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Univ Prof. Dr. Klaus Markstaller im Gespräch mit PEOPLE: Menschen und Medizin im Wiener AKH


Univ Prof. Dr. Klaus Markstaller im Gespräch mit PEOPLE: Menschen und Medizin im Wiener AKH 2/2017:

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PEOPLE: MENSCHEN und Medizin im Wiener AKH, herausgegeben von der B & K Bettschart und Kofler Medien- und Kommunikationsberatung GmbH, steht unter der Schirmherrschaft des Vereins zur Förderung von Wissenschaft und Forschung in den Neuen Universitätskliniken am Allgemeinen Krankenhaus der Stadt Wien.
PEOPLE ist ein Gratis-Magazin und berichtet viermal im Jahr über die beeindruckenden Leistungen der Spitzenmedizin ebenso wie über die neuesten Einsichten zur Gesundheitsvorsorge und zur Lebensstil-Medizin. Die redaktionellen Beiträge werden von erfahrenen Medizinjournalisten unter der fachlichen Beratung der wissenschaftlich tätigen Mediziner des Wiener Allgemeinen Krankenhauses in einem allgemein verständlichen Stil geschrieben.
PEOPLE wird in einer Auflage von 70.000 Exemplaren gedruckt und flächendeckend an zentralen Punkten des AKH, im Hanusch-Krankenhaus und in den Kassenambulatorien der Wiener GKK verteilt und an alle niedergelassenen Ärzte in Wien, Niederösterreich und dem Burgenland versendet.

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Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien [30]: Semmelweis, Ignaz Philipp: Die Aetiologie, der Begriff und die Prophylaxis des Kindbettfiebers, 1861.

Semmelweis, Ignaz Philipp: Die Aetiologie, der Begriff und die Prophylaxis des Kindbettfiebers. Pest, Wien und Leipzig: C. A. Hartleben’s Verlags-Expedition 1861.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 1185]

http://search.obvsg.at/

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Abb. 1    Iganz Philipp Semmelweis

Ignaz Philipp Semmelweis (*01.07.1818 Ofen (Budapest), gest. 13.08.1865 Wien) stammte aus einer Budapester Kaufmannsfamilie. Nach dem Besuch des Gymnasiums begann er auf Wunsch des Vaters ein Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Wien, wechselte aber bald zur Medizin. Nachdem er das erste Studienjahr in Wien beendet hatte, verbrachte er das zweite und dritte Studienjahr an der Universität in Budapest, bevor er die beiden letzten Studienjahre wieder in Wien absolvierte. Nach seiner Promotion zum Doctor medicinae 1844, zum Magister der Geburtshilfe 1844 und zum Doctor chirurgiae 1845 begann er 1846 als Assistent bei Johann Klein (1788-1856) in der Ersten Wiener Gebärklinik zu arbeiten.

Zu dieser Zeit war das Wochenbettfieber eine sehr häufige Todesursache in der Gebärklinik. Etwa 15% der Wöchnerinnen der Klinik starben damals im Wochenbett. Bekannt war auch, dass die Sterblichkeitsrate in der I. Klinik, in der Mediziner arbeiteten, wesentlich höher war, als in der II. Klinik, in der die Wöchnerinnen von Hebammen betreut wurden. Semmelweis kam aufgrund seiner Beobachtungen und pathologisch-anatomischen Untersuchungen zum Schluss, dass ein „zersetzter tierisch-organischer Stoff“[1] an den Händen der Geburtshelfer ursächlich für die hohe Mortalität der Wöchnerinnen sei. Ab Mai 1847 wies Semmelweis seine Studenten in der Klinik an sich ihre Hände in einer Chlorkalklösung zu reinigen. Alle Instrumente, Schüsseln und die Wäsche der Wöchnerinnen wurden auf ähnliche Weise desinfiziert. Der Erfolg der getroffen Maßnahmen stellte sich umgehend ein: 1847 starben nur noch 5,04% und 1848 nur noch 1,1% der Entbundenen in der Ersten Gebärklinik. Semmelweis erkannte bereits 1847 den Zusammenhang zwischen Kindbettfieber und Wundinfektionen. In seinem Hauptwerk von 1861 Die Aetiologie, der Begriff und die Prophylaxis des Kindbettfiebers schrieb er: „Der Träger der zersetzten thierisch-organischen Stoffe ist der untersuchende Finger, die operierende Hand, Instrumente, Bettwäsche, die atmosphärische Luft, Schwämme, welche mit decomprimirten Excrementen schwer erkrankter Wöchnerinnen oder anderer Kranken und hierauf wieder mit Kreissenden und Neuentbundenen in Berührung kommen, Leibschüsseln, mit einem Worte Träger des zersetzten thierisch-organischen Stoffes ist alles das, was mit einem zersetzten thierisch-organischen Stoffe verunreinigt ist, und mit den Genitalien der Individuen in Berührung kommt.“[2]

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Abb. 2    Titelblatt: Semmelweis: Die Aetiologie […]. Pest: Hartleben 1861.

Trotz dieses Erfolges wurden die Arbeiten von Iganz Semmelweis lange Zeit nicht anerkannt. Viele Ärzte wollten nicht wahrhaben, dass sie selbst die Verursacher des Kindbettfiebers waren. Aufgrund von Anfeindungen und Intrigen seiner Kollegen wurde seine Assistenzstelle 1849 nicht verlängert. Semmelweis verließ daraufhin 1850 Wien und wurde 1851 Leiter der Geburtshilfeabteilung in Budapest und ab 1855 Professor für Geburtshilfe. Seinem 1861 erschienen Hauptwerk „Die Aetiologie […]“ blieb ebenfalls der Erfolg verwehrt. Nur wenige Ärzte, darunter die Wiener Mediziner Ferdinand von Hebra (1816-1880), Joseph Skoda (1805-1881) und Carl von Rokitansky (1804-1878) setzten sich für Semmelweis ein. Semmelweis ging nun dazu über die Ärzteschaft in offenen Briefen anzugreifen. Er wurde von drei Ärztekollegen im Juli 1865 ohne Diagnose in die Landesirrenanstalt Döbling eingeliefert. Einigen Quellen zufolge soll Semmelweis‘ Einlieferung auf eine Intrige zurückzuführen sein. Er hatte zuvor wiederholt versucht, seine Kollegen von der Richtigkeit seiner Erkenntnisse zu überzeugen, dennoch war ihm wiederum fast nur Ablehnung entgegengebracht worden.

Semmelweis starb in der Anstalt am 13. August 1865 – dem damaligen Obduktionsbericht zufolge – an einer durch eine kleine Schnittverletzung hervorgerufenen Blutvergiftung. Laut anderen Berichten sei er bei einem Kampf mit dem Anstaltspersonal zu Tode gekommen. Bei einer Exhumierung der sterblichen Überreste Semmelweis‘ 1963 wurden multiple Frakturen an Händen, Armen und am linken Brustkorb festgestellt. Ignaz Philipp Semmelweis hinterließ eine Frau und drei Kinder. Erst eine Ärztegeneration später setzte sich die Umsetzung von Semmelweis‘ Hygienemaßnahmen bei Frauen im Kindbett durch.

Text: Harald Albrecht

Quellen:

Durnová, Anna: In den Händen der Ärzte. Ignaz Philipp Semmelweis. Pionier der Hygiene. St. Pölten, Salzburg und Wien: Residenz Verlag 2015.

Semmelweis, Karl: Dr. Ignaz Philipp Semmelweis. Der Retter der Mütter. Eisenstadt: Eigenverlag 2015.

Nuland, Sherwin B.: The doctor’s plague. Germs, childbed fever, and the strange story of Ignác Semmelweis. New York und London: W.W. Norton & Company 2003.

Wyklicky, Helmut und Manfred Skopec: Iganz Philipp Semmelweis (1818-1865) als Prophet der Bakteriologie. Sonderdruck aus: Hygiene + Medizin. Wiesbaden: mph-Verlag 1983.

[1] Wyklicky, Helmut und Manfred Skopec: Iganz Philipp Semmelweis (1818-1865) als Prophet der Bakteriologie. Sonderdruck aus: Hygiene + Medizin. Wiesbaden: mph-Verlag 1983. S. 396.

[2] Semmelweis, Ignaz Philipp: Die Aetiologie, der Begriff und die Prophylaxis des Kindbettfiebers. Pest, Wien und Leipzig: C. A. Hartleben’s Verlags-Expedition 1861. S. 103-104.

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Weitere Van Swieten Blog Beiträge:
Ferdinand von Hebra (1816-1880)
Joseph Skoda (1805-1881)
Med. histor. Dissertation von Carl von Rokitansky (1804-1878)
Med. histor. Dissertation von Joseph Skoda (1805-1881)

Med. histor. Dissertation von Ferdinand von Hebra (1816-1880)

Neuerwerbungen im Juni`17:

Der Bestand der Bibliothek wird durch zahlreiche interessante
Neuerwerbungen laufend erweitert.

Ein Großteil der neu erworbenen Literatur wird in der Buchausstellung im Lesesaal präsentiert.

Alle Neuerwerbungen finden Sie im Katalog–>LINK

Beispiele:

Endspurt Vorklinik : [die Skripten fürs Physikum]. Anatomie 2 : Brusteingeweide, Baucheingeweide, Beckeneingeweide
2017

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Endspurt Vorklinik : [die Skripten fürs Physikum]. Anatomie 3 : Kopf, Hals, ZNS, Sinnesorgane
2017

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Handbuch der Echokardiografie
Wilkenshoff, Ursula [VerfasserIn] Kruck, Irmtraut Mühr-Wilkenshoff, Felix [MitwirkendeR]
2017
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Fallkonzeption und Therapieplanung in der Suchtbehandlung : interdisziplinäres Fallverstehen als Grundlage einer erfolgreichen Suchtbehandlung
Funke, Wilma, 1955- [VerfasserIn]
2017
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A dictionary of science
Law, Jonathan [HerausgeberIn]
2017

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FRESH eBooks 2017

Mit der laufenden Erweiterung

des eBooks-Bestandes

gewährleistet  die

Universitätsbibliothek

ständig verfügbare Literatur .

Alle eBooks können über die Suche – Ubmed findit im Volltext abgerufen werden.

Die kürzlich lizenzierten eBooks finden Sie hier–>LINK

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Remote Access zum LOG-IN –>LINK
Nach dem Log-in –>
Suche – Ubmed findit

Achtung: Der Remote Access funktioniert nur für lizenzierte elektronische Ressourcen der Universitätsbibliothek und nur „off-campus“.

 

Sommeröffnungszeiten

Sommeröffnungszeiten

01.07.-09.07.2017:
Mo-Fr: 8 – 20 h
Sa, So GESCHLOSSEN

10.07.-11.08.2017:
Mo, Mi, Fr 8 – 16 h
Di, Do 8 – 20 h
Sa, So, GESCHLOSSEN

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21.08.-17.09.2017:
Mo, Mi, Fr 8 – 16 h
Di, Do 8 – 20 h
Sa, So, GESCHLOSSEN

18.09-01.10.2017:
Mo-Fr: 8 – 20 h
Sa, So GESCHLOSSEN

Ab 02.10.2017: reguläre Öffnungszeiten–>

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Öffnungszeiten Zweigbibliotheken

» Zweigbibliothek für Zahnmedizin

» Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin

Sommeroeffnungszeiten

Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien [29]: Restitution: Prof. Carl Julius Rothberger

Restitution: Prof. Carl Julius Rothberger

Im Februar 2017 konnte die Universitätsbibliothek der Medizinischen Universität Wien im Rahmen der NS-Provenienzforschung aus den Beständen der Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin ein Buch aus der Provenienz, Prof. Carl Julius Rothberger, an die in New Jersey lebende Erbin und Tochter von C. J. Rothberger, restituieren. Damit erfolgte ein drittes Mal eine Restitution in diesem Fall, nachdem bereits am 30. September 2010 der Tochter des ehemals an der Medizinischen Fakultät Wien tätigen Univ.-Prof. Carl Julius Rothberger im Rahmen eines Restitutionsaktes 39 Bücher aus der Hand des damaligen Rektors der Medizinischen Universität Wien, Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Schütz, im historischen Lesesaal des Josephinums und im Juli 2011 in New Jersey ein weiteres Buch übergeben werden konnten.

https://ub.meduniwien.ac.at/ueber-uns/provenienzforschung/durchgefuehrte-restitutionen/prof-carl-julius-rothberger-1871-1945-mediziner-an-der-medizinischen-fakultaet/

https://www.youtube.com/watch?v=nIP684L9Yrs

Bei dem nunmehr restituierten Buch handelte es sich um ein medizinisches Lehrbuch:

Budge Julius: Lehrbuch der speciellen Physiologie des Menschen. Für Vorlesungen und zum Selbststudium. 8. umgearb. Aufl. Leipzig: Voigt & Günther 1862.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: (803) Restitution 2017,02]

http://search.obvsg.at/primo_library/libweb/action/search.do?fn=search&ct=search&initialSearch=true&mode=Basic&tab=default_tab&indx=1&dum=true&srt=rank&vid=UMW&frbg=&tb=t&vl%28freeText0%29=Budge+Lehrbuch+der+speciellen+Physiologie+&scp.scps=scope%3A%28ACC_acc05_M900%29%2Cscope%3A%28UMW_aleph_acc%29%2Cscope%3A%28UMW_O_SFX%29

Das Buch enthält eine handschriftliche Signierung von Rothberger, die die Provenienz „Rothberger“ stichhaltig belegt.

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Abbildung 1 Autograf: Carl Julius Rothberger

Weiters kann aus der handschriftlichen Anmerkung entnommen werden, dass das Buch im November 1886 von Rothberger, der zu diesem Zeitpunkt ein 15-jähriger Gymnasiast war, in Besitz genommen wurde.

Carl Julius Rothberger wurde am 14. Oktober 1871 in Wien geboren und stammte aus einer bekannten Wiener jüdischen Familie. Er begann 1891 in Wien mit dem Studium der Medizin. Nach seiner Promotion 1897 arbeitete er im Bakteriologischen Laboratorium des k.k. Militär-Sanitäts-Comités, danach im Bakteriologischen Laboratorium der Krankenanstalt Rudolfsstiftung unter dem damaligen Vorstand Richard Paltauf (1858-1924) und 1898 an der I. Medizinischen Universitätsklinik bei Hermann Nothnagel (1841-1905). Am 1. Oktober 1899 trat er in das Institut für allgemeine und experimentelle Pathologie ein, das damals noch unter der Leitung von Philipp Knoll (1841-1900) stand.

Hier arbeitete er zunächst als Demonstrator und ab 1901 als unbesoldeter Assistent. 1904 habilitierte er sich für allgemeine und experimentelle Pathologie. Vom Jahre 1908 an stand für Rothberger die Elektrokardiographie im Mittelpunkt seiner Forschungen. Im April 1912 wurde Rothberger zum ao. Prof. für allgemeine und experimentelle Pathologie ernannt. Nach dem Tod Paltaufs 1924 ging die Leitung des Institutes auf Rothberger über, ohne, dass er jemals zum Vorstand ernannt wurde.

Im Jahr 1936 wurde Rothberger im Alter von 65 Jahren frühzeitig pensioniert und das Extraordinariat aus dem Dienstpostenplan der Universität Wien ausgeschieden. Als Grund für seine Pensionierung führte das zuständige Bundesministerium für Unterricht Sparzwänge an. Auf seinen Wunsch hin erlaubte ihm das Ministerium bis 1941 (sein gesetzlich vorgesehener Pensionsantrittstermin) unentgeltlich als Honorar Professor am Institut weiter zu arbeiten.

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Abbildung 2 C.J. Rothberger, 1916; Pathologie, Verwundeten-Spital der Universität Wien. Mit eigenhändiger Unterschrift (Archiv der Universität Wien).

Carl Julius Rothberger wurde am 13. März 1938 wegen seiner jüdischen Herkunft von den Nationalsozialisten verhaftet, interniert und über Intervention des damaligen Dekans der Medizinischen Fakultät Eduard Pernkopf (188-1955) wieder frei gelassen. Laut seiner am 30. Juni 1938 vorgenommenen Vermögensanmeldung bei der Vermögensverkehrsstelle beim Ministerium für Arbeit und Wirtschaft, die die Zwangsenteignungen („Arisierungen“) des jüdischen Privatvermögens organisierte, war er im Besitz einer medizinischen Bibliothek, die sich nach seinen Angaben an seinem früheren Arbeitsplatz am „Universitätsinstitut“ befand. In seinem nach dem November 1938 angegebenen Nachtrag an die Vermögenverkehrsstelle über die Veränderungen zu seiner am 30. Juni 1938 abgegebenen Vermögensanmeldung präzisierte Carl Julis Rothberger: „Der Vollständigkeit halber gebe ich noch bekannt, dass meine oben ad III c) angegebenen Bücher im Wert von RM 1.000.- sich noch im Universitätsinstitut befinden und mir tatsächlich nicht zur Verfügung stehen …“.

Carl Julius Rothberger starb zusammen mit seiner Frau bei einem der letzten Bombenangriffe auf die Wiener Innenstadt am 13. März 1945 im Philipphof.

Nunmehr konnte das Buch 133 Jahre, nachdem Rothberger in den Besitz des Buches kam und 79 Jahre nach seiner Beraubung durch die Nationalsozialisten, seiner Tochter restituiert werden.

Text: Walter Mentzel

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Gastautor: Prof. Dr. Hermann AICHMAIR: Augen – Amulette, Brillen, Optik [39]: Das Auge in Malerei, Musik und Literatur

Gastautor: Prof. Dr. Hermann AICHMAIR: Augen – Amulette, Brillen, Optik [39]: Das Auge in Malerei, Musik und Literatur

Ludwig van Beethoven schuf zwischen 1795 und 1798 in Wien ein Duett in Es-Dur für Viola und Violoncello mit zwei obligaten Augengläsern. Es war wahrscheinlich für zwei befreundete, kurzsichtige Spieler bestimmt. Der Cellist war vermutlich Nikolaus von Zmeskall, dem Beethoven schon früher ein Streichquartett in F-Moll , op. 95, gewidmet hatte. Das Duo ist ohne Opuszahl und konnte nur aufgrund seines ungewöhnlichen Namens eruiert werden.

Beethoven
Ludwig van Beethoven, Duett „mit zwei obligaten Augengläsern“ für Viola und Cello in Es-Dur, entstanden
1795-98. Erstveröffen tlichung 1971.

https://www.youtube.com/results?search_query=Beethoven+Duett+Mit+Zwei+Obligaten+Augengl%C3%A4sern
https://de.wikipedia.org/wiki/Ludwig_van_Beethoven
https://de.wikipedia.org/wiki/Nikolaus_Zmeskall

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Text: Hermann AICHMAIR, MEIDLING BLÄTTER DES BEZIRKSMUSEUMS, Heft 59, 2003
Fotos: Sammlung Hermann Aichmair Bezirksmuseum Meidling

Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien [28]: Bárány, Robert: Nobel-Vortrag, gehalten am 11. September in Stockholm. 1916.

Bárány, Robert: Nobel-Vortrag, gehalten am 11. September in Stockholm. Särtryck ur Nordisk tidskrift för oto-rhino-laryngologi. Stockholm: 1916.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 9056]

http://search.obvsg.at/

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Abb. 1    Robert Bárány

Robert Bárány (*22.04.1876 Wien, gest. 08.04.1936 Uppsala/Schweden) war der erste österreichische Nobelpreisträger für Medizin. Er wuchs als ältestes von sechs Geschwistern in einer Familie jüdischer Abstammung in Wien auf. Sein Vater, Iganz Bárány, ein Holzfachmann stammte aus Ungarn. Seine Mutter, Maria, geborene Hock, kam aus einer angesehenen Prager Gelehrtenfamilie, die das wissenschaftliche Interesse Robert Báránys von Kindheit an förderte. Unmittelbar nach seinem Schulabschluss begann er auf Wunsch seiner Mutter an der Medizinischen Fakultät der Universität Wien mit dem Studium der Medizin, das er am 2. April 1900 mit seiner Promotion abschloss. Im Anschluss daran arbeitete er an unterschiedlichen Kliniken: bei Carl von Noorden (1858-1944) in Frankfurt am Main, bei Emil Kraepelin (1856-1926) in Heidelberg und als Assistent der Psychiatrischen Universitätsklinik in Freiburg im Breisgau.

1902 kehrte er zurück nach Wien und begann zuerst für einige Monate bei Adam Politzer (1835-1920) als Aspirant zu arbeiten, bevor er für ein Jahr zu Karl Gussenbauer (1842-1903) als Operationszögling an die II. Chirurgische Klinik wechselte. Von 1903 bis 1905 war Bárány als Demonstrator und von 1905 bis 1911 als Assistent, an der Universitätsklinik für Ohrenheilkunde tätig. „Durch eine gute Beobachtungsgabe, aber auch mit Hilfe des Zufalls gelang es Bárány, Fragen des noch jungen Gebietes der Vestibularforschung zu klären. […] In diese Zeit fielen auch Báránys erste selbständige Forschungen mit eigenen Versuchen an Taubstummen und Normalhörenden und er begann sich für das Phänomen der Gegenrollung der Augen zu interessieren.“[1]

Bogengang

Abb 2     Titelblatt: Bárány: Physiologie und Pathologie […] des Bogengan-Apparates […]. Leipzig u. Wien: 1907. Mit einer Widmung Báránys an seinen Lehrer Adam Politzer.

Das Thema Vertigo (Schwindel) beschäftigte die Ärzte schon seit dem Mittelalter. Im 19. Jahrhundert wurden in ganz Europa intensive Forschungen dazu betrieben. 1825 wies der Franzose Jean Marie Pierre Flourens (1794-1867) erstmals nach, dass der Bogenapparat ein Gleichgewichtsorgan ist. Durch zahlreiche Forschungsbeiträge während der nächsten Jahrzehnte war die Medizin in dieser Frage zwar weiter gekommen, es fehlte jedoch die Möglichkeit die Funktion der Bogenapparate einzeln und unabhängig voneinander zu prüfen. Hier setzten Báránys Forschungen an. Er konnte erstmals die Gesetzmäßigkeit des „kalorischen Nystagmus“ – die Augenzuckungen, die durch Differenzen der Wassertemperatur bei Ohrspülungen auftreten – nachweisen. Aus den Studien über die bei der Vestibularreizung auftretenden Gleichgewichtsstörungen erlangte er zudem genaue Kenntnisse über ihren Sitz im Kleinhirn. Erkrankungen des Innenohres konnten nun frühzeitig diagnostiziert werden. 1906 publizierte Bárány seine Untersuchungsergebnisse in der österreichischen Monatsschrift für Ohrenheilkunde, 1907 erfolgte die Veröffentlichung über die „Physiologie und Pathologie des Bogenganges beim Menschen“. In seinem Geleitwort schrieb Adam Politzer: „Die vorliegende Monographie meines Assistenten Dr. Robert Bárány enthält die neuesten Untersuchungsmethoden des Bogenapparates und ihre Ergebnisse […] Durch die Untersuchungen Dr. Báránys ist die Klinik dieses Sinnesorganes in ein neues Stadium getreten und die Diagnostik der in der Ohrenheilkunde so wichtigen Erkrankungen des Bogenapparates auf eine sichere Grundlage gestellt worden […].“[2]

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Abb 3     Geleitwort Adam Politzers in: Bárány: Physiologie und Pathologie […] des Bogengan-Apparates […]. Leipzig u. Wien: 1907.

Zum Beginn des Ersten Weltkrieges meldete sich Robert Bárány freiwillig zum Kriegsdienst und wurde ins Spital der Festung Przemysl in Galizien abkommandiert, wo er ein Lazarett zur Behandlung von Kopfschüssen und eine otolaryngologische Abteilung einrichtete. Nachdem die Festung Przemysl im Frühjahr 1915 von den Russen eingenommen wurde geriet Bárány in Kriegsgefangenschaft und wurde nach Merv/Turkestan gebracht. Dort erhielt er auch die Nachricht, dass er den Medizin-Nobelbreis erhalten sollte. Der Nobelpreis für Physiologie und Medizin 1914 wurde in Folge des Ersten Weltkrieges erst in der Sitzung des Nobel-Komitees des Carolinischen Medizinisch-Chirurgischen Institutes in Stockholm am 29. Oktober 1915 vergeben. Mehrere Versuche des Schwedischen Thronfolgers, Prinz Karl, Bárány durch Vermittlungen von Gefangenenaustauschen aus der russischen Kriegsgefangenschaft zu bekommen schlugen – auch durch Schuld der Österreicher, die den international angesehen Arzt nicht auf ihre Austauschlisten setzten – fehl. Erst im Rahmen eines Invalidenaustausches am 16. Juli 1916 gelang es Brárány Freilassung zu erwirken. Auf der Heimreise über Stockholm konnte Robert Bárány schließlich seine Nobelpreise-Rede halten und den begehrten Preis entgegennehmen.

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Abb 4     Titelblatt: Bárány: Nobel-Vortrag. Stockholm: 1916.

Zurück in Wien war er mit den Neidern seines Erfolges in der Medizinische Fakultät in Wien konfrontiert. Es wurde ihm die Ernennung zum a.o. Professor verwehrt und sogar seine wissenschaftliche Integrität in einer Untersuchungskommission am Medizinischen Dekanat infrage gestellt, ohne ihm die Möglichkeit einer Stellungnahme zu gewähren. Noch während dieser Auseinandersetzung nahm Bárány das Angebot Schwedens an den neu errichteten Lehrstuhl für Otologie der Universität von Uppsala zu bekleiden. Die Österreichischen Zeitungen übten scharfe Kritik am akademischen Senat der Universität Wien. „In der Wiener Zeitung beispielsweise erschien eine Karikatur von Bárány mit der Nobelpreisurkunde im Hintergrund und der Unterschrift:

Alle Ohrenleiden habe ich ergründet – nur die Taubheit der Wiener Fakultät nicht‘“.[3]

Bárány blieb bis zu seinem Tod in Schweden. 1926 wurde er zum Ordinarius für Ohren-Nasen-Hals-Heilkunde er Universität Uppsala ernannt. Mit der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten in Deutschland begann er sich für sein eigenes Jüdisches Erbe zu interessieren. Er vermachte seine Bibliothek der Jüdischen National- und Universitätsbibliothek in Jerusalem. Robert Bárány starb 8. April 1936 in Uppsala.

Auswahlliteratur zu Robert Báránys Arbeiten zum Vestibularapparat in der Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin:

Bárány, Robert und Jakob Rothfeld: Untersuchungen des Vestibularapparates bei akuter Alkoholintoxikation und bei Delirium tremens. o.O. 1913.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 9051]

http://webapp.uibk.ac.at/alo/cat/card.jsp?id=8540742#

Bárány, Bobert: Weitere Untersuchungen und Erfahrungen über die Beziehungen zwischen Vestibularapparat und Zentralnervensystem. Sonderabruck aus: Wiener medizinische Wochenschrift. Wien: Perles 1912.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 16590]

http://webapp.uibk.ac.at/alo/cat/card.jsp?id=8540743#

Bárány, Robert: Weitere Untersuchungen und Erfahrungen über die Beziehungen zwischen Vestibularapparat und Zentralnervensystem. Nachbarschafts- und Fernwirkungen auf Kleinhirn und Vestibularapparat bei Hirntumoren. Sonderabdruck aus: Deutsche Zeitschrift für Nervenheilkunde. Leipzig: 1912.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 9050/1]

http://webapp.uibk.ac.at/alo/cat/card.jsp?id=8540744#

Bárány, Robert und Karl Wittmaack: Funktionelle Prüfung des Vestibular-Apparates. Referat, erstattet v. R. Bárány u. K. Wittmaack. Sonderabdruck aus: Verhandlungen der Deutschen Otologischen Gesellschaft auf der 20. Versammlung in Frankfurt/M am 2. u. 3. Juni 1911. Jena: Fischer 1911.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 43576]

http://webapp.uibk.ac.at/alo/cat/card.jsp?id=8540734#

Bárány, Robert: Vestibularapparat und Gleichgewicht. Neue Stimmgabelversuche und Methoden der Funktionsprüfung. 39 S. (S. 156-194). Sonderabdruck aus: Verhandlungen der Deutschen otologischen Gesellschaft. Jena: Fischer 1909.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: SA561]

http://webapp.uibk.ac.at/alo/cat/card.jsp?id=8540746#

Bárány, Robert: Funktionlle Diagnostik der eiterigen Erkrankungen des Bogengangapparates. Sonderabdruck aus: Int. Centralblatt für Ohrenheilkunde. Leipzig: Barth 1908.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 16587]

http://webapp.uibk.ac.at/alo/cat/card.jsp?id=8540719#

Bárány, Robert: Physiologie und Pathologie des Bogengangapparates beim Menschen. Sonderabdruck aus: Österreichische Aerzte-Zeitung. o.O.: 1907.

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[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata-Bibliothek]

http://webapp.uibk.ac.at/alo/cat/card.jsp?id=8423411#

Bárány, Robert: Die Untersuchungen der reflektorischen vestibulären und optischen Augenbewegungen und ihre Bedeutung für die topische Diagnostik der Augenmuskellähmungen. Sonderabdruck aus: Münchener med. Wochenschrift. München: Lehmann Jg. 1907.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 15040]

http://webapp.uibk.ac.at/alo/cat/card.jsp?id=8540739#

Bárány, Robert: Physiologie und Pathologie (Funktionsprüfung) des Bogengang-Apparates beim Menschen. Klinische Studien. Leipzig und Wien: Franz Deuticke 1907.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 11493]

http://search.obvsg.at/

Bárány, Bobert: Beitrag zur Lehre von den Funktionen der Bogengänge. Sonderabdruck aus: Zeitschrift für Sinnesphysiologie. Leipzig: Barth 1906.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 16591]

http://webapp.uibk.ac.at/alo/cat/card.jsp?id=8540718#

Quellen:

Homepage: The Official Web Site of the Nobel Prize. Stand: 22.05.2016

http://www.nobelprize.org/nobel_prizes/medicine/laureates/1914/barany-bio.html

Angetter, Daniela: Die österreichischen Medizinnobelpreisträger. (= Österreichisches Biographisches Lexikon – Schriftenreihe 8). Wien: Institut Österreichisches Biographisches Lexikon und biographische Dokumentation 2003.

Sablik, Karl: Robert Bárány. In: Arzt, Presse, Medizin. (13) 1977. S. 1-3.

Text: Harald Albrecht

[1] Angetter, Daniela: Die österreichischen Medizinnobelpreisträger. (= Österreichisches Biographisches Lexikon – Schriftenreihe 8). Wien: Institut Österreichisches Biographisches Lexikon und biographische Dokumentation 2003. S. 12.

[2] Angetter, Daniela: Die österreichischen Medizinnobelpreisträger. (= Österreichisches Biographisches Lexikon – Schriftenreihe 8). Wien: Institut Österreichisches Biographisches Lexikon und biographische Dokumentation 2003. S. 15.

[3] Angetter, Daniela: Die österreichischen Medizinnobelpreisträger. (= Österreichisches Biographisches Lexikon – Schriftenreihe 8). Wien: Institut Österreichisches Biographisches Lexikon und biographische Dokumentation 2003. S. 22.

Alle Beiträge der VS-Blog-Serie: Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien–>

Politzer, Adam: Die Beleuchtungsbilder des Trommelfells im gesunden und kranken Zustande. Klinische Beiträge zur Erkenntniss und Behandlung der Ohren-Krankheiten. Wien: Wilhelm Braumüller 1865.

Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien [27]: Wertheim, Zacharias: Versuch einer medicinischen Topographie von Wien. Wien: Bey Kupffer & Wimmer 1810.

Wertheim, Zacharias: Versuch einer medicinischen Topographie von Wien. Wien: Bey Kupffer & Wimmer 1810.

Text: Dr. Walter Mentzel

1810 erschien bei Kupfer & Wimmer ein 458 Seiten umfassendes Werk des Wiener Augenarztes Zacharias Wertheim unter dem Titel „Versuch einer medicinischen Topographie von Wien.“ Diese Arbeit, die er dem Stadt-Pyhsikus von Wien und Landes-Protomedicus der niederösterreichischen Regierung, Vincenz Peter Anton Guldner von Lobes (1762-1827), widmete, galt bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts hinein als Standardwerk zur medizinischen Versorgung Wiens und deren medizinischen Einrichtungen.

Zacharias Wertheim wurde am 5. Juli 1780 als Sohn von Samson Simon Samuel Wertheimer (1739-1810) und Karoline „Schönele“ (1741-1816), geborene Neustadtl, in Wien geboren. Seine Familie lebte bereits in der fünften Generation in Wien und stammte ursprünglich aus Worms, wo sie bis in das 16. Jahrhundert nachweisbar ist. Wertheim war mit Johanna (1792-1864), geborene Baruch verheiratet, mit der er acht Kindern hatte, darunter den Chemiker Theodor Wertheim (1820-1864), den Physiker Wilhelm Wertheim (1815-1861) und Gustav Wertheim (1822-1888), der als Professor für Dermatologie und Syphilis sowie als Primarius an der Rudolfstiftung tätig war und in Wien eine Heilanstalt besaß.

Wertheim studierte an der Universität Wien Medizin, promovierte 1802 zum Doktor der Medizin und war ein Schüler von Johann Peter Frank (1745-1821). Nach Abschluss seines Studiums folgten weitere Studienjahre an Universitäten im Ausland u.a. über längere Jahre in Göttingen. Nach seiner Rückkehr nach Wien war er nach dem fünften Koalitionskrieg zwischen Österreich und Frankreich im Jahr 1809 während einer Typhusepidemie an der ungarischen Grenze als Arzt tätig. Ein Jahr darauf veröffentlichte er seine „medicinische Topographie von Wien“. 1816 wurde er zum Primararzt an das Israelitischen Spital in Wien berufen, wo er bis zu seinem Tod arbeitete und als dessen Leiter fungierte.

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Zacharias Wertheim: Lithographiertes Portrait eines Ölgemäldes von Georg Decker. Hergestellt anlässlich des 50-Jahrjubiläums der Verleihung der Titels Doktor Med. 1852.

Wertheim war Mitglied des Doktoren-Kollegiums und seit deren Gründung 1837 Mitglied der Gesellschaft der Ärzte in Wien. Zacharias Wertheim verstarb am 31. Dezember 1852 in Wien.

Über ihn verfasste Nekrologe erschienen in der Wiener medizinischen Wochenschrift[1] sowie in der Allgemeinen Zeitung des Judenthums.[2]

Wertheim, Zacharias: Versuch einer medicinischen Topographie von Wien. Bey Wien: Kupffer & Wimmer 1810.

Wertheim schuf mit dieser Arbeit erstmals eine „medizinische Topografie“ für Wien, wie sie zu dieser Zeit nur für Städte wie Berlin und Hamburg vorlagen. Wertheim konnte für seine Arbeit nur auf wenige Statistiken und Vorarbeiten zurückgreifen, vielmehr versuchte er selbst die ihm notwendig erscheinenden Daten zu erheben. Das Buch enthält sechs Kapitel, die sich in zwei Themenbereiche gliedern. In den ersten Kapiteln (Klima, Bevölkerung Wiens, Physische und moralische Bildung, Speisen und Getränke) werden die Resultate seiner Beobachtungen zur Stadt und Bevölkerung Wiens dargestellt. In den beiden letzten Abschnitten wird auf die Beschaffenheit des Gesundheitswesens, die geläufigen Krankheitsformen und deren Häufigkeiten, das „Medicinal- und Armenwesen“, die Entwicklung der Medizinischen Fakultät und das Universitätsleben, die Organisation des Gesundheitswesens, die Kliniken, das Zwangs- und Arbeitswesen sowie die Besserungsanstalten, Waisen- und Gebärhäuser, Irrenanstalten, Taubstummen-Institute und Spitäler (Siechenhäuser) skizziert.

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Titelblatt: Wertheim: Versuch einer medicinischen Topographie von Wien: 1810.

Das Buch ist im Stil einer Reportage geschrieben und stellt die Stadt Wien und ihre Bevölkerung am Beginn des 19. Jahrhunderts und ihre diversen gesellschaftlichen Schichten, Milieus und Bevölkerungsgruppen aus ethnologischer, kulturalistischer und sozialpsychologischer Perspektive, mit durchaus gesellschaftskritischen – häufig humoristisch versehenen – Bemerkungen dar. Im Mittelpunkt seiner Beobachtungen steht das Alltagsleben der Bevölkerung, deren Lebensbedingungen und -gewohnheiten, sowie die Wohnverhältnisse aber auch die städtebauliche Beschaffenheit Wiens in Wechselwirkung zu den medizinischen und gesundheitlichen Verhältnissen. Insgesamt stellt diese Arbeit eine umfassende Beschreibung der Stadt und Bevölkerung Wiens um 1800 und damit eine frühe Kultur- und Sozialgeschichte Wiens unter besonderer Berücksichtigung der hygienischen und sanitären Verhältnisse der Stadt dar.

Quellen:

Taufbuch/Konversion, Rk, Erzdiözese Wien, 4. Bezirk, St. Karl Borromaeus, 1859, Folio 119, Wertheim Gustav.

UAW, Rigorosenbände des Dekanats für Chirurgen, Pharmazeuten und Hebammen, Med. 9.5 Doktoren der Medizin 1752 – 1821, Wertheim Zacharias (Promotion Datum, 13.4.1892).

Friedhofsdatenbank der IKG Wien, Wertheim Zacharias (31.12.1853, Friedhof Währing, Gruppe 652, reihe 2, Grab 198a)

Vaterländische Blätter. 2.5.1812. S. 213-216.

Medizinisch-chirurgische Zeitung. Nr. 8. 28.1.1811. S. 129-131.

Literaturliste:

Wertheim, Zacharias: Versuch einer medicinischen Topographie von Wien. Mit fünf Tabellen. Wien: Bey Kupffer & Wimmer 1810.

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[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Josephinische Bibliothek, Sign.: JB-5634]

Wertheim, Leopold: Die Doktorjubiläums-Feier des Herrn Zacharias Wertheim. Mitglied des Doctoren-Collegiums der med. Facultät, der k.k. Gesellschaft der Aerzte, Primararzt am Spitale der israelitischen Cultus-Gemeinde in Wien. Am 20 Juli 1852Wien: Druck von U. Klopf sen. & Alex. Eurich 1852.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 40291]

Keywords:

Israelitisches Spital Wien, Medizinische Topografie, Sozialgeschichte, Zacharias Wertheim

[1] Wiener medizinische Wochenschrift. 1.1.1853. Sp. 27-28.

[2] Allgemeinen Zeitung des Judenthums. 31.1.1853. S. 69.

Normdaten (Person) Wertheim, Zacharias: BBL: 27749; GND: 122721012

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