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Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien [155]: Hein, Isidor – Primararzt an der Rudolfs-Stiftung und Privatdozent im Allgemeinen Krankenhaus Wien

Hein, Isidor – Primararzt an der Rudolfs-Stiftung und Privatdozent im Allgemeinen Krankenhaus Wien

Text: Walter Mentzel

Isidor Julius Hein wurde am 22. Juni 1840 als Sohn der aus Österreichisch-Schlesien stammenden Isidor und Maria Hein in Wien geboren. Nach dem Besuch des Schottengymnasiums in Wien[1] begann er ein Studium der Medizin an der Universität Wien, das er 1862 mit dem Rigorosum, 1863 mit seiner Sponsion abschloss. 1867 promovierte er noch zum Doktor der Chirurgie.[2] Während seiner Studienzeit gehörte er zum Interessentenkreis um das Journal „Österreichische botanische Zeitschrift“.[3] 1864 wurde er in das Medizinische Doctoren-Collegium aufgenommen,[4] zu dieser Zeit arbeitete er bereits als Sekundararzt und kurzeitig als Leiter einer medizinischen Abteilung im Allgemeinen Krankenhaus in Wien.

Seit zirka 1870 war er als Armenarzt im 9. Wiener Gemeindebezirk Alsergrund tätig und ab 1874 wirkte er noch zusätzlich unentgeltlich an einem Wiener Waisenhaus.[5] Dafür wurde er vom Bürgermeister der Stadt Wien, Cajetan Felder (1814-1894), ausgezeichnet.[6] Daneben führte er eine Privatordination und publizierte wissenschaftliche Abhandlungen, die in der Wiener medizinischen Wochenschrift erschienen. Darunter 1870 „Ein Fall von Pleuritis. Punctio thoracis. Heilung“,[7] 1877 publizierte er einen zweiteiligen Aufsatz „Ueber die Cheyne-Stockes’sche Athmungsform“ [Nr. 14 und Nr. 15, 1877][8] und 1879 über „Ueber die Anwendung der Kälte in Fällen von Brucheinklemmung[9]

Im April 1881 erfolgte durch das Ministerium des Inneren seine Ernennung zum Primararzt an der Rudolfs-Stiftung als Nachfolger des Primararztes und Professors Leopold Schrötter von Kristelli (1837-1908)[10] und 1883 bemühte er sich um die Zulassung zur Habilitation beim medizinischen Professorenkollegium an der Medizinischen Fakultät in Wien für interne Medizin, die noch im selben Jahr vom Ministerium für Cultus und Unterricht genehmigt wurde und zu seiner Ernennung zum Privatdozenten für klinische Propädeutik an der Medizinischen Fakultät führte.[11] Im Rahmen des Wiener medizinischen Doctoren-Collegiums engagierte er sich in deren Hygiene-Sektion in der Bekämpfung der Tuberkulose und der Cholera.[12] Im Jänner 1885 erfolgte seine Bestellung zum Primararzt und Leiter der III. medizinischen Abteilung im Allgemeinen Krankenhaus.[13]

Hein verstarb am 19. Juni 1885 in Wien.[14]

In der Neuburger-Bibliothek an der Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin befindet sich zu ihm ein dreiseitiger Nachruf aus den Mittelungen des Wiener medizinischen Doktoren-Kollegiums, Bd. 11 [Z 4496/11].

Quellen:

Matriken Wien, kath. Taufbuch, Pfarre Rossau 1840, Folio 322, Hein Isidor Julius.

AUW, Rektorat, Med. Fakultät, Rigorosen- und Promotionsprotokolle, Sign. 170-101a, Hein Isidor (Rigorosen Datum 1862).

AUW, Rektorat, Med. Fakultät, Rigorosen- und Promotionsprotokolle, Sign. 181-1086, Hein Isidor (Promotion- Sponsionsdatum 23.5.1863).

AUW, Rektorat, Med. Fakultät, Rigorosen- und Promotionsprotokolle, Sign. 182-96, Hein Isidor (Promotion 5.3.1867).

Matriken Wien, kath. Sterbe-Register, Wien 9, Lichtenthal, 1885, Folio 30, Hein Julius Isidor.

[1] Jahres-Bericht des kais. kön. Ober-Gymnasiums zu den Schotten in Wien 1858. Verzeichnis der Abiturenten.

[2] Wiener medizinische Wochenschrift. Nr. 4. 1868. Sp. 62.

[3] Österreichische botanische Zeitschrift. Nr. 12. 1862. S. 398.

[4] Wiener medizinische Wochenschrift. Nr. 48. 1864. Sp. 750.

[5] Neues Fremden-Blatt, 20.10.1874. S. 5.

[6] Wiener medizinische Wochenschrift. Nr. 24. 1877. Sp. 594.

[7] Wiener medizinische Wochenschrift. Nr. 8. 1870. Sp. 126-127.

[8] Wiener medizinische Wochenschrift. Nr. 14. 1877. Sp. 317-320 und Nr. 15. 1877. Sp. 341-344.

[9] Wiener medizinische Wochenschrift. Nr. 26. 1879. Sp. 711-113 und Nr. 27. 1879. Sp. 739-741.

[10] Wiener medizinische Wochenschrift. Nr. 18. 1881. Sp. 519; Wiener Zeitung. 28.4.1881. S. 3

[11] Wiener medizinische Wochenschrift. Nr. 19. 1883. Sp. 595 und Nr. 51. 1883. Sp. 1539-1540. Neues Wiener Tagblatt (Tages-Ausgabe). 20.12.1883. S. 3.

[12] Wiener medizinische Wochenschrift. Nr. 11. 1884. Sp. 324; Nr. 40. 1884. Sp. 1203.

[13] Wiener medizinische Wochenschrift. Nr. 6. 1885. Sp. 184.

[14] Neues Wiener Tagblatt (Tages-Ausgabe), 20.6.1885, S. 3.

Keywords:
Allgemeines Krankenhaus Wien, Armenarzt, Isidor Hein, Arzt, Medizingeschichte, Wien

Normdaten (Person) Hein, IsidorBBL: 38334; GND: 1251760163

Bio-bibliografisches Lexikon (BBL)/Liste aller Beiträge der VS-Blog-Serie: Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien

Bitte zitieren als VAN SWIETEN BLOG der Universitätsbibliothek der MedUni Wien, BBL: 38235 (01.02.2022); Letzte Aktualisierung: 2022 02 01
Online unter der URL: https://ub-blog.meduniwien.ac.at/blog/?p=38334

Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien [3]: Das „Ärztliche Lesezimmer im Allgemeinen Krankenhaus in Wien“ – Die Vorgängerinstitution der Universitätsbibliothek der Medizinischen Universität Wien

Das „Ärztliche Lesezimmer im Allgemeinen Krankenhaus in Wien“ – Die Vorgängerinstitution der Universitätsbibliothek der Medizinischen Universität Wien

Text: Dr. Walter Mentzel

Am 12. September 1915 schrieb der Radiologe Professor Guido Holzknecht in der „Neue Freien Presse“: „Zu den beliebtesten medizinischen Lesestätten in Wien gehören neben der Bibliothek der Gesellschaft der Ärzte, […] die zentral in der Stadt gelegenen ärztlichen Lesezimmer im Allgemeinen Krankenhause, die früher von den zahlreichen im Felde stehenden Ärzten und besonders den in Wien zu Studienzwecken weilenden ausländischen Ärzten, durch Beiträge erhalten wurde.“ (Neue Freie Presse, 12.9.1915, S. 13)

Das sogenannte „ärztliche Lesezimmer im allgemeinen Krankenhaus in Wien“ war zum Zeitpunkt als diese Zeilen geschrieben worden sind, bereits seit mehr als 40 Jahren die zentrale Bibliothekseinrichtung des Allgemeinen Krankenhaus und der Medizinischen Fakultät Wien. Damit ist diese Einrichtung die ideelle Vorgängerorganisation der heutigen Universitätsbibliothek an der Medizinischen Universität Wien. Als Vorläuferinstitution des „Lesezimmers“ kann wiederum die 1807 von Vincenz Ritter von Kern (1760-1829) gegründete „Chirurgische Lesegesellschaft“ im AKH in Wien gelten.

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Exlibris-Stempel: „Ärztliches Lesezimmer Wien im allgemeinen Krankenhaus“

Gegründet am 1. Oktober 1869 und eröffnet am 9. Oktober am Standort des heutigen „Alten AKH“, ging diese Bibliothek samt ihren Lesesälen aus der Initiative von Sekundarärzten der Medizinischen Fakultät hervor: konkret von dem zu dieser Zeit als Assistent von Carl Ludwig Sigmund (1810-1883) an dessen Abteilung und späteren Klinik für Syphilidologie und Dermatologie im Allgemeinen Krankenhaus arbeitenden Dr. Josef Grünfeld 81840-1910). Grünfeld und seine Ehefrau Sofie (1856-1946) waren Philanthropen und engagierten sich in zahlreichen Initiativen zur Bekämpfung der Armut und in der Kinderfürsorge, sowie in jüdischen Wohlfahrtseinrichtungen, als auch im universitären Bereich als Präsident des „Vereins zur Unterstützung mitteloser israelitischer Studierender“ und als Ehrenpräsident des „Arbeitsvermittlungsvereins für jüdische Hochschüler“, den er mitbegründet hatte. Er nahm nach der Gründung des Vereins „Ärztliches Lesezimmer“ im Verein die Rolle des Kassiers ein und war Mitglied des Vereinssauschusses. Als erster gewählter Vereinsobmann fungierte der Sekundararzt und spätere Primararzt im AKH Wien sowie Dozent an der Universität Wien Isidor Hein (1840-1885). Ein späterer Obmann des Vereines bzw. des Komitees war der Pathologe Johann Kundrat (1845-1893). Der Lesesaal und die Bibliothek des Vereines dienten in den folgenden Jahren als Versammlungs- und Veranstaltungsort der Wiener Ärzteschaft am AKH.

Die Bibliothek:

Der auf Vereinsbasis geführten Bibliothek stand als Leitungs- und Organisationsorgan ein „Comitè“ vor. Die Benützung der Bibliothek blieb zunächst nur Absolventen der Medizinischen Fakultät und akademischen Mitarbeitern des AKH vorbehalten,[1] während seit Oktober 1877 in Wien IX., Garnisonsgasse 1 (Parterre) ein studentischer Leseverein existierte, der für die Literaturversorgung für Studenten der Medizin sorgte.[2] Finanzielle Zuwendungen für die Beheizung und Beleuchtung der Bibliothek kamen seitens des Krankenhausfonds. Der Bibliotheksverein zählte 1873 120 Mitglieder (darunter Sekundarärzte, Assistenten, Operationszöglinge und Aspiranten, Professoren und Primarärzte sowie ausländische Ärzte). Die Bibliothek umfasste zu dieser Zeit 1605 Monografien und 54 Zeitschriften.[3] Bis zum Ersten Weltkrieg wuchs der Bibliotheksbestand auf 22.000 Bucheinheiten und Zeitschriften an und war zu dieser Zeit bereits die größte medizinischen Spitalsbibliothek Wiens. Die Bibliothek besaß auch Bücherbestände aus dem 17. und 18. Jahrhundert und wurde kontinuierlich durch Erwerbungen und Schenkungen erweitert.

Wie auch andere medizinische Bibliothekseinrichtungen in Wien wurde das „Ärztliche Lesezimmer im Allgemeinen Krankenhaus“ nach dem „Anschluss“ im März 1938 im Oktober 1939 durch einen Senatsbeschluss des Dekanats der Medizinischen Fakultät Wien im Kontext der „Modernisierungs- und Neuordnungspläne“ liquidiert und die Bücherbestände an das im NS-Bücherraub involvierte Antiquariat „Alfred Wolf“ veräußert. Damit wurde ein genuin an der medizinischen Fakultät gewachsener Bibliotheksbestand und eine zentrale Bibliotheksorganisation im AKH Wien ausgelöscht und zerstört.

Schon ein Jahr nach der Liquidierung der Bibliothek wurden 1940 durch den neu bestellten Leiter des Institutes für Geschichte der Medizin, Fritz Lejeune (1892-1966), und auch noch in den Jahren nach 1945 vom Institut einzelne Exemplare der ehemaligen Bibliothek im AKH – als nunmehr „antiquarische“ Bücher – vom Antiquariat „Alfred Wolf“ angekauft. Sie befinden sich heute an der Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin.

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Links oben: Hinweise auf den Ankauf: „29. Jänner 1941 Wolf“

Quellen:

JAMA. 1911. 56 (14). S. 1057-1078.

Neue Freie Presse. 12.9.1915. S. 13.

Neues Wiener Journal. 15.5.1910. S. 17.

Wiener medizinische Wochenschrift. 6.10.1869. S. 1363.

Die Presse, Local-Anzeiger der „Presse“. 19.1.1870. S. 13.

Sammlungen der Medizinischen Universität Wien, HSK, Zl. 1517/9.

Archiv der Universität Wien, Senatsakten der Med. Fak. 1938/39.

[1] Morgen-Post. 19.10.1877. S. 4.

[2] Neue Freie Presse. 19.10.1877. S. 5.

[3] Wiener Zeitung. 22.1.1873. S. 5

Keywords:
Ärztliches Lesezimmer im Allgemeinen Krankenhaus Wien, Isidor Hein, Josef Grünfeld, Wissenschaftliche Bibliothek, Arzt, Medizingeschichte, Wien, Dermatologe, Syphilis, Medizinische Bibliothek, Wien, Universitätsbibliothek, Allgemeines Krankenhaus

Bio-bibliografisches Lexikon (BBL)/Liste aller Beiträge der VS-Blog-Serie: Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien

Bitte zitieren als VAN SWIETEN BLOG der Universitätsbibliothek der MedUni Wien, BBL: 26565 (27.10.2016); Letzte Aktualisierung: 2022 01 27
Online unter der URL: https://ub-blog.meduniwien.ac.at/blog/?p=26565