Schlagwort-Archive: Medizinische Bibliothek

Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien [154]: Lederer, Camill – Kinderarzt und Homöopath

Lederer, Camill – Kinderarzt und Homöopath

Text: Walter Mentzel

Camill Lederer wurde am 23. Juli 1830 in Wien als eines von den elf Kindern seines Vaters Thomas Lederer jun. geboren. Mit 18 Jahren nahm er gemeinsam mit seinen beiden Brüdern, dem späteren Wiener Vizebürgermeister Moritz Lederer (*27.7. 1832 Wien, gest. 1.12.1921 Wien) und Gustav Lederer in der „akademischen Legion“ an der 1848er Revolution teil.

Nach seinem Studium der Medizin an der Universität Wien, das er 1855 mit dem Doktorat und als Magister der Geburtshilfe abschloss. Er war vor allem ein beliebter Haus- und Leibarzt in Kreisen des Hochadels und des Groß- und Finanzbürgertums.

Er publizierte u.a. in der Zeitschrift „Unser Kind“[1] über die „Die Verhütung von Plattfüssen“ oder in der Zeitschrift „Das Kind“ zum Schulbesuch.[2]

Lederer übernahm nach dem Tod seines Vaters dessen private medizinische Bibliothek, baute sie bis zu seinem Tod 1912 weiter aus und ließ sie einheitlich binden.

Von ihm besitzt die Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin die von ihm verfasste sechsseitige „Einleitung zu einer neuen Auflage von ,Mutter und Kind‘ von Thomas Lederer“ seines Vaters Thomas Lederer als Typoskript aus dem Familienarchiv Maresch. Ebenso aus dem Familienarchiv Maresch befindet sich an der Zweigbibliothek von Camill Lederer das Typoskript „Miscellanea Physico-medio-mathematika. Auszug aus dem gleichnamigen Buch von Dr. Andreas Elias Büchner von 1728“. Dazu kommt seine 1906 in der Monatsschrift für praktische Wasserheilkunde veröffentlichte Publikation „Der Hydrotherapeut Dr. Currie als Begründer der Thermometrie und der wissenschaftlichen Wasserheilmethode“.

Camill Lederer verstarb am 12. Mai 1912 in Vinica im heutigen Kroatien, wo er auch beerdigt wurde.

Quellen:

Lederer, Camill: Einleitung zu einer neuen Auflage von „Mutter und Kind“ von Thomas Lederer. Typoskript erstellt vom Original im Familienarchiv Maresch 1994.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: SA-4315/b]

Lederer, Camill. Misecellanea Physico-medio-mathematika. Auszug aus dem gleichnamigen Buch von Dr. Andreas Elias Büchner. Typoskript erstellt vom Original im Familienarchiv Maresch 1994.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: SA-4315/c]

Tauf-Matriken der kath. Kirche, Pfarre St. Stephan in Wien, 1830, Folio 158, Lederer Camill Jakob Thomas.

UAW, Medizinische Fakultät, Rigorosenprotokolle 1821-1871, Sign. 170-145r, Lederer Camill.

UAW, Medizinische Fakultät, Promotionsprotokolle 1854-1865, Sign. 181-46, Lederer Camill.

Literaturliste:

Lederer, Camill: Der Hydrotherapeut Dr. Currie als Begründer der Thermometrie und der wissenschaftlichen Wasserheilmethode. Nach Zitaten aus Dr. Curries Werk. Sonderdruck aus: Monatsschrift für praktische Wasserheilkunde und physikalische Heilmethoden. München: Druck von Franz X. Seitz 1906.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 5638]

[1] Unser Kind – Halbmonats-Zeitschrift für Kinderpflege und Erziehung unter Mitarbeit hervorragender Kinderärzte und Pädagogen. Nr. 8. 1903.

[2] Das Kind. Nr. 19. 1905.

Keywords:
Camill Lederer, Kinderarzt,  Arzt, Medizingeschichte, Geburtshilfe, Chirurgie, Wien, Private Bibliothek, Homöopath, Medizinische Bibliothek, Wiener Ärztebibliothek, Private Ärztebibliothek, Privatbibliothek

Normdaten (Person) Lederer, Camill: GND1239059205 ; BBL: 38235;

Bio-bibliografisches Lexikon (BBL)/Liste aller Beiträge der VS-Blog-Serie: Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien

Bitte zitieren als VAN SWIETEN BLOG der Universitätsbibliothek der MedUni Wien, BBL: 38235 (26.01.2022); Letzte Aktualisierung: 2022 01 26
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Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien [153]: Lederer, Thomas – Kinder- und Frauenarzt in Wien

Lederer, Thomas – Kinder- und Frauenarzt in Wien

Text: Walter Mentzel

Thomas Lederer jun. war ein Kinder- und Frauenarzt, der eine umfangreiche private medizinische Bibliothek aufbaute, die von seinem Sohn Camill Lederer erweitert worden war, und sich heute an der Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin an der Medizinischen Universität Wien befindet. Lederer wurde 1791 in Strakonitz in Böhmen (heute Strakonice/Tschechien) als Sohn von Thomas Lederer sen. (*1750 Luxembourg – damals Teil der österreichischen Niederlande, gest. 8.3.1828 Wien) geboren. Sein Vater war Unteroffizier der österreichischen Armee und späteren k.k. Wasserbau-Direktions-Aufseher. Lederer sen. war mit Anna Lederer verheiratet, mit der er die fünf Söhne und Töchter – Thomas Lederer jun. (Magister der Chirurgie in der Salvator Apotheke), Johann (Chirurg in Wien), Leopold, Marin und Joseph Lederer – hatte.

Thomas Lederer jun. studierte in Wien und Gießen Medizin (1817 Wund- und Geburtsarzt in Wien, Ehrendiplom als Doktor der Universität Gießen) und nahm 1809 als Militärarzt an der Schlacht von Aspern teil. Lederer hatte mit seiner Ehefrau elf Kinder, darunter Sidonie (ca. 1826-1872), verheiratete Maresch, Anna Theresie (*1829), den späteren Vizebürgermeister von Wien Moritz Lederer (1832-1921), Konstanze (ca. 1833-1911), verheiratete Maresch, Hermann Lederer (*1834), Gustav Lederer (1834-?) und Clementine (1842-1873), verheiratete Nielssen und die später mit dem Schriftsteller Ferdinand von Saar (1833-1906) verheiratete Melanie Lederer (1840-1884).

Seine medizinische Laufbahn begann Thomas Lederer jun. als sogenannter Operations-Zögling an der chirurgischen Klinik im Allgemeinen Krankenhaus in Wien, wo 1819 seine Ernennung zum Assistenten an der theoretisch-praktischen Schule der Geburtshilfe für Ärzte und Hebammen bei dem Professor für Geburtenhilfe Johann Lukas Boër (1751-1835 Wien) erfolgte. Seit 1823 wandte er sich der Homöopathie zu.

Abbildung: Exlibris Thomas Lederer jun.

Abbildung: Exlibris Thomas Lederer jun.

1822 veröffentlichte er in Wien das Handbuch der Hebammenkunst und 1826 sein Hauptwerk „Mutter und Kind. Oder: Schwangerschaft, Entbindung und Wochenbette […]“ für das er 1827 von der Universität Gießen das Diplom zum Dr. der Medizin, Chirurgie und Geburtenhilfe erhielt. Das Werk erschien 1842 in einer zweiten verbesserten Auflage. Danach arbeitete er als Kinderarzt und ab 1837 über viele Jahre als Leibarzt der Fürstin Melanie von Metternich. Er gilt als Modernisierer der Geburtshilfe und der frühkindlichen Förderung.

Abbildung: Thomas Lederer: Mutter und Kind. Oder: Schwangerschaft, Entbindung und Wochenbette […] Wien: Armbruster 1826.

Abbildung: Thomas Lederer: Mutter und Kind. Oder: Schwangerschaft, Entbindung und Wochenbette […] Wien: Armbruster 1826.

In der Arbeit „Mutter und Kind“ entwickelte Lederer ein System eines kindergerechten Kinderzimmers: darunter die von ihm entwickelte und propagierte Gehschule („Gehschrank“), die in seinem Buch durch eine Kupfertafel dargestellt wurde, und die sich erst langsam im Laufe des 19. Jahrhunderts durchsetzte und noch im 20. Jahrhundert zu popularisieren versucht wurde, ebenso wie die von ihm geforderte „Reformkleidung“ für Frauen. So wurde u.a. noch 1910 im „Wiener Tagblatt“ auf das von Thomas 1827 veröffentlichte Buch und die von ihm darin beschriebenen Vorteile der „Gehschule“ verwiesen und sie beworben.[1]

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Abbildung: Die Kinderstube, Tafel II aus: Thomas Lederer: Mutter und Kind. Oder: Schwangerschaft, Entbindung und Wochenbette […]. Wien: Armbruster 1826.

Abbildung: Das Geburtsbett, Tafel I aus: Thomas Lederer: Mutter und Kind. Oder: Schwangerschaft, Entbindung und Wochenbette […]. Wien: Armbruster 1826.

Abbildung: Das Geburtsbett, Tafel I aus: Thomas Lederer: Mutter und Kind. Oder: Schwangerschaft, Entbindung und Wochenbette […]. Wien: Armbruster 1826.

Die Abbildungen (Kupfertafeln) stammen vom Julius Schnorr von Karlsfeld (*26.3.1794 Leipzig, gest. 24.3.1872 Dresden) in: Wikipedia – Die Freie Enzyklopädie: URL: https://de.wikipedia.org/wiki/Julius_Schnorr_von_Carolsfeld (Stand: 26.01.2022)

Thomas Lederer verstarb am 27. Jänner 1874 in Wien.

Quellen:

Lederer, Thomas: Arzt und Geburtshelfer in Wien. Abschrift aus dem Totenprotokoll. 8.3.1828 Lederer Thomas sen.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: Abschrift. 912]

Lederer, Camill: Einleitung zu einer neuen Auflage von „Mutter und Kind“ von Thomas Lederer. Typoskript erstellt vom Original im Familienarchiv Maresch 1994.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: SA-4315/b]

Local-Anzeiger der „Presse“, 1.2.1874, „Zur Erinnerung an Dr. Lederer“.

Lederer, Thomas: Arzt und Geburtshelfer in Wien. 3 ungez. Bl. o.O. o.J.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: Abschr. 912.]

Literaturliste:

Lederer, Thomas: Mutter und Kind. Oder: Schwangerschaft, Entbindung und Wochenbette; mit einem aus der Darstellung ihres natürlichen Verlaufs abgeleiteten Unterrichte für Frauen, sich zweckmäßig zu verhalten. Nebst einer auf die Entwicklungsgeschichte des Kindes gegründeten Anleitung, zur naturgemäßen, die bestehenden Vorurtheile und Mißbräuche vermeidenden, Pflege und Erziehung desselben. Mit zwey Kupfertafeln. Wien: In Carl Armbruster’s Verlage 1826.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Josephinische Bibliothek, Sign.: JB 3.838]

[1] Neues Wiener Tagblatt (Tages-Ausgabe). 3.7.1910. S. 8.

Keywords:
Frauenarzt, Kinderarzt, Private Bibliothek, Thomas Lederer, Arzt, Medizingeschichte, Geburtshilfe, Medizinische Bibliothek, Wiener Ärztebibliothek, Private Ärztebibliothek, Privatbibliothek, Homöopathie, Chirurgie, Wien, Frühkindliche Förderung 

Normdaten (Person) Lederer, Thomas: GND: 1240399650; BBL: 38218;

Bio-bibliografisches Lexikon (BBL)/Liste aller Beiträge der VS-Blog-Serie: Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien

Bitte zitieren als VAN SWIETEN BLOG der Universitätsbibliothek der MedUni Wien, BBL: 38218 (26.01.2022); Letzte Aktualisierung: 2022 01 26
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Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien [13]: Bruno Görgen und die Privat-Heilanstalt für „Gemüthskranke“ (Wien 1820) und die Anfänge der Bibliothek des Neurologischen Institutes – „Obersteiner Bibliothek“

Bruno Görgen und die Privat-Heilanstalt für „Gemüthskranke“ (Wien 1820) und die Anfänge der Bibliothek des Neurologischen Institutes – „Obersteiner Bibliothek“

Text: Dr. Walter Mentzel

Im Jahr 1820 erschien bei Franz Wimmer in Wien eine zweisprachige (deutsch-französische) Publikation des in Wien lebenden und praktizierenden Arztes Bruno Görgen unter dem Titel: Privat-Heilanstalt für Gemüthskranke. Wien: Wimmer 1820. [auch auf franz]. Darin beschreibt er die von ihm forcierten modernen und humanistisch geprägten Methoden und Arbeitsweisen in seiner von ihm ein Jahr zuvor 1819 eröffneten und geleiteten „Privat-Heilanstalt für Gemüthskranke“. Diese Arbeit befindet sich im Bestand der Josephinischen Bibliothek an der Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin.

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Görgen, Bruno: Privat-Heilanstalt für Gemüthskranke. Wien: Wimmer 1820.

Bruno Görgen wurde am 24.8.1777 in Trier als Sohn eines Architekten geboren und war mit Gertrude Görgen verheiratet. Er absolvierte an der Universität in Wien ein Medizinstudium, das er 1799 mit seiner Promotion abschloss. Danach arbeitete er zwischen 1805 und 1808 als Mitglied der Medizinischen Fakultät als Primararzt und „Irrenarzt“ am Allgemeinen Krankenhaus in Wien im sogenannten „Narrenturm“. Hier entwickelte er sich zum Kritiker der von Inhumanität und durch Exklusion gekennzeichneten Verhältnisse psychiatrischer Anstalten. Seine Vorbilder waren damals nach humanen Grundsätzen und reformorientierten Anstalten und Behandlungsmethoden von Philippe Pinel (1745-1826) in Paris und jene in Großbritannien.

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Obersteiner, Heinrich: Bruno Görgen. In: Deutsche Irrenärzte. Einzelbilder ihres Lebens und Wirkens. Hrsg. Kirchhoff Theodor. Band 1. Berlin: Springer 1921. S. 104.

1813 bot sich ihm die Gelegenheit Pläne und Gutachten für eine, seinen Reformvorstellungen gerecht werdenden modernen psychiatrischen Anstalt, für die Hofkanzlei zu erstellen. Im selben Jahr erhielt er die Konzession zu Errichtung einer solchen, scheiterte jedoch zunächst an deren Verwirklichung wegen einer entsprechenden Lokalität. Erst 1819 eröffnete er, nachdem er in Gumpendorf, einer damals vor Wien gelegenen Vorstadt, im ehemaligen Mollardschlössel (Palais Windischgrätz; heute: Gumpendorfer Straße 104) einen geeigneten Platz gefunden hatte, seine Anstalt und nahm im Juli 1819 die ersten Patienten auf.

Hier praktizierte und übte er frei von Zwangs- und Erniedrigungsmaßnahmen, ohne Ketten und Gurte auch neue Behandlungsmethoden und setzte vor allem auf das Prinzip der Gewährung größtmöglicher Bewegungsfreiheit seiner Patienten. Er wandte verschiedenen Arten der Beschäftigungstherapien wie Werkstätten an, setzte vor allem Musik[1] aber auch Sport als eine Therapiemöglichkeit ein und versuchte insgesamt bei Betreuung und Therapie den Anlagen und Bedürfnissen der Patienten entgegen zu kommen und auf sie abzustimmen. Dementsprechend anspruchsvoll war das Anforderungsprofil und streng die Auswahlkriterien bei der Rekrutierung seines Pflegepersonals, das ein hohes Bildungsniveau samt musischer Begabungen (Musik- und Sprachkenntnisse)[2] vorweisen musste und als Freund und Gesellschafter die Patienten begleiten sollte.

Ebenso zeichnete sich seine Anstalt durch einen hohen Personalaufwand (100 Patienten zu 70, bis 80 Pfleger und Wärter: 1847 betrug das Verhältnis 25 Patienten zu 20 Pfleger) aus. Er setzte sich aber gleichzeitig zum Ziel eine Anstalt ohne Wärterpersonal zu kreieren. Seine Anstalt galt in den 1830er Jahren im deutschsprachigen Raum als einzigartig (Medizinisch-chirurgische Zeitung. 5.12.1831. S. 9). Diese Anstalt, deren Patienten sich vor allem aus dem zahlungskräftigen Publikum des Hochadels und des Großbürgertums der österreichisch-ungarischen Monarchie rekrutierten, freute sich in diesen Kreisen zunehmender Beliebtheit. Ab 1821 bot er auch Patienten mit einem geringeren Einkommen Platz in seiner Anstalt an.

Auf der Suche nach einem besseren Standort, der seinen Vorstellungen einer Betreuung gerecht werden und vor allem seinem Anspruch nach einer offenen, ruhigen, von einer Parkanlage umgebenen Anstalt genügen sollte, fand er diesen in Ober-Döbling bei Wien. Die neue Anstalt wurde nach umfangreichen Umbauarbeiten, mit denen 1829 begonnen wurde, und der Einholung der Genehmigung der Landesregierung[3] 1831 bezogen und bestand als sogenannte „Döblinger Privatanstalt“ bis zum Jahr 1917. Sie galt viele Jahre im deutschsprachigen Raum als modernste Anstalt.[4] 1876 erschien von den späteren Anstaltsleitern ein von Heinrich Obersteiner jun. (1847-1922) und Maximilian Leidesdorf (1818-1889) die Schrift „Die Privatheilanstalt für Gemüths- und Nervenkranke zu Ober-Döbling bei Wien seit ihrer Gründung 1819 nebst einen Berichts über ihre Leistungen in der fünfzehnjährigen Periode vom 1. Juli 1860 bis 30. Juni 1875. Wien: Czermak 1876“, die mit einer Reihe von Plänen und historischen Ansichten versehen ist.

Die Privatheilanstalt für Gemüths- und Nervenkranke zu Ober-Döbling bei Wien seit ihrer Gründung 1819 nebst einen Berichts über ihre Leistungen in der fünfzehnjährigen Periode vom 1. Juli 1860 bis 30. Juni 1875. Wien: Czermak 1876.

bild_04_weblog-13_30023_02Die Privatheilanstalt für Gemüths- und Nervenkranke zu Ober-Döbling bei Wien seit ihrer Gründung 1819 nebst einen Berichts über ihre Leistungen in der fünfzehnjährigen Periode vom 1. Juli 1860 bis 30. Juni 1875. Wien: Czermak 1876.

Görgen verstarb am 29. Mai 1842 in Ober-Döbling Nr. 163.

Nach seinem Tod übernahm sein Sohn, der Mediziner Gustav Görgen (1814-1860), der selbst zuvor im Ausland psychiatrische Anstalten studiert hatte, bis 1859/1860 die Leitung, danach folgten ihm als Eigentümer Maximilian Leidesdorf und Heinrich Obersteiner sen. (1820–1891) und ab 1872 Heinrich Obersteiner jun. nach. Damit begann auch die Erweiterung der heutigen „Obersteiner-Bibliothek“, die heute an ihrem Standort an der Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin auch über die ersten Entwicklungen der modernen Psychiatrie Aufschluss gibt und in der Büchersammlung von Bruno Görgen ihren Ursprung hat. Heinrich Obersteiner jun. verfasste 1921 eine kurze biografische Skizze zu Bruno Görgen.

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Quellen:

UAW, Rektorat, Med. Fakultät, Rigorosenbände des Dekanats, Doktoren der Medizin 1752-1821, Med. 9,5-256 (Promotion 27.12.1799), Görgen Bruno.

UAW, Rektorat, Rigorosen- und Promotionsprotokoll der Medizinischen Fakultät, 1840-1854, Sign. 176-230, Görgen Gustav.

Matriken der Erzdiözese Wien, Sterbebuch, Sterberegister, Sign. 03-02, Bez. 19, Döbling, Folio 64, Görgen Bruno.

Wiener Stadt- und Landesarchiv, Bestand 2.9.4.3. – Krankenhaus Obersteinergasse 1824-1982.

Österreichischer Beobachter. 11.2.1821. S. 4.

Englisch, Franz: Die Döblinger Privatirrenanstalt. Ein Beitrag zur Geschichte der Wiener Pflegeanstalten für Geisteskranke. In: Wiener Geschichtsblätter 1969. Nr. 1.

Skopec, Manfred: Bruno Görgen (1877-1842). In: Straßennamen. Wien 1978 (= Arzt, Presse, Medizin Nr. 11. 11./16. März 1978).

Literaturliste:

Görgen, Bruno: Privat-Heilanstalt für Gemüthskranke = Etablissement privé à Vienne pour la Reception des Aliénés. Wien: Bey Franz Wimmer 1820.

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[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Josephinische Bibliothek, Sign.: JB-4562]

Obersteiner, Heinrich jun. und Maximilian Leidesdorf: Die Privatheilanstalt für Gemüths- und Nervenkranke zu Ober-Döbling bei Wien seit ihrer Gründung 1819 nebst einen Berichts über ihre Leistungen in der fünfzehnjährigen Periode vom 1. Juli 1860 bis 30. Juni 1875. Wien: Czermak 1876.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 30023]

Obersteiner, Heinrich jun.: Bruno Görgen1777-1842. Sonderabdruck aus: Deutsche Irrenärzte. Berlin: Springer 1921.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 5196]

Keywords:

Bruno Görgen, Döbling, Gumpendorf, Gustav Görgen, Heinrich Obersteiner, Narrenturm, Psychiatrische Heilanstalt, Wien, Arzt, Medizingeschichte, Medizinische Bibliothek, Wiener Ärztebibliothek

[1] Allgemeine musikalische Zeitung. 22.9.1830. S. 611-612.

[2] Wiener Zeitung. 24.6.1824. S. 1016.

[3] Wiener Zeitung. 10.5.1832. S. 11.

[4] Medizinisch-chirurgische Zeitung. 5.12.1831. S. 330.

Normdaten (Person) Görgen, Bruno: BBL: 27094; GND: 1253590826

Görgen, Bruno in: Wikipedia – Die Freie Enzyklopädie: URL: https://de.wikipedia.org/wiki/Bruno_Görgen (Stand: 07.03.2022)

Bio-bibliografisches Lexikon (BBL)/Liste aller Beiträge der VS-Blog-Serie: Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien

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Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien [3]: Das „Ärztliche Lesezimmer im Allgemeinen Krankenhaus in Wien“ – Die Vorgängerinstitution der Universitätsbibliothek der Medizinischen Universität Wien

Das „Ärztliche Lesezimmer im Allgemeinen Krankenhaus in Wien“ – Die Vorgängerinstitution der Universitätsbibliothek der Medizinischen Universität Wien

Text: Dr. Walter Mentzel

Am 12. September 1915 schrieb der Radiologe Professor Guido Holzknecht in der „Neue Freien Presse“: „Zu den beliebtesten medizinischen Lesestätten in Wien gehören neben der Bibliothek der Gesellschaft der Ärzte, […] die zentral in der Stadt gelegenen ärztlichen Lesezimmer im Allgemeinen Krankenhause, die früher von den zahlreichen im Felde stehenden Ärzten und besonders den in Wien zu Studienzwecken weilenden ausländischen Ärzten, durch Beiträge erhalten wurde.“ (Neue Freie Presse, 12.9.1915, S. 13)

Das sogenannte „ärztliche Lesezimmer im allgemeinen Krankenhaus in Wien“ war zum Zeitpunkt als diese Zeilen geschrieben worden sind, bereits seit mehr als 40 Jahren die zentrale Bibliothekseinrichtung des Allgemeinen Krankenhaus und der Medizinischen Fakultät Wien. Damit ist diese Einrichtung die ideelle Vorgängerorganisation der heutigen Universitätsbibliothek an der Medizinischen Universität Wien. Als Vorläuferinstitution des „Lesezimmers“ kann wiederum die 1807 von Vincenz Ritter von Kern (1760-1829) gegründete „Chirurgische Lesegesellschaft“ im AKH in Wien gelten.

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Exlibris-Stempel: „Ärztliches Lesezimmer Wien im allgemeinen Krankenhaus“

Gegründet am 1. Oktober 1869 und eröffnet am 9. Oktober am Standort des heutigen „Alten AKH“, ging diese Bibliothek samt ihren Lesesälen aus der Initiative von Sekundarärzten der Medizinischen Fakultät hervor: konkret von dem zu dieser Zeit als Assistent von Carl Ludwig Sigmund (1810-1883) an dessen Abteilung und späteren Klinik für Syphilidologie und Dermatologie im Allgemeinen Krankenhaus arbeitenden Dr. Josef Grünfeld 81840-1910). Grünfeld und seine Ehefrau Sofie (1856-1946) waren Philanthropen und engagierten sich in zahlreichen Initiativen zur Bekämpfung der Armut und in der Kinderfürsorge, sowie in jüdischen Wohlfahrtseinrichtungen, als auch im universitären Bereich als Präsident des „Vereins zur Unterstützung mitteloser israelitischer Studierender“ und als Ehrenpräsident des „Arbeitsvermittlungsvereins für jüdische Hochschüler“, den er mitbegründet hatte. Er nahm nach der Gründung des Vereins „Ärztliches Lesezimmer“ im Verein die Rolle des Kassiers ein und war Mitglied des Vereinssauschusses. Als erster gewählter Vereinsobmann fungierte der Sekundararzt und spätere Primararzt im AKH Wien sowie Dozent an der Universität Wien Isidor Hein (1840-1885). Ein späterer Obmann des Vereines bzw. des Komitees war der Pathologe Johann Kundrat (1845-1893). Der Lesesaal und die Bibliothek des Vereines dienten in den folgenden Jahren als Versammlungs- und Veranstaltungsort der Wiener Ärzteschaft am AKH.

Die Bibliothek:

Der auf Vereinsbasis geführten Bibliothek stand als Leitungs- und Organisationsorgan ein „Comitè“ vor. Die Benützung der Bibliothek blieb zunächst nur Absolventen der Medizinischen Fakultät und akademischen Mitarbeitern des AKH vorbehalten,[1] während seit Oktober 1877 in Wien IX., Garnisonsgasse 1 (Parterre) ein studentischer Leseverein existierte, der für die Literaturversorgung für Studenten der Medizin sorgte.[2] Finanzielle Zuwendungen für die Beheizung und Beleuchtung der Bibliothek kamen seitens des Krankenhausfonds. Der Bibliotheksverein zählte 1873 120 Mitglieder (darunter Sekundarärzte, Assistenten, Operationszöglinge und Aspiranten, Professoren und Primarärzte sowie ausländische Ärzte). Die Bibliothek umfasste zu dieser Zeit 1605 Monografien und 54 Zeitschriften.[3] Bis zum Ersten Weltkrieg wuchs der Bibliotheksbestand auf 22.000 Bucheinheiten und Zeitschriften an und war zu dieser Zeit bereits die größte medizinischen Spitalsbibliothek Wiens. Die Bibliothek besaß auch Bücherbestände aus dem 17. und 18. Jahrhundert und wurde kontinuierlich durch Erwerbungen und Schenkungen erweitert.

Wie auch andere medizinische Bibliothekseinrichtungen in Wien wurde das „Ärztliche Lesezimmer im Allgemeinen Krankenhaus“ nach dem „Anschluss“ im März 1938 im Oktober 1939 durch einen Senatsbeschluss des Dekanats der Medizinischen Fakultät Wien im Kontext der „Modernisierungs- und Neuordnungspläne“ liquidiert und die Bücherbestände an das im NS-Bücherraub involvierte Antiquariat „Alfred Wolf“ veräußert. Damit wurde ein genuin an der medizinischen Fakultät gewachsener Bibliotheksbestand und eine zentrale Bibliotheksorganisation im AKH Wien ausgelöscht und zerstört.

Schon ein Jahr nach der Liquidierung der Bibliothek wurden 1940 durch den neu bestellten Leiter des Institutes für Geschichte der Medizin, Fritz Lejeune (1892-1966), und auch noch in den Jahren nach 1945 vom Institut einzelne Exemplare der ehemaligen Bibliothek im AKH – als nunmehr „antiquarische“ Bücher – vom Antiquariat „Alfred Wolf“ angekauft. Sie befinden sich heute an der Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin.

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Links oben: Hinweise auf den Ankauf: „29. Jänner 1941 Wolf“

Quellen:

JAMA. 1911. 56 (14). S. 1057-1078.

Neue Freie Presse. 12.9.1915. S. 13.

Neues Wiener Journal. 15.5.1910. S. 17.

Wiener medizinische Wochenschrift. 6.10.1869. S. 1363.

Die Presse, Local-Anzeiger der „Presse“. 19.1.1870. S. 13.

Sammlungen der Medizinischen Universität Wien, HSK, Zl. 1517/9.

Archiv der Universität Wien, Senatsakten der Med. Fak. 1938/39.

[1] Morgen-Post. 19.10.1877. S. 4.

[2] Neue Freie Presse. 19.10.1877. S. 5.

[3] Wiener Zeitung. 22.1.1873. S. 5

Keywords:
Ärztliches Lesezimmer im Allgemeinen Krankenhaus Wien, Isidor Hein, Josef Grünfeld, Wissenschaftliche Bibliothek, Arzt, Medizingeschichte, Wien, Dermatologe, Syphilis, Medizinische Bibliothek, Wien, Universitätsbibliothek, Allgemeines Krankenhaus

Bio-bibliografisches Lexikon (BBL)/Liste aller Beiträge der VS-Blog-Serie: Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien

Bitte zitieren als VAN SWIETEN BLOG der Universitätsbibliothek der MedUni Wien, BBL: 26565 (27.10.2016); Letzte Aktualisierung: 2022 01 27
Online unter der URL: https://ub-blog.meduniwien.ac.at/blog/?p=26565