Jahr erschien von ihm der Artikel „Fragment aus der Gypsverbandpraxis“.[4] An der Klinik ordinierte Lang einmal täglich eine Stunde unentgeltlich samt kostenfreier Verabreichung von Medikamenten an sozial benachteiligte Personen.[5] In dieser Zeit verfasste er die ersten Arbeiten zu Lupuserkrankungen, wie 1879 den Aufsatz „Carcinom auf Lupus“.[6] 1883 wurde er zum außerordentlichen Professor ernannt, 1886 erhielt er den Titel und Charakter eines Ordinarius.[7]

In Innsbruck gehörte Lang der Verfassungspartei an und wurde von ihr als Kandidat für den zweiten Wahlkörper der Landeshauptstadt Innsbruck nominiert und im April 1880 in den Gemeinderat gewählt.[8] Weiters war er in Innsbruck Mitglied der Polizei-Sektion und der Spitalsneubau-Kommission.[9]

1887 kehrte er nach seiner Bestellung zum Primarius an der II. Syphilisabteilung am Allgemeinen Krankenhaus als Nachfolger von Heinrich Auspitz (1835-1886) nach Wien zurück und stand dieser bis zur Zurücklegung seines Primariats im Jahr 1907 als Direktor vor. In diesen Jahren setzte er seine Forschungen auf dem Gebiet der Lupuserkrankungen fort und entwickelte spezielle Methoden der operativ-plastischen Behandlung (operative Entfernung beschädigter Gewebe und Ersatz durch Hauttransplantation), die er seit spätestens 1892/93 erfolgreich anwendete und die ihn rasch zu einem international anerkannten Spezialisten auf diesem Gebiet machten.

1890 habilitierte er sich nach einem Beschluss des Wiener medizinischen Doktoren-Kollegiums zum Dozenten für Dermatologie und Syphilis.[10] 1908 erhielt er auf dem internationalen Tuberkulosekongress in Washington eine goldene Medaille für die erfolgreiche Bekämpfung der Schwindsucht und der Lupuserkrankungen überreicht.[11]

Österreichische Illustrierte Zeitung, 25.11.1906; S. 189.

Ab 1900 initiierte er gemeinsam mit seinem engen und langjährigen Mitarbeiter Alfred Jungmann eine öffentliche Kampagne zur Errichtung einer eigenen Institution zur Heilung und Erforschung des Lupus,[12] die schließlich 1902 seiner Anregung folgend zur Errichtung eines Organisationskomitees führte, das eine Stiftung zur Verwaltung der künftig zu erwartenden privaten Spendenmittel vorbereiten und Pläne zur Errichtung einer neuen Behandlungsstätte ausarbeiten sollte. Daraus ging im Jänner 1904 die Stiftung „Heilstätte für Lupuskranke“ und im März 1904 der Verein „Lupusheilstätte“ hervor, mit denen eine ambulante Heilanstalt für Lupuskranke provisorisch errichtet wurde. Nachdem der Verein und die Stiftung 1908 einen Neubau der Heilstätte samt eines daran angeschlossenen Heimes für Lupuskranke beschlossen hatte, kam es im Frühjahr 1914 zur Fertigstellung der modern ausgestatteten Heilanstalt für Lupuskranke auf dem Baugrund des Wilhelminenspitals.

1913 verfasste Lang einen ausführlichen Bericht in der Wiener Zeitung zur Entwicklung der Lupusheilstätte in Wien unter dem Titel „Der Lupus und die Mitwirkenden an der Organisation zu seiner Bekämpfung“.[13]

Eduard Lang verstarb am 10.6.1916 in Reichenau an der Rax in Niederösterreich.

Eduard Lang. Aus: Wiener Bilder, 16.7.1916, S. 7.

Neues Wiener Tagblatt, 11.7.1916, S. 18.

Noch im Todesjahr von Eduard Lang kam es zur Bildung des Eduard-Lang Fonds[14], um die Weiterfinanzierung der Lupusheilstätte zu sichern. Im September 1918 wurde in Wien Ottakring die an der Heilstätte angrenzende und nach Niels Ryberg Finsen benannte Straße in Eduard Lang Gasse unbenannt und im Dezember 1938 erfolgte die bis heute gültige Umbenennung in Steinlegasse.

Exlibris Eduard Lang

Exlibris Eduard Lang

Neben seinen Arbeiten, die sich in der Sammlung „Bibliothek der ehemaligen „Heilstätte für Lupuskranke in Wien“ an der Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin befindet, finden sind noch weitere 30 seiner Arbeiten in der Separata-Bibliothek sowie im Bestand der Neuburger-Bibliothek.

Lang, Eduard: Vorlesung über Pathologie und Therapie der Syphilis. Wiesbaden: Bergmann 1884-1886.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 5.178]

Lang, Eduard: Das venerische Geschwür. Vorlesung über dessen Pathologie und Therapie. Wiesbaden: Bergmann 1887.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 2.013/2]

Lang, Eduard: Prophylaxe und Therapie der Syphilis. In zwölf Vorlesungen. Wiesbaden: Bergmann 1896.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 67.622]

Lang, Eduard: Der venerische Katarrh. Vorlesungen über dessen Pathologie und Therapie. Wiesbaden: Bergmann 1893.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Gesellschaft der Ärzte Bibliothek, Sign.: GÄ-21.050]

Lang, Eduard: Therapeutik für venerische und Hautkranke. Aus der Abteilung des Eduard Lang. Wien: Safar 1899.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 64.368]

Lang, Eduard: Über Einrichtung von Heilstätten, die zur Bekämpfung des Lupus, einer chronischen Hauttuberkulose, dienen. Sonderabdruck aus: Neues Wiener Tagblatt (Mai 1910). Wien: Selbstverlag 1910.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 13.471]

Quellen:

Matriken der IKG Wien, Trauungsbuch 1877, Lang Eduard, Ernestine.

UAW, Rektoratsarchiv, Akten Sonderreihe des Akademischen Senats, Personalblätter, Senat S 304.707 Lang, Eduard (01.05.1841-10.07.1916; Dermatologie und Syphilis).

UAW, Med. Fakultät, Nationalien/Studienkataloge, 134-0007, Lang Eduard (Nationalien Datum 1862/63).

UAW, Medizinische Fakultät, Rigorosenprotokolle, Sign. 170-149r, Lang Eduard (Rigorosen Datum: 1865).

UAW, Rektorat, Medizinische Fakultät, Promotionsprotokolle, Sign. 182-8, Lang Eduard (Promotion Datum: 15.12.1865).

UAW, Rektorat, Medizinische Fakultät, Promotionsprotokolle, Sign. 182-8, Lang Eduard (Sponsion Datum: 26.6.1866).

Keywords:

Lang Eduard, Dermatologe, Lupus, Lupusheilstätte Wien, Medizingeschichte, Arzt, Wien

[1] Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 76, 1867, Sp. 1206-1207.

[2] Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 96, 1868, Sp. 1561.

[3] Innsbrucker Tagblatt, 6.11.1873, S. 2.

[4] Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 17, 1873, Sp. 397-398.

[5] Neue Tiroler Stimmen, 17.4.1875, S. 4.

[6] Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 48, 1879, Sp. 1251-1255.

[7] Wiener Zeitung, 24.11.1886, S. 1.

[8] Innsbrucker Nachrichten, 24.4.1880, S. 4; Innsbrucker Nachrichten, 29.4.1880, S. 3.

[9] Innsbrucker Nachrichten, 23.3.1883, S. 5.

[10] Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 49, 1890, Sp. 2134.

[11] Neues Wiener Tagblatt, 13.10.1908, S. 13.

[12] Pharmaceutische Post, 20.3.1904, S. 174.

[13] Wiener Zeitung, 27.7.1913, S. 10-12.

[14] Neue Freie Presse. 31.10.1918. S. 10.

Normdaten (Person)  Lang, Eduard: BBL: 40063; GND: 116691425

Bio-bibliografisches Lexikon (BBL)/Liste aller Beiträge der VS-Blog-Serie: Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien

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Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien [195]: Kautsky, Karl – Frauenarzt, Sexualmediziner, Gesundheitspolitiker, Facharzt im Berufsberatungsamt und Leiter der Eheberatungsstelle der Gemeinde Wien, NS-Verfolgter

Kautsky, Karl – Frauenarzt, Sexualmediziner, Gesundheitspolitiker, Facharzt im Berufsberatungsamt und Leiter der Eheberatungsstelle der Gemeinde Wien, NS-Verfolgter

Text: Walter Mentzel

Karl Kautsky wurde am 13. Jänner 1892 in Stuttgart als Sohn des in Prag geborenen marxistischen Theoretikers und sozialdemokratischen Politikers Karl Johann Kautsky (1854-1938) und dessen Frau Louise Ronsperger geboren. Seit 1918 war er mit Charlotte Kobelt (1892-1994) verehelicht, mit der er gemeinsam die beiden in Wien geborenen Kinder Hilde (*1920) und Ilse (*1922) hatte.

Kautsky besuchte das Gymnasium in Berlin und begann danach an der Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin mit dem Studium der Medizin. Nachdem er 1914 die Berechtigung zur Führung einer Arztpraxis in Deutschland erwarb, nahm er im selben Jahr an der Frauenklinik in Frankfurt am Main seine Arbeit als Sekundararzt auf, die er nach der Erlangung seines Doktorats im Jahr 1916 bis 1917 als Assistent an der Frauenklinik fortsetzte. Von November 1917 bis November 1918 nahm er als Assistenzarzt in der k.u.k. Armee am Ersten Weltkrieg teil. Am 30. Juli 1918 promovierte er an der Medizinischen Fakultät der Universität Wien zum Doktor der Medizin und verlegte seinen Lebensmittelpunkt nach Wien.

Beruflicher Werdegang

In Wien trat er der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Österreichs (SdAPÖ) bei und begann – wie schon zuvor sein Bruder, der Ökonom Benedikt Kautzky – seine politische Laufbahn in den Strukturen der SdAPÖ. Er gehörte rasch zum engen Mitarbeiterkreis um Julius Tandler, war Mitglied des Klubs der sozialdemokratischen Fürsorgeräte in Wien, unterrichtete als Teil des Lehrerteams an der Abendschule der Schul- und Kinderfreunde im Schloss Schönbrunn Gesundheitslehre,[1] und kandidierte 1928 bei der Wiener Ärztekammerwahl.[2] Seine berufliche Tätigkeit als Arzt begann er zwischen 1919 und 1921 als Assistent in dem seit 1909 existierenden „Frauenhospiz des Verbandes der Genossenschaftskrankenkassen“ (Wiener Frauenhospiz) und daneben als Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe bei der Krankenkasse der Handelsangestellten.

Berufsberatungsstelle der Gemeinde Wien

1921 wechselte Kautsky in das von der Gemeinde Wien gemeinsam mit der Arbeiterkammer Wien im selben Jahr geschaffene und gemeinsam verwaltete Berufsberatungsamt der Stadt Wien, wo er bis 1929 die Funktion eines Facharztes einnahm.

Leiter der Eheberatungsstelle der Gemeinde Wien

Im Juni 1922 wurde er auch noch zum Leiter der von Gesundheitsstadtrat Julius Tandler initiierten Eheberatungsstelle der Gemeinde Wien bestellt, diese Funktion übte er bis 1934 aus.[3] Nach seiner aus politischen Gründen erfolgten Entlassung im Februar 1934 wurde diese Stelle vorübergehend geschlossen und erst im Juni 1935 unter der Leitung des entschiedenen Abtreibungsgegners und späteren Pastoralmediziners Albert Niedermeyer (1888-1957) neu eröffnet.

Als Vertreter der Vereinigung sozialdemokratischer Ärzte nahm er im Mai 1924 an der Konferenz zur „Schwangerschaftsunterbrechung und Bevölkerungspolitik“ in der Gesellschaft der Ärzte in Wien teil,[4] dazu erschien von ihm im selben Jahr die Broschüre „Der Kampf gegen den Geburtenrückgang“.[5] 1927 gehörte er der von der Österreichischen Liga für Menschenrechte organisierten Enquete über Eherechtsreform,[6] und seit 1928 der neugegründeten und unter dem Vorsitz von Julius Wagner-Jauregg stehenden Österreichischen Gesellschaft für Volksaufartung und Erdkunde als Vertreter der Eheberatungstelle der Stadt Wien an.[7]

Kautzkys Wirken in der Volksbildung und seine publizistische Tätigkeit

Seine ersten wissenschaftlichen Arbeiten enthielten theoretisch fundierte Überlegungen zum Arztberuf. Dazu zählen die 1919 in der von der SdAPÖ herausgegebenen Zeitschrift Der Kampf publizierten Aufsätze „Die Übernahme der Ärzte durch die Gesellschaft“,[8]Ärztliche Erziehungsfragen“,[9]Die politische und soziale Ideologie des Ärztestandes“,[10] der 1921 veröffentlichte Artikel „Kapitalismus und Volksgesundheit“,[11] und der 1933 erschienene Artikel „Demokratische Medizin“.[12]

An der von Gina Kaus seit 1924 herausgegebenen und Fragen der Schwangerschaft, Säuglingshygiene und Kindererziehung thematisierenden Zeitschrift Die Mutter wirkte er neben Julius Tandler, Viktor Hammerschlag (1870-1943), Josef Karl Friedjung (1871-1946), Albert Moll (1862-1939), Wilhelm Knöpfelmacher (1866-1938) und Carl Hochsinger (1860-1942) als Mitarbeiter seit Beginn an mit.[13] Weiters publizierte er in Zeitungen wie der Arbeiterinnen-Zeitung und deren Beilage Die Frau. Daneben schrieb Kautzky seit den frühen 1920er Jahren bis 1938 regelmäßig in der Wiener medizinischen Wochenschrift Rezensionen zur internationalen medizinischen Literatur.

Noch während seiner Tätigkeit im Wiener Frauenhospiz erschien von ihm 1921 der Aufsatz „Die Benennung der Nierenerkrankungen in der Schwangerschaft“, die sich heute in der Separata-Bibliothek der Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin befindet. Seine weiteren Arbeiten standen im Kontext zu seiner Beschäftigung im Berufsberatungs- und Eheberatungsamt der Gemeinde Wien. Dazu zählt der 1927 publizierte Artikel „The matrimonial Health Consultation Office“, die 1929 in den Blättern für Wohlfahrtswesen erschienene Arbeit „Öffentliche oder private Eheberatung“ und ein Jahr darauf in derselben Zeitschrift der Aufsatz „Die Eheberatungsstelle der Gemeinde Wien“. 1930 veröffentlichte er gemeinsam mit seiner Kollegin am Berufsberatungsamt der Gemeinde Wien, Ilse Zimmermann (1892-1935), in der Jubiläums-Festschrift der Wiener medizinischen Wochenschrift anlässlich des 70. Geburtstages des Direktors des Ersten öffentlichen Kinder-Krankeninstituts, Karl Hochsinger (1860-1942), den Aufsatz „Zur sozialhygienischen Bedeutung der Lues congenita“.[14] 1931 publizierte er die 79 Seiten umfassende Schrift „Soziale Hygiene der Frau. Eine sozialmedizinische Darstellung des weiblichen Geschlechtslebens“.

Sein Wirken in der ärztlichen Eheberatung spiegelt sich auch in seinen zahlreichen Vorträgen in den Wiener Volksbildungseinrichtungen wider, darunter 1925 als Referent am Lichtbildervortragszyklus in der Urania zu „Probleme der Ehe“,[15] oder seine Vorträge im Radio Wien zur ärztlichen Berufsberatung[16] und hier besonders im Rahmen der „Stunde der Volksgesundheit“.[17] Kautzkys Schwerpunkte seiner Vortragstätigkeit lag im Organisationsbereich der SdAPÖ, wo er zur Sexualmedizin, Hygiene der Frau, der sexuellen Aufklärung, Schwangerschaften und zur Gesundheitspolitik insgesamt referierte. Seine Vorträgen reichten thematisch vom „Recht der Frauen auf Lebensfreude“,[18] bis zu der gemeinsam mit der Individualpsychologin Margrethe Hilferding-Hönigsberg (1871-1942) gestalteten Vortragsreihe zu Schwangerschaftsunterbrechungen vom frauenärztlichen Standpunkt,[19] in der er sich für eine Liberalisierung des § 144 (Schwangerschaftsabbruch) einsetzte. Mit dem Wiedereinsetzen der Wirtschaftskrise Ende der 1920er Jahre und der beginnenden Phase der Zerstörung der Demokratie widmete er seine Vorträge inhaltlich zunehmend dem Kampf gegen die sozialen Folgen der Krisen und gegen den aufkommenden Faschismus.

Nach der Niederschlagung der Demonstrationen im Zuge des Brandes des Wiener Justizpalastes am 15. Juli 1927 kam es zur Sammlung von Belegen, die die Übergriffen der Polizeiorgane dokumentieren und Erhebungen der Staatsanwaltschaft einleiten werden sollten. Dazu trug Kautsky durch seine Zeugenaussage bei.[20]

Gemeinderat der Stadt Wien

Im April 1932 kandidierte er bei den Wiener Gemeinderatswahlen für die SdAPÖ und erreichte im Bezirk Wien Währung sein Mandat zum Gemeinderat, dem er bis zum Februar 1934 angehörte.[21] Wegen seiner exponierten Stellung als Gesundheitspolitiker in Wien und als Funktionär der SdAPÖ wurde er nach dem Februar 1934 vom austrofaschistischen Regime für sechs Wochen in der Polizeigefangenenanstalt Rossauer Lände inhaftiert. Nach seiner Freilassung arbeitete er als praktischer Arzt in seiner privaten Praxis. Nach dem „Anschluss“ im März 1938 wurden seine Familie und er wegen ihrer jüdischen Herkunft verfolgt. Zwischen August 1938 und Februar 1939 wurde er ein weiteres Mal im Polizeigefangenenhaus Rossauer Lände – diesmal von den Nationalsozialisten – in „Schutzhaft“ genommen.

New York, Southern District, U.S District Court Naturalization Records, 1824-1946, Karl Kautsky, 1940.

Nach seiner Enthaftung flüchtete Kautzky mit seiner Familie nach Viggbyholm bei Stockholm in Schweden. Im Oktober 1939 emigrierten sie mit der SS Oslofjord in die USA und ließen sich in New York nieder. Hier baute Kautzky eine private Arztpraxis auf, die er bis zum Ende seiner beruflichen Tätigkeit im Mai 1964 führte. Da er in der USA wegen eines fehlenden Angestelltenverhältnisses kaum Pensionsansprüche erworben hatte und die von der Pensionsversicherung in Österreich zur Auszahlung gekommenen Pensionsansprüche wegen seiner zweimaligen Verfolgungsgeschichte nur geringfügig ausfiel, setzte sich 1964 der Generaldirektors der Wiener Gebietskrankenkasse, der ehemalige NS-Verfolgte und nach 1938 Leiter des Gesundheitswesens im Jüdischen Spital in der Malzgasse in Wien 2, Professor Emil Tuchmann (1899-1976), für ihn bei der Gemeinde Wien ein. Mit Beschluss des Gemeinderatsausschusses im Dezember 1964 erhielt er eine außerordentliche Zuwendung zu seiner Pension zugesprochen.

Kautzky verstarb am 15. Juni 1978 in Napa in Kalifornien.

Quellen:

UAW, Rektorat, Med. Fakultät, Rigorosen- und Promotionsprotokolle, 191-1377, Kautsky Karl (Promotion Datum: 30.7.1918).

WStLA, M.Abt. 202, Personal- und Pensionsakten: politische Funktionäre, 1.2.3.202.A52, Kautsky Karl.

New York, New York Passenger and Crew Lists, 1925-1957, Karl Johann Kautsky, 1939. (Immigration, New York, United States, NARA microfilm publication T715; Washington, D.C.: National Archives and Records Administration, n.d.).

United States Census, 1940, Karl Kautsky, Assembly District 7, Manhattan, New York City, United States; (NARA digital publication T627. Records of the Bureau of the Census, 1790 – 2007, RG 29. Washington, D.C.: National Archives and Records Administration, 2012, roll 2636).

New York, Southern District, U.S District Court Naturalization Records, 1824-1946, Karl Kautsky, 1940.

United States Social Security Death Index, Karl Kautsky, Jun 1978.

California Death Index, 1940-1997, Karl Kautsky, 15.6.1978; Department of Public Health Services, Sacramento.

Literatur:

Kautsky, Karl: Die Benennung der Nierenerkrankungen in der Schwangerschaft. Sonderdruck aus: Zentralblatt für Gynäkologie. Leipzig: Johann Ambrosius Barth 1921.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Keywords:

Kautsky Karl jun., Frauenarzt, Sexualmedizin, Eheberatung, Berufsberatung, Gemeinde Wien, Julius Tandler, politisch Verfolgter, NS-Verfolgung, Medizingeschichte, Arzt, Medizin

[1] Arbeiter Zeitung, 26.10.1923, S. 6.

[2] Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 1, 1928, S. 41.

[3] Neue Freie Presse, 2.6.1922, S. 7.

[4] Arbeiter Zeitung, 25.5.1924, S. 8.

[5] Arbeiterinnen Zeitung, H. 6, Beilage: Die Frau, Nr. 4, 1.6.1924, S. 2.

[6] Neues Wiener Journal, 27.4.1927, S. 5.

[7] Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 26, 1928, S. 41.

[8] Der Kampf, Nr. 12, 1919, S. 459-464.

[9] Der Kampf, Nr. 13, 1919, S. 420-424.

[10] Der Kampf, Nr. 14, 1919, S. 438-442.

[11] Bildungsarbeit. Blätter für sozialistisches Bildungswesen, Nr. 4/5, 1921, S. 28-29.

[12] Arbeiter Zeitung, 3.7.1933, S. 5.

[13] Die Stunde, 3.12.1924, S. 5.

[14] Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 45, 1930, S. 1467-1469.

[15] Arbeiter Zeitung, 28.11.1925, S. 11.

[16] Radio Wien 17.9.1928, S. 3.

[17] Arbeiter Zeitung, 28.12.1932, S. 10.

[18] Arbeiter Zeitung, 3.6.1923, S. 12.

[19] Neue Freie Presse, 24.5.1924, S. 8.

[20] Das Kleine Blatt, 6.10.1927, S. 2.

[21] Neues Wiener Tagblatt (Tages-Ausgabe), 25.4.1832, S. 2.

Normdaten (Person)  Kautsky jun., Karl : BBL: 40054; GND: 1033584770

Bio-bibliografisches Lexikon (BBL)/Liste aller Beiträge der VS-Blog-Serie: Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien

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Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien [194]: Teleky, Hermann – Arzt und Funktionär in medizinischen Vereinen

Teleky, Hermann – Arzt und Funktionär in medizinischen Vereinen

Text: Walter Mentzel

Hermann Teleky wurde am 22. Dezember 1837 in Bittsee an der Waag (heute: Bytca Zilinsky kraj/Slowakei) als Sohn von Simon Teleki und Therese Teleki geboren. 1867 heiratete er die Wienerin Marie Koritschoner (1848-1927) mit der er die Kinder, den Sozialmediziner Ludwig Teleky (1872-1957), die Krankenpflegerin Elsa Teleky (1874-?) und die Gynäkologin Dora Brücke-Teleky (1879-1963) hatte.

Teleky kam 1855 nach Wien und begann mit dem Studium der Medizin an der Universität Wien, das er im Juni 1861 mit dem Doktorat der Medizin und im Dezember 1863 mit den Doktorat der Chirurgie abschloss.[1] Zwischen 1861 und 1867 arbeitete er als Sekundararzt im Wiedner Krankenhaus und im Rudolfsspital und widmete sich danach seiner ärztlichen Praxis in Wien 1, Fleischmarkt 4.

Teleky engagierte sich vor allem im ärztlichen Vereinswesen, wo er verschiedenste Funktionen einnahm. Dazu zählen seine Mitgliedschaft und Funktion im Vorstand des wissenschaftlichen Ausschusses des Wiener Doktoren-Kollegiums, dessen Mitglied er seit 1866 war,[2] die Mitgliedschaft in der Gesellschaft der Ärzte in Wien, in die er 1870 zunächst als ordentliches Mitglied beitrat und Funktionen in den Verwaltungsgremien ausübte,[3] sowie seine Mitgliedschaft in der Sektion Wien des niederösterreichischen Ärztevereins, wo er auch 1880 die Funktion des stellvertretenden Präsidenten einnahm.[4] Nachdem er 1894 an der Wahl der Wiener Ärztekammer teilnahm, kam es zu seiner Wahl im Mai 1894.[5] Weiters war er als Mitglied im Verband der Gesellschaft für innere Medizin und Kinderheilkunde[6] sowie im Vorstand des Verein Lupusheilstätte tätig.[7]

Von Teleky sind einige Publikationen erhalten, darunter seine 1888 erschienene Arbeit „Ueber Diabetes Mellitus. Bemerkungen gelegentlich der von Prof. Seegen im Wiener Medizinischen Doctoren-Collegium gehaltenen Vorträge“, der 1892 publizierte Aufsatz „Pankreasdiabetes und Icterus gravis“ und sein in der k.k. Gesellschaft der Ärzte in Wien am 3. Februar 1893 gehaltene Vortrag „Ueber subjective und objective Kopfgeräusche“, der als Sonderdruck veröffentlicht wurde. Diese Arbeiten befinden sich in der Separata-Bibliothek an der Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin. Ebenfalls an der Zweigbibliothek befindet sich von ihm im Bestand der Neuburger-Bibliothek seine 1907 veröffentlichte Publikation zur „Lupusheilstätte und Lupusheim in Wien“ sowie sein 1885 publizierte Artikel „Über den mechanischen Verschluss des Anus praeternaturalis“ und weiters seine 1886 erschienene Arbeit „Über Meningitis cerebrospinalis infectiosa“.

In der Hebammen-Zeitung veröffentlichte er 1889 die Artikelserie „Die Ernährung des schulpflichtigen Kindes“ (2. Teil)[8], und 1890 seinen vor dem Unterstützungsverein für Hebammen in Wien gehaltenen Vortrag „Über Wahl und Behandlung der Ammen“.[9]

Teleky gehörte auch jenem Unterstützerkreis um Marie Lang und den Gründer des Vereins zur Verbesserung der Frauenkleidung, Hugo Klein, an, die sich zum Ziel setzten im Rahmen der Lebensreformbewegung aus gesundheitlichen wie emanzipatorischen Gründen eine Veränderung der Frauenmode zu propagieren. Dazu erstellte er 1902 ein medizinisches Gutachten über die negativen Folgen des Tragens des Mieders, die in der von der Sozialarbeiterin, Frauenrechtlerin und Gründerin des Verein Settlement, Marie Lang (1858-1934), herausgegebenen Zeitschrift „Dokumente der Frauen“ gemeinsam mit jenen Stellungnahmen von Hugo Klein, Josef Breuer (1842-1925), Heinrich Adler, Markus Hajek (1861-1941), Max Kassowitz, Richard Krafft-Ebing oder Friedrich Schauta u.a. sowie den Ausführungen des Malers und Grafikers Alfred Roller (1864-1935), des Modeschöpfers Christoph Drecoll (1851-1939), des Architekten Adolf Loos (1870-1933), des Schriftstellers Hermann Bahr (1863-1934) und eines Aphorismus von Peter Altenberg (1859-1919) publiziert wurden.[10]

1911 wurde zu seinem 50-jährigen Promotionsjubiläum eine Teleky-Stiftung für wohltätige Zwecke errichtet.

Hermann Teleky verstarb am 31. März 1921 in Wien.

Neue Freie Presse, 9.4.1921, S. 14

Quellen:

Matriken der IKG Wien, Trauungsbuch, 1879, Teleky Hermann, Koritschoner Marie.

UAW, Med. Fakultät, Nationalien/Studienkataloge, Sign. 134-0433, Teleky Hermann (Nationalien Datum: 1890/91).

UAW, Med. Fak., Promotionsprotokoll, Sign. 181-915, Teleky Hermann (Promotion Datum: 10.6.1861).

UAW, Med. Fak., Promotionsprotokoll, Sign. 181-606, Teleky Hermann (Promotion Chirurgie Datum: 11.12.1863).

Friedhofsdatenbank Wien, Teleky Hermann.

Literatur:

Teleky, Hermann: Ueber Diabetes Mellitus. Bemerkungen gelegentlich der von Prof. Seegen im Wiener Medizinischen Doctoren-Collegium gehaltenen Vorträge. Sonderdruck aus: Wiener medizinische Blätter. Wien: L. Bergmann & Comp. 1888.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Teleky, Hermann. Pankreasdiabetes und Icterus gravis. Sonderdruck aus: Wiener klinische Wochenschrift. Wien: Wilhelm Braumüller k.u.k. Hof- und Universitäts-Buchhändler 1902.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Teleky, Hermann: Ueber subjective und objective Kopfgeräusche. Nach einem k.k. Gesellschaft der Aerzte am 3. Februar 1893 gehaltenen Vortrage. Sonderdruck aus: Wiener medizinische Blätter. Wien Verlag von L. Bergmann 1893.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Keywords:

Teleky Hermann, Teleky Ludwig, Doktoren-Kollegium, Lupusheilstätte, Gesellschaft der Ärzte in Wien, Niederösterreichische Ärzteverein, Medizingeschichte, Wien

[1] Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 49, 1864, Sp. 765.

[2] Wiener klinische Rundschau, Nr. 24/26, 1919, S. 143; Allgemeine Wiener medizinische Zeitung, 27.11.1866, S. 387.

[3] Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 24, 1870, Sp. 465; Wiener Zeitung, 23.3.1898, S. 5; Illustrieres Wiener Extrablatt, 12.4.1901, S. 15.

[4] Wiener Allgemeine Zeitung, 23.12.1880, S. 5.

[5] Allgemeine Wiener medizinische Zeitung, 27.3.1894, S. 10.; Neues Wiener Journal, 27.5.1894, S. 4.

[6] Neue Freie Presse, 25.12.1913, S. 14.

[7] Die Zeit, 23.1.1905, S. 5.

[8] Hebammen-Zeitung, 30.11.1889, S. 4; 15.12.1889, S. 5.

[9] Hebammen-Zeitung, 30.4.1890, S. 57-60.

[10] Dokumente der Frauen, Bd. 7, 1902, S. 674.

Normdaten (Person)  Teleky, Hermann: BBL: 40029; GND: 1155616995

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