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Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien [191]: Myrdacz, Paul – Militärarzt, Sanitätsstatistiker, Autor, Leiter der Josephinischen Sammlungen und Bibliothekar der Militärärztlich-chirurgischen Bibliothek im Josephinum in Wien

Myrdacz, Paul – Militärarzt, Sanitätsstatistiker, Autor, Leiter der Josephinischen Sammlungen und Bibliothekar der Militärärztlich-chirurgischen Bibliothek im Josephinum in Wien

Text: Walter Mentzel

Paul (Pawel) Myrdacz wurde am 4. Mai 1847 als Sohn von Jerzy Myrdacz (1821-1876) und Zusanna Krzemien in Konská in Österreichisch-Schlesien geboren. Er war mit Emma Zettl verheiratet.

Paul Myrdacz absolvierte 1872 als letzter Jahrgang vor ihrer Schließung die militärärztlich-chirurgischen Josephinische Akademie in Wien mit dem Titel Doktor der gesamten Heilkunde (6.1.1872),[1] und begann unmittelbar darauf seine Karriere als Oberarzt im Infanterieregiment Freiherr von Heß, Nr. 49.[2] 1874 wechselte er zum Infanterieregiment Nr. 39[3] und 1875 zum Garnisonspital Nr. 2.[4] 1878 wurde er als Regimentsarzt dem Chef des militärischen Offizierskorps und dem Generalstab zugeteilt.[5] Zwischen 1879 bis 1888 fungierte er Sekretär des „Unterstützungsvereins der k. k. Militärärzte“. 1885 erfolgte seine Ernennung zum Regimentsarzt 1. Klasse, seinen Dienst versah er in diesen Jahren bei den Infanterieregimentern Nr. 31 und Nr. 55, bis er ab November 1888 wieder dem Garnisonsspital Nr. 2 und ab Mai 1895 dem Garnisonspital Nr. 1 als Stabsarzt zugeteilt wurde.

Paul Mydracz wissenschaftliche Laufbahn

Neben seinem Beruf als Militärarzt schlug Myrdacz schon früh eine wissenschaftliche Laufbahn ein. Zunächst im „Wissenschaftlichen Verein der Militärärzte in Wien“,[6] in dem er zwischen 1874 und 1887 auch als Schriftführer wirkte,[7] sowie als Herausgeber des vom Unterstützungsverein der k.k. Militär-Ärzte geführten „Jahrbuches für Militärärzte“. Im wissenschaftlichen Verein hielt er regelmäßig Vorträge, die sich in der Zeitschrift „Der Militärarzt“ abgedruckt finden, wie u.a. seine „Reiseerinnerungen aus Russland“ aus dem Jahr 1897,[8] oder zur Internationalen Militär-Sanitätsstatistik im Jahr 1898.[9] Ebenso war er viele Jahre lang Mitarbeiter bei der von Wilhelm August Roth (1833-1892) in Berlin herausgegebenen Schriftenreihe: „Jahresberichte über die Leistungen und Fortschritte auf dem Gebiete des Militärsanitätswesens“. 1875 publizierte er bereits zum preußischen Krankentransportwesen und über die militär-hygienischen Mitteilungen aus der nordamerikanischen Union. Beide Arbeiten erschienen in der „Wiener medizinischen Presse“.[10] Seit 1888 war er auch Mitarbeiter der „Wiener klinischen Wochenschrift“.[11] Regelmäßig schrieb er für die Zeitschrift „Der Militärarzt“.

Sanitätsstatistik und Sanitätsgeschichte

Einen besonderen Arbeitsschwerpunkt legte Myrdacz schon früh auf das Gebiet der Sanitätsstatistik, der Sanitätsgeschichte und dem internationalen Militärsanitätswesen. Seine ersten Arbeiten widmeten sich – 1880 veröffentlicht – der Tätigkeit der Schiffsambulanzen und Eisenbahnsanitätszüge.

Erstmals größere Aufmerksamkeit erhielt er mit seiner 1882 vorgelegten Schrift „Sanitätsgeschichte und Statistik der Occupation Bosniens und der Hercegovina im Jahre 1878“, die die – nach den Beschlüssen des Berliner Kongresses 1878 – von Österreich-Ungarn durchgeführten Okkupationen von Bosnien und Herzegowina und der damit verbundenen Eingliederung in die österreichische Verwaltung thematisierte. 1885 erschien von ihm als Fortsetzung die Sanitäts-Geschichte über die Niederschlagung des Aufstandes in der Herzegowina, in Südbosnien und in Süddalmatien, dem sogenannten „Ostherzgowinischen Aufstand“ im Jahre 1882, der mit einer massiven Brutalität durch die k.u.k. Armee gegen die serbische und muslimische Bevölkerung von statten ging und sich im Ersten Weltkrieg an denselben Schauplätzen wiederholen sollte. Myrdacz verarbeitete in diesen beiden Monografien zeitnah militärhistorisch relevante Quellen, darunter sehr früh schon die sogenannten „Feld-Akten“ aus dem Bestand des Kriegsarchivs im heutigen Österreichischen Staatsarchiv, deren Einsichtnahme ihm durch das Kriegsministerium gewährt worden war. Neben zahlreichen Monografien publizierte er seine historischen Arbeiten regelmäßig in der Zeitschrift „Der Militärarzt“. Darunter: „Der Ileotyphus in den Garnisonen Wien und Budapest in den Jahren 1877-1899, in: Der Militärarzt, 29.7.1892, Nr. 14 und 12.8.1892, Nr. 15“, weiters „Die Malariakrankheit im k.u.k. Heere, in: Der Militärarzt, 17.1.1902, Nr. 1 und 2 und „Die chirurgisch-operative Tätigkeit der k.u.k. Militärheilanstalten in den Jahren 1894-1904, in: Der Militärarzt, 20.7.1906, Nr. 13-14“.

Sanitäts-Geschichte über die Niederschlagung des Aufstandes in der Herzegowina, in Südbosnien und in Süddalmatien

Diese Arbeiten zählten in Österreich-Ungarn zu den ersten Versuchen eine zusammenfassende Geschichte eines Krieges aus dem Blickwinkel des Militärsanitätswesens zu schreiben. Zu seinen Vorbildern gehörten die Arbeiten des britischen Militärarztes, Professor an der Army Medical School und Mitbegründer des Genfer Konvention im Jahr 1864, Thomas Longmore (1816-1895), der auch eine wesentliche Rolle im internationalen Roten Kreuz einnahm. Ebenso beeinflusste ihn der Zoologe und Militärchirurg Jean-Charles Chenu (1808-1879) und der US-amerikanische Militärarzt George Alexander Otis (1830-1888), der die Reihe „The medical and surgical history of the War of the Rebellion“ (1861-1865) mitverfasste und mitherausgab, sowie die späteren Arbeiten des sächsischen Oberstabsarztes Hermann Frölich (1839-1900) und dessen Publikationen zum deutsch-französischen Krieg 1870/71.

Zwischen 1895 bis 1898 verfasste Myrdacz zahlreiche weitere militärärztlich-historische Arbeiten. Dazu zählt das von ihm ab 1898 herausgegebene „Handbuch für k.u.k. Militärärzte“ , die „Sanitäts-Geschichte des deutsch-französischen Krieges 1870-71“, die 1895 veröffentlichte Monografie „Das französische Militär-Sanitätswesen. Geschichte und gegenwärtige Gestaltung“, sowie weitere Arbeiten wie die „Sanitätsgeschichte des Krimkrieges 1854 bis 1856. 1896 erschienen die „Sanitätsgeschichte des Feldzuges 1859 in Italien“, „Das russische Militärsanitätswesen. Geschichte und gegenwärtige Gestaltung“, 1897 die „Sanitätsgeschichte der Feldzüge 1864 und 1866 in Dänemark, Böhmen und Italien“, und „Das italienische Militär-Sanitätswesen. Geschichte und gegenwärtige Gestaltung“, und 1898 die „Sanitätsgeschichte des russisch-türkischen Krieges 1877 bis 1878 in Bulgarien und Armenien“, sowie „Der englische Sanitätsdienst in Egypten“.

Im März 1883 wurde Myrdacz der statistischen Abteilung des Technischen Militärkomitees zugeteilt,[12] die die seit 1869 in der Abteilung 14 des k.k. Kriegsministerium existierende „Armee-Sanitäts-Statistik“ abgelöst hatte. Im selben Jahr erfolgte seine Ernennung zum ordentlichen Mitglied des Militärsanitätskomitees. In dieser Funktion wirkte er an der Modernisierung der Sanitätsstatistik mit und publizierte regelmäßig umfangreiche statistische Arbeiten über die Gesundheits- und Krankenverhältnisse im österreichisch-ungarischen Militär (rückwirkend bis 1870). 1891 formulierte er in einer zwölfteiligen Artikelserie in der Zeitschrift der Militärarzt seine Vorstellungen zur Militärstatistik.[13]

Auf diesem Arbeitsfeld entstanden von ihm eine Reihe von Publikationen, die sich heute an der Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin befinden, darunter seine Sanitätsstatistiken „Ergebnisse der Sanitäts-Statistik des k.k. Heeres in den Jahren 1870-1882, die „Die Sanitäts-Verhältnisse des k.k. Heeres in den Jahren 1880-1885“, die „Ergebnisse der Sanitäts-Statistik des k.k. Heeres in den Jahren 1883-1887“, die „Die neueren Fortschritte der Militärstatistik in Österreich-Ungarn“, die „Ärztliche Rekrutierungsstatistik von Österreich-Ungarn in den Jahren 1894-1905“, und die 1899 veröffentlichten „Ergebnisse der Sanitäts-Statistik des k.k. Heeres in den Jahren 1883-1896“, sowie die „Sanitätsverhältnisse der Mannschaft des k.u.k. Heeres in den Jahren 1894-1898“, und eine 1906 publizierte Arbeit zur „Epidemiologie der Garnisonen des k.u.k. Heeres in den Jahren 1894-1904“.

Zu einem Standardwerk wurde sein von ihm zusammengestelltes „Handbuch für k.u.k. Militärärzte“ Bd. 1-2. Wien: 1890-1914.

Die Separata-Bibliothek an der Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin besitzt als Sonderdruck aus den „Arbeiten der Demographischen Section am VI. Internationalen Congress für Hygiene und Demographie in Wien (1887) seine Studie „Die Verbreitung der zu Kriegsdiensten untauglich machenden Gebrechen der Wehrpflichtigen in Oesterreich-Ungarn“, sowie seine 1894 erschienene Arbeit „Études expérimentales sur l’action du projectile curassé“.

„Internationale Commission für einheitliche Militär-Sanitätsstatistik“

Gleichzeitig zu dem 1894 in Budapest tagenden VIII. Kongress für Hygiene und Demografie, trat auch eine internationale militärärztliche Kommission zusammen, an der Paul Mydracz als offizieller Vertreter Österreich-Ungarns und des Kriegsministeriums teilnahm. Hier kam es, nachdem die Errichtung einer „Internationalen Commission für einheitliche Militärsanitätsstatistik“ zur Vorbereitung der Zusammenführung und Vereinheitlichung statistischer Normen und des Datenaustausches der nationalen Militärstatistiken beschlossen worden war, zu seiner Bestellung zum „ständigen Sekretär“ der Kommission. Über diese seine Tätigkeit sowie seine Versuche auf diesem Gebiet die internationale Staatenwelt zur Zusammenarbeit zu gewinnen, berichtete er in zwei Teilen (Teil 1 und Teil 2) in der Zeitschrift Der Militärarzt 1898 (Nr. 11-14), in denen er seinen zu diesem Thema am 12. März 1898 gehaltenen Vortrag im Wissenschaftlichen Vereine der Militärärzte bei der Garnison Wien, zusammenfasste. Diese Arbeit befindet sich ebenfalls im Bestand der Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin.

Weiters nahm er als Delegierter der österreichisch-ungarischen Regierung, sowie des Kriegsministeriums an zahlreichen medizinischen vor allem aber an Kongressen zur Militär- und Sanitätsstatistik teil, wie u.a. im Jahr 1900 am Internationalen medizinischen Kongress in Paris,[14] oder an den internationalen Kongressen zur Hygiene und Demografie, wie dem im September/Oktober 1887 in Wien stattfindenden VI. Kongress, bei dem er im Organisationskomitee vertreten war.[15] 1912 publizierte er dazu „Zur Frage der internationalen Spezialkongresse für Militär- und Marine-Sanitätswesen“.

Myrdacz Versuche der Organisation der „militärärztlich-chirurgischen Bibliothek“ und der Sammlungen im Josephinum:

Bereits 1884 gehörte Myrdacz jener militärischen Kommission an, die sich für die Reaktivierung der seit 1869 aufgehobenen Joseps-Akademie aussprach.[16] Im Mai 1897 erfolgte schließlich seine Ernennung zum ständigen Mitglied des Militär-Sanitäts-Comités[17] und im Dezember 1897 zum Kustos der militärärztlich-chirurgischen Bibliothek und der Sammlung des Sanitätsausrüstungsmaterials am Standort der Josephs-Akademie. Myrdacz wirkte hier durch die Berufung des k.u.k. Militär-Sanitäts-Comités auch als Leiter der heutigen Josephinischen Sammlungen. Die Militärärztliche Bibliothek ging auf die Initiative von Kaiser Joseph II zurück zu deren Erhalt eine Stiftung errichtet wurde, die jährlich den Stiftungsgenuss zur Vermehrung und Instandhaltung der Büchersammlung auszahlte. Die Stiftung war ursprünglich für das 1781 im Gumpendorfer Militärspital errichtete feldärztliche Institut und seit 1785 für die Josephs-Akademie gewidmet worden. Nach Auflassung des feldärztlichen Institutes (1784), wurde die dort eingerichtete Bibliothek dem k.u.k. Militär-Sanitäts-Comité zugewiesen. Seitdem führte die Bibliothek, die heute als eine Sammlung an der Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin besteht, die Bezeichnung „K.u.k. militärärztliche Bibliothek des Militär-Sanitäts-Comités“. 1900 umfasste der Bestand 12.000 Werke in 24.000 Bänden und einen Katalog.[18]

Myrdacz versuchte die Bibliothek neu zu organisieren, zu erweitern und insgesamt für einen größeren Benutzerkreis wiederzubeleben. Dazu begann er mit einer Neukatalogisierung und Neuaufstellung der Bibliothek. In dem von ihm geschaffenen alphabetisch geordnete Zettelkatalog führte er noch ein System von 86 Gruppen ein, innerhalb dieser er noch einen chronologisch geordneten Materien-Katalog erstellte. Die Benutzung der Bibliothek stand für Interessierte Montag, Mittwoch und Freitag von 5-8 Uhr abends offen, weiters wurde ein Entlehndienst für Militärärzte außerhalb Wiens eingerichtet und dafür der gedruckte Katalog samt der Bibliotheks-Ordnung den Garnisonen in der Habsburgermonarchie Vorort zur Verfügung gestellt.[19] Darüber hinaus hielt er am Josephinum Vorträge im Hörsaal 1 u.a. über „Sanitäts-Feldausrüstungs-Material.[20]

Exlibris von Paul Myrdacz

Er selbst bezeichnete sich 1899 als Bibliothekar. Heute finden sich noch an der Zweigbibliothek die Spuren seiner Tätigkeit in Form seiner der Bibliothek überlassenen Büchersammlungen, die sein Exlibris tragen.


Handschriftliches Exlibris von Paul Myrdacz

Während seiner Tätigkeit an dieser Institution verfasste er 1899 die heute noch als Handschrift an der Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin existierenden „Instruktionen zur Verwaltung der k.u.k. militärärztlichen Bibliothek des Militär-Sanitäts-Comité“.

Instruktionen der Verwaltung der k.u.k. militärärztlichen Bibliothek des Militär-Sanitäts-Comité

Diese in handschriftlicher Form vorliegenden gebundenen Archivalien bestehen aus einer von ihm verfassten Beschreibung der Bibliothek, seiner Vorstellung zur Organisation und Verwaltung der Bibliotheksbestände bis hin zu einer neuen Bibliotheks-Ordnung. Dazu findet sich darin ergänzend eine Sammlung von schriftlichen Quellen zur Bibliotheksgeschichte aus den 1890er Jahre.

Ab 1900 war er darüber hinaus noch Lehrer an der neugeschaffenen militärärztlichen Applikationsschule. Seine Tätigkeit am Josephinum endete im August 1902, nachdem er zum Kommandant des Garnisonsspitals Nr. 2 in Mostar in Bosnien und zum Oberstabsarzt 1. Klasse ernannt wurde.[21] Hier verfasste er im Oktober 1904 im Der Militärarzt den Aufsatz „Sanitätsstatistische Streiflichter“.[22] Im Mai 1905 erfolgte schließlich seine Ernennung zum Sanitätschef des 13. Korps und danach des 4. Korps in Budapest[23] und letztlich im Mai 1908 zum Generalstabsarzt.[24] In Budapest schrieb er 1905 im Der Militärarzt die Studie „Die Alkoholfrage in der Armee“,[25] 1907 den „Sanitätsstatistischen Bericht des k.u.k. Heeres für das Jahr 1905,[26] und 1909 die „Ergebnisse der internationalen Militär-Sanitätsstatistik.[27]

Im April 1911 trat Myrdacz in den Ruhestand und lebte bis zu seinem Tod in Graz. In den folgenden Jahren publizierte er weiterhin die sanitätsstatistischen Berichte in der Zeitschrift der Militärarzt wie u.a. 1912 die Sanitätsstatistischen Berichte des k.u.k. Heeres für 1910 und der Statistische Bericht der k.u.k. Kriegsmarine für die Jahre 1910 und 1911.[28] 1917 wurde ihm der Adelstand verliehen.

Erster Weltkrieg

Während des Ersten Weltkriegs wirkte Paul Myrdacz als Sanitätsreferent beim steirischen Roten Kreuz und in der Bundesleitung des Roten Kreuzes in Wien. Daraus resultierte sein 1917 verfasster „Bericht über die Tätigkeit des steirischen Roten Kreuzes auf dem Gebiet des Sanitätswesens in den Jahren 1914-1916“, der 1917 im Bericht der Generalversammlung des Landes- Frauen- Hilfsvereins Rotes Kreuz Steiermark abgedruckt wurde, und auch einen von ihm verfassten Beitrag zu der Arbeit der innerhalb des Roten Kreuzes in Österreich-Ungarn eingerichteten Organisationseinheit, dem „Gemeinsamen Zentralnachweisbüro“ enthält, das während des Krieges auch nachrichtendienstliche Tätigkeiten sowie Zensuraufgaben erfüllte. Schon ein Jahr vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges hatte er in der Zeitschrift Der Militärarzt einen Aufsatz zur Arbeit des Rotes Kreuzes „Militärsanität und Rotes Kreuz“ publiziert.

Myrdacz verstarb am 7. Juli 1930 in Graz. Der ehemalige Generalstabsarzt und Sanitätschef des k.k. Armeeoberkommandos, Johann Steiner (1866-1945), mit dem Myrdacz auch gemeinsam publiziert hatte, verfasste 1930 in der Wiener medizinischen Wochenpresse einen Nachruf.[29]

Von Myrdacz besitzt die Zweigbibliothek noch eine Sammlung von handschriftlichen Abschriften aus verschiedenen Zeitschriften für Paul Myrdacz zum Militärsanitätswesen und als Manuskript, die von ihm 1923 in Graz verfassten Arbeit „Die vollendete Einheitslehre (Monismus absolutus). Bausteine zu einer zeitgemäss geläuterten Welt- und Lebensansicht“. Weiters befindet sich in diesem Bestand auch eine von ihm im Jahr 1900 handschriftlich verfasste und nicht gedruckte Arbeit mit dem Titel „Tabellarische Übersicht der Ergebnisse der interna-tionalen Militär-Sanitäts-Statistik für Österreich-Ungarn, Italien, Russland, England, Niederlande, Vereinigte Staaten von N.A. in den Jahren 1894-1898“.

Literaturliste:

Myrdacz, Paul: Die Verbreitung der zu Kriegsdiensten untauglich machenden Gebrechen der Wehrpflichtigen in Oesterreich-Ungarn. Mit III graphischen Beilagen. Sonderdruck aus: Arbeiten der Demographischen Section. (IV. Demographischer Congress) = VI. Internationaler Congress für Hygiene und Demographie zu Wien 1887/Travaux de la Section de Démographie. (IVème Congrès de Démographie) Wien: Verlag der Organisations-Commission des Congresses 1887.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Myrdacz, Paul: Études expérimentales sur l‘auction du projectile curassé. Bukarest: 1894.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Myrdacz, Paul: Bericht über die Tätigkeit des steirischen Roten Kreuzes auf dem Gebiet des Sanitätswesens in den Jahren 1914-1916. Sonderdruck aus: Bericht der General-Versammlung des unter dem Protektorate Ihrer kaiserl. und königl. Hoheit der durchlauchtigsten Frau Erzherzogin Blanka stehenden Landes- und Frauen-Hilfsvereines vom Roten Kreuze für Steiermark. Graz: Landes- und Frauen-Hilfsverein vom Roten Kreuze für Steiermark 1917.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Keywords:

Paul Myrdacz, Militärarzt, Militärärztlichen Bibliothek, Josephinum, Militärsanitätsgeschichte, Militärsanitätsstatistik, Medizingeschichte, Arzt, Wien

[1] Neue Freie Presse. 2.7.1873. S.5.

[2] Wiener Zeitung. 30.1.1872. S. 7.

[3] Wiener medizinische Wochenschrift. Nr. 40. 1874. Sp. 885.

[4] Wiener medizinische Wochenschrift. Nr. 38. 1875. Sp. 854.

[5] Der Militärarzt. Nr. 18. 1878. Sp.168.

[6] Der Militärarzt. Nr. 5 1874. Sp. 36.

[7] Wiener medizinische Wochenschrift. Nr. 4. 1874. Sp. 77.

[8] Der Militärarzt. Nr. 5 und 6. 1897. Sp. 49-52; Nr. 7 und 8. 1897. Sp. 65-68; Nr. 9. 1897. Sp. 84-86; Nr. 10. 1897. Sp. 103-105; Nr. 11. 1897. Sp. 118-120.

[9] Der Militärarzt. Nr. 11 und 12. 1898. Sp. 89-94; Nr. 13 und 14. 1898. Sp. 106-110.

[10] Jahrbücher der in- und ausländischen gesamten Medizin. Bd. 171. 1876. S. 343.

[11] Wiener klinische Wochenschrift. Nr. 1. 1888, S. 2.

[12] Der Militärarzt. Nr. 5. 1883. Sp. 40.

[13] Der Militärarzt. Nr. 10. 1891. S. 73-77; Nr. 11. 1891. Sp. 83-86; Nr. 12. 1891. Sp. 91-93; Nr. 15. 1891. Sp. 113-115; Nr. 16. 1891. Sp. 121-123; Nr. 17. 1891. Sp. 129-131; Nr. 18. 1891. Sp. 139-140; Nr. 19. 1891 Sp. 148-149; Nr. 20. 1891. Sp. 153-155; Nr. 21. 1891. Sp. 163-164; Nr. 22. 1891. Sp. 170-172; Nr. 23 und 24. 1891. Sp. 185-192.

[14] Allgemeine Wiener medizinische Zeitung. 12.6.1900. S. 9.

[15] Internationale klinische Rundschau. Nr. 1. 1887. Sp. 29.

[16] Wiener Allgemeine Zeitung. 25.5.1884. S. 5; Der Militärarzt. Nr. 8. 1885. S. 1.

[17] Wiener Allgemeine Zeitung. 2.11.1897. S. 505.

[18] Wiener Zeitung. 23.1.1900. S. 6.

[19] Wiener Zeitung. 23.1.1900. S. 6.

[20] Wiener Zeitung. 30.1.1899. S. 3.

[21] Allgemeine Wiener medizinische Zeitung. 12.8.1902. S. 6.

[22] Der Militärarzt. Nr. 19. 1904. Sp. 161-164.

[23] Die Zeit. 2.5.1905. S. 3.

[24] Die Zeit. 29.4.1908. S. 2

[25] Der Militärarzt. Nr. 21. 1905. Sp. 193-196.

[26] Der Militärarzt. Nr. 15 und 16. 1907. Sp. 209-211.

[27] Der Militärarzt. Nr. 20. 1909. Sp. 305-313; Nr. 21. 1909. Sp. 321-325; Nr. 22. 1909. Sp. 337-344; Nr. 23. 1909. Sp. 353-359.

[28] Der Militärarzt. Nr. 14. 1912. Sp. 201-203.

[29] Wiener medizinische Wochenpresse. Nr. 31. 1930. S. 1038-1039.

Normdaten (Person) Mydracz, Paul: BBL: 39848; GND: 133715183

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Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien [190]: Sterk, Julius – Balneologie und Kurarzt in Marienbad

Sterk, Julius – Balneologie und Kurarzt in Marienbad

Text: Walter Mentzel

Julius Sterk wurde am 7. August 1835 als Sohn von Dr. Hermann Armin Sterk und Eleonore Leonora Wolf in Pest in Ungarn geboren. 1875 heiratete er die in Wien geborene Jenny Eugenie Bettelheim.

Ab 1854 studierte er zunächst in Pest und danach an der Universität Wien Medizin und schloss das Studium 1859 mit dem Magister der Gynäkologie und am 16. März 1860 mit dem Doktor der Chirurgie ab. Danach arbeitete er als praktischer Arzt u.a. in Wien 9, Berggasse 4, danach in Wien Neubau, Feldgasse 3.[1] Daneben beschäftigte er sich mit der Balneologie und nahm 1873 eine Stelle als Badearzt in Marienbad in Böhmen an, die er in den Sommermonaten ausübte und ihm von prominenten Kurgästen eine Reihe Ordensverleihungen einbrachte. Unter anderen erhielt er 1878 den Ritter des königl. Ordens des Sterns von Rumänien[2] und 1885 von König Milan von Serbien den Commandeur des königl. Serbischen Takovaorden[3].

Sterk war ständiger Mitarbeiter der „Medizinisch-chirurgischen Rundschau“ und der „Zeitschrift für die gesammte praktische Heilkunde“. 1881 erschien von ihm die Arbeit „Ueber den schädlichen Einfluss der chronischen Stuhlverhaltung auf den Gesammtorganismus“ als Sonderdruck der Wiener medizinischen Presse. Sein Hauptwerk, das auch rasch in mehrere Sprachen übersetzt wurde, war die 1876 im Selbstverlag publizierte die Badeschrift „Marienbad. Handbuch für Kurgäste“.

Sterk verstarb am 14. Jänner 1900 in Budapest.

Neue Freie Presse. 16.1.1900. S. 17

Quellen:

UAW, Medizinische Fakultät, Rigorosenprotokolle, Sign. 170-243r, Sterk Julius.

UAW, Rektorat, Medizinische Fakultät, Promotionsprotokolle, Sign. 181-404, Sterk Julius.

Literaturliste:

Sterk, Julius: Ueber den schädlichen Einfluss der chronischen Stuhlverhaltung auf den Gesammtorganismus. Sonderdruck aus: Wiener medizinische Presse. Wien: Verlag von Urban & Schwarzenberg 1881.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Keywords:

Badearzt, Balneologie, Julius Gyula Sterk, Kurarzt, Marienbad, Arzt, Medizingeschichte, Wien

[1] Frommes Wiener Auskunftskalender. Handbuch des öffentlichen und geschäftlichen Verkehrs. Wien: 1894.

[2] Wiener medizinische Wochenschrift. Nr. 48. 1878. Sp. 1283.

[3] Teplitz-Schönauer Anzeiger. 8.8.1885. S. 6.

Normdaten (Person) Sterk, Julius Gyula: BBL: 39815; GND: 117496642

Bio-bibliografisches Lexikon (BBL)/Liste aller Beiträge der VS-Blog-Serie: Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien

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Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien [189]: Freuder, Koloman – Dermatologe, Bezirksrat und NS-Verfolgter

Freuder, Koloman – Dermatologe, Bezirksrat und NS-Verfolgter

Text: Walter Mentzel

Koloman (Kalman) Freuder wurde am 28. April 1883 als Sohn von Gyula Julius Freuder (1855-1927) und Katharina Rosenbaum (1862-?) in Pressburg (heute: Bratislava) geboren. Er war seit 1910 mit Anna Pollatschek (1889-1971) verheiratet.

Freuder studierte an der Universität Wien Medizin und schloss das Studium 1909 mit der Promotion und dem Rigorosum ab. Im selben Jahr war er bereits als Inspektionsarzt der Filiale Mariahilf der Wiener Freiwilligen Rettungsgesellschaft tätig,[1] dessen Mitglied er auch bis zu seinem Austritt im Jahre 1912 war.

Vor dem Ersten Weltkrieg arbeitete er an der Spezialstation zur Behandlung von Unterschenkelgeschwüren des Verbandes der Genossenschaftskrankenkassen Wien und Niederösterreich und der Allgemeinen Arbeiter-Kranken- und Unterstützungskassen in Wien bei Richard Leo Grünfeld (1875-1914), wo er 1912 den Aufsatz „Zur Lokalisation des Ulcus cruris varicosum“ publizierte. 1913 war er Assistent am Ambulatorium für Haut- und Geschlechtskrankheiten des Prof. Dr. Heinrich Paschkis (1849-1923) und veröffentlichte hier den Aufsatz „Erythema exusdativum multiforme der Mundschleimhaut“. Daneben führte er bis 1938 eine Arztpraxis in Wien 1, Wollzeile 25, wo er mit seiner Familie auch wohnhaft war.

Am Ersten Weltkrieg nahm er als landsturmpflichtiger Zivilarzt am nordöstlichen Kriegsschauplatz in Galizien teil. Im November 1916 hielt er im Rahmen der wissenschaftlichen Zusammenkünfte der Militärärzte der Garnison Jaroslau einen Vortrag über „Therapie der venerischen Krankheiten im Kriege“,[2] und im September 1917 erhielt er auf Entschließung des Kaisers das Zivilverdienstkreuz dritter Klasse verliehen.[3] Freuder war Mitglied der Dermatologischen Gesellschaft.

California, Northern U.S. District Court Naturalization Index, 1852-1989, Koloman Freuder, 1940.

Volksbildung und Politiker

Freuder war in zahlreichen zivilgesellschaftlichen Initiativen involviert und aktiv. Er engagierte sich für das akademische Gymnasium in Wien, war im Jüdischen Mittelschulverein aktiv,[4] sowie als Mitglied des Ausschusses im Wohlfahrtsverein „Austria“[5] und als Vorstandsmitglied im Frauenkrankeninstitut „Charite“ in Wien 2, Zirkusgasse 5a.[6] Freuder, der als Freimaurer der Goethe-Loge angehörte, zählte weiters zum Personenkreis um den Verein „Die Bereitschaft“, der sich die Modernisierung der Sozialarbeit und dem Ausbau der Wohlfahrtspflege sowie der Pflege der Erwachsenenbildung zum Ziel setzte. Hier hielt er u.a. 1929 einen Vortrag zum „Jubiläum des Reichsvolksschulgesetzes“[7] und zur Eugenik und Vererbung.[8] Freuder war darüber hinaus als Vortragender in den verschiedensten Zweigen der Volksbildung tätig. Im März 1914 hielt er vor dem Jüdischen Handlungsgehilfenverband Wien einen Vortrag über Berufshygiene,[9] im Dezember 1914 im Verein der Fortschrittsfreunde zu Kriegsseuchen und deren Bekämpfung,[10] als Funktionär und Mitglied im Leitungskomitee des 1912 gegründeten Fußballvereines Sportklub Unitas sprach er zum Thema „Sexualleben und Alkohol in Beziehung zum Sport,[11] und 1935 referierte er vor der Reichsorganisation der Hausfrauen Österreichs zur „Pflege des Fusses“.[12]

Als Politiker engagierte er sich zunächst bis zirka 1912 in der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Österreichs, wo er als Referent in Frauen- und Bezirksorganisationen[13] zu Themen wie Naturheilkunde und Volksgesundung“,[14] zur Ersten Hilfe,[15] oder zu Geschlechtskrankheiten Vorträge hielt.[16] 1913 kandidierte er bei den Gemeinderatswahlen für die deutschfreiheitliche Partei in Wien Innere Stadt und wurde zum Bezirksrat gewählt.[17] Bei den ersten Wiener Gemeinderatswahlen nach dem Ersten Weltkrieg im Mai 1919 trat er auf der von Julius Ofner (1845-1924) 1919 gegründeten Liste „Vereinigte demokratischen Parteien“ an, und wurde wiederum zum Bezirksrat gewählt.[18] 1927 gelang ihm die Wiederwahl. 1926 hielt er eine Rede bei der Gedenkfeier des Demokratischen Jugendbundes in Wien anlässlich des Jahrestages des durch Rechtsradikale ermordeten deutschen Außenministers Walther Rathenau (1867-1922).[19] Ab 1928 war er in der aus dem Zusammenschluss der bürgerlich demokratischen Partei und der mittelständischen Volkspartei entstandenen „Demokratischen Mittelpartei“ aktiv, widmete sich u.a. „Schulhygienischen Fragen“,[20] und übte das Amt des Bezirksrates weiter aus.

NS-Verfolgung und

Die Familie Freuder, die jüdischer Herkunft war, flüchtete nach dem „Anschluss“ im März 1938 vor der Verfolgung durch die Nationalsozialisten nach Italien und von hier über Genua im Dezember 1939 mit der SS Saturnia in die USA[21] In Wien ließ er seinen gesamten Besitz darunter eine 3000 antiquarische Bücher umfassende Bibliothek zurück. Er lebte in den USA mit seiner Familie zunächst in New York und danach in Berkeley, Alameda County, Kalifornien, wo er ein Sanatorium für Rekonvaleszente Patienten eröffnete. Eine Arztpraxis blieb ihm wegen der fehlenden medizinischen Zulassungsprüfung verwehrt.

Freuder verstarb am 24. Jänner 1946 in Irvin, Orange County, CA, USA.[22]

Sein Sohn Edgar, geboren am 9. April 1912 in Wien, war ebenfalls Mediziner und übte nach seiner Promotion im Juli 1936 seinen Beruf als praktischer Arzt in der Praxis seines Vaters in der Wollzeile 25 aus. Er floh, nachdem er von den Nationalsozialisten verhaftet und in ein Konzentrationslager deportiert worden war, nach seiner Freilassung im November 1938 über England im Dezember 1938 in die USA. Hier arbeitete am Mount Zion Hospital in San Francisco. Er verstarb 2002 in San Francisco in Kalifornien.

Quellen:

Baptism, Slovensko, Czechoslovakia, Odbor Archivnictva (The Archives of the Republic), Slovakia, Freuder Koloman.

UAW, Med. Fakultät, Nationalien/Studienkataloge, 134-0595, Freuder Koloman (Nationalien Datum 1906/07).

UAW, Rektorat, Med. Fakultät, Rigorosen- und Promotionsprotokolle, 190-0869, Freuder Koloman (Promotion Datum 20.2.1909).

UAW, Rektorat, Med. Fakultät, Rigorosen- und Promotionsprotokolle, 196-0136, Freuder Koloman (Rigorosum Datum 30.3.1909).

Trauungsbuch der IKG Wien, 1910, Freuder Koloman, Pollatschek Anna.

Geburtsbuch der IKG Wien, 1912, Freuder Edgar.

Passenger and Crew Lists of Vessels Arriving at New York, New York, 1897-1957 (National Archives Microfilm Publication T715, roll 6428); Records of the Immigration and Naturalization Service, Record Group 85, Freuder Koloman.

Immigration, New York, United States, citing ship, New York Passenger Lists, 1906-1942 NARA microfilm publication T612. Records of the Immigration and Naturalization Service, RG 85 (Washington, D.C.: National Archives and Records Administration, n.d.), roll 783; FHL microfilm, Freuder Koloman.

Immigration, New York, New York, United States, NARA microfilm publication T715 (Washington, D.C.: National Archives and Records Administration, n.d.), Freuder Koloman.

California, Northern U.S. District Court Naturalization Index, 1852-1989, Koloman Freuder, 1940.

California Death Index, 1940-1997, Koloman Freuder, 24 Jan 1946; Department of Public Health Services, Sacramento.

Find a grave: Freuder Koloman.

United Kingdom, Outgoing Passenger Lists, 1890-1960, Edgar Freuder, 1938.

Literaturliste:

Freuder, Koloman: Zur Lokalisation des Ulcus cruris varicosum. Aus der Spezialstation zur Behandlung von Unterschenkelgeschwüren in Wien (Dr. Richard L. Grünfeld). Sonderdruck aus: Medizinische Klinik. Wochenschrift für praktische Aerzte. Berlin: Urban & Schwarzenberg 1912.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Freuder, Koloman: Erythema exusdativum multiforme der Mundschleimhaut. Aus dem Ambulatorium für Haut- und Geschlechtskrankheiten des Prof. Dr. Heinrich Paschkis in Wien. Sonderdruck aus: Wiener medizinische Wochenschrift. Wien: Verlag von Moritz Perles, k. und k. Hofbuchhandlung 1913.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Keywords:

Dermatologe, NS-Verfolgter, Wien, Medizingeschichte, Arzt

[1] Neues Wiener Journal, 11.7.1909, S. 10.

[2] Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 17, 1917, S. 784.

[3] Wiener Zeitung, 10.10.1917, S. 3.

[4] Jüdische Volkstimme. 21.2.1912. S. 3.

[5] Neues Wiener Tagblatt (Tages-Ausgabe). 19.6.1924. S. 9.

[6] Neues Wiener Tagblatt (Tages-Ausgabe). 28.5.1937. S. 6.

[7] Arbeiter Zeitung. 25.10.1929. S. 9.

[8] Kleine Volks-Zeitung. 12.2.1932. S. 6.

[9] Neues Wiener Tagblatt (Tages-Ausgabe). 31.3.1914. S. 15.

[10] Neue Freie Presse. 1.12.1914. S. 14.

[11] Wiener Morgenzeitung. 11.9.1920, S. 6.

[12] Die Hausfrau. Offizielles Organ der Reichsorganisation der Hausfrauen Österreichs. Jänner 1935. S. 2.

[13] Arbeiterinnen-Zeitung. H. 21. 1911. S. 10

[14] Arbeiter Zeitung. 5.2.1911. S. 12

[15] Arbeiter Zeitung. 2532.1911. S. 10.

[16] Arbeiter Zeitung. 25.6.1911. S. 12.

[17] Neue Freie Presse. 10.12.1913. S. 12.

[18] Neues 8 Uhr Blatt. S. 2.

[19] Der Tag. 20.6.1926. S. 12.

[20] Die Stunde. 12.12.1928. S. 6.

[21] Berkeley Daily Gazette. 28.11.1940. S. 4.

[22] Berkeley Daily Gazette. 30.1.1946.

Normdaten (Person) Freuder, Koloman (Kalman) : BBL: 39631; GND: 1268643793;

Bio-bibliografisches Lexikon (BBL)/Liste aller Beiträge der VS-Blog-Serie: Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien

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Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien [188]: Freud, Josef – Röntgenologe, Wien – Jerusalem

Freud, Josef – Röntgenologe, Wien-Jerusalem

Text: Walter Mentzel

Josef Freud wurde am 27. Februar 1882 als Sohn von Israel Feibisch Feiwal Freud (1845-1900) und Sara Ochshorn, in Jagielnica bei Tarnopol in Galizien (heute: Yahilnytsya/Chortkivs’kyi/Ternopil/Ukraine) geboren.

Nachdem er im Dezember 1909 sein Medizinstudium an der Universität Wien mit der Promotion abgeschlossen hatte, arbeitete er zunächst bei Hermann Schlesinger (1866-1934) an der III. medizinischen Abteilung des Allgemeinen Krankenhauses in Wien. 1913 wechselte er an das 1905 gegründete Zentral-Röntgeninstitut im Allgemeinen Krankenhaus und wurde Assistent von Guido Holzknecht (1872-1931).[1] Daneben ordinierte er an der Fango-Heilanstalt für Röntgendiagnostik und Röntgentherapie in Wien 9, Lazarettgasse 20.[2] Während des Ersten Weltkrieges publizierte er am Zentral-Röntgen-Laboratorium drei Arbeiten. 1916 erschien der Aufsatz „Zur radiologischen Diagnose der Dissemination des primären Schleimhautsarkoms des oberen Dünndarmes auf den Dünndarm“ in der Wiener klinischen Wochenschrift, im selben Jahr in der Berliner klinischen Wochenschrift der Artikel „Röntgendiagnose des typischen primären Sarkoms des oberen Dünndarms“ und im August 1917 in den Monatsheften für ärztliche Fortbildung der Beitrag „Röntgendiagnostik der Erkrankungen des Duodenums. Gegenwärtiger Stand und eigene Ergebnisse“. Diese Arbeiten befinden sich im Bestand der Separata-Bibliothek an der Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin.

Im Dezember 1919 erfolgte durch Beschluss des Professoren-Kollegiums und der Bestätigung des Unterstaatssekretärs für Inneres und Unterricht seine Bestellung zum Privatdozenten für medizinische Radiologie an die Medizinische Fakultät der Universität Wien.[3] Er war er Mitglied der Wiener Röntgen-Gesellschaft[4] und der Gesellschaft der Ärzte in Wien.

1921 emigrierte Freud nach Jerusalem, wo er am neu errichteten Krankenhaus Hadassah die Leitung des Röntgenlaboratoriums- und des Institutes übernahm. Hier baute er ein Röntgen-Archiv auf und forschte u.a. zu tropischen Darmerkrankungen.[5] Freud verstarb am 4. November 1925 in Jerusalem. 1926 wurde an ihn in der feierlichen Inauguration des Rektors der Universität Wien für das Studienjahr 1926/27 gedacht. Die Dokumentation darüber findet sich an der Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin.

Quellen:

AUW, Med. Fakultät, Nationalien/Studienkataloge, Sign. 134-0595, Freud Josef (Nationalien Datum: 1906/07).

AUW, Rektorat, Med. Fakultät, Rigorosen- und Promotionsprotokolle, Sign. 196-0135, Freud Josef (Rigorosum Datum: 12.1.1909).

AUW, Rektorat, Med. Fakultät, Rigorosen- und Promotionsprotokolle, Sign. 190-0852, Freud Josef (Promotion Datum: 23.1.1909).

Weiteres:

https://www.nli.org.il/he/newspapers/dhy/1925/11/05/01/article/32/?e=——-he-20–1–img-txIN%7ctxTI————–1

Literaturliste:

Freud, Josef: Zur radiologischen Diagnose der Dissemination des primären Schleimhautsarkoms des oberen Dünndarmes auf den Dünndarm. Aus dem Zentral-Röntgenlaboratorium des k.k. allgemeinen Krankenhauses in Wien (Vorstand: Prim. Prof. Dr. G. Holzknecht). Sonderdruck aus: Wiener klinische Wochenschrift. Wien und Leipzig: Wilhelm Braumüller k.u.k. Hof- und Universitäts-Buchhändler 1916.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Freud, Josef: Röntegendiagnose des typischen primären Sarkoms des oberen Dünndarms. Aus dem Central-Röntgenlaboratorium im k.k. allgemeinen Krankenhause in Wien (Vorstand: Prim. Prof. Holzknecht). Sonderdruck aus: Berliner klinische Wochenschrift. Berlin: Verlag von August Hirschwald 1916.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Freud, Josef: Röntgendiagnostik der Erkrankungen des Duodenums. Gegenwärtiger Stand und eigene Ergebnisse. Mit 29 Abbildungen. Sonderdruck aus: Monatshefte für ärztliche Fortbildung. München: J.F. Lehmann Verlag 1917.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Keywords:

Allgemeines Krankenhaus Wien, Jerusalem, Josef Freud, Röntgenologe, Arzt, Medizingeschichte, Wien

[1] Wiener medizinische Wochenschrift. Nr. 2. 1919. Sp. 85

[2] Wiener medizinische Wochenschrift. Nr. 27. 1919. Sp. 1353.

[3] Wiener Zeitung. 31.12.1919. S. 2.

[4] Wiener medizinische Wochenschrift. Nr. 10. 1926. S. 318.

[5] Neues Wiener Journal. 9.11.1925. S. 2.

Normdaten (Person) Freud, Josef: BBL: 39623; GND: 126839467X

Bio-bibliografisches Lexikon (BBL)/Liste aller Beiträge der VS-Blog-Serie: Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien

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Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien [187]: Laub, Rudolf – Mitarbeiter an der Laryngologischen Station der Medizinischen Fakultät an der Universität Wien und NS-Verfolgter

Laub, Rudolf – Mitarbeiter an der Laryngologischen Station der Medizinischen Fakultät an der Universität Wien und NS-Verfolgter

Text: Walter Mentzel

Rudolf Laub wurde als Sohn des Präsidenten der Kassenärzte der kaufmännischen Angestellten in Wien, Moriz Laub (1869-1944) und der Bertha Mamorek (1876-1952), am 15. März 1908 in Wien geboren. Er studierte an der Medizinischen Fakultät der Universität Wien, schloss am 20. Mai 1932 das Studium mit seiner Promotion ab und arbeitete ab 1933 zunächst als Hilfsarzt an der I. Medizinischen Klinik bei a.o. Professor Herbert Elias (1885-1975) und später an der Laryngologischen Station der Ohrenklinik im Allgemeinen Krankenhaus Wien bei Professor Heinrich Neumann (1873-1939). Laub war seit 1937 Mitglied der Wiener laryngo-rhinologischen Gesellschaft.[1]

Er wurde nach dem „Anschluss“ im März 1938 wegen seiner jüdischen Herkunft von der Universität Wien „beurlaubt“ und Ende April 1938 gekündigt. Im Juli 1938 schied er auch aus der Wiener Ärztekammer aus.

Nachdem ihm im Juli 1938 die Flucht in die USA gelang, und er am 18. August in New York angekommen war, ließ er sich in New Bern/North Carolina nieder. In den USA änderte er seinen Vornamen in Georg und lebte später in Columbia in South Carolina. Er verstarb am 23. Juni 1999 in den USA.

Rudolf Laub war 1935 Mitautor der mit Herbert Elias (1885-1975) gemeinsam verfassten Arbeit „Die Zirkulationsgeschwindigkeit des Blutes bei Kranken mit Aorteninsuffizienz und mit Mitralstenose im kompensierten Zustande“, die an der I. Medizinischen Universitätsklinik in Wien entstand. Sie befindet sich in der Separata-Bibliothek an der Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin.

Quellen:

Geburtsbuch der IKG Wien, 1908, Laub Rudolf.

UAW, Med. Fakultät, Nationalien/Studienkataloge, Sign. 134-1019, Laub Rudolf (Nationalien Datum, 1926/27).

UAW, Med. Fakultät, Nationalien/Studienkataloge, Sign. 134-1091, Laub Rudolf (Nationalien Datum, 1930/31).

UAW, Rektorat, Med. Fakultät, Rigorosen- und Promotionsprotokolle, Sign. 197-0433, Laub Rudolf (Rigorosum 14.5.1932).

UAW, Med. Fak., Promotionsprotokoll, Sign. 194-0789 (Promotion Datum 20.5.1932), Laub Rudolf.

Gedenkbuch für die Opfer des Nationalsozialismus an der Universität Wien Rudolf (Georg) Laub.

United States Social Security Death Index, George R Laub, 23 Jun 1999.

Literaturliste:

Elias, Herbert und Rudolf Laub: Die Zirkulationsgeschwindigkeit des Blutes bei Kranken mit Aorteninsuffizienz und mit Mitralstenose im kompensierten Zustande. Aus der I. Medizinischen Universitätsklinik in Wien (Vorstand: Prof. H. Eppinger) Sonderdruck aus: Wiener klinische Wochenschrift. Wien: Verlag von Julius Springer 1935.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Keywords:

Laryngologe, NS-Verfolgter, Facharzt für Ohrenheilkunde, Allgemeines Krankenhaus Wien, Arzt, Medizingeschichte, Wien

[1] Monatsschrift für Ohrenheilkunde. H. 11. 1937. S. 1398.

Normdaten (Person) Laub, Rudolf (Georg): BBL: 39612; GND: 126700206

Bio-bibliografisches Lexikon (BBL)/Liste aller Beiträge der VS-Blog-Serie: Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien

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Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien [186]: Ostermann, Max – Verleger und Redakteur der „Ars Medici“ und Facharzt für physikalische Heilmethoden

Ostermann, Max – Verleger und Redakteur der „Ars Medici“ und Facharzt für physikalische Heilmethoden

Text: Walter Mentzel

Max Ostermann wurde am 13. August 1886 in Tauroggen in Russland (heute: Litauen) als Sohn von Moses Aron Ostermann (*zirka 1862-1936 Wien) und Riva Lea Schereschewsky (*zirka 1858-1933 Wien) geboren. Seit 1916 war er mit Olga Katharina Schön (*zirka 1889) verheiratet.

Ostermann studierte an der Universität Wien Medizin und promovierte im Juli 1913. Im Ersten Weltkrieg diente er als Assistenzarzt der Reserve beim Landwehr-Infanterieregiment Nr. 1. Im Dezember 1914 wurde ihm die belobende Anerkennung ausgesprochen[1] und 1917 erhielt er das Offiziersehrenzeichen vom Roten Kreuz.[2] Seit 1933 war er Mitglied der Freimaurerloge Eintracht der B´nai Brith.

Facharzt für physikalische Heilmethoden – Institut für Inhalationstherapie und physikalische Heilmethoden

Ostermann übernahm nach dem Tod von Isaak Eisig Segel (1870-1913) dessen 1909 gegründete Sauerstoff-Inhalationsstätte „Ozonion“ in Wien 9, Spitalgasse 1a und führte sie als Facharzt für physikalische Heilmethoden unter den Namen „Inhalatorium und Lichttherapie Dr. Max Ostermann“ bis 1938 weiter.

Ars Medici. Nr. 3. 1914.

Später nannte er sie in „Wiener Physico-Therapeutisches Institut“ um, zuletzt hieß sie bis 1938 „Privatheilanstalt. Institut für Inhalationstherapie und physikalische Heilverfahren“. Ab spätestens 1920 bot er hier „Lichtkurse mit künstlicher Höhensonne“[3] und seit 1925 auch Bestrahlungskurse an.[4]

Wissenschaftliche Arbeiten

Seine erste Publikationen entstand 1912, als er als Student ein von ihm überarbeitetes und erweitertes Vorlesungsmanuskript für jene zum Rigorosum antretenden Student*innen unter dem Pseudonym „M. Osman“ mit dem Titel „Makroskopisch-diagnostisches Taschenbuch der pathologischen Anatomie. Ein Repetitorium für Rigorosanten und Ärzte“ publizierte. 1923 erschien von ihm der Beitrag „Praktische Inhalations- und Pneumatotherapie mit besondere Berücksichtigung der Lungentuberkulose“ im ersten Band des von Ernst Löwenstein herausgegeben zweibändigen „Handbuch der gesamten Tuberkulose-Therapie“. 1924 veröffentlichte er in der Wiener medizinischen Wochenschrift den Artikel „Zur künstlichen Heliotherapie der Larynxtuberkulose[5] und 1932 den Aufsatz „Der faradische und galvano-faradische Tonisatorstrom in der Theorie und Praxis[6].

Darüber hinaus war Ostermann Verleger verschiedener Zeitschriften wie der „Ars Medici“ und von Monografien. 1927 publizierte er das „Diagnostisch-therapeutisches Taschenbuch im Verlag der Ars Medici. Ein Nachschlagewerk für die Praxis“, in dem die „bewährten Methoden und Rezepte“ der vorangegangenen Jahrgänge der Zeitschrift für Praktiker zusammengefasst waren. 1928 erreichte diese Publikation bereits die dritte und erweiterte Auflage. Als Bearbeiter scheinen neben Ostermann, Alfred (Abraham) Feuerring (1880-1963), Leopold Pollmer (1884-?) und der Kinderarzt Eugen Stransky (1891-1975) auf. Das Geleitwort verfasste Professor Norbert Ortner (1865-1935), der zum Mitarbeiterkreis der Ars Medici gehörte. 1931 kam das von Max Ostermann bearbeitete „Praktikum der physikalischen-diätischen Therapie“ heraus, das 1934 in einer zweiten, ergänzten sowie erweiterten Auflage und 1952 in einer dritten Auflage im Verlag Ars Medici veröffentlicht wurde. Zwischen 1933 und 1938 verlegte Ostermann noch die Zeitschrift „Der praktische Zahnarzt“ im Verlag Ars Medici.

Herausgeber der Zeitschrift Ars Medici

Nach dem Tod von Isaak Eisig Segel im Jahr 1913 übernahm Ostermann auch die Redaktion der im Jänner 1911 von Segel gegründeten Zeitschrift „Ars Medici“. Ab Jänner 1919 erschien sie unter seiner Herausgeberschaft und führte sie am Standort Spitalgasse 1a, wo auch die von ihm von Segel übernommene Ordination ihren Standort hatte, bis März 1938 überaus erfolgreich weiter.

Ars Medici. Nr. 1. 1919.

Ostermann nahm nur sanfte Veränderungen an der Blattlinie vor. Der Umfang der Zeitschrift vergrößerte sich, ausländische Literatur wurde mehr berücksichtigt und therapeutische und diagnostische Notizen vermehrt aufgenommen. Weiterhin folgte er der Blattlinie, bewährte Behandlungsmethoden und die neuerscheinende internationale Fachliteratur und relevante medizinische Forschungsergebnisse zu erfassen und sie in eine für Praktiker*innen anwendbare Weise aufzubereiten. Die Zeitschrift sollte – wie es in ihrer Selbstbeschreibung hieß – als „Berater des Arztes“ und Praktikers fungieren. Der Erfolg und die Beliebtheit der Zeitung lässt sich nicht nur an den überaus hohen Auflagezahlen ablesen, sondern auch an ihrer Nachfrage außerhalb Europas, wie beispielsweise der Türkei, Tunesien, Ägypten, der USA, Japan, Russland, und den Kolonien diverser europäischer Länder.

Neben den Themenblöcken Innere Medizin, Nervenheilkunde, Chirurgie, Geburtshilfe- und Gynäkologie, Laryngologie- und Rhinologie u.a. bot die Zeitschrift inhaltlich noch in den Unterkapiteln Hinweise zur Diagnose und Therapie sowie in einer eigenen Rubrik eine Stellenvermittlung für Ärzt*innen an. Besonders hervorzuheben sind die Rubriken „Aus der Praxis“ und „Meinungsaustausch“, die schon von Segel eingeführt wurden. Hier konnten Ärzt*innen aus dem In- und Ausland Meinungen und Erfahrungen zu Behandlungsmethoden und Fragen der Diagnostik austauschen und Anfragen an die Kollegenschaft stellen, die in der nächsten Ausgabe der Zeitschrift von Kolleg*innen beantwortet und thematisiert wurden. Diese Rubriken wurden von Ostermann nach seiner Übernahme der Zeitschrift fortgeführt, ausgebaut und gehörten zum zentralen Bestandteil der Zeitschrift. Schon 1911 hieß es zum Zweck dieser durchaus modernen Kommunikationsplattform: „Unsere berühmtesten Fachgenossen haben es beklagt, dass zahlreiche therapeutischen und diagnostisch wertvollen Methoden, Handgriffe, Winke der Allgemeinheit aus dem Grunde verloren gehen, weil der Praktiker, der über sie verfügt, keine Zeit zu einer stilgerechten Abhandlung findet. Die Ars Medici will auch für diese Beiträge Publikationsstelle sein.“[7]

Ars Medici. Nr. 6. 1915.

Tatsächlich fanden sich unter den Redaktionsmitgliedern der Zeitschrift zahlreiche Professoren der Medizinischen Fakultät in Wien, die – wie Anton Eiselsberg (1860-1939), Norbert Ortner, Julius Wagner-Jauregg (1857-1940) oder Karl Ullmann (1860-1942) – auf diesem Weg mit praktischen Ärzt*innen kommunizierten, aber auch von deren hier festgehaltenen Erfahrungen profitierten. Im Jahr 1933 bestand das redaktionelle Mitarbeiterteam der Zeitschrift aus den folgenden Personen.

Ars Medici, Nr. 1, 1933.

Im Verlag „Ars Medici“ publizierten auch eine Reihe von Wissenschafter der Medizinischen Fakultät in Wien wie 1930 Eugen Stransky den „Leitfaden der Kinderheilkunde für den praktischen Arzt”, 1932 Viktor BaarWetter und Krankheiten“, 1935 Isidor Fischer sein Werk zu „Wiens Mediziner und die Freiheitsbewegung des Jahres 1848”, in einem Sonderdruck Abraham EitelbergEinige Winke zur Therapie der akuten Mittelohrentzündung“, oder 1934 Karl Ullmann seine Arbeit „Diagnostisch-therapeutisches Vademekum der Geschlechtskrankheiten und ihre Grenzgebiete“.

Die „Ars Medici“ als offizielles Organ der American Medical Association of Vienna (A.M.A.)

Ab Jänner 1923 gab Max Ostermann erstmals gemeinsam mit dem US-amerikanischen Mediziner Professor Aaron Arkin eine englischsprachige Ausgabe der Ars Medici heraus. Der Titel lautete „Ars Medici. The journal of the general practitioner. Reviews and abstracts of medical literature“ und erschien wie ihr deutschsprachiges Pendant monatlich am Verlagsort Spitalgasse 1a. Seit Jänner 1927 war die „Ars Medici“ nach einem Vertragsabschluss mit dem Präsidenten der A.M.A. das offizielle Organ der 1903 gegründeten und 1921 reorganisierten American Medicial Association of Vienna (A.M.A). Sie erschien monatlich als englischsprachige Ausgabe unter dem Titel „Ars Medici. Journal of the American Medical Association“ unter der Herausgeberschaft von Ostermann. In der ersten Nummer findet sich ein Geleitwort des Präsidenten der A.M.A. of Vienna, Leon J. Tiber. Diese Reihe stellt auch eine wesentliche Quelle zur Vereinsgeschichte der A.M.A. in Wien dar.

Verfolgung und Neubeginn

Max Ostermann musste nach dem „Anschluss“ im März 1938 wegen seiner jüdischen Herkunft und der drohenden NS-Verfolgung die Verlagsarbeit einstellen und flüchtete am 22. Juli 1938 in die Schweiz. Die letzte Nummer 6, die Juni-Ausgabe 1938, wurde noch in Wien veröffentlicht, mit Artikeln, die bereits von den Nationalsozialisten vertriebenen Ärzt*innen, verfasst worden waren. Damit endeten in Österreich die Geschichte und Entwicklung eines internationalen Zeitschriftenprojektes, an dem zahlreiche Mediziner*innen der Wiener medizinischen Schule über fast 30 Jahren mitgewirkt hatten.

Die nächste Ausgabe der „Ars Medici“ (Nr. 7/8) kam im August 1938 wieder unter der Herausgeberschaft Ostermanns in der Schweiz im „Verlag der Ars Medici G.m.b.H., Basel 12“ heraus. In dieser ersten Ausgabe gab Ostermann die geplanten Veränderungen, wie der künftig vermehrten Aufnahme englischsprachiger Literatur bekannt, und betonte den Willen zur Fortsetzung der bisherigen Tradition.

Ars Medici. Nr. 7/8. 1938

Seine „Privatheilanstalt Institut für Inhalationstherapie und physikalische Heilverfahren“ in Wien 9, Spitalgasse 1a wurde vom Stabsarzt a.D. und seit 1933 Mitglied der NSDAP, Hans Scheidl (*1868), im November 1938 samt der Konzession zum Betrieb einer Heilanstalt sowie des gesamten Inventars „arisiert“. Die Löschung des Verlags „Ars Medici“ aus dem Handelsregister erfolgte im März 1942.

Ostermann, dessen Ehefrau in Wien zurückblieb und am 21. November 1940 in Wien in ihrer Wohnung am Alsergrund verstarb, lebte ab dem 25. Juli 1938 in Basel. Nach einer mehrjährigen Unterbrechung erschien die Zeitschrift von 1947 bis zu seinem Tod 1967 wieder unter seiner Herausgeberschaft im Verlag Ars Medici/Lüdin AG in der Schweiz. Auch sein 1927 erstmals publiziertes Diagnostische-Therapeutische Handbuch wurde bis in die 1960er Jahre hinein immer wieder neu aufgelegt.

Max Ostermann verstarb am 12. März 1967 in Basel. Heute existiert die Zeitschrift unter dem Titel „Ars Medici – Schweizer Zeitschrift für Hausarztmedizin“.

Seine am 6. Oktober 1917 in Wien geborene Tochter Lisbeth Ostermann studierte im März 1938 an der Universität Wien im sechsten Semester Medizin. Sie war – mit dem Abgangszeugnis vom 7.11.1938 – gezwungen das Studium abzubrechen und flüchtete zu ihrem Vater in die Schweiz, wo sie an der Universität Basel das Studium fortsetzte und 1941 promovierte. Nach dem Zweiten Weltkrieg emigrierte sie zunächst nach England und im Februar 1948 in die USA. Hier absolvierte sie noch im selben Jahr das State Board Exam und ein Praktikum am Flushing Hospital und führte danach eine Arztpraxis in New York. Im Jänner 1954 erhielt sie die US-Staatsbürgerschaft und lebte unter dem Namen „Elizabeth A. Osterman“ in Brooklyn, New York City. Ebenfalls 1954 heiratete sie Paul Wechter. Sie verstarb im Mai 2014 in Longboat Key in Florida, USA.

Der Anstoß zur Beschäftigung mit der österreichischen Geschichte der Ars Medici sowie mit Isaak Segel und Max Ostermann kam von Prof. Franz X. Lackner bei dem ich mich auch für wichtige Hinweise bedanken möchte.

Quellen und Literatur:

UAW, Sign. 134-0660, Ostermann Max (Nationalien Datum 1910/11).

UAW, Sign. 191-0367, Ostermann Max (Promotionsdatum 2.7.1913).

Friedhofsdatenbank Wien, Olga Ostermann.

OeStA, AdR, E-uReang, VVSt., VA, Zl. 60.384, Ostermann Max.

OeStA, AdR, E-uReang, VVSt., Gewerbe, Zl. 3.455, Ostermann Max.

OeStA, AdR, E-uReang, FLD, Zl. 2.733, Ostermann Max.

OeStA, AdR, E-uReang, FLD, Zl. 5.915, Ostermann Max.

Lackner Franz X.: Exploring Vienna between the two world wars. Doctors of the American Medical Association and their families, in: Narratives of Encounters in the North Atlantic Triangle (Zacharasiewicz and Staines eds.), Wien 2015, S. 107-126.

Literaturliste:

Ostermann, Max: Makroskopisch-diagnostisches Taschenbuch der pathologischen Anatomie. Ein Repetitorium für Rigorosanten und Ärzte in 502 typischen Fällen mit 62 Abbildungen. Wien und Leipzig: Šafář 1912.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 52384]

Ostermann, Max: Praktikum der physikalisch-diätetischen Therapie. 2. erg. u. erw. Aufl. Wien: Ars Medici 1934.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 66904]

Keywords:

Ars Medici, Max Ostermann, NS-Verfolgter, Facharzt für physikalische Medizin, Verleger, Medizingeschichte, Wien, Arzt

[1] Medizinische Klinik. Wochenschrift für praktische Ärzte Österreichs. 13.12.1914. S. 1754.

[2] Wiener medizinische Wochenschrift. Nr. 47. 1917. Sp. 2123.

[3] Arbeiter Zeitung. 12.9.1920. S. 11.

[4] Wiener medizinische Wochenschrift. Nr. 8. 1925, Sp. 485.

[5] Wiener medizinische Wochenschrift. Nr. 36. 1924. Sp. 1875-1876.

[6] Wiener medizinische Wochenschrift. Nr. 44. 1932. S. 1389-1390.

[7] Ars Medici. 6.1.1911.

Normdaten (Person) Ostermann, Max: BBL: 39567; GND: 1229195076

Bio-bibliografisches Lexikon (BBL)/Liste aller Beiträge der VS-Blog-Serie: Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien

Bitte zitieren als VAN SWIETEN BLOG der Universitätsbibliothek der Medizinischen Universität Wien, BBL: 39567(01.09.2022); Letzte Aktualisierung: 2022 09 01
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Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien [185]: Seng, Walter – Chirurg und Spitalsleiter – Wien – São Paulo

Seng, Walter – Chirurg und Spitalsleiter – Wien – São Paulo

Text: Walter Mentzel

Walter Seng wurde am 23. Mai 1873 als Sohn des Realitätenbesitzers Ignaz Seng und Magdalena Maria Pestinski in Krems in Niederösterreich geboren. Sein Taufpate war der Wiener Mediziner, Chefarzt der Donau-Dampfschifffahrtsgesellschaft und des Kapuziner-Ordens, Viktor Seng (1841-1898).

Seng studierte an der Wiener Universität zunächst Philosophie und Chemie und danach Medizin und schloss beide Studienrichtungen mit der Promotion ab, jenes der Medizin im Jahr 1898. Bereits 1896 veröffentlichte er einen Aufsatz „Studien über denen Desoxaläther“ am chemischen Laboratorium bei Professor Adolf Lieben (1836-1914).[1] Im selben Jahr wurde er nach der Ableistung des Militärdienstes beim Feldjäger-Bataillon Nr. 10 zum stellvertretenden Assistenzarzt beim Garnisonsspital Nr. 1 in Wien ernannt. Nach Abschluss des Studiums begann er als Aspirant an der Rudolfstiftung in Wien mit seiner medizinischen Laufbahn. 1899 publizierte er gemeinsam mit dem damaligen Assistenten am staatlichen sero-therapeutischen Institut, Rudolf Kraus (1868-1932), in der Wiener klinischen Wochenschrift die Studie „Ein Beitrag zur Kenntnis des Mechanismus der Agglutination“.[2] Ebenfalls 1899 erschien von ihm in der Zeitschrift für Hygiene seine Arbeit „Ueber die qualitativen und quantitativen Verhältnisse der Eiweisskörper im Diphtherieheilserum“, die sich heute in der Separata-Bibliothek an der Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin befindet.

Seng war seit Jänner 1899 Mitglied des Wiener medizinischen Klubs[3] und seit März Mitglied der Gesellschaft der Ärzte in Wien.[4] An seinem Wohnort in Wien 9, Frankgasse 6, führte er auch ab 1898 seine private Arztpraxis.[5]

1900 arbeitete Seng an der II. chirurgischen Klinik bei Carl Ignatz Gussenbauer (1842-1903), wo sich zu dieser Zeit der aus São Paulo in Brasilien stammende Herausgeber der Zeitschrift „Diario Popular“, José Maria Lisboa (1838-1918), einer Operation unterzog. 1901 emigrierte Seng nach Brasilien, ließ sich zunächst in Rio de Janeiro nieder und heiratete noch im selben Jahr die Tochter von José  Lisboa, Maria Mercedes Lisboa (1880-1939).

Seng unterstützte in São Paulo die von der Krankenschwester Maria Beata Heinrich (1867-1941) betriebene und von ihr gegründete Ambulanz. Mit Unterstützung des Bundesstaates São Paulo kam es angeregt durch Heinrich und Seng 1904 zur Errichtung eines Krankenhauses und 1906 zu dessen Erweiterung mit dem Sanatorium Santa Catarina Paulista. Seng wurde Vorstand des Spitals und avancierte zu einem der bekanntesten Chirurgen Brasiliens.[6] In Brasilien engagierte er sich innerhalb der österreichischen Emigrant*innen-Community und stand als Präsident dem österreichisch-ungarischen Hilfsverein in São Paulo vor,[7] wofür er 1909 im österreichisch-ungarischen Konsulat in São Paulo den Franz-Josephs-Orden erhielt.[8]

Walter Seng verstarb am 28. Juni 1931 in São Paulo. An ihn erinnert heute in São Paulo ein Gebäude, das seinen Namen trägt, sowie eine nach ihm benannte Straße (Rua Doutor Seng).

Quellen:

UAW, Med. Fak., Promotionsprotokoll, Sign. 188-1126, Seng Walter (Promotion Datum: 31.3.1898)

Matriken Niederösterreich, Rk Diözese St. Pölten, Krems-St. Veit, Taufbuch 01-21, 1873, Folio 203, Seng Walter.

Campana Carlos Luiz, Memórias sociedade brasileira de médicos escritores literarias, 2015.

Literatruliste:

Seng, Walter: Ueber die qualitativen und quantitativen Verhältnisse im Diphtherieheilserum. (Aus dem k.k. Institut für die Herstellung von Diphtherieheilserum, Vorstand: Prof. Paltauf, und dem chemischen Institut der k.k. Krankenanstalt Rudolfstiftung, Vorstand: Dr. E. Freud) Sonderdruck aus: Zeitschrift für Hygiene und Infectionskrankheiten. Leipzig: Verlag von Veit & Comp. 1899.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Keywords:

Seng Walter, Chirurg, Rio de Janeiro, Brasilien, Spitalsleiter, Rudolfstiftung, Arzt, Medizingeschichte, Wien

[1] Monatshefte für Chemie. 1896. S. 613-635.

[2] Wiener klinische Wochenschrift. 5.1.1899. S. 1-4.

[3] Wiener klinische Wochenschrift. 26.1.1899. S. 93.

[4] Wiener klinische Wochenschrift. 30.3.1899. S. 359.

[5] Wiener medizinische Wochenschrift. Nr. 23. 1898. Sp. 1135.

[6] Neues Wiener Tagblatt (Tages-Ausgabe). 29.3.1922. S. 6.

[7] Neues Wiener Journal. 1.12.1908. S. 18.

[8] Grazer Volksblatt. 6.8.1909. S. 5.

Normdaten (Person) Seng, Walter : BBL: 39552; GND: 1267287985

Bio-bibliografisches Lexikon (BBL)/Liste aller Beiträge der VS-Blog-Serie: Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien

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Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien [184]: Bien, Gertrud – Kinderärztin am Karolinen-Kinderspital und Primarärztin an der Städtischen Kinderübernahmestelle in Wien

Bien, Gertrud– Kinderärztin am Karolinen-Kinderspital und Primarärztin an der Städtischen Kinderübernahmestelle in Wien

Text: Walter Mentzel

Gertrud Bien wurde am 3. April 1881 als Tochter des aus Lemberg stammenden Rechtsanwaltes Friedrich Bien (1844-1913) und der aus Leipzig stammenden Gisela Wittner (zirka 1856-1920) in Wien geboren. Sie studierte an der Universität Wien Medizin und schloss – wie auch die Medizinerin Friederike Fränkel – das Studium im Dezember 1906 mit ihrer Promotion ab.[1] Schon während ihres Studiums veröffentlichte sie 1905 ihre erste wissenschaftliche Arbeit in den „Arbeiten aus dem Neurologischen Institute“ „Zur Anatomie des Zentralnervensystems einer Doppelmißbildung bei der Ziege“. Nach ihrer Promotion begann sie am Karolinen-Kinderspital in Wien bei dem seit 1901 als Direktor hier wirkenden Professor Wilhelm Knöpfelmacher (1866-1938) zunächst als dessen Assistentin und danach als Anstaltsärztin zu arbeiten. Hier publizierte sie 1913 „Über einen Fall von Illeus, hervorgerufen durch Obliteration eines Mekel’schen Divertikel“,[2] und gemeinsam mit Knöpfelmacher den im Jahr 1915 erschienenen Aufsatz „Untersuchung über die Nabelkoliken älterer Kinder“, der sich in der Separata-Bibliothek an der Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin befindet. Weiters publizierte sie noch vor dem Ersten Weltkrieg in den Anatomischen Heften die Arbeit „Zur Entwicklungsgeschichte des menschlichen Dickdarms“.

1912 wurde sie gemeinsam mit Dora Teleky (1879-1963) in die Gesellschaft der Ärzte in Wien aufgenommen[3] und 1913 erfolgte ihr Beitritt in die Gesellschaft für innere Medizin und Kinderheilkunde in Wien.[4] Im selben Jahr nahm sie an der 85. Versammlung deutscher Naturforscher und Ärzte in Wien als Referentin teil.[5] Neben ihrer Tätigkeit am Karolinen-Kinderspital war sie vor dem Ersten Weltkrieg neben Nikolaus Damianos und Yella Silbermark-Reissig auch noch als Sekundarärztin im Vereinsreservespital Nr. 1 des Patriotischen Hilfsvereines vom Roten Kreuz für Niederösterreich im Einsatz.[6] Im Ersten Weltkrieg erhielt sie 1918 das Kriegskreuz für Zivilverdienste verliehen,[7] und im Oktober 1918 war sie Teil jenes Kreises von Ärzten, dem auch Ludwig Teleky angehörte, die in einem Arbeitsausschuss an der Errichtung einer Kindererholungsstätte für unterernährte und blutarme Kinder im Meidlinger Kriegsspital wirkten.[8] Nach dem Krieg gehörte sie als Mitglied dem im Jahr 1920 in Wien gegründeten Zentral-Hilfskomitee der Ärzte Österreichs an.[9]

Primarärztin an der Städtischen Kinderübernahmestelle

1926 erfolgte ihre Berufung zur Primarärztin in die von der Gemeinde und vom Wiener Stadtrat für Wohlfahrts- und Gesundheitswesen, Julius Tandler (1869-1936), zwischen 1925 und 1927 in der Lustkandlgasse 50 errichtete und unter der Leitung von Leo Kundi (1888-1954) stehende Kinderübernahmestelle. Hier wurden alle der Gemeinde Wien übergebenen Säuglinge, Kinder und Jugendliche aufgenommen, beobachtet und weitere Fürsorgemaßnahmen eingeleitet. 1932 unterrichtete sie gemeinsam mit Knöpfelmacher das Fach Kinder- und Säuglingspflege an der Pflegerinnenschule des Rudolfinerhauses.[10] 1929 gab sie gemeinsam mit Charlotte Bühler (1893-1974) und Hildegard Hetzer (1899-1991) die in Leipzig erschienene Schriftenreihe „Psychologie der Fürsorge“ und den ersten Band „Kindheit und Armut“ heraus.

Bien als Frauenrechtsaktivistin

Vor dem Ersten Weltkrieg hielt Bien im Verein für erweiterte Frauenbildung in Wien Kurse ab.[11] Ebenso hielt sie im Athenäum (Verein für die Abhaltung von wissenschaftlichen Lehrkursen für Frauen und Mädchen) über einige Jahre hindurch Vorträge zur Säuglings- und Kinderpflege.[12] Wie ihre Mutter Gisela war sie in der Reichsorganisation der Hausfrauen Österreichs aktiv und gehörte hier vor dem Krieg jenem Komitee an, das sich gegen die Teuerung und deren sozialen Auswirkungen richtete. Gemeinsam mit der Vorsitzenden Dora Teleky und Gertrud Ceranke (1893-1956), Hedwig Fischer-Hofmann und Cornelie Much-Benndorf (1880-1962) war sie Mitglied der Kommission für Volksgesundheit im Bund österreichischer Frauenvereine[13] und nahm im September 1931 gemeinsam mit Teleky und Fischer-Hofmann an dem vom Bund österreichischer Frauenvereine organisierten 6. Internationalen Ärztinnenkongress teil.[14] Ebenso hielt sie Vorträge wie vor der Psychoanalytischen Arbeitsgemeinschaft der Sozialistischen Studentenschaft zum Thema Kinderasyle und Pädagogik.[15] Zu ihrem Freundeskreis zählte Adele Bloch-Bauer (1881-1925).

Bien gehörte wegen ihrer Nähe zur Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Österreichs sowie ihrer jüdischer Herkunft zu jener Gruppe von Ärzt*innen, die nach der Zerschlagung der Demokratie 1933/34 an ihrer Berufsausübung in den Wiener medizinischen Einrichtungen und Fürsorgestellen gehindert wurde. Im März 1934 erfolgte nach § 2 der „Verordnung des Bundeskommissärs für Wien betreffend die Erlassung einiger dienstrechtlicher Bestimmungen“ ihre Versetzung in den dauernden Ruhestand“. Nach dem „Anschluss“ im März 1938 wurde sie wegen ihrer jüdischen Herkunft von den Nationalsozialisten verfolgt. Ihr gelang am 29. Dezember 1938 die Flucht nach England, wo sie in London lebte und im November 1939 in die USA emigrierte. Sie verstarb am 27. Februar 1940 in Manhattan in New York.

Quellen:

Matriken der IKG Wien, Geburtsbuch 1881, Bien Gertrud.

UAW, Med. Fakultät, Nationalien/Studienkataloge, Sign. 134-0586, Bien Gertrud (Nationalien Datum 1902/03).

UAW, Rektorat, Med. Fakultät, Rigorosen- und Promotionsprotokolle, Sign. 190-0505, Bien Gertrud (Promotion Datum 22.12.1906).

UAW, Rektorat, Med. Fakultät, Rigorosen- und Promotionsprotokolle, Sign. 196-0019, Bien Gertrud (Rigorosum 13.12.1906).

United Kingdom, Outgoing Passenger Lists, 1890-1960, Bien Gertrud, 1939.

Immigration, New York, New York, United States, NARA microfilm publication T715 (Washington, D.C.: National Archives and Records Administration, n.d.), New York, Passenger List, Bien Gertrud, 1939.

New York, New York City Municipal Death, 1795-1949, Bien Gertrud, 1940.

Aufbau Bd. 6, 15.3.1940 Nr. 11, S. 10 Spalte b (Todesnachricht Ende Februar 1940 in New York).

Literaturliste:

Bien, Gertrud: Zur Anatomie des Zentralnervensystems einer Doppelmißbildung bei der Ziege. Separat-Abdruck aus: Arbeiten aus dem Neurologischen Institute. Leipzig: Deuticke 1905.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 22312]

Bien, Gertrud: Zur Entwickelungsgeschichte des menschlichen Dickdarmes. Separat-Abdruck aus: Anatomische Hefte. Wiesbaden: Bergmann 1913.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 22493]

Knöpfelmacher, Wilhelm und Gertrud Bien: Untersuchungen über die Nabelkoliken älterer Kinder. Aus dem Karolinenspitale in Wien (Direktor: Prof. Dr. W. Knoepfelmacher). Separatabdruck aus: Wiener medizinische Wochenschrift. Wien: Verlag von Moritz Perles k.u.k. Hofbuchhandlung 1915.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Keywords:

Gertrud Bien, Kinderärztin, Karolinen-Kinderspital, Städtische Kinderübernahmestelle Wien, NS-Verfolgte, Wien, Medizingeschichte, Ärztin

[1] Neues Wiener Tagblatt (Tages-Ausgabe). 2.12.1906. S. 11.

[2] Wiener medizinische Wochenschrift. Nr. 13. 1913. Sp. 824-827.

[3] Österreichische Frauenschau. Mitteilungen der Vereinigung der arbeitenden Frauen. H. Juni 1912. S. 5.

[4] Wiener medizinische Wochenschrift. Nr. 32. 1913. Sp. 1995.

[5] Der Bund. Zentralblatt des Bundes österreichischer Frauenvereine. H. 9. 1913. S. 15.

[6] Rechenschafts-Bericht des österreichischen patriotischen Hilfsvereines vom Roten Kreuz für Niederösterreich 1913. S. 9.

[7] Wiener medizinische Wochenschrift. Nr. 20. 1918. Sp. 927.

[8] Arbeiter Zeitung. 6.10.1918. S. 7.

[9] Wiener medizinische Wochenschrift. Nr. 48. 1924. Sp. 2583.

[10] Wiener medizinische Wochenschrift. Nr. 23. 1932. S. 707.

[11] Jahresbericht des Vereines für erweiterte Frauenbildung in Wien. Wien 1914. S. 17.

[12] Neues Wiener Journal. 27.10.1915. S. 10; Der Bund. Zentralblatt des Bundes österreichischer Frauenvereine. H. 8. 1917. S. 23 und H. 8. 1918, S. 20.

[13] Die Österreicherin. Nr. 1. 1931. S. 2.

[14] Das Wort der Frau. 13.9.1931. S. 1.

[15] Arbeiter-Zeitung. 24.2.1933. S. 9.

Normdaten (Person) Bien, Gertrud: BBL: 39493; GND: 1266885145

Bio-bibliografisches Lexikon (BBL)/Liste aller Beiträge der VS-Blog-Serie: Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien

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Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien [183]: Köstler, Leopold – Primararzt im Allgemeinen Krankenhaus Wien, Autor zur Cholera-Epidemie 1831 und Direktor der k.k. Irrenanstalt in Wien

Köstler, Leopold – Primararzt im Allgemeinen Krankenhaus Wien, Autor zur Cholera-Epidemie 1831 und Direktor der k.k. Irrenanstalt in Wien

Text: Walter Mentzel

Leopold Köstler wurde am 3. Mai 1800 als Sohn eines praktischen Arztes in Eger in Böhmen geboren. Nachdem er in Wien an der Medizinischen Fakultät 1825 sein Medizinstudium mit dem Doktor der Medizin absolviert hatte, wurde er zunächst als Sekundararzt am Allgemeinen Krankenhaus in Wien und danach im Dienste eines Polizeibezirksarztes in der Alservorstadt tätig. 1827 erschien von ihm bei Mörscher und Jasper in Wien die „Medizinische Abhandlung über die egersche Salzquelle“.

Im Jänner 1831 reiste Köstler nach Lemberg, wo er den Ausbruch der Cholera in Galizien erlebte.[1] Aus seinen hier gemachten Erfahrungen und Beobachtungen entstanden die beiden Arbeiten „Anweisung, sich gegen die epidemische Cholera zu schützen, und dieselbe bey ihrem Beginn zweckmäßig zu behandeln. Wien: Bey Mörschner & Jasper 1831“ (Cholera Nr. 98) und „Aus der Erfahrung geschöpfte Andeutungen zur Erkenntnis und Behandlung der epidemischen Cholera. Wien: Mörscher & Jasper 1831“ (Cholera Nr. 99).

Köstler Leopold A., Anweisung, sich gegen die epidemische Cholera zu schützen […]

Am 18. März 1837 wurde Köstler mit der Entschließung des Kaisers zum Primararzt im Allgemeinen Krankenhaus in Wien ernannt.[2] In dieser Funktion hatte er auch bis 1839 die Aufsicht und Leitung der „k. k. Irrenanstalt zu Wien“ (Narrenturm) über, wo er sich um ein Humanisierung der Behandlung der Patienten bemühte. 1837 unternahm er im Auftrag der niederösterreichischen Landesregierung und mit Empfehlung des Fürsten Klemens Wenzel Lothar von Metternich (1773-1859) eine wissenschaftliche Reise nach Frankreich, Deutschland und England bei der er die Heilanstalten für geistig Erkrankte besuchte und worüber er nach seiner Rückkehr am 31. Oktober 1838 in der Gesellschaft der Ärzte berichtete.[3] Ein Jahr darauf erschien von ihm im Verlag und der Buchhandlung der Mechiaristen-Congregation die Arbeit „Bemerkungen über mehrere Irrenanstalten von England, Frankreich und Belgien“.

Köstler war Mitglied der Medizinischen Fakultät der Universität Wien und der Gesellschaft der Ärzte in Wien. Er verstarb am 21. Oktober 1841 in Linz.

Quellen:

AUW, Medizinische Fakultät, Rigorosenprotokoll, 1821-1871, Sign. 170-114a, Köstler Leopold (Rigorosen Datum 1825).

Puschmann, Theodor: Die Medicin in Wien während der letzten 100 Jahre. Wien 1884.

Literaturliste:

Köstler, A. Leopold: Bemerkungen über mehrere Irrenanstalten von England, Frankreich und Belgien. Wien: Mechitaristen-Congregations-Buchhandlung 1839.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 40425]

Keywords: Leopold A. Köstler, Cholera, Bezirksarzt, k.k. Irrenanstalt in Wien, Allgemeines Krankenhaus Wien, Arzt, Wien

[1] Callisen, Adolph und Carl Peter: Medicinisches Schriftsteller-Lexikon der jetzt lebenden Ärzte, Wundärzte, Geburtshelfer, Apotheker und Naturforscher aller gebildeten Völker. Bd. 29. Copenhagen: 1830-1845. S. 311.

[2] Brünner Zeitung. 1.4.1837. S. 1.

[3] Populäre österreichische Gesundheits-Zeitung. 8.11.1838. S. 741-742.

Normdaten (Person) Köstler, Leopold A. : BBL: 39432; GND: 1052721303

Bio-bibliografisches Lexikon (BBL)/Liste aller Beiträge der VS-Blog-Serie: Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien

Bitte zitieren als VAN SWIETEN BLOG der Universitätsbibliothek der Medizinischen Universität Wien, BBL: 39432 (04.08.2022); Letzte Aktualisierung: 2022 08 04
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Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien [182]: Laub, Moriz – Em. Abteilungsassistent an der Krankenanstalt Rudolf-Stiftung, Präsident der Kassenärzte der kaufmännischen Angestellten, Vorstandsmitglied der Wiener Ärztekammer, NS-Verfolgter

Laub, Moriz – Em. Abteilungsassistent an der Krankenanstalt Rudolf-Stiftung, Präsident der Kassenärzte der kaufmännischen Angestellten, Vorstandsmitglied der Wiener Ärztekammer, NS-Verfolgter

Text: Walter Mentzel

Moriz Laub wurde am 19. Februar 1869 als Sohn von Jakob Laub (1841-1916) und Mariam Nussbeck in Sadagora in der Bukowina (heute: Sadhora/Ukraine) geboren. 1900 heiratete er die in Wien geborenen Bertha Marmorek (1876-?), mit der er gemeinsam die beiden Kinder Gertrud Renee (*7.6.1902) und Rudolf (1908-1999) hatte.

Laub studierte in Wien an der Universität Medizin, schloss das Studium im März 1893 mit der Promotion ab, und begann danach als praktischer Arzt und Vertragsarzt bei der Wiener Krankenkasse in Wien Landstraße seine berufliche Laufbahn. Daneben arbeitete er als Abteilungsassistent bis zu seiner Emeritierung an der k.k. Krankenanstalt Rudolf-Stiftung.

Neben seiner Vortragstätigkeit in wissenschaftlichen Vereinen, wie im Wissenschaftlichen Club,[1] in dem er sich vor dem Ersten Weltkrieg auch als Mitglied des Ausschusses engagierte,[2] hielt er Vorträge in der Gesellschaft der Ärzte in Wien, der er seit 1899 als Mitglied angehörte,[3] und der Gesellschaft für innere Medizin und Kinderheilkunde, in der er ebenfalls als Mitglied war. Weiters war er Mitglied der Ophthalmologischen Gesellschaft in Wien. Im Rahmen der „Volkstümlichen Vorträge“ des Wiener Volksbildungs-Vereines hielt er vor dem Ersten Weltkrieg populärwissenschaftlich aufbereitete Vorträge zu medizinischen Themen.[4] Vor allem aber war er als Referent in sozialdemokratischen und gewerkschaftlichen Organisationen aktiv.[5] Im Rahmen der Tuberkulosebekämpfung bot er 1911 kostenlos eine Tuberkulinbehandlung bei der Genossenschaft der Wäschewarenerzeuger, Sticker u.a. an.[6]

1915 publizierte er in den von Ludwig Teleky herausgegebenen Zeitschrift „Wiener Arbeiten aus dem Gebiet der Sozialen Medizin“ eine an der Tuberkulosefürsorgestelle der Gremialkrankenkasse der Wiener Kaufmannschaft durchgeführte Studie zu „Grundlagen und Ergebnisse ambulatorischer Tuberkulinbehandlung. Sie befindet sich an der Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin. Hier befinden sich auch in der Separata-Bibliothek vier Arbeiten und zwar „Grundlagen und Ergebnisse ambulatorischer Tuberkulinbehandlung“, aus dem Jahr 1906 die Studie „Über die Wirkung einiger dem Adrenalin verwandten Ketonbasen in der rhinologischen Praxis“, aus dem Jahr 1899 die an der II. medizinischen Abteilung der Rudolf-Stiftung erstellte Studie „Ein Fall von Pneumopericardium“, und die 1909 gemeinsam mit J. Novotny am staatlichen serotherapeutischen Institut in Wien entstandene Arbeit „Ueber komplementbindende Substanzen bei Tuberkulose“.

Laub war über viele Jahre in den Interessensvertretungen der Wiener Ärzteschaft und der Wiener Krankenkassen aktiv. 1904 und 1907 – noch als Kandidat der Freisinnigen Ärzteschaft – und 1911 kandidierte er bei den Ärztekammerwahlen in Wien. Im Jahr 1919 wurde er zum Vorstandsmitglied der Wiener Ärztekammer gewählt.[7] In der Wiener Ärztekammer vertrat er die Interessen der Kassenärzte. Nach dem Ersten Weltkrieg war er noch Mitglied der Wirtschaftlichen Organisation der Ärzte Wiens,[8] Delegierter der Wiener Ärztekammer im Wiener Landessanitätsrat[9] und Präsident der Kassenärzte der kaufmännischen Angestellten. Seit 1919 war er noch Delegierter der Wiener Ärztekammer im Zentraltuberkuloseambulatorium des Volksgesundheitsamtes.[10]

Daneben engagierte er sich in der „Mensa academica judaica“ als deren Präsident,[11] und unterstützte den zionistischen Keren Kayemeth (Jüdischen Nationalfond).[12] Vor dem Ersten Weltkrieg gehörte er auch als Mitglied der Bukowinaer Landsmannschaft „Buchenland“ mit Sitz in Wien an, als dessen Präsident Wilhelm Stekel vorstand[13].

Während des Ersten Weltkrieges war er als Chefarzt im Hilfsspital des von Erzherzog Leopold Salvator zur Verfügung gestellten Palais tätig.[14] 1916 erhielt er das Ehrenzeichen zweiter Klasse vom Roten Kreuz mit der Kriegsdekoration und 1917 das Ritterkreuz des Franz Josephs-Ordens verliehen.[15] Im Dezember 1918 gehörte er zu den Unterzeichnern des Aufrufes der Österreichisch-israelitischen Union „Ein Bekenntnis zur Republik Deutschösterreich“.[16] 1920 wurde ihm der Titel eines Medizinalrates verliehen.[17]

Laub war in der Ersten Republik Mitglied der ärztlichen Fachgruppe der Sozialistischen Vereinigung geistiger Arbeiter[18] und in der Vereinigung der sozialdemokratischen Ärzte Wiens aktiv.[19] In dieser Funktion, als auch in jener als Funktionär und Vorstandsmitglied der Wiener Ärztekammer, trat er gegen den § 144 (Schwangerschaftsabbruch)[20] und gegen die damit verbundenen Verschärfungen des Strafrechtes sowie der damit einhergehenden Kriminalisierung der Ärzt*innenschaft auf. 1924 erschien von ihm als Artikel in der Wiener medizinischen Wochenschrift der von ihm am 25. Mai 1924 auf der Tagung der Vereinigung der sozialdemokratischen Ärzte gehaltene Vortrag unter dem Titel „Die Berufspflicht und das Berufsrecht des Arztes. Die rechtlichen Bestimmungen über die Unterbrechung der Schwangerschaft“.[21] Im selben Jahr wurde er vom Handelsgericht zum ständigen Sachverständigen für das Fach „Wirtschaftliche Interessen der Ärzte und der Heilanstalten“ bestellt.[22] Nach dem Krieg wirkte er auch noch in der Tuberkulosefürsorgestelle der Handlungsgehilfen.

Moriz Laub und seine Ehefrau Bertha wurden nach dem „Anschluss“ im März 1938 von den Nationalsozialisten wegen ihrer jüdischen Herkunft verfolgt. 1939 wurden Laub von den Nationalsozialisten die Pensionsansprüche aberkannt. Ihm gelang es mit seiner Ehefrau Bertha kurz vor ihrer Deportation in das Ghetto Theresienstadt die Flucht nach England, wo er 1944 in Chapel En Le Frith in Derbyshire verstarb. Bertha emigrierte nach seinem Tod in die USA, wo sie verarmt in New York lebte. Ihre beabsichtigte Rückkehr nach Wien scheiterte, da die von ihr beanspruchte Rente und deren Zusicherung als Voraussetzung für ihre Rückkehr durch die Wiener Krankenkasse ignoriert und danach abschlägig behandelt worden war.[23] Darüber berichteten 1949 die Zeitungen Neues Österreich in der Ausgabe vom 30. Jänner 1949, vom 25. Mai 1949 und vom 6. November 1949, sowie die Salzburger Nachrichten am 1. Februar 1949. Bertha Laub lebte zuletzt bei ihrem ebenfalls von den Nationalsozialisten aus Österreich vertriebenen Sohn, dem Mediziner Rudolf Laub, in South Carolina und verstarb am 13. Jänner 1952 in Columbia.

Quellen:

AUW, Rektorat, Med. Fakultät, Rigorosenprotokoll 1872-1894, Sign. 177-231a, Laub Moses (Rigorosum Datum 1890).

AUW, Rektorat, Med. Fakultät, Promotionsprotokoll 1874-1890, Sign. 187-855, Laub Moriz Moses (Promotion Datum 11.3.1893).

ÖStA, AdR, E-uReang, ÖStA, VA, Zl. 4751, Laub Moritz (19.2.1869)

Moriz und Bertha Laub: https://billiongraves.com/grave/Moriz-Laub/35681419?referrer=myheritage

Death certificates (South Carolina), 1915-1963, Standard Certificate of Death, Laub Bertha.

England and Wales Death Registration Index 1837-2007, Laub Moritz.

Literaturliste:

Laub, Moriz: Grundlagen und Ergebnisse ambulatorischer Tuberkulinbehandlung. Sonderdruck aus: Das Österreichische Sanitätswesen. Wien: Verlag von Alfred Hölder, k.k. Hof u. Universitäts-Buchhändler 1915.

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Laub, Moriz: Über die Wirkung einiger dem Adrenalin verwandter Ketonbasen in der rhinologischen Praxis. Aus der I. laryngo-rhinologischen Abteilung des Kaiser Franz Joseph-Ambulatoriums (Vorstand Dr. M. Weil). Sonderdruck aus: Wiener medizinische Wochenschrift. Wien: Verlag von Moritz Perles k.u.k. Hofbuchhandlung 1906.

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Laub, Moriz und J. Novotny: Ueber komplementbindende Substanzen bei Tuberkulose. Aus dem staatlichen serotherapeutischen Institute in Wien (Vorstand: Hofrat Prof. Paltauf). Sonderdruck aus: Wiener klinische Wochenschrift. Wien und Leipzig: Wilhelm Braumüller k.u.k. Hof- und Universitäts-Buchhändler 1909.

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Laub, Moriz: Ein Fall von Pneumopericardium. Aus der II. medicinischen Abtheilung der k.k. Krankenanstalt Rudolf-Stiftung in Wien (Primararzt Dr. E. Bamberger). Sonderdruck aus: Wiener klinische Wochenschrift. Wien: Wilhelm Braumüller k.u.k. Hof- und Universitäts-Buchhändler 1899.

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Keywords: Ärztekammer Wien, Moriz Laub, NS-Verfolgung, Rudolf-Stiftung, Sozialmedizin, Tuberkulose, Arzt, Wien

[1] Neue Freie Presse. 10.3.1898. S. 7.

[2] Die Zeit. 1.2.1909. S. 4.

[3] Wiener klinische Wochenschrift. Nr. 13. 1899. S. 359.

[4] Die Zeit. 12.3.1911. S. 9; Arbeiter Zeitung. 1.3.1911. S. 12.

[5] Arbeiter Zeitung. 5.3.1909. S. 10.

[6] Arbeiter Zeitung. 21.5.1911. S. 8.

[7] Wiener medizinische Wochenschrift. Nr. 12. 1919. Sp. 609.

[8] Wiener medizinische Wochenschrift. Nr. 27. 1926. Sp. 837.

[9] Wiener Kommunal-Kalender und städtisches Jahrbuch. Wien 1922. S. 47.

[10] Wiener medizinische Wochenschrift. Nr. 38. 1919. Sp. 1869.

[11] Neues Wiener Tagblatt (Tages-Ausgabe). 12.5.1935. S. 12.

[12] Die Stimme. 9.2.1938. S. 5.

[13] Czernowitzer Tagblatt. 11.1.1910. S. 3

[14] Die Zeit. 30.9.1914. S. 4.

[15] Wiener Zeitung. 17.5.1916. S. 3; Wiener medizinische Wochenschrift. Nr. 27. 1917. Sp. 1211.

[16] Neue Freie Presse. 3.12.1918. S. 4.

[17] Wiener medizinische Wochenschrift. Nr. 42. 1920. Sp. 1772.

[18] Arbeiter Zeitung. 2.7.1919. S. 10.

[19] Wiener medizinische Wochenschrift. Nr. 22. 1924. Sp. 1143.

[20] Arbeiter Zeitung. 15.4.1923. S. 10.

[21] Wiener medizinische Wochenschrift. Nr. 30. 1924. Sp. 1587-1589.

[22] Wiener medizinische Wochenschrift. Nr. 46. 1924. Sp. 2434.

[23] Neues Österreich. 25.5.1949. S. 4.

Normdaten (Person) Laub, Moriz Moses : BBL: 39429; GND: 1264961014

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