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Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien [85]: Mediziner in der Revolution 1848: Moritz Kálazdy (Kaufmann)

Mediziner in der Revolution 1848: Moritz Kálazdy (Kaufmann)

Text: Walter Mentzel

Moritz Kálazdy (auch Kálozdy) (sein ursprünglicher Name lautete Kaufmann) wurde zirka 1819 in Tata (dt.: Totis) in Ungarn geboren. Sein Lebenslauf ist über weite Strecken unbekannt und nur lückenhaft nachzuzeichnen. Kálazdy studierte an der Universität Wien Medizin und promovierte am 6. August 1847 zum Dr. der Medizin.[1] Von ihm besitzt die Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin seine approbierte Dissertation:

Kálazdy, Mauritius: Dissertatio inauguralis medica de balsamisatione quam consensu et auctoritate illustrissimi ac magnifici domini praesidis et directoris perillustris ac spectabilis domini decani nec non clarissimorum ac celeberrimorum d..d. professorum pro doctoris medicinae laurea rite obtinenda in antiquissima ac celeberrima universitate vindobonensis. Vindobonae: Typis Caroli Ueberreuter 1847.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Historische Dissertations-Bibliothek, Sign.: D-2924]

http://webapp.uibk.ac.at/alo/cat/card.jsp?id=8418405&pos=0&phys=

Kálazdy war Mitarbeiter und Journalist in der von Journalisten und Chefredakteur Leopold Häfner gegründeten und bis Oktober 1848 erscheinenden radikal-demokratischen Zeitung „Die Constitution“ (= Tagblatt für Demokratie und Volksbelehrung). Hafner und seine Mitstreiter versuchten während der Revolution besonders die Verbindung zur Arbeiterschaft in den Vorstädten Wiens herzustellen. Sie riefen am 18. Mai 1848 in Wien die Republik aus und schlugen Kálazdy zum künftigen Unterrichtsminister vor. Kálazdy, der für die Unabhängigkeit Ungarns eintrat, war 1848 Mitglied des Sicherheitsausschusses der Stadt Wien[2] und der 6. Kompanie des „Mediziner-Corps“,[3] und gehörte als Stabsarzt Arzt während des ungarischen Unabhängigkeitsaufstand seit dem März 1849 dem Regiment von Lajos Kossuth (1802-1894) an. Kálazdy übersetzte die Rede von Lajos Kossuth, in der dieser am 3. März 1848 im Landtag in Pressburg die konstitutionelle Umwandlung der Monarchie und eine Verfassung für alle österreichischen Länder forderte, in die deutsche Sprache, worauf sie am 13. März 1848 im Hofe des niederösterreichischen Landhauses in Wien verlesen wurde.[4]

Nach der Niederschlagung der Revolution flüchtete Kálazdy 1849 in das osmanische Reich, wo er in Aleppo und in Beirut als Arzt im türkischen Dienst tätig war.[5] Seit den 1850er Jahren arbeitete er bis zu seinem Tod als Arzt im Allgemeinen Krankenhaus in Gyöngyös.[6]

Kálazdy verstarb im April 1875 in Gyöngyös in Ungarn.[7]

Quellen:

Archiv der Universität Wien, Med. Fak., Dekanat, Rigorosen- und Promotionsprotokolle, Nr. 176-635, Kálazdy Moritz (1847.08.06).

Fischer, Isidor: Wiens Mediziner und die Freiheitsbewegung des Jahres 1848. (= Wiener medizingeschichtliche Beiträge 1) Wien: 1935.

Kertbeny Karoly Maria, Alphabetische Namensliste ungarischer Emigration 1848-1864 (Mit Einschluss der außerhalb Ungarns Internierten). Samt vorläufigen biografischen Andeutungen in Abreviaturen. Brüssel-Leipzig 1864.

Reschauer Heinrich, Das Jahr 1848: Geschichte d. Wiener Revolution, Bd. 1, Wien 1876, S. 191.

[1] Archiv der Universität Wien, Med. Fak., Dekanat, Rigorosen- und Promotionsprotokolle, Nr. 176-635, Kalazdy Moritz (1847.08.06).

[2] Wiener Zeitung, 16.6.1848, S. 2.

[3] Fischer, Isidor: Wiens Mediziner und die Freiheitsbewegung des Jahres 1848. (= Wiener medizingeschichtliche Beiträge 1) Wien: 1935.

[4] Reschauer Heinrich, Das Jahr 1848: Geschichte d. Wiener Revolution, Bd. 1, Wien 1876, S. 191.

[5] Kertbeny Karoly Maria, Alphabetische Namensliste ungarischer Emigration 1848-1864 (Mit Einschluss der außerhalb Ungarns Internierten). Samt vorläufigen biografischen Andeutungen in Abreviaturen. Brüssel-Leipzig 1864.

[6] Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 9, 1864, Sp. 143-144.

[7] Wiener Medizinische Wochenschrift, Nr. 1, 1867, Sp. 18.

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Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien [83]: 1848 Revolution: Der 170. Todestag von Robert Blum und seine Aufbahrung am Josephinum am 9. November 1848

1848 Revolution: Der 170. Todestag von Robert Blum und seine Aufbahrung am Josephinum am 9. November 1848

Text: Dr. Walter Mentzel

Robert Blum (*10.11.1807 Köln, gest. 9.11.1848 Wien) nahm im deutschsprachigen Raum in der Revolution von 1848 eine herausragende Bedeutung als führender Protagonist der demokratisch-republikanischen Ideen des Vormärzes ein. Seit den 1830er Jahren trat er, der zu dieser Zeit als Theatersekretär und Bibliothekar in Leipzig arbeitete, in verschiedenen Funktionen auf, initiierte die demokratische Bewegung in Sachsen, unterstütze diese publizistisch, engagierte sich gegen nationalistische Strömungen und wurde mehrmals wegen seiner Systemkritik inhaftiert und von der Zensur bedroht. Er war seit Mai 1848 Abgeordneter des ersten demokratisch gewählten Parlaments Deutschlands, der Frankfurter Nationalversammlung, wo er der demokratischen Fraktion und dem Verfassungsausschuss angehörte und sich vehement für eine republikanische Verfassung einsetzte.

Abb.      1 Robert Blum, von August Hunger

Seine Sorge vor einem Scheitern der Revolution und der Nachricht vom Beginn des Oktoberaufstandes in Wien, wo viele den Entscheidungskampf erwarteten und die Rettung der Revolution erhofften, zog ihn im Oktober 1848 nach Wien. Hier traf Blum am 17. Oktober 1848 als Leiter einer Delegation der demokratischen Fraktion der Nationalversammlung ein und trat unmittelbar darauf vor dem Reichstagsauschuss, dem Wiener Gemeinderat und im Studentenausschuss auf. Am 23. Oktober hielt er in der Aula der Universität Wien eine vielbeachtete Rede.[1] Ab dem 25. Oktober nahm er als Mitglied des sogenannten „Elite-Corps“ an der Verteidigung Wiens gegen die kaiserlichen Truppen teil und verteidigte als einer der Kommandanten die sogenannte Nußdorfer Linie.

Nach der Niederschlagung der Revolution und der Besetzung Wiens durch die kaiserlichen Truppen am 1. November 1848 wurde er am 4. November verhaftet und wegen aufrührerischer Reden und Teilnahme an der Verteidigung Wiens trotz seiner Immunität als Parlamentarier am 8. November 1848 durch ein Standgericht zum Tode verurteilt. Am 9. November 1848 morgens wurde Robert Blum in Wien, Brigittenau, erschossen.

Seine Leiche wurde danach in das Josephinum in die Währinger Straße überführt und aufgebahrt,[2] und erst Tage danach in den Schachtgräbern des Währinger Friedhofs begraben.

Wie bei vielen 1848-Revolutionären wurden über Jahrzehnte die Versuche eine Erinnerungskultur zu entwickeln und Gedenkorte zu schaffen unterdrückt und im Keim erstickt; sie lebten nur im Untergrund fort. Erst 1912 wurde von privaten Personen ein kleiner Stein an seinem Begräbnisort platziert. In Wien wurden erst in der Ersten Republik offizielle Gedenkorte geschaffen, darunter der Blum-Gedenkstein im Währingerpark im 18. Bezirk. Darüber hinaus wurde eine Gasse (1919) und eine Wohnhausanlage (1923/24) nach ihm benannt, die auch eine Portraitbüste schmückte, die 1938 von den Nationalsozialisten entfernt wurde.

Quellen:

Wiener Zeitung, 24.10.1848, S. 11.

Illustrierte Zeitung, 18.11.1848, S. 3.

[1] Wiener Zeitung, 24.10.1848, S. 11.

[2] Illustrierte Zeitung, 18.11.1848, S. 3.

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Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien [79]: Mediziner in der Revolution 1848: Kapper, Siegfried: Dissertatio Inauguralis Medico-Practica…In Theses adnexas disputabitur in aedibus Universitatis die 2. Mensis Januarii 1847

Mediziner in der Revolution 1848 – Siegfried Kapper

Text: Dr. Walter Mentzel

Siegfried Salomon Kapper gehörte zu den aktivsten und engagiertesten Medizinern während der 1848er Revolution in Wien. Er nahm am 13. März 1848 an der Versammlung im niederösterreichischen Landhaus teil, auf der Adolf Fischhof (1816-1893) seine Rede zur Pressefreiheit hielt und wurde in jene Delegation gewählt, die als Deputation vor den Ständen im Landhaus die Forderungen der Revolutionäre vertreten sollte. Er war Mitglied der Nationalgarde, in den Führungsorganen der Akademischen Legion tätig, und verfasste als Journalist zahlreiche Artikel mit der er die Revolution zu unterstützen und mit seinen Gedichten („Voran“, „Chorgesang der Wiener Studentenlegion“, „Auferstehung“, „Das Schmelzer Grab“, „Befreite Lieder“, „Dem jungen Österreich“) voranzutreiben versuchte. Kapper veranstaltete 1848 am „Theater an der Wien“ ein Feierkonzert mit, aus dessen Reinerlös die Errichtung des Denkmales für die „Märzgefallenen“ finanziert werden sollte. Im Juni 1848 kandidierte er für die erste Volksvertretung Österreichs, den konstituierenden Reichstag.[1] Ebenso nahm er als Mediziner im ärztlichen Dienst in einem Notspital im Wiener Augarten an den Oktoberkämpfen um Wien teil. Danach arbeitete er für Zeitungen in denen er über die weitere Entwicklung und über die Niederschlagung der Revolution berichtete. Seine zeitgenössischen Darstellungen und Berichte zählen heute noch zu den detailliertesten und durch ihre Informationsdichte sich auszeichnenden Arbeiten zu den Ereignissen von 1848.

Siegfried Kapper. Lithographie von Eduard Kaiser. 1848.

Siegfried (Isaac Salomon) Kapper wurde am 21. März 1820 als eines von neun Kindern des jüdischen Lehrers Joseph Hermann Kapper (1775-1845) und der Sara Franziska, geborene Rosenball, in Smíchov in Prag geboren. Er war mit Anna Hartmann, der Schwester seines Studienkollegen und Freundes Moritz Hartmann (1821-1872), der ebenfalls an der Revolution von 1848 in Wien teilnahm und als dessen Chronist gilt, verheiratet. Nachdem er zunächst zwischen 1836 und 1839 an der Prager Universität Philosophie studiert und danach ein Jahr lang in Russland als Hauslehrer gearbeitet hatte, begann er 1841 an der Universität Wien mit dem Studium der Medizin, das er 1847 mit der Promotion u.a. bei Carl von Rokitansky (1804-1878), Josef Skoda (1805-1881) und Ernst von Feuchtersleben (1806-1849) abschloss. Bereits während seines Studiums war er schriftstellerisch tätig und veröffentlichte in einer Reihe von Zeitungen (Österreichisches Morgenblatt[2], Sonntags-Blätter[3], Bohemia, Constitutionelles Blatt, Wiener Zeitung u.a.), schrieb Libretti für Opern und begann sich mit der tschechischen und südslawischen Literatur und deren Übersetzung zu beschäftigten. Daneben schrieb für jüdische Zeitschriften (Kalender und Jahrbuch für Israeliten/1845, 1847) und publizierte sogenannte jüdische Ghettoliteratur. Er gilt als ein prominenter Vertreter des deutsch-tschechischen Judentums.[4]

Von ihm besitzt die Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin seine 28 Seiten umfassende, im Jahr 1847 an der Universität Wien approbierte Dissertation, die er dem Wiener Arzt Dr. Johann Joseph Tedesco (1803-1870) widmete und in der er sich mit der Wirkung der Heilquelle im Kurort Gleichenberg befasste.

Kapper, Siegfried: […] De Fonte Constantino Gleichenbergensi, […]. Wien: Typis Carolii Ueberreuter 1847.


Titelblatt: Kapper: […] De Fonte Constantina Gleichenbergensi, […]. Wien: 1847.

Im Jahr seiner Promotion übersiedelte Kapper von Wien in das heutige Kroatien, wo er sich in Karlstadt (heute: Karlovac) niederließ und eine Arztpraxis eröffnete. Im Februar 1848 kam er zunächst auf einer Durchreise nach Wien und nahm angezogen von den Ereignissen an der Freiheitsbewegung teil. Trotz seines maßgebenden Engagements wurde er nach der Niederschlagung der Revolution am 9. November 1848 in die Medizinische Fakultät aufgenommen und konnte weiterhin als Arzt in Karlstadt seine Arbeit verrichten. Von hier aus unternahm er in den folgenden Jahren mehrere ausgedehnte Reisen durch das südliche Ungarn und die slawischen Gebiete des Osmanischen Reichs (Bosnien, Herzegowina, Montenegro und Serbien), die sich in zahlreichen ethnografischen, kultur- und literaturhistorischen Werken und Reiseberichten niederschlugen. Daneben belegte er 1849 an der Medizinischen Fakultät einen praktischen Kurs zur Geburtshilfe, den er 1850 abschloss, und erhielt 1851 sein Zeugnis über das Rigorosum im Fach Chirurgie, das er bei Johann Dumreicher (1815-1880) absolviert hatte. 1854 übersiedelte Kapper nach Böhmen und ließ sich in Dobris in der Nähe von Prag nieder. Nachdem er 1859 am österreichisch-italienischen Krieg als Feldarzt in einem Militärspital in Verona teilgenommen hatte, arbeitete er ab 1860 wieder als Arzt in Jungbunzlau und ab 1867 in Prag. Neben seinem Beruf als Arzt war er stets schriftstellerisch tätig. Seine Werke werden heute „wiederentdeckt“ und neu aufgelegt. Kappers Verdienst als Schriftsteller war u.a. die südslawische Literatur in die deutsche Sprache zu übersetzen und sie im deutschsprachigen Raum zu etablieren. Er verstarb am 7. Juni 1879 während eines Kuraufenthaltes in Pisa in Italien, wo er auch beerdigt wurde.

Quellen:

AUW, Med. Fak., Dekanat, Rigorosenprotokolle (1821-1871), Sign. 170-121a, Kapper Siegfried (Rigorosum Datum 1846).

AUW, Rektorat, Med. Fakultät, Promotionsprotokoll 1840-1854, Sign. 176-589, Kapper Siegfried (Promotion Datum 26.1.1847).

AUW, Med. Fak., Dekanat, Rigorosenprotokolle (1821-1871), Sign. 170-123r, Kapper Siegfried (Rigorosen Datum 1851).

Donath, Oskar: Siegfried Kapper als Ghettodichter. In: Monatsschrift für Geschichte und Wissenschaft des Judentums. H. 9/10 (September/Oktober). 1912. S. 513-545.

Kapper, Siegfried. In: Lexikon deutsch-jüdischer Autoren. (Hrsg. vom Archiv Bibliographia Judaica, Band 13:). München 2005, S. 257–266.

Literaturliste:

Kapper, Siegfried: Dissertatio Inauguralis Medico-Practica De Fonte Constantino Gleichenbergensi, Quam Consensu Et Auctoritate Illustrissimi Ac Magnifici Domini Præesidis Ac Directoris, Perillustris Ac Spectabilis Domini Decani nec non Clarissimorum Ac Celeberrimorum D. D. Professorum pro Doctoratus Medicinae Laurea rite obtinenda in antiquissima ac celeberrima Universitate Vindobonensi publicae disquisitioni submittit Segofredus Kapper, e Smichow in Bohemia. In Theses adnexas disputabitur in aedibus Universitatis die 2. Mensis Januarii 1847. Wien: Typis Carolii Ueberreuter 1847.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/historische Dissertationsbibliothek, Sign.: D-2937]

Keywords:

1848, Adolf Fischhof, Carl von Rokitansky, Dissertation, Ernst von Feuchtersleben, Johann Dumreicher, Jospeh Skoda, Mediziner, Revolution, Schriftsteller, Siegfried Kapper, Wien, Arzt

[1] Wiener Zeitung. 28.6.1848. S. 2.

[2] Österreichisches Morgenblatt. 27.2.1841. S. 1.

[3] Sonntags-Blätter für heimathliche Interessen. 10.4.1842. S. 1.

[4] Donath, Oskar: Siegfried Kapper als Ghettodichter. In: Monatsschrift für Geschichte und Wissenschaft des Judentums. H. 9/10 (September/Oktober). 1912. S. 513-545.

Normdaten (Person) Kapper, Siegfried : BBL: 31287; GND116053755

Bio-bibliografisches Lexikon (BBL)/Liste aller Beiträge der VS-Blog-Serie: Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien

Bitte zitieren als VAN SWIETEN BLOG der Universitätsbibliothek der Medizinischen Universität Wien, BBL: 31287 (11.10.2018); Letzte Aktualisierung: 2022 05 16
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Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien [77]: Mediziner in der Revolution 1848 – Comfort, Richard

Mediziner in der Revolution 1848 – Comfort, Richard

Text: Dr. Walter Mentzel

Richard Comfort gehörte zu den Todesopfern der Revolution von 1848 und zu jenen Medizinern, die sich während des Revolutionsjahres für eine umfassende demokratische Staatsreform des Kaisertums Österreich einsetzten.

Comfort wurde am 24. Oktober 1810 in Pressburg in Ungarn (heute: Bratislava/Slowakei) geboren und studierte an der Universität Wien Medizin, wo er im Dezember 1835 zum Doktor der Medizin und Pharmakologie promovierte. Von ihm besitzt die Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin seine 1835 an der Universität Wien approbierte Dissertation.[1] Sie trägt den Titel:

Dissertatio Inauguralis Medico-Pharmagologica De Guajaco, Quam Consensu Et Auctoritate Excellentissimi Ac Illustrissimi Domini Praesidis Et Directoris Perillustris Ac Spectabilis Domini Decani Nec Non Clarissimorum Et Celeberrimorum D. D. Professorum Pro Doctoris Medicinae Laurea Rite Obtinenda In Antiquissima Ac Celeberrima Scientiarum Universitate Vindobonensi Publicae Disquistioni Submittit Richardus Comfort, Pressburgensis. Theses adnexae defendentur in aedibus Universitatis die. Wien: Typis Congregationis Mechitaristicae 1835.

Comfort: […] De Guajaco […]. Wien: 1835.

Danach war er als praktizierender Arzt und als Publizist tätig, und ab 1844 als sogenannter „Pensionär“ am Tierarznei-Institut in Wien.[2] Seine Forschungsarbeiten und Vorträge erschienen u.a. in den „Berichte über die Mittheilungen von Freunden der Naturwissenschaften in Wien“. 1840 erschien von ihm im Verlag der J.P. Sollinger*schen Buchdruckerei in Wien eine Arbeit unter dem Titel „Die Elemente der Griechischen Sprache“.[3]

Einer breiteren wissenschaftlichen Öffentlichkeit wurde er durch seine 1839 veröffentlichte Arbeit über die Heilmethoden des Homöopathen Samuel Hahnemann (1755-1843) bekannt, in der er auch seine Überlegungen zu einer Theorie und Systematik der Homöopathie anstellte.

Comfort, Richard: Über Hahnemann‘s Heilmethoden. Wien: Verlag von J. G. Heubner 1839.

Comfort während der Revolution im Jahr 1848

In den ersten Monaten der Revolution veröffentlichte er eine Reihe von Schriften und Flugblättern. Am 27. März 1848 publizierte er im Verlag Klopf und Eurich die Druckschrift „Beiträge und Gedanken über eine Reform in Österreich“, die auf sein bereits zehn Jahre zuvor fertiggestelltes jedoch ungedruckt gebliebenes Manuskript aufbaute und worin er neben einer Staatsreform auch für eine Demokratisierung des Schul- und Wissenschaftssystems eintrat und sich gegen den religiösen Einfluss der Kirche aussprach. Am 4. April 1848 erschien von ihm die bei Franz Edlen von Schmid gedruckte Flugschrift „Für Juden-Emancipation“, in der er die vollständige Gleichberechtigung der jüdischen Mitbürger*innen forderte. Am 13. April 1848 folgten die von ihm verfassten Blätter „Zu spät! Ein ernstes Wort zu seiner Zeit“ (Wien Schaumburg & Comp. 1848), wo er wiederum Vorschläge für eine weitgehende Reform des Österreichischen Staatswesens unterbreitete. Im selben Jahr erschien von ihm noch bei Sallmayer in Wien die Schrift: „Die Regierungsformen aller Staaten. Zur leichteren Beurtheilung unserer Verfassungs-Urkunde“.

Comfort, der neben seinem schriftstellerischen Wirken überaus aktiv an den Vorgängen der Revolution teilnahm, wurde während der weitläufigen Straßenkämpfe zwischen den kaiserlichen Truppen und der aufständischen Bevölkerung in Wien am 6. Oktober 1848 in der Inneren Stadt durch eine Stichwunde tödlich verletzt. Er verstarb im Allgemeinen Krankenhaus Wien.[4]

Quellen:

AUW, Med. Fak., Dekanat, Rigorosen- und Promotionsprotokolle, Sign. 170-28a (Rigorosen Datum 1835), Comfort Richard.

AUW, Med. Fak., Dekanat, Rigorosen- und Promotionsprotokolle, Sign. 175-739 (Promotion Datum 1835), Comfort Richard.

Comfort, Richard: Menschen-Racen. In: Haudinger: Berichte über die Mittheilungen von Freunden der Naturwissenschaft. Wien 1837 (Sitzung am 23. Juni 1846). S. 65.

Österreichische Vierteljahreszeitschrift für wissenschaftliche Veterinärkunde. Herausgegeben von den Mitgliedern des Wiener k.k. Thierarznei-Institutes. Bd. 47. Wien 1877.

Fischer, Isidor: Wiens Mediziner und die Freiheitsbewegung des Jahres 1848. (= Wiener medizingeschichtliche Beiträge 1) Wien: 1935.

Literaturliste:

Comfort, Richard: Dissertatio Inauguralis Medico-Pharmacologica De Guajaco, Quam Consensu Et Auctoritate Excellentissimi ac Illustrissimi Domini Praesidis Et Directoris Perillustratris Ac Spectabiblis Domini Decani Nec Non Clarissimorum Et Celeberrimorum D.D Professorum Pro Doctoris Medicinae Laurea Rite Obtinenda In Antiquissima Ac Celeberrima Scientiarum Univeritate Vindobonensi Publicae Disquisitioni Submittit Richardus Comfort, Pressburgensis : Theses adnexae defendentur in aedibus Universitatis die. Wien: Typis Congregationis Mechitaristicae 1835.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/historische Dissertations-Bibliothek, Sign.: D-2310]

Comfort, Richard: Über Hahnemann’s Heilmethode. Wien: Verlag von J.G. Heubner 1839.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 49144]

Keywords:

1848, Dissertation, Homöopathie, Revolution, Richard Comfort, Salomon Hahnemann, Veterinärmedizin, Arzt, Wien

[1] Archiv der Universität Wien, Med. Fak., Dekanat, Rigorosen- und Promotionsprotokolle, Nr. 170 – Rigorosenprotokoll (1821-1871) und Nr. 175 – Promotionsprotokoll (1818-1840).

[2] Österreichische Vierteljahreszeitschrift für wissenschaftliche Veterinärkunde. Herausgegeben von den Mitgliedern des Wiener k.k. Thierarznei-Institutes. Bd. 47. Wien: 1877. S. 123.

[3] Wiener Zeitung. 1.4.1840. S. 567.

[4] Verzeichnis der Todten und Blessierten am 6. und 7. October 1848. In: Dunder, W.G.: Denkschrift über die Wiener October-Revolution: Ausführliche Darstellung aller Ereignisse […]. Wien 1849. Wiener Zeitung. 3.12.1848, S. 1245.

Normdaten (Person) Comfort, Richard : BBL: 38862; GND1135151652

Bio-bibliografisches Lexikon (BBL)/Liste aller Beiträge der VS-Blog-Serie: Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien

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Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien [76]: Zum 50. Todestag von: Jellinek, Stefan: Elektropathologie. Die Erkrankungen durch Blitzschlag und elektrischen Starkstrom in klinischer und forensischer Darstellung. 1903.

Zum 50. Todestag von: Jellinek, Stefan: Elektropathologie. Die Erkrankungen durch Blitzschlag und elektrischen Starkstrom in klinischer und forensischer Darstellung. Mit 72 Abbildungen und 4 chromolithographischen Tafeln. Stuttgart: Verlag von Ferdinand Enke 1903.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 3194]

https://ubsearch.meduniwien.ac.at/

Text: Harald Albrecht, BA

Abb. 1     Stefan Jellinek: https://wellcomeimages.org/indexplus/obf_images/76/83/7ed133fef0111ef2d0e388b6f004.jpg

Gallery: https://wellcomeimages.org/indexplus/image/L0010294.html

Wellcome Collection gallery (2018-04-01): https://wellcomecollection.org/works/zwb48zet

Stefan Jellinek (*29.05.1871 Prerau/heute: Přerov, Tschechische Republik, gest. 02.09.1968 Edinburgh), dessen Todestag sich am 2. September 2018 zum 50. Mal jährte, war ein österreichisch-britischer Mediziner, der aufgrund seiner jüdischen Herkunft 1938 aus Österreich vertrieben wurde. Der aus ärmlichen Verhältnissen stammende Jellinek begann zu Beginn der 1890er Jahre mit dem Studium der Medizin an der Universität Wien, das er 1898 mit seiner Promotion abschloss. Er wandte sich zunächst der Inneren Medizin zu und arbeitete an der III. Medizinischen Klinik bei Leopold von Schrötter (1837-1908). Von 1903 bis 1908 war er Assistent am Wiedner Krankenhaus.

Abb. 2     Titelblatt: Jellinek: Die Erkrankungen durch Blitzschlag und elektrischen Starkstrom […]. Stuttgart: 1903. Mit einer handschriftlichen Widmung von Stefan Jellinek an Hermann Nothnagel (1841-1905).

Bereits 1898 begann Stefan Jellinek mit seinen elektropathologischen Studien. „Im September 1898 fing er an, bei achtzig Wiener Elektrizitätsarbeitern und auch bei sich selbst die Faktoren der Stromeinwirkung und Stromanwendung zu studieren. Systematisch und planmäßig. Und ebenso systematisch und planmäßig begann er gleichzeitig alles Material zu sammeln, das bei elektrischen Unfällen mitspielte.“[1] Seine Forschungen galten besonders den Gefahren der Elektrizität für den Menschen. Neben der Untersuchung der Unfallsituation – dabei untersuchte er auch Menschen, die vom Blitz getroffen wurden – beschäftigte er sich mit der Histopathologie des elektrischen Traumas. Jellinek veröffentlichte eine Theorie vom elektrischen Scheintod, nach der er – im Gegensatz zur damals weit verbreiteten Meinung – Reanimationsversuche nach Elektronunfällen empfahl. Nach Jellinek sollen Wiederbelebungsversuche erst beim Einsetzen von Totenflecken aufgegeben werden, bis dahin können sie zum Erfolg führen.

Abb. 3     Jellinek: Die Erkrankungen durch Blitzschlag und elektrischen Starkstrom […]. Stuttgart: 1903. S. 123.

„Gemeinsam mit dem Dermatologen Gustav Riehl [(1855-1943), Anm.] und dem Chirurgen Anton von Eiselsberg [(1860-1939), Anm.] war er am Allgemeinen Wiener Krankhaus maßgeblich an der praktischen Behandlung von Patienten nach Stromunfällen beteiligt; mit Alexander Kolisko [(1857-1918), Anm.] untersuchte er die histologischen Veränderungen in den Organen nach der Elektrizitätseinwirkung.“[2] Stefan Jellinek habilitierte sich 1908 auf dem Gebiet der Inneren Medizin mit Schwerpunkt Elektropathologie an der Universität Wien. Nachdem die Universität Wien einen eigenen Lehrstuhl für Elektropathologie eingerichtet hatte – den ersten weltweit – wurde er 1928 zum a.o. Professor und 1929 zum Ordinarius für Elektropathologie der Universität Wien und der Technischen Hochschule (heute Technische Universität Wien) ernannt.

1909 gründete er das Elektropathologische Museum, in welchem Präparate von Elektrounfällen gesammelt wurden, um die Forschungen zu Unfallverhütung und Heilung von Folgeschäden voranzutreiben. Das Museum wurde 1936 in die Universität Wien eingegliedert. 2002 kam die Sammlung in den Besitz des Technischen Museums in Wien. Teile der Sammlung können dort besichtigt werden, der Rest ist in den Pathologisch-Anatomischen Sammlungen im Narrentrum untergebracht. Stefan Jellinek musste nach dem „Anschluss“ 1938 aufgrund seiner jüdischen Herkunft aus Österreich fliehen. Er flüchtete nach Großbritannien, wo er bis 1948 am Queen’s College in Oxford unterrichtete. Er blieb nach dem Zweiten Weltkrieg in Großbritannien, kehrte aber immer wieder als Gastprofessor nach Wien zurück. Er starb am 2. September 1968 in Edinburgh.

Neben zahlreichen anderen Schriften Jellineks besitzt die Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin eine Ausgabe seines 1931 erschienen Werks „Elektroschutz in 132 Bildern“, das vor allem durch seine moderne graphische Umsetzung unter Mitarbeit der Wiener Graphiker Franz Danilowitz, Franz Roubal (1889-1967), Eduard Stella (1884-1955), Franz Wacik (1883-1938) und Hubert Lingner (Einbandgestaltung) besticht:

Jellinek, Stefan: Elektroschutz in 132 Bildern. Wien, Leipzig: Deutscher Verlag für Jugend und Volk Gesellschaft M.B.H. 1931.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: I46628]

https://ubsearch.meduniwien.ac.at

Abb. 4     Umschlag: Jellinek: Elektroschutz in 132 Bildern. Wien: 1931.

Abb. 5     Jellinek: Elektroschutz in 132 Bildern. Wien: 1931. S. 24.

Abb. 6     Jellinek: Elektroschutz in 132 Bildern. Wien: 1931. S. 72.

Abb. 7     Jellinek: Elektroschutz in 132 Bildern. Wien: 1931. S. 129.

Quellen:

Jellinek, Stefan. In: Biographische Enzyklopädie deutschsprachiger Mediziner. Hrsg. von Dietrich von Engelhardt. Bd. 1. A-Q. München: K. G. Saur 2002. S. 309.

Brücke, Franz Theodor: Der elektrische Unfall. In memoriam Professor Dr. Stefan Jellinek. Sonderabdruck aus: Österreichische Ärztezeitung. (23/20) 1968. Wien: Österreichische Ärztekammer 1968.

Lesky, Erna: Professor Jelineks elektropathologisches Museum. In: Ciba Symposium. (9/5) 1961. S. 248-252.

[1] Lesky, Erna: Professor Jelineks elektropathologisches Museum. In: Ciba Symposium. (9/5) 1961. S. 248-249.

[2] Jellinek, Stefan. In: Biographische Enzyklopädie deutschsprachiger Mediziner. Hrsg. von Dietrich von Engelhardt. Bd. 1. A-Q. München: K. G. Saur 2002. S. 309.

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Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien [75]: Medizinier in der Revolution 1848: Ernst Krackowizer

Medizinier in der Revolution 1848: Ernst Krackowizer

Text: Dr. Walter Mentzel

Ernst Krackowizer arbeitete 1848 als Chirurg und Assistent am Allgemeinen Krankenhaus in Wien und gehörte zu jenen Medizinern, die wegen ihrer aktiven Beteiligung an der Revolution von 1848 nach deren Niederschlagung verfolgt wurden und das Kaisertum Österreich verlassen mussten.

Ernst Nepomuk Krackowizer wurde am 3. Dezember 1821 in Spital am Pyhrn in Oberösterreich als Sohn des kaiserlichen Richters Ferdinand Krackowizer (1777-1826) und Theresia Richter (1794-1866) als eines von acht Kindern geboren. Nach dem Besuch des Stiftsgymnasiums in Kremsmünster studierte er an den Universitäten in Wien und Pavia Medizin. 1845 schloss er sein Studium in Wien mit seiner Graduierung zum Doktor der Medizin und der Chirurgie, sowie 1846/47 mit dem Magister der Geburtshilfe ab. Zunächst ließ er sich 1847 in Steyr als Arzt nieder,[1] übernahm jedoch noch im selben Jahr eine Assistentenstelle bei dem Chirurgen Franz Schuh (1804-1865) an der chirurgischen Klinik am Allgemeinen Krankenhaus der Stadt Wien.[2]

Ernst Krackowizer

An der Revolution von 1848 nahm Krackowizer als Hauptmann der Akademischen Legion teil und beteiligte sich vor allem während des sogenannten „Wiener Oktoberaufstandes“ an den Straßenkämpfen gegen die aus Wien nach Ungarn zur Niederschlagung der Revolution ausziehenden kaiserlichen Truppen und an den darauf anschließenden Kämpfen um die Belagerung Wiens. Nach der Eroberung Wiens durch die kaiserliche Armee wurde er von den Polizeibehörden verfolgt und steckbrieflich gesucht. Nachdem ihm die Flucht aus Wien geglückt war, arbeitete er in Tübingen als Assistent des Chirurgen Victor von Bruns (1812-1883). Da er auch hier vor der Verfolgung aufgrund einer von den österreichischen Behörden verlangten Auslieferung nicht sicher war, flüchtete er zunächst nach Kiel, von wo er schließlich 1850 in die USA emigrierte. In New York heiratete er 1851, die aus der Steiermark stammende und ihm 1850 in die USA nachgefolgte Emilie Forster (1826-1919). Mit ihr hatte er eine Tochter, Maria, die 1887 den Ethnologen, Sprachwissenschafter und Physiker Franz Boas (1858-1942) heiratete. Von Ernst Krackowizer sind eine Reihe von Briefen erhalten, die er während und nach der Revolution von 1848 geschrieben hatte. Sie wurden im „Journal of the history of medicine and allied science“ (Voll III, Nr. 1, December 1948, S. 65-94) von seinem Enkel, Ernst von Boas (1891-1955), unter dem Titel „A Refugee Doctor of 1850“ veröffentlicht.

In den USA arbeitete Krackowizer nach seiner Ankunft zuerst als praktischer Arzt in Williamsburg und nach seiner 1857 erfolgten Übersiedlung nach New York als Chirurg am Brooklyn City Hospital, am German Dispensary und am German Hospital (Lenox Hill Hospital). Krackowizer avancierte in den USA zu einem renommierten Chirurgen und führenden Laryngologen, der hier auch angeblich den Kehlkopfspiegel bekannt gemacht haben soll. Er war Mitglied und Vorsitzender der „Pathological Society“ sowie der „Medical Society of the Country of New York“, Mitbegründer des „Deutsche Hospital“ und gründete 1852 gemeinsam mit Kollegen die „New Yorker medizinische Monatsschrift“. Ebenso engagierte er sich als Mitglied im 1871 gegründeten „Committee of Seventy“, einer Bürgerreformbewegung, die sich zur Kontrolle der Regierung konstituiert hatte.

Während des Sezessionskrieges (1861-1865) diente Krackowizer, der ein deklarierter Gegner der Sklaverei und ein Anhänger des republikanischen Präsidenten Abraham Lincoln war, auf der Seite der Nordstaaten sowohl als Generalinspekteur der Militärspitäler und beratender Chirurg der Unionsarmee, als auch in zwei Schlachten als Chirurg in Feldspitälern.

Krackowizer starb am 23. September 1875 an Typhusfieber auf seinem Landgut Greenmount in Sing-Sing (Ossining) in der Nähe von New York City. 1876 gaben seine Freunde und Kollegen in New York zu seinem Andenken ein Gedenkbuch („In Memory of Ernst Krackowizer“) heraus. [3]

Von Ernst Krackowizer besitzt die Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin seine 1845 an der Universität Wien approbierte Dissertation mit dem Titel „De Nexu Functionum Organicarum“.

Krackowizer: De Nexu Functionum Organicarum […]. Wien: 1845.

Weiters findet sich an der Zweigbibliothek zu Ernst Krackowizer der von Abraham Jacobi verfasste Nachruf:

Jacobi, Abraham: Biographical Sketch of Ernst Krackowizer. Abschrift aus: In memory of Ernst Krackowizer. New York: Putnam 1875.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Abschr.589]

http://webapp.uibk.ac.at/alo/cat/card.jsp?id=8590092&pos=1&phys=#

sowie Althof, H.: Rede [über Ernst Krackowizer] Abschrift aus: In memory of Ernst Krackowizer. New York: Putnam 1875.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Abschr. 619]

http://webapp.uibk.ac.at/alo/cat/card.jsp?id=8536569&pos=0&phys=#

und: Obituary Dr. Ernst Krackowizer. New York: 1875. Abschrift aus: New Yorker Staats-Zeitung, Jg. 41. Nr. 229.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Abschr. 618]

http://webapp.uibk.ac.at/alo/cat/card.jsp?id=8599586#

Quellen:

AUW, Rektorat, Med. Fakultät, Promotionsprotokolle, Sign. 176-435, Krackowitzer Ernest (Promotion Datum 18.3.1845).

AUW, Rektorat, Med. Fakultät, Promotionsprotokolle, Sign. 176-0320, Krackowitzer Ernest (Promotion Datum 21.2.1847).

Literaturliste:

Krackowizer, Ernst: Dissertatio Inauguralis Chemico-Physiologica De Nexu Functionum Organicarum, Quam Consensu Et Auctoritate Illustrissimi Ac Magnifici Domini Præsidis Et Directoris, Perillustris Ac Spectabilis Domini Decani, nec non Clarissimorum Et Celeberrimorum D. D. Professorum pro Doctoris Medicinae Laurea Rite Obtinenda in antiquissima ac celeberrima Universitate Vindobonensi. In theses disputabitur in aedibus Universitatis die […] mensis Martii anni 1845. Wien: Typis Carolis Ueberreuter 1845.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/historische Dissertations-Bibliothek, Sign.: D-3058]

Keywords:

1848, Allgemeines Krankenhaus Wien, Chirurgie, Dissertation, Ernst von Boas, Ernst Krackowizer, Franz Boas, Franz Schuh, Kehlkopfspiegel, Laryngologie, Medical Society of the Country of New York, New York, New Yorker medizinische Monatsschrift, Pathological Society, Revolution, USA, Victor von Bruns, Medizingeschichte, Wien, Arzt

[1] Linzer Zeitung. 17.5.1847. S. 14.

[2] Wiener Zeitung. 10.1.1848. S. 1.

[3] Wiener medizinische Wochenschrift. Nr. 38. 1876. Sp. 950.

Normdaten (Person) Krackowizer, Ernst: BBL: 30943; GND: 1017307725

Bio-bibliografisches Lexikon (BBL)/Liste aller Beiträge der VS-Blog-Serie: Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien

Bitte zitieren als VAN SWIETEN BLOG der Universitätsbibliothek der Medizinischen Universität Wien, BBL: 30943 (13.09.2018); Letzte Aktualisierung: 2022 08 29
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Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien [69]: Fischer August: Militärarzt, Schriftsteller, Theaterkritiker

Fischer August: Militärarzt, Schriftsteller, Theaterkritiker

Text: Dr. Walter Mentzel

August Fischer wurde am 15. Februar 1821 in Poysbrunn in Niederösterreich geboren. Er wuchs als neuntgeborenes Kind in einer kinderreichen Familie als Sohn von Anton Adolf Fischer (1791-1877), einem Verwalter der Herrschaft Enzersdorf im Thale, und seiner Mutter Anna (1801-1883) geborene Colbrie, auf. Nach dem Besuch der Gymnasien in Horn und Budweis, trat er zum Studium der Medizin in das chirurgisch-militärärztliche Josephinum ein. Am 28. Oktober 1845 schloss er das Studium mit dem Titel des Doktors der Medizin und Chirurgie und eines Magisters der Augenheilkunde und Geburtshilfe ab.

Titelblatt: Fischer, August: […] De exercitiis gymnasticis […]. Wien: 1845

Fischer, August: Dissertatio Inauguralis Medica Physiologico-Diaetetica De Exercitiis Gymnasticis, Quam Consensu Atque Auctoritate Illustrissimi Ac Magnifici Domini Praesidis Et Directoris, Clarissimorum Atque Celeberrimorum D. D. Professorum Pro Doctoris Medicinae Et Chirurgiae Laurea Rite Obtinenda In Celeberrima C. R. Academia Josephina Publicae Disquisitioni. Theses adnexae defendentur in aedibus Academiae Josephinae die … mensis Octobris 1845. Wien: Typis Congregationis Mechitaristicae 1845.

Nach seinem Studium begann er seine medizinische Laufbahn als Militärarzt bei der Armee, wo er als Oberarzt dem k.k. Kürassier-Regiment (Nr. 4) von Carl Freiherr von Mengen (1774-1851) zugeteilt wurde.

Daneben setzte er seine bereits während seines Studiums begonnene Arbeit als Schriftsteller fort, schrieb Theaterkritiken und Rezensionen für Zeitungen wie „Sonntagsblätter“, „Wanderer“, „Österreichisches Morgenblatt“ und „Wiener Zuschauer. Zeitschrift für Gebildete“ (Der Österreichische Zuschauer, Zeitschrift für Kunst, Wissenschaft). Hier publizierte er auch seine Gedichte.

Ab April 1848 nahm er in Italien als Militärarzt an der Niederschlagung des ersten italienischen Unabhängigkeitskrieges durch die österreichische Armee und deren Oberkommandierenden Graf Johann Joseph Wenzel von Radetzky (1766-1858) teil. In diesen Wochen bis zu seinem Tod berichtete er als Kolumnist für die „Wiener Abendzeitung“ über seine Eindrücke und Erlebnisse am Kriegsschauplatz in der Lombardei[1], die er im Stil eines Kriegsberichterstatters verfasste.[2]

August Fischer verstarb am 11. Juli 1848 in einem österreichischen Feldspital in Verona an Typhus[3] und wurde in Enzersdorf im Thale in Niederösterreich bestattet.

Quellen:

Erzdiözese Wien. Niederösterreich, Poysdorf, Taufbuch 01-04, 1788-1836, Folio 119, Fischer August.

Literaturliste:

Fischer, August: Dissertatio Inauguralis Medica Physiologico-Diaetetica De Exercitiis Gymnasticis, Quam Consensu Atque Auctoritate Illustrissimi Ac Magnifici Domini Praesidis Et Directoris, Clarissimorum Atque Celeberrimorum D. D. Professorum Pro Doctoris Medicinae Et Chirurgiae Laurea Rite Obtinenda In Celeberrima C. R. Academia Josephina Publicae Disquisitioni. Theses adnexae defendentur in aedibus Academiae Josephinae die … mensis Octobris 1845. Wien: Typis Congregationis Mechitaristicae 1845.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/historische Dissertations-Bibliothek, Sign.: D-1845/8]

Keywords:

1848, August Fischer, Carl Freiherr von Mengen, Italien, Johann Joseph Wenzel von Radetzky, Josephinum, Militärarzt, Arzt, Wien, Medizingeschichte

[1] Wiener Abendzeitung, 2.8.1848, S. 4.

[2] Wiener Abendzeitung, 15.5.1848, S. 1.

[3] Der österreichische Zuschauer (Wiener Zuschauer. Zeitschrift für Gebildete). Zeitschrift für Kunst, Wissenschaft und geistiges Leben, 28.7.1848, S. 951.

Normdaten (Person) Fischer, August: BBL: 30460; GND: 1266890408

Bio-bibliografisches Lexikon (BBL)/Liste aller Beiträge der VS-Blog-Serie: Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien

Bitte zitieren als VAN SWIETEN BLOG der Universitätsbibliothek der Medizinischen Universität Wien, BBL: 30460 (28.06.2018); Letzte Aktualisierung: 2022 08 25
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Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien [67]: Leopold Glück – Dermatologe und Leiter des Landesspitals in Sarajewo-Bosnien-Herzegowina

Leopold Glück – Dermatologe und Leiter des Landesspitals in Sarajewo-Bosnien-Herzegowina

Text: Dr. Walter Mentzel

Leopold Glück war vor dem Ersten Weltkrieg ein international angesehener Dermatologe und Lepraforscher, Gründer des Zentrums für die Behandlung von Lepra und Leiter des Landeskrankenhauses in Sarajevo. Darüber hinaus arbeitete er in Bosnien-Herzegowina auf dem Gebiet der Ethnologie, der Anthropologie und der vergleichenden Philologie.

Leopold (Littmann) Glück wurde 1854 in Neu Sandec (heute: Nowy Sącz/Polen) in Galizien geboren, war jüdischer Herkunft und seit 1880 mit Paulina (geb. 1859, gest. nach 1941), geborene Fink, verheiratet. 1873 begann er mit dem Studium der Medizin an der Universität in Krakau (Promotion 1879) und setzte danach an der Medizinischen Fakultät in Wien seine Ausbildung bei Ferdinand von Hebra (1816-1880) im Fach Dermatologie fort. 1881 eröffnete er zunächst eine ärztliche Praxis, die er jedoch bald aufgab, um seine Karriere als Dermatologe in Bosnien-Herzegowina, das seit 1878 unter österreichischer Verwaltung stand, fortzusetzen. In den ersten zwei Jahren arbeitete er in Prnjavor, danach als Distriktarzt in Foca (um 1884), Travnik und Zenica (um 1890). Im April und Mai 1884 veröffentlichte er in der Wiener medicinischen Presse (Nr. 172 und 173) zwei Arbeiten Über die Sanitäts-Verhältnisse unseres „Occupations-Gebietes, insbebsondere über einige daselbst beobachtete Infections-Krankheiten“ und 1889 „Über das Alter, den Ursprung und die Benennung der Syphilis in Bosnien und der Hercegovna“. In: Archiv für Dermatologie und Syphilis. (21) 1889. S. 347-348.

1894 wurde er an das am 3. Juli desselben Jahres eröffnete Landespital in Sarajewo berufen, wo er zunächst als Primarius den Abteilungen für Dermatologie und Syphilis vorstand,[1]und danach bis zu seinem Tode 1907 die Leitung des größten Krankenhauses in Bosnien inne hatte. Auf seine Initiative gingen auch die hier eingerichtete Abteilung und das Heim für Leprakranke zurück. Daneben widmete er sich als Landessanitätsrat dem Aufbau und der Organisation der medizinischen Verwaltung in Bosnien-Herzegowina. Er publizierte zahlreiche medizinisch-wissenschaftliche Arbeiten in in- und ausländischen Zeitschriften. Neben Publikationen in bosnischen Zeitschriften erschienen zahlreiche seiner Arbeiten in der Wiener medizinischen Wochenschrift – darunter:

Weitere Arbeiten als Wissenschafter und Arzt am Landeskrankenhaus in Sarajevo finden sich an der Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin an der Universitätsbibliothek der Medizinischen Universität Wien und zwar in der Neuburger-Bibliothek:

Glück, Leopold: Mitteilungen aus der Abtheilung für Syphilis- und Hautkranke des Bosnisch-Hercegovinischen Landesspitales in Sarajevo (1. Juli 1894-31. December 1896). Wien: Safar 1898.

In der Separata-Bibliothek befinden sich zwei weitere Arbeiten von ihm und zwar:

Ueber die Behandlung der Syphilis mit hochdosirten intramasculären Sublimatinjektionen.

Und: Ein Beitrag zur Contagienlehre der Syphilis im XVI. Jahrhundert.

Ethnologische – Anthropologische Arbeiten

Neben seiner medizinisch-wissenschaftlichen und ärztlichen Tätigkeit beschäftigte er sich in Bosnien-Herzegowina mit anthropologischen und ethnologischen Themen, unternahm archäologische Ausgrabungen und stellte philologische Studien an. In diesem Zusammenhang forschte er zur sogenannten „Volksmedizin“ in Bosnien vor der Okkupation Österreich-Ungarns. 1898 erschien von ihm dazu in Sarajevo, die von der Landesregierung Bosnien und Herzegowina herausgegebene Arbeit: „Medcinische Volksterminologie in Bosnien und der Hercegovina, unter Berücksichtigung der Nachbarländer“, die eine Sammlung medizinischer Benennungen enthält, die er auf seinen Reisen durch Bosnien zusammenstellte.[2] Weitere Publikationen waren:

  • Die Tätowierung der Haut bei Katholiken Bosniens und der Herzegowina. In: Wissenschaftliche Mittheilungen aus Bosnien und der Herzegowina. (2) 1894. S. 400-461.
  • Physische Beschaffenheit der Bevölkerung Bosniens. In: Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild. Bosnien-Hercegowina. Wien: k.k. Hofstaatsdruckerei 1901. S. 284.
  • Albanien und Macedonien. Eine Reiseskizze. Würzburg 1892.
  • Die volksthümliche Behandlung der Syphilis in Bosnien und der Herzegowina. In: Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 8 1890, Sp. 300-303, (Fortsetzung), 9 1890, S. 350-353.

Eine seiner bekanntesten Arbeiten veröffentlichte er 1894 unter dem Titel:

Glück, Leopold. Skizzen aus der Volksmedicin und dem medicinischen Aberglauben in Bosnien und der Hercegovina. Sonderabdruck aus: Wissenschaftliche Mittheilungen aus Bosnien und der Hercegovina. Wien: In Commission bei Carl Gerold’s Sohn 1894.

Titelblatt: Glück, Leopold: Skizzen aus der Volksmedicin […]. Wien: 1894.

1895 wurde Leopold Glück von der Münchner anthropologischen Gesellschaft zum Ehrenmitglied ernannt.[3] In Sarajewo arbeitete er auch mit dem hier als Sanitätschef des 15. Armeekorps stationierten Anthropologen Augustin Weisbach (1837-1914) zusammen, der seine Ausbildung an der medizinisch-chirurgischen Josephsakademie in Wien erhalten hatte. Weisbach hatte seine Karriere als Assistent beim Pathologen und Anatomen Josef Engel (1816-1899) am Josephinum begonnen und unternahm seit 1891 am Landesmuseum in Sarajevo anthropologische Studien.

Ein Brief (ein Blatt) von Asaf Sarac über Dr. Josef Glück (Sarajevo) adressiert an das ehemalige Institut für Geschichte der Medizin aus dem Jahr 1957 findet sich an der Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin.

Eine frühe Darstellung zu Leopold Glück stammt vom Dermatologen Dr. Josip Fleger (1896-1966): Leopold Glück. In: Lijecnicki Vjesnik. (4) 1931. S. 419-429. Hier findet sich auch eine Publikationsliste der von Glück in bosnischen Zeitschriften verfassten Aufsätze und Artikel.

Leopold Glück verstarb am 9. Oktober 1907 in Sarajewo und hinterließ neben seiner Ehefrau die drei Söhne Henryk (1881-1929), Aleksander (1884-1925), der nach dem Studium an der Medizinischen Fakultät in Wien wie sein Vater als Dermatologe und Venerologe arbeitete und nach beruflichen Stationen in Krakau und Wien in Sarajevo die Forschungen seines Vaters zur Syphilis fortsetzte, und Władysław (1886-1942), der in Wien Rechtswissenschaften studierte und ab 1919 in Polen lebte, wo er sich für die polnisch-jugoslawischen Beziehungen engagierte und jugoslawische Literatur ins Polnische übersetzte.

Literaturliste:

Glück, Leopold: Mitteilungen aus der Abteilung für Syphilis- und Hautkranke des Bosn.-Herceg. Landesspitles in Sarajevo (1. Juli 1894-31. December 1896). Wien: Safar 1898.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: I-1939]

Glück, Leopold: Über die Behandlung der Syphilis mit hochdosirten intramusculären Sublimatinjectionen. Sonderdruck aus: Therapeutische Wochenschrift. Wien: 1895.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Glück, Leopold: Ein Beitrag zur Contagienlehre der Syphilis im XVI. Jahrhundert. Sonderdruck aus: Allgemeine Wiener medizinische Zeitung. Wien: 1879.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Glück, Leopold: Skizzen aus der Volksmedicin und dem medicinischen Aberglauben in Bosnien und der Hercegovina. Sonderdruck aus: Wissenschaftliche Mittheilungen aus Bosnien und der Hercegovina. Wien: Gerold 1894.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 7644]

Glück, Leopold: Traitement des formes ulcéreuses de la syphilis par les bains a l’iode et a l’iodure de potassium. Avec deux figures dans le texte. Paris: Imprimerie de la Cour d’Appel 1900.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Keywords:

Aleksander Glück, Augustin Weisbach, Bosnien, Dermatologie, Ethnologie, Ferdinand von Hebra, Herzegowina, Josef Engel, Josip Fleger, Landesspital, Leopold Glück, Sarajevo, Spitalswesen, Syphilis, Volksmedizin, Władysław Glück, Arzt, Medizingeschichte, Wien

[1] Welt-Neuigkeits-Blatt. 13.7.1894. S. 2.

[2] Agramer Zeitung. 2.5.1898. S. 5.

[3] Agramer-Zeitung. 15.2.1895. S. 6.

Normdaten (Person) Glück, Leopold : BBL: 30448;  GND: 1110991088

Bio-bibliografisches Lexikon (BBL)/Liste aller Beiträge der VS-Blog-Serie: Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien

Bitte zitieren als VAN SWIETEN BLOG der Universitätsbibliothek der Medizinischen Universität Wien, BBL: 30149 (19.04.2018); Letzte Aktualisierung: 2022 08 29
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Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien [62]: Emanuel Berghoff – Medizinhistoriker, Widerstandskämpfer und Herausgeber der Festschrift zum 80. Geburtstag von Max Neuburger im Jahr 1948 – Teil 2

Emanuel Berghoff – Medizinhistoriker, Widerstandskämpfer und Herausgeber der Festschrift zum 80. Geburtstag von Max Neuburger im Jahr 1948 – Teil 2

Text: Dr. Walter Mentzel

Im Jahr 1948 erschien aus Anlass des 80. Geburtstages des österreichischen Medizinhistorikers und Gründers des Institutes für Geschichte der Medizin am Standort des Josephinum in Wien, Max Neuburger (1868-1955), eine von seinem langjährigen „Schüler“ und Mitarbeiter, Emanuel Berghoff (1896-1974), herausgegebene Festschrift unter dem Titel:

Festschrift zum 80. Geburtstag von Max Neuburger. Mit 91 internationalen medicohistorischen Beiträgen. (= Wiener Beiträge zur Geschichte der Medizin/2). Hrsg.: Emanuel Berghoff. Wien: Verlag Wilhelm Maudrich 1948.

Umschlag: Festschrift zum 80. Geburtstag Max Neuburgers. Wien: 1948.

Titelblatt: Festschrift zum 80. Geburtstag Max Neuburgers. Wien: 1948.

Diese Festschrift hatte zum Zeitpunkt ihres Erscheinens eine mehr als zehnjährige Geschichte hinter sich. Berghoff, der schon die Arbeiten an der 1928 zum 60. Geburtstag Neuburgers herausgegebenen Festschrift übernommen hatte,[1] übernahm auch für die 1938 als Sammelband konzipierte Publikation zu dessen 70. Geburtstag die Redaktion. Zur gleichen Zeit schrieb Berghoff an einer ebenso für das Jahr 1938 geplanten Biografie über das Leben und wissenschaftliche Wirken Max Neuburgers, die wie die Festschrift erst zehn Jahre später 1948 publiziert werden konnte.

Berghoff, Emanuel: Max Neuburger. Werden und Wirken eines österreichischen Gelehrten. Mit einem Vorwort von Dr. Henry E. Sigerist. (= Wiener Beiträge zur Geschichte der Medizin/III). Hrsg.: Emanuel Berghoff. Wien: Verlag Wilhelm Maudrich 1948.

Titelblatt: Berghoff: Max Neuburger. […] Wien: 1948.

Da nach dem „Anschluss“ im März 1938 sowohl Max Neuburger als auch Emanuel Berghoff von der NS-Verfolgung betroffen waren – Berghoff wurde aus „politischen und rassischen“ Gründen verfolgt – konnte die Drucklegung der Festschrift nicht wie geplant verwirklicht werden. Die bis März 1938 eingelangten Manuskripte der Autoren der Festschrift gelangten zunächst bedingt durch die Flucht von Berghoff nach Jugoslawien, wo er im Rahmen des im September 1938 stattgefundenen 11. Internationalen Kongresses für Geschichte der Medizin in Dubrovnik die Drucklegung der Festschrift zu bewerkstelligen versuchte, davon jedoch wegen der „dort schon unsicher gewordenen politischen Verhältnisse“ wieder Abstand nehmen musste. Nachdem sich Berghoff nach dem Überfall der deutschen Wehrmacht auf Jugoslawien der Widerstandsbewegung von Josip Broz Tito (1892-1980) angeschlossen hatte und er nach seiner Festnahme in das KZ Groß Rosen deportiert worden war, lag das weitere Schicksal der Manuskripte in den Händen seiner Ehefrau Anna Maria Berghoff (1907-1989), die laut der von Berghoff nach 1945 getroffenen Darstellung die Manuskripte in Sicherheit bringen konnte.[2] Nach der Rückkehr von Berghoff nach Wien im Sommer 1945 standen sie so wieder für eine Drucklegung zur Verfügung.

Von den 91 österreichischen vor allem aber internationalen Autoren, die am Sammelband mitwirkten, hatten 20 ihre Manuskripte für die für Publikation bis zum Jahresbeginn 1938 abgegeben. Ihre nunmehr 1948 publizierten Aufsätze sind am Beginn der Texte in Fußnoten mit dem Hinweis „1938 als Manuskript eingelangt“ versehen.

Aus: Festschrift zum 80. Geburtstag von Max Neuburger. Mit 91 internationalen medicohistorischen Beiträgen. (= Wiener Beiträge zur Geschichte der Medizin/2). Hrsg.: Emanuel Berghoff. Wien: Verlag Wilhelm Maudrich 1948.

Einige dieser Autoren waren bei Erscheinen der Festschrift im Jahr 1948 bereits verstorben, andere waren zu dieser Zeit im Exil. Max Neuburger, dem die Festschrift galt, lebte zum Zeitpunkt der Erscheinung des Sammelbandes 1948 nach seiner Emigration in London bei seinem Sohn in Buffalo/USA. Er kehrte erst 1952 nach Wien zurück. Die Festschrift lässt sich damit als Dokument jener nach dem März 1938 an der Medizinischen Fakultät durch das NS-Regime stattgefundenen Verfolgungen aber auch als Mahnmal der Verfolgungsgeschichte jüdischer Mediziner in Europa von 1933 bis 1945 lesen.

Zu den mit dem Vermerk „1938 als Manuskript eingelangt“ versehenen Autoren zählt zunächst der Beitrag des Herausgebers Emanuel Berghoff selbst, der mit einem Aufsatz über „Die Ausbildung zum ärztlichen Beruf im Wandel der Zeit“ im Band vertreten ist.

Ein Artikel mit dem Titel „Zur Wohnungsfrage im Alten Wien“ stammt vom Dozenten für Innere Medizin an der Medizinischen Fakultät und Chefarzt der Tuberkulosefürsorge der Stadt Wien, Alfred Götzl (1873-1946).

Ein weiterer bereits 1938 abgegebener Beitrag stammte von dem deutschen Pathologen und Medizinhistoriker Edgar Goldschmid (1881-1957), der 1933 aufgrund seiner jüdischen Herkunft vor den Nationalsozialisten in die Schweiz flüchtete und als Medizinhistoriker an der Universität Lausanne unterrichtete. Er ist mit einem 1938 abgegebenen Beitrag „Handzeichnungen chirurgischer Erkrankungen von J. E. Klemm (1817-1822)“ vertreten.

Ein Aufsatz über „Medizinisches aus einer alten Chronik“ trug der polnische Gynäkologe Jan Lachs (1869-1954) bei, der nach dem Einmarsch der deutschen Wehrmacht in Polen wegen seiner jüdischen Herkunft der Verfolgung ausgesetzt war. Lachs überlebte den Holocaust als Arzt und Leiter der Gynäkologie- und Geburtshilfeabteilung des israelitischen Krankenhauses in Krakau und nach der Liquidierung des Krakauer Ghettos in einem Versteck. 1947 habilitierte er sich im Fach Geschichte der Medizin und der Pharmazie.

Vom Professor für Kinderheilkunde Ernst Mayerhofer (1877-1957), der seit 1923 in Zagreb arbeitete, stammt der 1938 abgegebene Aufsatz „Paediatrie und Volksmedizin (mit besonderer Berücksichtigung der Südslawen)“. Der Aufsatz enthält die Anmerkung: „Zagreb, Juni 1938; damals wegen der Zustände im Okkupationsbereich nicht zum Drucke gelangt: Der Autor“.

Ein Aufsatz „Über eine arabische Krankenhauspharmakopöe aus Kairo (um 1200 N. Chr.)“ kam vom deutsch-ägyptischen Augenarzt und Medizinhistoriker Max Meyerhof (1874-1945). Meyerhof, der jüdischer Abstammung war, wurde in Hildesheim geboren, studierte in Heidelberg, Freiburg, Berlin und Straßburg Medizin, arbeitete ab 1898 an verschiedenen Augenkliniken in Deutschland und eröffnete 1902 in Hannover eine eigene Praxis. Bereits 1903 emigrierte er nach Ägypten und eröffnete in Kairo eine Augenarztpraxis für Verarmte. Er gehörte ab 1913 zu den Mitherausgebern der „Revue médical d’Égypte“. Ab den 1920er Jahren widmete er sich auch orientalistischen, philologischen und medizinhistorischen Studien und war Übersetzer arabischer medizinischer Text-Überlieferungen. 1932 erhielt er das Angebot den Lehrstuhl für Medizingeschichte an der Universität Leipzig zu übernehmen, das er aufgrund des anwachsenden Antisemitismus und dem Aufstieg der Nationalsozialisten ablehnte. Er gab seine deutsche Staatsbürgerschaft auf, nahm 1936 die ägyptische Staatsbürgerschaft an und engagierte sich in einem jüdischen Hilfswerk für die aus Europa geflüchteten Juden. Am 20. April 1945 starb Meyerhof in Kairo, wo er auf dem jüdischen Friedhof beerdigt wurde.

Beiträge von zwei wegen ihrer jüdischen Herkunft verfolgten Mitgliedern der Wiener Medizinischen Fakultät stammen vom Radiologen und Röntgenologen, Prof. Leopold Freund (1868-1943), der 1943 im Exil in Brüssel unter ungeklärten Umständen verstarb. Sein 1938 abgegebener Aufsatz lautete: „Ein Beitrag zur Geschichte der Entstehung der Röntgentherapie“. Der zweite Aufsatz stammt vom Laryngologen Prof. Emil Fröschels (1884-1972) der den Titel „Ein Versuch, von der Medizin aus die Entstehung und Bedeutung einer Hyroglyphe zu erklären“ trägt. Fröschels flüchtete 1939 in die USA, wo er seine wissenschaftliche Karriere zunächst als Research Professor an der Washington Universität, danach als Direktor der Speech and Voice Clinic des Mount Sinai Hospitals in New York und an der Speech and Voice Clinic am Beth David Hospital in New York fortsetzte.

Weitere 1938 eingebrachte Aufsätze kamen vom französischen Bibliothekar, Medizinhistoriker und Mediziner Ernest Wickersheimer (1880-1965), von dem in Chicago wirkenden Kinderarzt, Isaac Abt (1867-1955), vom in Deutschland geborenen US-Bakteriologen Charles Frederick Bolduan (1873-1950), vom US-Neurologen Robert Foster Kennedy (1884-1952) und vom britischen Medizinhistoriker und Präsidenten der History of Medicine Society und der Royal Society of Medicin, D’Arcy Power (1855-1941). Aus Rumänien kamen 1938 Beiträge von Constantin Ion Parhon (1874-1969), George Zaharia Petrescu (1874–1954) und Hector Sarafidi/Έκτωρ Σαραφίδης (1872-1950), sowie aus Polen ein Aufsatz vom Gründer des Institutes für Geschichte der Medizin und Philosophie an der Jagiellonen-Universität in Krakau, Władysław Szumowski (1875-1954). Ein weiterer 1938 abgelieferter Beitrag stammt von dem mit dem italienischen Faschismus sympathisierenden und involvierten italienischen Medizinhistoriker Davide Giordano (1864-1954).

Quellen:

Archiv der Universität Wien, Dekanat der Medizinischen Fakultät, Zl. 41/1945-1946 Institut für Geschichte der Medizin

Wiener Stadt- und Landesarchiv:

WStLA, Selbstverwaltungskörper, Ärztekammer Wien, Personalakt Ärztekammer Wien 2.10.1. A1 Berghoff Emanuel Personalakt Ärztekammer.

WStLA, M.Abt. 119, Gelöschte Vereine, Akt 1.3.2.119.A32. Zl. 8.857/1931 Akademische freie Vereinigung für medizinische Geistesgeschichte.

Literaturliste:

Internationale Beiträge zur Geschichte der Medizin. Max Neuburger. Festschrift zur Feier seines 60. Geburtstages am 8. Dezember 1928 gewidmet von Freunden, Kollegen und Schülern. Wien: Verlag des Fest-Komitees 1928.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 6043]

Berghoff, Emanuel: Max Neuburger. Werden und Wirken eines österreichischen Gelehrten. Mit einem Vorwort von Dr. Henry E. Sigerist. (= Wiener Beiträge zur Geschichte der Medizin/III). Hrsg.: Emanuel Berghoff. Wien: Verlag Wilhelm Maudrich 1948.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: K-16771/3]

Festschrift zum 80. Geburtstag von Max Neuburger. Mit 91 internationalen medicohistorischen Beiträgen. (= Wiener Beiträge zur Geschichte der Medizin/2). Hrsg.: Emanuel Berghoff. Wien: Verlag Wilhelm Maudrich 1948.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 69889]

Keywords:

1938, 1945, Alfred Götzl, Charles Frederick Bolduan, Constantin Ion Parhon, D’Arcy Power, Davide Giordano, Edgar Goldschmid, Έκτωρ Σαραφίδης, Emanuel Berghoff, Emil Fröschels, Ernest Wickersheimer, Ernst Mayerhofer, Festschrift, Hector Sarafidi, Institut für Geschichte der Medizin, Isaac Abt, Jan Lachs, Josephinum, Josip Broz Tito, Konzentrationslager, KZ Groß Rosen, Leopold Freund, Max Meyerhof, Max Neuburger, Medizinhistoriker, Nationalsozialismus, Robert Foster Kennedy, Vertriebene, Widerstand, Władysław Szumowski, Arzt, Wien, Medizingeschichte

[1] Festschrift zur Feier seines 60. Geburtstages am 8. Dezember 1928. Max Neuburger gewidmet von Freunden, Kollegen und Schülern. (= Internationale Beiträge zur Geschichte der Medizin). Wien: Verlag des Fest-Komitees 1928.

[2] Berghoff, Emanuel: Max Neuburger. Werden und Wirken eines österreichischen Gelehrten. Mit einem Vorwort von Dr. Henry E. Sigerist. (= Wiener Beiträge zur Geschichte der Medizin/III). Hrsg.: Emanuel Berghoff. Wien: Verlag Wilhelm Maudrich 1948. S. Vorwort.

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Bio-bibliografisches Lexikon (BBL)/Liste aller Beiträge der VS-Blog-Serie: Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien

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Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien [61]: Emanuel Berghoff – Medizinhistoriker und Widerstandskämpfer. Herausgeber der Festschrift zum 80. Geburtstag von Max Neuburger im Jahr 1948 – Teil 1

Emanuel Berghoff – Medizinhistoriker und Widerstandskämpfer. Herausgeber der Festschrift zum 80. Geburtstag von Max Neuburger im Jahr 1948 – Teil 1

Text: Dr. Walter Mentzel

Emanuel Berghoff war Mediziner, praktizierender Zahnarzt und arbeitete ab den 1920er Jahren bis 1938 als Medizinhistoriker eng mit dem Gründer und Leiter des damalig bestehenden Institutes für Geschichte der Medizin, Max Neuburger (1868-1955), am Josephinum zusammen. Nach 1945 versuchte er erfolglos an die Tradition von Max Neuburger anzuknüpfen und seine Nachfolge anzutreten.

Berghoff wurde am 1. Jänner 1896 als Sohn von Lazar Berghoff und Antonia, geborene Beilich, in Suceava/Suczawa/Szucsáva/Сучава in der Bukowina (heute: Rumänien) geboren. Sein Vater war Veterinärmediziner und arbeitete zunächst als Bezirkstierarzt in Suceava, nach seiner Ernennung zum Bezirksobertierarzt (1909) in Gura Humorului/Gura Humora/,גורא הומאָרא und zuletzt in Czernowitz/Bukowina. Berghoff war seit 1936 mit Anna Maria Pisa (1907-1989) verheiratet.[1] Er absolvierte das Gymnasium im Juni 1914 am 1. Staatsgymnasium in Czernowitz, nahm am Ersten Weltkrieg als Sanitätskadett teil[2] und rüstete 1919 im Reserve-Spital Klosterneuburg ab.[3] Sein 1914 an der Medizinischen Fakultät der Universität Wien aufgenommenes Studium schloss er im November 1922 mit der Promotion ab. Danach war er u.a. an der dermatologischen Abteilung bei Prof. Gabriel Nobl (1864-1938) tätig und erhielt anschließend seine fachärztliche Ausbildung im Fach Zahnheilkunde und Kieferheilkunde bei Rudolf Weiser (1859-1928) und Hans Pichler (1877-1949), die er 1923 am zahnärztlichen Institut abschloss. 1924 eröffnete er als Facharzt für Zahn- Mund und Kieferheilkunde eine Ordination in Wien, die er bis 1938 führte.[4] Daneben arbeitete an der Schulärztlichen Klinik und am Krankenkassenambulatorium für Industrieangestellte in Wien.

Archiv Sammlungen Josephinum. Medizinische Universität Wien. MUW-AS-003329.

Seit den frühen 1920er Jahren war er in der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Österreichs (SdAPÖ) in der Erwachsenen- und Volksbildung aktiv, wo er sich als Journalist und Vortragender Themen des Mutterschutzes und der Kindererziehung aus medizinsicher Sicht sowie der Lebensreform und der Körperkultur widmete und sich bei den „Naturfreunden“ in der Bezirksgruppe Josefstadt engagierte.[5] Er bot einmal wöchentlich unentgeltliche ärztliche Beratung an,[6] arbeitete in der vom „Bund für Mutterschutz“ organisierten „Arbeitsgemeinschaft für Mutter- und Erziehungsberatung“ („Muttergemeinschaft“)[7] und veröffentlichte laufend Artikel in der Arbeiter-Zeitung, wie im Dezember 1924 zur „Bedeutung der Mundpflege für die Volkswohlfahrt“,[8] zur „Erkrankung des Zahnfleisches als Gewebekrankheit“,[9] und zum Thema „Was soll man essen?“[10]. Weiters publizierte er zahlreiche Artikelserien in der 1924 von der 1938 von den Nationalsozialisten vertriebenen Gina Kaus (1893-1985) herausgegebenen Zeitschrift „Bundes für Mutterschutz“. In der Zeitschrift „Die Mutter. Halbmonatsschrift für alle Fragen der Schwangerschaft, Säuglingshygiene und Kindererziehung“, behandelte er Themen wie „Die Bedeutung der Mundpflege für das Kind“[11], oder „Die sogenannten Zahnungskrankheiten“[12], „Einfluss der Rachitis auf die Zahnentwicklung[13], „Fleisch- oder Pflanzennahrung?“[14], „Hygiene des Mundes“[15], „Der Einfluss der Ernährung auf die Zähne“[16], „Stiefkinder der Natur“ (über missgebildete Kinder)[17] und „Kind und Sonne“.[18] Ab 1927 war er Referent im Verband der sozialistischen Arbeiterjugend.[19] Seit spätestens 1931 war er in der „Gesellschaft für Volksbildung“ und in dessen Vorstand aktiv.[20]

Emanuel Berghoff am Institut für Geschichte der Medizin

Neben seiner Tätigkeit als Zahnarzt arbeitete Berghoff seit spätestens 1928 bei Max Neuburger am Institut für Geschichte der Medizin am Josephinum zu medizinhistorischen Themen. Er galt in den 1930er Jahren als „Schüler“ Max Neuburgers und veröffentlichte einige medizinhistorische Aufsätze in der Wiener medizinischen Wochenschrift unter der Rubrik: „Aus dem Medikohistorischen Institut der Wiener Universität. Vorstand Professor Dr. med. et. phil. M. Neuburger“. Darunter 1930 „Der Anteil der Wiener Schule an der Entwicklung der Lokalanästhesie“,[21] 1932 „Ein Verteidiger des Paracelsus im 17. Jahrhundert in Altösterreich“,[22] 1933 „Franz Anton Mesmer (1733-1833) Anlässlich seines 200. Geburtstages“,[23] 1935 der Aufsatz „Verlebendigung der Medizingeschichte“[24] den er Max Neuburger widmete und 1937 „Zahnärztliches in August Gottlieb Richters ‚Anfangsgründe der Wundarzneykunst‘“.[25] 1937 erschien seine Monografie „Religion und Heilkunde im Wandel der Zeiten.“ Sie befindet sich an der Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin im Bestand der Neuburger-Bibliothek.

Titelblatt: Berghoff: Religion und Heilkunde […]. Wien: 1937.

Der Verein „Akademische freie Vereinigung für medizinische Geistesgeschichte und praktische Medizin“ am Josephinum

Berghoff war in der von Max Neuburger 1931 gegründeten „Akademischen freien Vereinigung für medizinische Geistesgeschichte und praktische Medizin“, die sich dem Studium der „medizinischen Geistesgeschichte und medizinischer Klassiker […] auf ihre Bedeutung für die Praxis der Gegenwart zu fördern […] und allgemeine Probleme des Arzttums und der ärztlichen Wissenschaft im Sinne einer medizinischen Weltanschauung“ widmete, Mitglied, Referent und Schriftführer.[26] Die Ziele und den historischen Kontext der Vereinsgründung beschreibt Isidor Fischer (1868-1943) 1932 in der Wiener medizinischen Wochenschrift.[27] Der Verein wurde nach dem „Anschluss“ im März 1938 vom Stillhaltekommissar Vereine, Organisationen und Verbänden laut § 3 des Gesetzes über die Überleitung und Eingliederung von Vereinen, Organisationen und Verbänden, GBl. Nr. 136/1938, aufgelöst.

Verfolgung und Widerstand

Berghoff war nach dem „Anschluss“ aufgrund seiner jüdischen Herkunft (er trat 1930 zum röm. kath. Glauben über) der NS-Verfolgung ausgesetzt und verlor seine ärztliche Praxisberechtigung aufgrund der 4. Verordnung zum Reichsbürgergesetz, das die Approbationen jüdischer Ärzte aufhob.[28] Laut seinen nach 1945 gemachten Angaben, floh er im September 1938 aus „politischen und rassischen“ Gründen aus Österreich. Ebenfalls nach seinen eigenen Aussagen schloss er sich nach dem Überfall der deutschen Wehrmacht auf Jugoslawien der kommunistischen „Volksbefreiungsarmee“ von Josip Broz Tito (1892-1980) an, wo er als Chefarztstellvertreter bei Partisaneneinheiten in der Gruppe Dalmatien, Abschnitt Split, zum Einsatz kam. Nach seiner Festnahme wurde er im August 1944 in das KZ Groß Rosen deportiert, wo er 1945 befreit wurde.

Nach seiner Rückkehr nach Wien im Mai 1945 setzte er seine Arbeit als Zahnmediziner nach der Wiedereröffnung seiner zahnärztlichen Praxis bis zu seiner Pensionierung fort. Seine Bemühungen im Juli 1945 beim kommunistischen Staatssekretär für Volksaufklärung, Unterricht, Erziehung und Kultus, Ernst Fischer (1899-1972), als Nachfolger Max Neuburgers zum Leiter des Institutes für Geschichte der Medizin am Josephinum bestellt zu werden, scheiterten, da der zu dieser Zeit amtierende Direktor des Wiener AKH, Leopold Schönbauer (1888-1963), bereits die provisorische Leitung des Institutes übernommen hatte und diese bis zur Bestellung von Erna Lesky (1911-1986) 1960 nicht mehr abgab. Seine Vergangenheit in einer kommunistischen Widerstandsorganisation dürfte den Ausschlag für seine Ablehnung gegeben haben. Damit war für Berghoff die weitere Karriere als institutionalisierter Medizinhistoriker versperrt und die Chance einer Anknüpfung, Tradierung und Weiterentwicklung der vor 1938 von Max Neuburger und Isidor Fischer geprägten medizinhistorischen „Schule“ abgeschnitten worden.

Nach 1945 publizierte Berghoff weitere medizinhistorische Arbeiten, war Schriftleiter der Zeitschrift „Hygiene. Zeitschrift für Fragen der prophylaktischen Medizin (= Organ der Österreichischen Gesellschaft für prophylaktische Medizin)“ und Redakteur der Internationalen Zeitschrift für prophylaktische Medizin. 1945 erschien von ihm im Verlag Maudrich die Arbeit „Entwicklungsgeschichte des Krankheitsbegriffs. In seinen Hauptzügen dargestellt“, die 1947 in einer stark erweiterten zweiten Auflage in den Wiener Beiträgen zur Geschichte der Medizin unter dem Titel „Entwicklungsgeschichte des Krankheitsbegriffes“ veröffentlicht wurde. Zuletzt publizierte er 1955 das „Taschenbuch der prophylaktischen Medizin“ und 1956 die Arbeit „Zur Geschichte der Entdeckung der Röntgenstrahlen“. Im April 1951 nahm er an den von der Weltgesundheitsorganisation veranstalteten internationalen medizinischen Seminarabenden in Genf teil. 1948 gab er die Festschrift zum 80. Geburtstag von Max Neuburger heraus.

Seine weiteren Bemühungen um die Übernahme der Leitung des Institutes für Geschichte der Medizin, scheiterten unter anderem auch, da er sich mit Max Neuburger nach dessen Rückkehr aus dem Exil nach Österreich überworfen hatte. Emanuel Berghoff verstarb am 23. September 1974 in Wien.

Quellen:

AUW, Dekanat, Med. Fakultät, Nationalien/Studienkataloge, Sign. 134-0682, Berghoff Emanuel (Nationalien Datum 1914/15).

AUW, Dekanat, Med. Fakultät, Nationalien/Studienkataloge, Sign. 134-0728, Berghoff Emanuel (Nationalien Datum 1918/19).

AUW, Rektorat, Med. Fakultät, Rigorosen- und Promotionsprotokolle, Sign. 196-0613, Berghoff Emanuel (Rigorosen Datum 17.11.1922).

AUW, Rektorat, Med. Fakultät, Rigorosen- und Promotionsprotokolle, Sign. 192-1340, Berghoff Emanuel (Promotion Datum 27.11.1922).

AUW, Rektorat, Med. Fakultät, Rigorosen- und Promotionsprotokolle, Sign. 192-1367, Berghoff Emanuel (Promotion Datum 23.12.1922).

Archiv der Universität Wien, Dekanat der Medizinischen Fakultät, Zl. 41/1945-1946 Institut für Geschichte der Medizin.

WStLA, Selbstverwaltungskörper, Ärztekammer Wien, Personalakt Ärztekammer Wien 2.10.1. A1 Berghoff Emanuel.

WStLA, M.Abt. 119, Gelöschte Vereine, Akt 1.3.2.119.A32. Zl. 8.857/1931 Akademische freie Vereinigung für medizinische Geistesgeschichte.

Literaturliste:

Berghoff, Emanuel: Religion und Heilkunde im Wandel der Zeit. Mit 12 Abbildungen. Wien: Ars Medici 1937.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 9616]

Berhoff, Emanuel: Entwicklungsgeschichte des Krankheitsbegriffs, in seinen Hauptzügen dargestellt. Wien: Maudrich 1945.

[Universitätsbibliothek/Magazin, Sign.: 1998-05971]

Berghoff, Emanuel: Entwicklungsgeschichte des Krankheitsbegriffes. (= Wiener Beiträge zur Geschichte der Medizin/1) 2. Vollständig neubearbeitete und erweiterte Auflage. Wien: Maudrich 1947.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: K-16771/1]

Berghoff, Emanuel: Festschrift zum 80. Geburtstag Max Neuburgers. Mit 91 internationalen medicohistorischen Beiträgen. (= Wiener Beiträge zur Geschichte der Medizin/2) Wien: Maudrich 1948.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: K-16771/2]

Berghoff, Emanuel: Taschenbuch der prophylaktischen Medizin. Mit 30 Tabellen. Ulm/Donau: Haug 1955.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 68372]

Berghoff, Emanuel: Zur Geschichte der Entdeckungen der Röntgenstrahlen. Wien: Hollinek 1956.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: SA-4882]

Keywords:

1938, Akademische freie Vereinigung für medizinische Geistesgeschichte und praktische Medizin, Emanuel Berghoff, Ernst Fischer, Erwachsenen- und Volksbildung, Gabriel Nobl, Gina Kaus, Hans Pichler, Institut für Geschichte der Medizin, Isidor Fischer, Josephinum, Josip Broz Tito, Konzentrationslager, KZ Groß Rosen, Leopold Schönbauer, Max Neuburger, Medizinhistoriker, Nationalsozialismus, Rudolf Weiser, Sozialdemokratie, Sozialdemokratische Arbeiterpartei Österreichs (SdAPÖ),Vertriebene, Widerstand, Zahnmedizin, Arzt, Medizingeschichte, Wien

[1] WStLA, Selbstverwaltungskörper, Ärztekammer Wien, Personalakt Ärztekammer Wien 2.10.1. A1 Berghoff Emanuel Personalakt Ärztekammer. Friedhofsdatenbank Wien. Weiters: Bukowinaer Post, 22.11.1910, S. 3.

[2] Wiener medizinische Wochenschrift. Nr. 5. 1917. S. 276.

[3] Archiv-Sammlungen am Josephinum: Sign. AS-001423 Berghoff Emanuel.

[4] Neues Wiener Tagblatt (Tages-Ausgabe). 12.3.1924. S. 11.

[5] Arbeiter Zeitung. 10.4.1930. S. 11; Der Wiener Bote (Die Naturfreunde). 1930 H. 9/10. S. 6.

[6] Die Mutter. Halbmonatsschrift für alle Fragen der Schwangerschaft. 16.12.1925 S. 14.

[7] Die Mutter. Halbmonatsschrift für alle Fragen der Schwangerschaft. 16.6.1926. S. 2.

[8] Arbeiter Zeitung. 6.12.1924. S. 11.

[9] Arbeiter Zeitung. 14.3.1925. S. 9.

[10] Arbeiter Zeitung. 5.8.1925. S. 9.

[11] Die Mutter. Halbmonatsschrift für alle Fragen der Schwangerschaft. 1.3.1925. S. 6-7.

[12] Die Mutter. Halbmonatsschrift für alle Fragen der Schwangerschaft. 1.6.1925. S. 6-7.

[13] Die Mutter. Halbmonatsschrift für alle Fragen der Schwangerschaft. 15.7.1925. S. 2.

[14] Die Mutter. Halbmonatsschrift für alle Fragen der Schwangerschaft. 1.9.1925. S. 6.

[15] Die Mutter. Halbmonatsschrift für alle Fragen der Schwangerschaft. 1.10.1925. S. 2.

[16] Die Mutter. Halbmonatsschrift für alle Fragen der Schwangerschaft. 16.12.1925. S. 10.

[17] Die Mutter. Halbmonatsschrift für alle Fragen der Schwangerschaft. 1.4.1926. S. 11.

[18] Die Mutter. Halbmonatsschrift für alle Fragen der Schwangerschaft. 16.6.1926. S. 8.

[19] Arbeiter-Zeitung. 11.1.1928; 25.5.1928. S. 10; 5.12.1928. S. 9; 27.3.1929. S. 9.

[20] Neue Freie Presse. 23.3.1931. S. 4.

[21] Wiener medizinische Wochenschrift. Nr. 30. 1930. S. 995-996.

[22] Wiener medizinische Wochenschrift. Nr. 38. 1932. S. 1192-1194.

[23] Wiener medizinische Wochenschrift. Nr. 28. 1933. S. 797-798.

[24] Wiener medizinische Wochenschrift. Nr. 50. 1935. S. 1381-1382.

[25] Wiener medizinische Wochenschrift. Nr. 2. 1937. S. 57-59.

[26] Wiener medizinische Wochenschrift. Nr. 48. 1931. S. 1608; Nr. 12. 1932. S. 404.

[27] Zur Gründung der „Akademischen Vereinigung für medizinische Geistesgeschichte und praktische Medizin“ in: Wiener medizinische Wochenschrift. Nr. 7, 1932. S. 228-229.

[28] GBl. Nr. 320 vom 9.8.1938, Kundmachung des Reichstatthalters in Österreich, wodurch die Vierte Verordnung zum Reichsbürgerschaftsgesetzt vom 25. Juli 1938 bekannt gemacht wird.

Normdaten (Person) Berghoff, Emanuel: BBL: 30184;  30149; GND: 1055154361

Bio-bibliografisches Lexikon (BBL)/Liste aller Beiträge der VS-Blog-Serie: Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien

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