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Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien [246]: Taussig, Wilhelm – Mediziner in der Revolution 1848, Arzt der Allgemeinen Kranken- und Lebens-Versicherungsgesellschaft „Austria“ und Armenarzt der Israelitischen Kultusgemeinde Wien

Taussig, Wilhelm – Mediziner in der Revolution 1848, Arzt der Allgemeinen Kranken- und Lebens-Versicherungsgesellschaft „Austria“ und Armenarzt der Israelitischen Kultusgemeinde Wien

Autor: Walter Mentzel

Published online: 02.10.2023

Keywords: Wilhelm Taussig, Revolution 1848, Allgemeines Krankenhaus Wien, Armenarzt, Israelitische Kultusgemeinde Wien, Allgemeine Kranken- und Lebens-Versicherungsgesellschaft „Austria“, Medizingeschichte, Wien

Wilhelm Wolf Taussig wurde am 2. April 1808 als Sohn von Marcus Taussig und Rosalie, geborene Ruberl, in Trebitsch in Mähren (heute Trebic/Tschechien), geboren. 1843 heiratete er Henriette Franziska Friedmann (1811-1870), mit der er die Kinder Cölestine (1845-1847), Charlotte (zirka 1846) und Manfred (1847-1855) hatte.

Taussig studierte zunächst in Prag und danach an der Universität in Wien Medizin, wo er das Studium am 5. August 1843 mit seiner Promotion abschloss. Danach arbeitete er im Allgemeinen Krankenhaus in der internen Abteilung als Sekundararzt und danach als leitender Arzt.

Der Titel seiner Dissertation lautete: Heilmittel der Natur aus dem Thierreiche, in Naturhistorischer, Historischer, Chemischer, Dynamischer, Pharmaceutischer und Katagraphologischer Hinsicht.

1844 berichtete er über die Blattern-Abteilung im Allgemeinen Krankenhaus in Wien,[1] 1847 publizierte er über „Syphilis universalis sub forma phtiseos“.[2]

Seit spätestens 1844 war er Mitglied des Wiener Schutzvereines für aus Straf- und Verwahrungsorten entlassenen Personen,[3] in dessen Rahmen er unentgeltlich seine medizinische Behandlung in der Leopoldstadt in Wien zur Verfügung stellte. 1850 erfolgte seine Wahl in den Ausschuss des Vereins.[4] Als Mitglied der Medizinischen Fakultät engagierte er sich in deren Bibliothek.

Aktivist der Revolution von 1848 in Wien

Im März 1848 schloss sich Taussig der Revolution in Wien an, wurde Mitglied des medizinischen Korps, und von den Studenten der Universität Wien sowie der akademischen Legion in das Sicherheitskomitee entsandt. Im Konflikt mit Innenminister und Ministerpräsidenten Franz Xaver Freiherr von Pillersdorf (1786-1862) gelang ihm durch seine maßgebliche Intervention die angestrebte Auflösung der akademischen Legion zu verhindern. Im Mai 1848 übernahm er die Funktion eines provisorischen Sekretärs des Zentral-Komitees der gesamten Nationalgarde Wiens sowie die eines Ausschussmitgliedes im politischen Zentral-Komitee der gesamten Wiener Nationalgarde. Einen wesentlichen Einfluss übte er in der am 26. Mai 1848 erfolgten Konstituierung des unter dem Vorsitz von Adolf Fischhof (1816-1893) stehenden Sicherheits-Ausschusses (Ausschuss der Bürger, Nationalgarde und Studenten Wiens) aus, der das Sicherheits-Komitee ablöste. Ihm gehörte u.a. Moritz Kalazdy (1819-1875) an. Im Juni 1848 kandidierte er bei der Wahl für den sich konstituierenden Reichsrat.[5] Nach der Niederschlagung der Revolution kam er wegen des Vorwurfs aktiv an den Unruhen teilgenommen zu haben vor ein Kriegsgericht, das ihn aufgrund einer Zeugenaussage freisprach.

Nach dem Revolutionsjahr 1848 arbeitete er als praktischer Arzt in Wien Leopoldstadt, und widmete sich auch der Zoologie. 1856 nahm er am der 32. Versammlung der deutschen Naturforscher in Wien teil,[6] und im Dezember 1858 wurde er zum Armenarzt der Israelitischen Kultusgemeinde bestellt,[7] in dessen Funktion er bis zu seinem Tode tätig war. Weiters war er 25 Jahre lang ärztlicher Berater der allgemeinen Kranken- und Lebens-Versicherungsgesellschaft „Austria“, die er auch 1860 mitbegründet hatte.

Daneben wirkte er noch bis zu dessen Tod als Leibarzt seines Freundes aus den Tagen der Revolution von 1848, des Abgeordneten der Frankfurter Nationalversammlung und späteren Abgeordneten des mährischen Landtages und des Abgeordnetenhaus des österreichischen Reichsrates, Carl Giskra (1820-1879). Taussig war zuletzt in Wien 1, Rotenturmstraße 21 wohnhaft, wo er auch seine Arztpraxis hatte.

Er verstarb am 17. Juli 1889 in Wien.

Quellen:

UAW, Rektorat, Med. Fakultät, Rigorosenprotokoll, Sign. 170-263r, Taussig Wilhelm (Rigorosen Datum: 1839).

UAW, Rektorat, Med. Fakultät, Promotionsprotokoll, Sign. 176-321, Taussig Wilhelm (Promotion Datum: 5.8.1843).

WStLA, Staatliche Gerichte Bezirksgericht Innere Stadt, 2.3.1.1b.A4.A280/1890, Verlassenschaft Taussig Wilhelm.

Literatur:

Taussig, Wilhelm: Heilmittel der Natur aus dem Thierreiche, in Naturhistorischer, Historischer, Chemischer, Dynamischer und Katagraphologischer Hinsicht. I. Abtheilung. Wien: Druck von Josef Stöckholzer v. Hirschfeld 1843.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 29007]

[1] Notizen für praktische Ärzte über die neuesten Beobachtungen in der Medizin mit besonderer Berücksichtigung der Krankheitsbehandlung, 1848, S. 132.

[2] Österreichische medizinische Wochenschrift, Nr. 32, 1847.

[3] Wiener Zeitung, 20.5.844, S. 4.

[4] Wiener Zeitung, 22.6.1850, S. 14.

[5] Wiener Zeitung, 28.6.1848, S. 2.

[6] Wiener Mittheilungen, 13.10.1856, S. 4.

[7] Wiener Mittheilungen, 20.12.1858, S. 196.

Normdaten (Person): Taussig, Wilhelm: BBL: 42073; GND: 1304287262;

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BBL: 42073 (02. 10. 2023)
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Letzte Aktualisierung: 2023 10 02

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