Archiv der Kategorie: Medizingeschichte

Medizingeschichte Josephinische Bibliothek Obersteiner

Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien [99]: Franz Herbich: Militärarzt, Botaniker und Phytologe

Franz Herbich: Militärarzt, Botaniker und Phytologe

Text: Dr. Walter Mentzel

Franz (Franciszek) Herbich wurde am 9. Mai 1791 als Sohn des Chirurgen und Wundarztes Laurenz Herbich (*1757)[1] und dessen Frau Phillippina in der Alservorstadt in Wien geboren.[2]  Er diente seit 1809 als Militärarzt und seit 1814 als Oberarzt im österreichischen Militär und begann währenddessen mit dem Studium der Medizin am Josephinum in Wien, das er 1816 mit dem „Doctor medicinae“ abschloss.

Franz Herbich, 1865

Als Militärarzt beteiligte er sich 1815/16 am Feldzug gegen Frankreich und leitete ein Feldspital in Hagenau im Elsass. Danach war er bis 1818 in Wien und darauf in Preßburg stationiert. 1820 nahm er als Oberarzt bei dem Infanterieregiment Alexander Nr. 2 an der Niederschlagung der italienischen Aufstandsbewegungen in Süditalien teil und blieb zwischen 1821 und 1824 in Neapel. Nach seiner Rückkehr nach Wien kam er 1825 nach Galizien, wo er zwischen Mai 1825 und September 1832 als Regiments- und Chefarzt in Tarnow, 1832 bis 1834 in Stanislawow und ab 1834 in Czernowitz als Regimentsarzt beim Linien-Infanterieregiment Nr. 24 Herzog von Lucca seinen Dienst versah.

Während seines Aufenthaltes in Italien, vor allem aber in Galizien und der Bukowina, beschäftigte sich Herbich mit botanischen und phytologischen Fragen, woraus eine reiche Sammlung konservierter Pflanzen und Pflanzenteile entstand. Ebenso schlug sich seine Arbeit in zahlreichen Veröffentlichungen nieder. 1823 erschien von ihm über seinen „Botanischen Ausflug nach dem Agano-See der Solfatara Pozzuoli und dem Monte nuovo“ ein Reisebericht,[3] nachdem er in der Region um Neapel botanische Studien durchgeführt und im Kloster St. Catherina a Formella einen botanischen Garten angelegt hatte. Hier baute er eine weitere umfassende Pflanzen-Sammlung auf und erstellte ein dazugehöriges Verzeichnis.[4] Ein weiterer Reisebericht von ihm erschien 1824 nach einem Ausflug nach Capri,[5] ein verspätet abgedruckter Bericht im Jahr 1833 über seine Exkursion über den Vesuv nach Ollazano[6] und ein weiterer über die „Straßen-Flora von Neapel bis Villach“ im Jahr 1834.[7] Die Arbeiten aus seiner Zeit in Italien veröffentlichte er für die königlich bayrische Botanische Gesellschaft in der Zeitschrift „Flora oder Botanische Zeitung“.

Nach seiner Versetzung nach Galizien schloss er hier an seine Tätigkeit in Italien an und unternahm zahlreiche ausgedehnten Reisen, die ihn in bis dahin aus botanischer Sicht unbekannte Gebiete führten. Darunter in die nordöstlichsten Teile der Karpatengebirge, wie u.a. nach Czerna Góra, wo er erstmals Pflanzenarten identifizierte, sie bestimmte und deren genauen Standort beschrieb. Auch hier dokumentierte er seine Arbeit in der Zeitung „Flora oder Botanische Zeitung“ (auch: Allgemeine botanische Zeitung). Dazu zählen die Berichte aus den Jahren 1834 über seinen „botanischen Ausflug in die Galizisch-carpatischen Alpen des Sandezer Kreis“[8], 1836 über seine Exkursion in das Hochgebirge der Bukowina,[9] oder 1862 „Über die Verbreitung der in Galizien und der Bukowina wildwachsenden Pflanzen“.[10] Bei seinen Forschungsreisen wurde er auch vom Botaniker und Professor an der Universität in Lemberg Alexander Johann Anton Zawadzki (1798-1868) begleitet.

Aus seiner Zeit in Galizien und der Bukowina stammen auch seine Monografien:

Herbich Franz: Nachricht über die in Gallizien im Sandecer Kreis befindlichen Szczawnicer Gesundbrunnen. Gedruckt bei Ferdinand Ullrich: Wien 1831.

Titelblatt: Herbich: Nachricht über die in Gallizien […]. Wien: 1831.

Frontispiz: Herbich: Nachricht über die in Galizien […]. Wien: 1831.

Herbich Franz: Additamentum Ad Floram Galiciae. Leopoli, Stanislavoviae et Tarnoviae: Apud Kuhn Et Millkowski/Przemysliae: Apud C. Wenzel 1831.

Herbich: Additamentum ad floram Galiciae. Leopoli […]: 1831.

Herbich Franz: Selectus Plantarum Rariorum Galiciae et Bucovinae. Czernovicii: Typis Petri Et Joannis Eckhardt 1836.

Herbich: Selectus Plantarum […]. Czernovicii: 1836.

Weiters seine handschriftliche Arbeit:

Herbich Franz: Beobachtungen über die im Militär Spitale zu Czernowitz vom 1. September 1837 bis 1. September 1841 angewendeten modificirten englischen Kraetzen-Behandlungs-Methode. Czernowitz: 1840.

Titelblatt der Handschrift: Herbich: Beobachtungen über die im Militär Spitale […]. Czernowitz: 1840.

1841 erschien von ihm eine weitere handschriftlich verfasste Arbeit:

Herbich, Franz: Denkwürdige medizinisch-practische Wahrnehmungen. o.O.: 1841.

Titelblatt der Handschrift: Herbich: Denkwürdige medizinisch-practische Wahrnehmungen […]. o.O. 1841.

Herbich war seit 1833 Mitglied der physikalischen Gesellschaft zu Zürich,[11] der königlich-bayerischen botanischen Gesellschaft zu Regensburg, der wissenschaftlichen Gesellschaften in Halle, Hanau, Altenburg, seit 1836 der Wetterauischen Gesellschaft der Naturforscher[12] und seit 1840 der Naturforscher-Gesellschaft zu Iassy.[13] 1838 erhielt er ein Diplom der physikalisch-medizinischen Gesellschaft zu Erlangen.[14] Nach seiner Pensionierung als Regimentsarzt 1. Klasse im Jahr 1845 lebte Herbich zunächst in Czernowitz und zuletzt seit 1856 in Krakau, wo er am 29. September 1865 verstarb. Sein Sohn Franz Herbich (1821-1887) war ein österreichischer Geologe und Paläontologe.

Quellen:

Taufbuch, Matriken, Rk Erzdiözese Wien, Bez. 8, Alservorstadtpfarre, 1791, Sign. 01-03, Folio 181, Herbich Franz.

Wiener Zeitung, 28.10.1865, S. 20 (Convocationen der Gläubigen und Erben nachbekannter Verstorbenen).

Literaturliste:

Herbich, Franz: Nachricht über die in Galizien im Sandecer Kreise befindlichen Szczawnicer Gesundbrunnen. Wien: Gedruckt bei Ferdinand Ullrich 1831.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Josephinische Bibliothek, Sign.: JB-2803]

Herbich, Franz: Additamentum Ad Floram Galiciae. Leopoli, Stanislavoviae et Tarnoviae: Apud Kuhn Et Millkowski/Przemysliae: Apud C. Wenzel 1831.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 29376]

Herbich, Franz: Selectus Plantarum Rariorum Galiciae et Bucovinae. Czernovicii: Typis Petri Et Joannis Eckardt 1836.

[Zweigbiblitohek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 14515]

Keywords:
Bukowina, Botanik, Franz Herbich, Galizien, Italien, Josephinum, Wien Arzt Medizingeschichte, Militärarzt, Botaniker, Phytologe

[1] UAW, Med. Fak. Med. Rigorosenbände des Dekanats für Chirurgen, Pharmazeuten und Hebammen, Sign. 9,1-256.

[2] Wiener Zeitung. 14.6.1823. S. 1.

[3] Flora oder Botanische Zeitung. 21.2.1823. S. 98-110. Flora oder Botanische Zeitung. 28.12.1823. S. 136.

[4] Flora oder Botanische Zeitung. 21.2.1823. S. 106-108.

[5] Flora oder Botanische Zeitung. 21.8.1824. S. 481-488.

[6] Weiters Allgemeine botanische Zeitung. 21.12.1833. S. 737-749.

[7] Flora oder Botanische Zeitung. 28.12.1834. S. 186.

[8] Flora oder Botanische Zeitung. 28.9.1834. S. 561-575 und 7.10.1843. S. 577-587.

[9] Flora oder Botanische Zeitung. 28.10.1836, S. 625-640 und 7.11.1836. S. 641-653.

[10] Verhandlungen. der zoologisch-botanischen Gesellschaft in Wien. 11. 1861. S. 33-70.

[11] Wiener Zeitung. 25.4.1833. S. 1.

[12] Lemberger Zeitung. 23.9.1836. S. 4.

[13] Wiener Zeitung. 11.4.1840. S. 1.

[14] Medizinisch chirurgische Zeitung. 20.8.1838. S. 240.

Normdaten (Person) Herbich, Franz : BBL: 32871; GND:102637148

Bio-bibliografisches Lexikon (BBL)/Liste aller Beiträge der VS-Blog-Serie: Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien

Bitte zitieren als VAN SWIETEN BLOG der Universitätsbibliothek der Medizinischen Universität Wien, BBL: 32871 (14.03.2019); Letzte Aktualisierung: 2022 07 04
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Blogserie Vertrieben 1938 – Biografien entlassener Mediziner*innen der Medizinischen Fakultät der Universität Wien UPDATE

UPDATE: 12. März 2018 bis 12.03.2019

Von März bis bis November 2008 haben wir in der Sonderblog-Serie „Vertrieben 1938“ die 1938 entlassenen Professoren und Dozenten der Medizinischen Fakultät der Universität Wien vorgestellt und wichtige Informationsquellen zu deren Person bzw. wissenschaftlicher Bedeutung, überwiegend frei zugänglich, zusammengetragen.

Die enorm hohe Nutzung der einzelnen Blogbeiträge in den vergangenen zehn Jahren hat uns bestärkt, im Hinblick auf das aktuelle Gedenkjahr die Beiträge zu aktualisieren und insbesondere Links zu neuen frei verfügbaren Online-Quellen zu ergänzen.
Ab 12. März 2018 werden deshalb in Erinnerung an die von der Medizinischen Fakultät der Universität Wien 1938 vertriebenen Professoren und Dozenten im Van Swieten Blog die Beiträge sowie Links zu weiterführenden Informationsquellen gepostet.

Projekt „Vertrieben 1938 – Biographien entlassener Professoren und Dozenten der Medizinischen Fakultät der Universität Wien“ im Van Swieten Blog: Informationen der Universitätsbibliothek der Medizinischen Universität Wien.

Logo: MMag.Margrit Hartl

Sonderblog-Serie Vertrieben 1938 – Biografien entlassener Professoren und Dozenten der Medizinischen Fakultät der Universität Wien UPDATE

https://ub-blog.meduniwien.ac.at/blog/?p=772

Blogserie Vertrieben 1938 – UPDATE: Herbert OREL (1898-1976), Hans Gallus PLESCHNER (1883-1950), Georg POLITZER (1898-1956), Eugen POLLAK (1891-1953), Carl Julius ROTHBERGER (1871-1945), Ludwig J. K. SALLMANN (1892-), David SCHERF (1899-1977), Emil SCHLANDER (1888-1978), Alexander SPITZER (1868-1942?), Fritz STARLINGER (1895-1988), Georg STEIN (1891-), Erwin STENGEL (1902-1973), Richard ÜBELHÖR (1901-1977), Wolfgang WIESER (1887-1945), Camillo WIETHE (1899-1949), Erich ZDANSKY (1893-1978)

UPDATE:

Von März bis bis November 2008 haben wir in der Sonderblog-Serie „Vertrieben 1938“ die 1938 entlassenen Professoren und Dozenten der Medizinischen Fakultät der Universität Wien vorgestellt und wichtige Informationsquellen zu deren Person bzw. wissenschaftlicher Bedeutung, überwiegend frei zugänglich, zusammengetragen.

Die enorm hohe Nutzung der einzelnen Blogbeiträge in den vergangenen zehn Jahren hat uns bestärkt, im Hinblick auf das aktuelle Gedenkjahr die Beiträge zu aktualisieren und insbesondere Links zu neuen frei verfügbaren Online-Quellen zu ergänzen.
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Projekt „Vertrieben 1938 – Biographien entlassener Professoren und Dozenten der Medizinischen Fakultät der Universität Wien“ im Van Swieten Blog: Informationen der Universitätsbibliothek der Medizinischen Universität Wien.

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Zum Internationalen Frauentag: Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien [98] Boivin, Marie-Anne-Victoire: Handbuch der Geburtshülfe, nach den Grundsätzen der Entbindungs-Anstalt zu Paris, und denen der berühmtesten in- und ausländischen Geburtshelfer, 1829

Zum Internationalen Frauentag: Boivin, Marie-Anne-Victoire: Handbuch der Geburtshülfe, nach den Grundsätzen der Entbindungs-Anstalt zu Paris, und denen der berühmtesten in- und ausländischen Geburtshelfer. Mit 106 lithographirten Abbildungen, welche die Behandlung aller Arten der Entbindung zeigen, 6 synoptischen Tabellen, das Ergebniß von 24,214 Fällen darbietend, und einem Anhange: die Aphorismen von Mauriceau und Drazio Valota enthaltend. Nach der 3ten Ausgabe des Originals. Cassel und Marburg: bei Johann Christian Krieger 1829.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Josephinische Bibliothek, Sign.: JB-3998]

Text: Harald Albrecht, BA

Abb. 1       Marie-Anne-Victoire Boivin

Marie-Anne-Victoire Boivin (*09.04.1773 Montreuil bei Versailles, gest. 16.05.1841 Paris) war eine der bekanntesten französischen Hebammen der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Sie wurde als Marie-Anne-Victoire Gillain in Montreuil bei Versailles geboren. Schon als 20-jährige ließ sie sich in Étampes, im heutigen Département Essonne, in einem von Nonnen geführten Hospital als Hebamme ausbilden. Ihre medizinische Ausbildung wurde 1797 durch ihre Eheschließung mit Louis Boivin, einem Staatsbeamten, vorerst beendet. Ihr Ehemann, mit dem sie eine gemeinsame Tochter hatte, verstarb allerdings sehr früh und die junge Witwe entschied sich ihre Studien wieder aufzunehmen.

Dafür ging sie nach Paris um am renommierten Hôtel-Dieu ihre Kenntnisse bei der weithin anerkannten Marie Louise Lachapelle (1769-1821) zu vertiefen. Lachapelle war eine der NachfolgerInnen der berühmten Angélique Marguerite Le Boursier Du Coudray (1712-1794), die seit 1743 leitende accoucheuse (Hebamme) des Hôtel-Dieu war. Die ebenfalls mit einer Tochter sehr jung verwitwete Marie Louise Lachapelle wurde ihre Mentorin und Freundin. Im Jahr 1800 erhielt sie nach Beendigung ihrer Ausbildung ihr Diplom und ließ sich in Versailles nieder um dort zu praktizieren. Nur ein Jahr später, nach dem frühen Tod ihrer Tochter, kehrte sie zurück nach Paris und wurde Lachapelles Assistentin und Stellvertreterin am neugegründeten L’hospice de la Maternité. Im Laufe der Zeit entwickele sich eine enge Zusammenarbeit zwischen Mme Boivin und Dr. François Chaussier (1746-1828), dem Chefgeburtshelfer des L’hospice de la Maternité in Paris. Dies führte zu immer größeren Spannungen zwischen Mme Boivin und Mme Lachapelle, die auf die Beziehung zwischen Boivin und Chaussier höchst eifersüchtig reagierte. Mme Boivin beendete schließlich 1811 ihre Tätigkeit an der La Maternité und nahm „[…] im Hospital zu Poissy eine zwar bescheidene, dafür aber unangefeindete Stellung […]“[1] an.

„Nevertheless, in 1812 the Hospice de la Maternité published the first edition of her famous Mémorial de l’Art des Accouchements, which contained the notes she had taken there as she followed Mme Lachapelle’s teaching and practice. The manual for midwives contained a folding table and 133 full-page, simple wood engravings from drawings made by the author, notably showing the application of forceps and the various positions of the fetus in the womb.”[2] Das Buch sollte ihr Hauptwerk werden. Es erlebte von 1812 bis 1836 vier französische Auflagen sowie 1822 eine italienische und 1829 eine deutsche. Die Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin besitzt die deutschsprachige Ausgabe ihres Werkes aus dem Jahr 1829, das eine Übersetzung der dritten französischsprachigen Auflage aus dem Jahr 1824 darstellt:

Boivin, Marie-Anne-Victoire: Handbuch der Geburtshülfe, nach den Grundsätzen der Entbindungs-Anstalt zu Paris, und denen der berühmtesten in- und ausländischen Geburtshelfer. Mit 106 lithographirten Abbildungen, welche die Behandlung aller Arten der Entbindung zeigen, 6 synoptischen Tabellen, das Ergebniß von 24,214 Fällen darbietend, und einem Anhange: die Aphorismen von Mauriceau und Drazio Valota enthaltend. Nach der 3ten Ausgabe des Originals. Cassel und Marburg: bei Johann Christian Krieger 1829.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Josephinische Bibliothek, Sign.: JB-3998]

Abb. 2    Titelblatt: Boivin: Handbuch der Geburtshülfe […]. Cassel, Marburg: 1829.

Zwischen 1812 und 1833 erschien eine Reihe von Publikationen und Entwicklungen medizinischer Instrumente, wie etwa dem Pelvimeter (Beckenmesser) von Mme Boivin. „She wrote widely on midwifery, devised the first bivalve vaginal speculum in 1825 […]. She also wrote one of the early classic descriptions of hydatidiform mole, pointing out that it was of chorionic origin.“[3] „In 1833 Boivin (1773-1841) and [Antoine, Anm.] Dugès (1798-1835) reported amputation of the cervix for chronic ulceration. They also in the same work recorded for the first time cancer of the female urethra (Boivin and Duges, 1833).[4] Mme Boivin benütze als eine der ersten das Stethoskop um die Herztöne von Föten im Mutterleib zu kontrollieren. Viele europäische Höfe umwarben Marie-Anne-Victoire Boivin vergeblich mit Angeboten. Sie blieb trotzdem in Frankreich, obwohl sie ihre höchsten Auszeichnungen aus dem Ausland erhielt. Sie soll verbittert darüber gewesen sein, dass sie weder einen Doktorgrad einer französischen Universität erhalten hatte noch von der Akademie der Wissenschaft in Paris akzeptiert wurde. Ihre höchste Auszeichnung erhielt sie, als ihr 1827 von der Universität Marburg die Doktorwürde verliehen wurde. In ihrem Dankesbrief an die dortige medizinische Fakultät schrieb sie:

„Meine Herren Professoren! Wenn man alles, was das Leben schmücken und verschönern kann, zum Opfer bringt, um sich fortwährend den Mühseligkeiten des Studiums, den Unannehmlichkeiten der Praxis, den Beschwerlichkeiten des Unterrichts in der Heilkunde zu unterziehen, so hat man nur seine Pflicht als Arzt erfüllt; wenn man aber zu gleicher Zeit einen glühenden Wetteifer bei denen anfacht, welche denselben Weg oder wenigstens einige Seitenpfade, die zum nämlichen Ziele führen, verfolgen; wenn man denen, die sich durch ihren Eifer oder durch die Wichtigkeit ihrer Arbeit auszeichnen, eine ehrenvolle Anerkennung gewährt; wenn man bei der Verteilung der Belohnung jedes Vorurteil in Beziehung auf den Stand, das Vaterland und das Geschlecht verbannt, dann zeigt man sich als wahrer Philosoph und Menschenfreund, dann erwirbt man sich die begründeten Rechte und die Achtung und Dankbarkeit derer, die sich des Beweises einer so schönen Humanität rühmen können. Dies, meine Herren, sind die Gefühle der Achtung und Dankbarkeit, die ich für die Doktorwürde in der Heilkunde und Geburtshilfe, deren sie mich zur Belohnung meiner schwachen Arbeiten gewürdigt haben, ihnen darzubringen mich gedrungen fühle.“[5]

Abb. 3    Boivin: Handbuch der Geburtshülfe […]. Cassel, Marburg: 1829. Tafel 84.

Abb. 4    Boivin: Handbuch der Geburtshülfe […]. Cassel, Marburg: 1829. Tafel 91.

Abb. 5    Boivin: Handbuch der Geburtshülfe […]. Cassel, Marburg: 1829. Tafel 95.

Quellen:

Burton, June K: Napoleon and the woman question. Discourses of the other sex in French education, medicine and medical law 1799-1815. Lubbock/Tx: Texas Tech University Press 2007.

Boivin, Marie anne Gillain 1773-1841. In: In: Women in medicine: an encyclopedia. Hrsg.: Laura Lynn Windsor. Santa Barbara/Cal.: ABC-CLIO 2002. S. 35-36.

Boivin, Marie Anne Victoire (1733-1841). In: On the shoulders of giants: eponyms and names in obstetrics and gynaecology. Hrsg.: Thomas F. Basket. London: RCOG Press 1996. S. 23-24.

O’Dowd, Michael J. und Elliot E. Philipp: The history of obstetrice and gynaecology. New York and London: The Parthenon Publishing Group 1994.

Schönfeld, Walter: Frauen in der abendländischen Heilkunde vom klassischen Altertum bis zum Ausgang des 19. Jahrhunderts. Mit 26 Abbildungen. Stuttgart: Ferdinand Enke Verlag 1947.

[1] Schönfeld, Walter: Frauen in der abendländischen Heilkunde vom klassischen Altertum bis zum Ausgang des 19. Jahrhunderts. Mit 26 Abbildungen. Stuttgart: Ferdinand Enke Verlag 1947. S. 142.

[2] Burton, June K: Napoleon and the woman question. Discourses of the other sex in French education, medicine and medical law 1799-1815. Lubbock/Tx: Texas Tech University Press 2007. S. 104.

[3] Boivin, Marie Anne Victoire (1733-1841). In: On the shoulders of giants: eponyms and names in obstetrics and gynaecology. Hrsg.: Thomas F. Basket. London: RCOG Press 1996. S. 23.

[4] O’Dowd, Michael J. und Elliot E. Philipp: The history of obstetrice and gynaecology. New York and London: The Parthenon Publishing Group 1994. S. 409.

[5] Schönfeld, Walter: Frauen in der abendländischen Heilkunde vom klassischen Altertum bis zum Ausgang des 19. Jahrhunderts. Mit 26 Abbildungen. Stuttgart: Ferdinand Enke Verlag 1947. S. 142-143.

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Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien [97]: Apt, Franz: Einige Worte über die psychiatrische Tätigkeit eines Truppenarztes, 1910.

Apt, Franz – Einige Worte über die psychiatrische Tätigkeit eines Truppenarztes (nach einem Vortrage im Wissenschaftlichen Vereine der Militärärzte der Garnison Przemyśl) Przemyśl: als Manuskript gedruckt 1910.

Text: Walter Mentzel

Im Jahr 1910 erschien im Selbstverlag das Manuskript des im Militärspital in Przemyśl in Galizien dienenden Militärarztes, Psychiaters und Schülers von Julius Wagner-Jauregg (1857-1940), Franz Apt. In dieser ihm seit 1909 als Vorlage bei seinen Vorträgen dienenden Arbeit, hatte Apt ein Konzept zur größtmöglichen Identifizierung unter Einbeziehung der Verwaltung und der Bevölkerung zur Erfassung geistig kranker Personen entwickelt, um deren gezielte Identifizierung und Aussondierung vor deren Einziehung in den Militärdienst zu erwirken.

Titelblatt mit Widmung: Apt: Einige Worte über die psychiatrische Tätigkeit […]. Przemyśl: 1910. Handschriftlich Widmung des Autors: „Herrn RA Dr. Albrecht/in Freundschaft überreicht/Dr. Apt“

Apt, Franz: Einige Worte über die psychiatrische Tätigkeit eines Truppenarztes (nach einem Vortrage im Wissenschaftlichen Vereine der Militärärzte der Garnison Przemyśl.) Przemyśl: als Manuskript gedruckt 1910.

Mit seiner Arbeit verfolgte er das Ziel, zunächst durch eine psychiatrische Schulung des Militärpersonals dieses in die Lage zu versetzen eine psychiatrisch-verwaltungstechnische Koordinierungsfunktion zu übernehmen, um danach durch die Einbeziehung der zivilen Verwaltungsebenen und der Polizeibehörden, diese mittels vorgedruckter Formulare bei der Erfassung, Ausforschung und Registrierung psychisch kranke und jene als „Kranke interniert gewesene Leute“ zu unterstützen. Zur Verwirklichung der vollständigen Erfassung von „geistig kranken“ Personen beabsichtigte er möglichst breite Teile der Gesellschaft, die bislang schon eine gesellschaftliche Kontrollfunktion wahrnahmen, wie „Irrenanstalten“, Lehrpersonal aber auch „vertrauenswürdige Personen“ wie „Nachbarn, Ärzte, Bürgermeister, Dorfschullehrer, Geistliche, Amtspersonen, Notare“ zur Erstellung von verschriftlichten Zeugnissen und Einschätzungen über Personen wie u.a. Schülern an Hilfsschulen in das Ausforschungssystem einzubeziehen und zur Anmeldepflicht anzuhalten. Diese Maßnahmen zielten darauf ab, eine weitestgehende Störung des Militärdienstes zu verhindern und einen reibungslosen Ablauf der Kriegsführung zu gewährleisten. Seine Vorstellungen entsprachen der in der Vorkriegszeit in Europa sich zunehmend durchsetzenden Ideen, der Unterordnung und der Militarisierung der zivilen Verwaltungen und des zivilen Lebens unter militärische Nützlichkeitserwägungen. Letztlich weist sein Konzept auf eine vollständige Identifizierung und Erfassung durch die Zuweisung der Beurteilungskompetenzen in psychiatrischen Fragen an die Zivilbehörden hin. Apt und seine Arbeit gerieten rasch in Vergessenheit, während sie noch vor dem Ersten Weltkrieg Interesse der französischen Armee fanden.

Franz Apt wurde am 21. Juni 1874 als Sohn eines Ministerialrates in Budapest geboren. Er studierte an der Medizinischen Fakultät der Universität Budapest, wo er am 25. Februar 1898 zum Doktor der gesamten Heilkunde promovierte. Während des Studiums trat er am 20. Jänner 1894 als einjährig Freiwilliger „auf eigene Kosten“ in das Infanterieregiment Nr. 86 der k.k. Armee ein und begann nach Absolvierung seines Studiums 1898 seine Karriere als Militärarzt im Probedienst im Garnisonsspital Nr. 17 in Budapest, wo er im Juni 1898 zum Oberarzt ernannt wurde. 1899 wechselte er zum (bosnisch-herzegowinischen[1]) Infanterieregiment Nr. 3 in Budapest. 1901 erfolgte hier seine Ernennung zum Regimentsarzt. Im selben Jahr begann er eine Ausbildung an der Klinik für Psychiatrie bei Professor Julius Wagner-Jauregg (1857-1940) in Wien, die ihn in den folgenden Jahren zur Leitung psychiatrischer Abteilungen in Militärspitälern befähigte. 1902 wurde er Mitglied des Vereins für Psychiatrie und Neurologie in Wien.[2] Nach Abschluss seiner Arbeit bei Wagner-Jauregg arbeitete er ab 1902 wieder als Militärarzt im Garnisonsspital Nr. 7 in Graz. 1905 wechselte er in das Garnisonsspital in Temeswar (heute: Timișoara/Rumänien) und 1906 zum Garnisonsspital Nr. 21 in Temeswar. Hier übte er an der Abteilung für psychiatrische Krankenfälle die Position des Chef- und Instruktionsarztes aus und war als Kommissionsmitglied der ambulanten Stationskommission und als Chefarzt der chirurgischen Abteilung zugeteilt. Danach war er ab 1907 im Garnisonspital Nr. 3 des 10. Armeekorps in Przemyśl und zuletzt von 1908 bis 1910 als Chefarzt der 5. Geistes-, Nerven- und Arrestanten-Abteilung und daneben an der 2. Augen- und Ohrenabteilung tätig. Seine Vorgesetzten bescheinigten ihm, dass sich unter seiner Führung die psychiatrische Abteilung in Przemyśl zu einer „Musterabteilung“ entwickelt hatte, nachdem er sie neu organisiert, moderne psychiatrische Ansätze eingeführt und vor allem eine stärkere Individualisierung der Krankenbehandlung hinsichtlich der Diagnostik in der Militärpsychiatrie eingeleitet hatte.

In Przemyśl heiratete er im Jahr 1908. 1909 und 1910 hielt er vor dem „Wissenschaftlichen Verein der Militärärzte der Garnison Przemyśl“ Vorträge mit Titel seines 1910 von ihm herausgegebenen Buches „Einige Worte über die psychiatrische Tätigkeit des Truppenarztes […]“.[3] Im Oktober 1910 nahm er am 4. internationalen Kongress zur Fürsorge für Geisteskranke in Berlin teil, wo er einen Vortrag über die „klinische Anamnese in der Militärpsychiatrie. Bedeutung und Beschaffung“ hielt.[4] Franz Apt, der vor seinem Tode vor weiteren Karrieresprüngen als Militärpsychiaters stand, verstarb am 12. Dezember 1910 in Przemyśl in Galizien (heute: Polen).

Auskunftsbogen aus dem Garnisonspital Nr. 3 in Przemyśl vor 1914. In: Apt: Einige Worte über die psychiatrische Tätigkeit […]. Przemyśl: 1910.

Beilage: Apt: Einige Worte über die psychiatrische Tätigkeit […]. Przemyśl: 1910.

Musteransuchen. In: Apt: Einige Worte über die psychiatrische Tätigkeit […]. Przemyśl: 1910.

Quellen:

Österreichisches Staatsarchiv. Kriegsarchiv. Qualifikationslisten. Franz Apt.

Der Militärarzt. Zeitschrift für das gesamte Sanitätswesen der Armeen (Beilage der Wiener

medizinischen Wochenschrift Nr. 8) 4. 17.2.1911. Sp. 56.

Der Militärarzt. 9. 13.5.1910. Sp. 135.

Literatur:

Derrien. Marie: Éliminer ou récupérer? L’armée française face aux fous du début du XXe siècle à la Grande Guerre. In: Le Mouvement Social 2015/4 (Nr. 253). S. 13-29.

Dieselbe: « La tête en capilotade » Les soldats de la Grande Guerre internés dans les hôpitaux

psychiatriques français (1914-1980). (Thèse pour l’obtention du doctorat d’histoire) Lyon 2015.

Literaturliste:

Apt, Franz: Einige Worte über die psychiatrische Tätigkeit des Truppenarztes. (Nach einem Vortrage im Wissenschaftlichen Vereine der Militärärzte der Garnison Przemyśl.) Przemyśl: als Manuskript gedruckt 1910.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 14722]

Keywords:

Franz Apt, Galizien, Julius Wagner-Jauregg, Militärarzt, Militärspital, Militärwesen, Przemyśl, Psychiatrie, Verwaltung, Arzt, Wien, Medizingeschichte

[1] Wiener Zeitung. 1.5.1901. S. 14; Allgemeine Wiener medizinische Zeitung. 7.5.1901. S. 216.

[2] Wiener klinische Wochenschrift. Nr. 7. 1902. S. 192.

[3] Der Militärarzt. Zeitschrift für das gesamte Sanitätswesen der Armeen (Beilage der Wiener medizinischen Wochenschrift Nr. 8). 4. 17.2.1911. Sp. 56; Der Militärarzt. 9. 13.5.1910. Sp. 135.

[4] Österreichisches Staatsarchiv. Kriegsarchiv. Qualifikationslisten. Franz Apt.

Normdaten (Person) Apt, Franz: BBL: 32630; GND: 1224625854;

Bio-bibliografisches Lexikon (BBL)/Liste aller Beiträge der VS-Blog-Serie: Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien

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Zum 150. Geburtstag: Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien [96]: Neurath, Rudolf: Die nervösen Komplikationen und Nachkrankheiten des Keuchhustens. Klinische und anatomische Studien. 1904.

Zum 150. Geburtstag von: Neurath, Rudolf: Die nervösen Komplikationen und Nachkrankheiten des Keuchhustens. Klinische und anatomische Studien. Mit 2 Textfiguren. Leipzig und Wien: Franz Deuticke 1904.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 53678]

Text: Harald Albrecht, BA

Abb. 1     Rudolf Neurath. Josephinum, Ethik, Sammlungen, und Geschichte der Medizin, MedUni Wien, FO-IR-003126-0001.

Rudolf Neurath (*17.02.1869 Wien, gest. 14.10.1947 New York), dessen Geburtstag sich im Februar 2019 zum 150. Mal jährte, war ein österreichischer Pädiater. Er wurde in Wien als Sohn von Michael Neurath und Leontine Reiß geboren und war jüdischer Herkunft. Nach dem Besuch der Volksschule und des Gymnasiums in Wien studierte er ab 1887 Medizin an der Medizinischen Fakultät der Universität Wien. Am 11. März 1893 schloss er das Studium erfolgreich mit seiner Promotion ab. Er absolvierte seine Ausbildung zum Kinderarzt an mehreren Wiener Kliniken wo er bei Hermann Nothnagel (1841-1905), Theodor Escherich (1857-1911), Heinrich Obersteiner (1847-1922) und anderen lernte. Von 1894 bis 1897 war er Sekundararzt am Karolinen Kinderspital in Wien und von 1898 bis 1918 Abteilungsvortand des I. Öffentlichen Kinderkrankeninstituts. 1913 habilitierte sich Neurath im Fach Kinderheilkunde.

Nach dem Ersten Weltkrieg 1918 wurde Rodolf Neurath bis 1938 Leiter des Kinderambulatoriums der Wiener Arbeiterkrankenkasse und Facharzt für Kinderkrankheiten des Wiener städtischen Jugendamtes. 1927 wurde er zum tit. a.o. Professor ernannt. Neuraths wissenschaftliche Schwerpunkte bildeten die Grenzgebiete zwischen Neurobiologie und Pädiatrie, Forschungen zur Pubertät und endokrinologische Fragen. Neurath war unter anderem Mitglied der Gesellschaft der Ärzte in Wien, des Vereins für Neurologie und Psychiatrie und der Deutschen Gesellschaft für Kinderheilkunde. Aufgrund seiner jüdischen Herkunft trat er 1934 aus der Deutschen Gesellschaft für Kinderheilkunde (DGfK) aus um einer zwangsweisen Streichung seiner Mitgliedschaft durch die in Deutschland mittlerweile an die Macht gekommen Nationalsozialisten zuvor zu kommen: „Aussagen wie die des Schriftführers [der DGfK, Anm.] Goebel [Prof. Fritz Goebel (1888-1950) Anm.] vom Januar 1936 – ,Wie zu erwarten sind eine Anzahl von nichtarischen Austritten erfolgt und ich glaube dass wir bald rein arisch sein werden. Diesen Weg der freiwilligen Selbstaustritte finde ich viel glücklicher, als wenn wir irgendeinen Druck ausgeübt hätten.‘ – legen nahe, dass Juden in der DGfK unerwünscht waren und durchaus ein Druck zum ,freiwilligen Austritt‘ bestand. So schrieb auch der Wiener Professor für Kinderheilkunde Rudolf Neurath am 11. Januar 1934 nicht ohne Selbstbewusstsein: ,Sehr geehrter Herr Prof. Goebel! Ich melde meinen Austritt aus der Deutschen Gesellschaft für Kinderheilkunde, da, wie ich vermute, meine Mitgliedschaft der Gesellschaft ebenso unerwünscht sein dürfte, wie mir selbst. Mit dem Ausdruck vorzüglicher Hochachtung‘. Der Austritt wurde ansonsten oft wortlos, manchmal auch unter Angabe ,wirtschaftlicher Gründe‘ oder der bevorstehenden Emigration erklärt.“[1]

Nachdem „Anschluss“ 1938 wurde Rudolf Neuraths Venia legendi entzogen und am 1. Juli 1938 wurde ihm seine Mitgliedschaft in der Wiener Ärztekammer, die er seit 1894 besaß, entzogen.[2] Aufgrund seiner jüdischen Herkunft musst Neurath seine Wohnung in der Lange Gasse 70 in der Wiener Josefstadt verlassen und aus Österreich fliehen. Rudolf Neurath gelang die Flucht in die USA, wo er am 14. Oktober 1947 in New York City verstarb. In der wissenschaftlichen Sitzung der Gesellschaft der Ärzte in Wien am 28. November 1947 wurden die erschienen Mitgliedern vom Tod Rudolf Neuraths durch den Vorsitzenden Erwin Stransky (1877-1962) informiert. Stransky erwähnte das Neurath widerfahrene Unrecht mit keinem Wort, wie der in der Wiener klinischen Wochenschrift abgedruckte Sitzungsbericht zeigt: „Der Vorsitzende eröffnet die Sitzung, begrüßt die Erschienen und bringt dem Plenum zur Kenntnis, daß vor kurzem in New York Prof. Dr. Rudolf Neurath verstorben ist. Er war seit 1896 Mitglied unserer Gesellschaft. Mit ihm ist ein hervorragender Vertreter der Wiener Pädiaterschule dahingegangen. Neurath hat eine Reihe bemerkenswerter wissenschaftlicher Arbeiten veröffentlicht, insbesondere auch in pädiatrisch-neurologischen Grenzgebieten, so über zerebrale Veränderungen beim Keuchhusten u.a. als Arzt wie als Kollege hat er sich allgemeiner Wertschätzung erfreut; wir werden ihm stets ein ehrendes Gedenken bewahren.“[3]

Die Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin besitzt eine Ausgabe von Neuraths oben erwähnter 1904 erschienen Monografie über den Keuchhusten. Das Exemplar stammt ursprünglich aus der Bibliothek der Gesellschaft der Ärzte in Wien (GdÄW) und kam im Zuge einer Dauerleihgabe im Jahr 1976 in die Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin. Das Exemplar weist am Buchdeckel eine leider nicht mehr zur Gänze lesbare handschriftliche Widmung Rudolf Neuraths an die Bibliothek der Gesellschaft der Ärzte auf: „[Der B]ibliothek der k.k. Gesellschaft der Aertze/vom Verf.“

Abb. 2    Handschriftliche Widmung am Buchdeckel von Rudolf Neurath an die Bibliothek der GdÄW

Neurath, Rudolf: Die nervösen Komplikationen und Nachkrankheiten des Keuchhustens. Klinische und anatomische Studien. Mit 2 Textfiguren. Leipzig und Wien: Franz Deuticke 1904.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 53678]

Abb. 3    Titelblatt: Neurath: Die nervösen Komplikationen […]. Leipzig […]: 1904.

Abb. 4    Neurath: Die nervösen Komplikationen […]. Leipzig […]: 1904. S. 72.

Quellen:

Neurath, Rudolf (17.2.1869-14.10.1947 New York City) tit. a.o. Prof. Dr. med., Kinderarzt. In: Jüdische Kinderärzte 1933-1945. Entrechtet/geflohen/ermordet. Hrsg.: Eduard Seidler. Erweiterte Neuauflage. Basel u.a.: Karger 2007.

Visus und Vision. 150 Jahre DOG. Festschrift zum 150-jährigen Bestehen der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft. Hrsg: DOG Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft. Köln: Biermann Verlag 2007.

7480 Neurath, Rudolf. In: Handbuch österreichischer Autorinnen und Autoren jüdischer Herkunft 18. bis 20. Jahrhundert. Hrsg.: Österreichische Nationalbibliothek. Band 2. J-R. 4542-8922. München: K.G. Saur 2002. S. 982-983.

Neurath, Rudolf, österr. Pädiater, *17.21869 Wien, +14.10.1947 New York. In: Biographische Enzyklopädie deutschsprachiger Mediziner. Hrsg. von Dietrich von Engelhardt. Bd. 2. R-Z Register. München: K. G. Saur 2002. S. 437.

Feikes, Renate: Emigration Wiener jüdischer Ärzte ab 1938 in die USA, speziell nach New York. Wien: Univ.-Diss. 1999.

Rudolf Neurath (1869 Wien – 1948). In: Dokumentation Vertriebene Intelligenz 1938. Der Verlust geistiger und menschlicher Potenz an der Universität Wien von 1938 bis 1945. Hrsg.: Kurt Mühlberger. 2. verb. u. verm. Auflage. Wien: Archiv der Universität Wien 1993. S. 28.

Neurath, Rudolf: In: Biographisches Lexikon der hervorragenden Ärzte der letzten fünfzig Jahre (=Zugleich Fortsetzung des Biographischen Lexikons der hervorragenden Ärzte aller Zeiten und Völker). Zweite und dritte, unveränderte Auflage. Zweiter Band Kon-Zweig Nachträge und Berichtigungen, mit 80 Bildnissen. München und Berlin: Verlag von Urban & Schwarzenberg 1962. S. 1112.

Verhandlungen ärztlicher Gesellschaften und Kongreßberichte. Offizielles Protokoll der Gesellschaft der Ärzte in Wien. In: Wiener klinische Wochenschrift. (60/1) 1948. S. 22.

[1] Visus und Vision. 150 Jahre DOG. Festschrift zum 150-jährigen Bestehen der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft. Hrsg: DOG Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft. Köln: Biermann Verlag 2007. S. 57.

[2] Vgl.: Feikes, Renate: Emigration Wiener jüdischer Ärzte ab 1938 in die USA, speziell nach New York. Wien: Univ.-Diss. 1999. Bd. 2. S. 133.

[3] Verhandlungen ärztlicher Gesellschaften und Kongreßberichte. Offizielles Protokoll der Gesellschaft der Ärzte in Wien. In: Wiener klinische Wochenschrift. (60/1) 1948. S. 22.

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Blogserie Vertrieben 1938 – UPDATE: Anna Simona SPIEGEL-ADOLF (1893-1983), Berthold SPITZER (1878-), Max SCHACHERL (1876-1964), Fritz SCHENK (1874-1942), Arthur SCHIFF (1871-1953), Josef SCHIFFMANN (1879-), Paul SCHILDER (1896-1940), Wilhelm SCHLESINGER (1869-1947), Arthur SCHÜLLER (1874-1957), Heinrich SCHUR (1871-1953)

UPDATE:

Von März bis bis November 2008 haben wir in der Sonderblog-Serie „Vertrieben 1938“ die 1938 entlassenen Professoren und Dozenten der Medizinischen Fakultät der Universität Wien vorgestellt und wichtige Informationsquellen zu deren Person bzw. wissenschaftlicher Bedeutung, überwiegend frei zugänglich, zusammengetragen.

Die enorm hohe Nutzung der einzelnen Blogbeiträge in den vergangenen zehn Jahren hat uns bestärkt, im Hinblick auf das aktuelle Gedenkjahr die Beiträge zu aktualisieren und insbesondere Links zu neuen frei verfügbaren Online-Quellen zu ergänzen.
Ab 12. März 2018 werden deshalb in Erinnerung an die von der Medizinischen Fakultät der Universität Wien 1938 vertriebenen Professoren und Dozenten im Van Swieten Blog die Beiträge sowie Links zu weiterführenden Informationsquellen gepostet.

Projekt „Vertrieben 1938 – Biographien entlassener Professoren und Dozenten der Medizinischen Fakultät der Universität Wien“ im Van Swieten Blog: Informationen der Universitätsbibliothek der Medizinischen Universität Wien.

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Sonderblog-Serie Vertrieben 1938 – Biografien entlassener Professoren und Dozenten der Medizinischen Fakultät der Universität Wien UPDATE

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Blogserie Vertrieben 1938 – UPDATE: Rudolf STRISOWER (1886-), Erich URBACH (1893-1946), Richard VOLK (1876-1943), Richad WAGNER (1887-1974), Richard WASICKY (1884-1970), Helene WASTL (1896-1948), Maximilian WEINBERGER (1875-1954), Richard WIESNER (1875-1954), Robert WILLHEIM (1885-), Emil ZAK (1877-1949)…

UPDATE:

Von März bis bis November 2008 haben wir in der Sonderblog-Serie „Vertrieben 1938“ die 1938 entlassenen Professoren und Dozenten der Medizinischen Fakultät der Universität Wien vorgestellt und wichtige Informationsquellen zu deren Person bzw. wissenschaftlicher Bedeutung, überwiegend frei zugänglich, zusammengetragen.

Die enorm hohe Nutzung der einzelnen Blogbeiträge in den vergangenen zehn Jahren hat uns bestärkt, im Hinblick auf das aktuelle Gedenkjahr die Beiträge zu aktualisieren und insbesondere Links zu neuen frei verfügbaren Online-Quellen zu ergänzen.
Ab 12. März 2018 werden deshalb in Erinnerung an die von der Medizinischen Fakultät der Universität Wien 1938 vertriebenen Professoren und Dozenten im Van Swieten Blog die Beiträge sowie Links zu weiterführenden Informationsquellen gepostet.

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Blogserie Vertrieben 1938 – UPDATE: Gottwald SCHWARZ (1880-1959), Heinrich SCHWARZ (1899-), Oswald SCHWARZ (1883-1949), Conrad STEIN (1870-1940), Robert Otto STEIN (1880-1951), Hugo STERN (1875-1941), Richard STERN (1878-1951), Ernst STRÄUSSLER (1872-1959), ALois STRASSER (1867-1945)

UPDATE:

Von März bis bis November 2008 haben wir in der Sonderblog-Serie „Vertrieben 1938“ die 1938 entlassenen Professoren und Dozenten der Medizinischen Fakultät der Universität Wien vorgestellt und wichtige Informationsquellen zu deren Person bzw. wissenschaftlicher Bedeutung, überwiegend frei zugänglich, zusammengetragen.

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Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien [95]: Visualisierung und Kartographierung von statistischen Daten zu Krankheiten, Epidemien, Mortalität und des Sanitätswesen im 19. Jahrhundert in der Habsburgermonarchie: Karl (Carl) Denarowski, Sanitäts-Karte der Bukowina 1880

Visualisierung und Kartographierung von statistischen Daten zu Krankheiten, Epidemien, Mortalität und des Sanitätswesen im 19. Jahrhundert in der Habsburgermonarchie: Karl (Carl) Denarowski, Sanitäts-Karte der Bukowina 1880 samt Kommentarteil

Text: Dr. Walter Mentzel

Im Jahr 1880 erschien im Verlag der Bukowinaer Landesregierung von Karl Denarowski eine Sanitäts-Karte der Bukowina samt einem 210 Seiten umfassenden beigefügten Kommentarteil, der Erklärungen und eine inhaltliche Vertiefung der Karte enthielt. Diese auf Leinen aufgezogene Sanitäts-Karte zeigt das seit 1775 zur Habsburgermonarchie gehörende Kronland Bukowina im Maßstab 1:195.200 in einem Kartenumfang von 66 x 94 cm. Sie stellte einen zu dieser Zeit erstmals gelungenen Versuch dar, eine Visualisierung des Sanitätswesens und der auftretenden Krankheiten, sowie deren Häufigkeiten und Verläufe darzulegen. Mit dem Zuspruch und der Anerkennung aus dem medizinischen Fach den Denarowski dafür erhielt, erhoffte sich die Medizinverwaltung der Monarchie eine Vorbildwirkung für weitere Arbeiten für die übrigen Kronländer der Habsburgermonarchie auf diesem Gebiet. Die Wiener medizinische Wochenschrift schrieb dazu 1880 in einer Besprechung: „Das Werk ist mit viel Fleiße, großer Sachkenntnis und Gründlichkeit gearbeitet und es wäre nur zu wünschen, dass derartige Arbeiten von Zeit zu Zeit über jedes einzelne Kronland publiziert würde.“[1]

Denarowsk, Karl: Commentar zur Sanitätskarte der Bukowina. Wien: Verlag der k.k. Bukowinaer Landesregierung 1880.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.:2151]

Abb. 1    Deanrowski: Sanitätskarte der Bukowina. Wien: 1880.

Nachdem 1870 im Rahmen der gesetzlichen Neuorganisation der Medizinalverwaltung das k.k. Ministerium des Inneren die Landesbehörden der Kronländer anwies jährlich sogenannte „Sanitäts-Nachweisungen“ herauszugeben, denen die gesammelten statistisch Daten zur Sanitätsversorgung, Verläufe von Epidemien, Krankheitsstatistiken, Mortalität u.a. in Bezug auf die Bevölkerung aufbereitet zugrunde liegen sollten,[2] kam es ab 1871 zur Veröffentlichung einzelner dieser Sanitätsberichte. In dessen Folge fanden erste Bemühungen statt, dem als Mangel empfundenen Fehlen einer Visualisierung des Datenmaterials mit Hilfe von Karten und Diagrammen Abhilfe zu schaffen. Die ersten Ergebnisse, wie jene durch den Sanitätsrat Dr. Alois Hussa in Klagenfurt handschriftlich verfassten Kartenwerke, die am statistischen Kongress in Budapest gezeigt worden waren, sowie die von der Statistischen Zentral-Kommission herausgegebene Sanitätsstatistik zum Vorkommen „der Cretins und das Verhältnis der Ärzte zur Bevölkerung“, erwiesen sich jedoch in ihrer Durchführung als durchwegs unbefriedigend.

Demgegenüber stand der von Karl Denarowski unternommene Versuch, die Sanitätsberichte eines Kronlandes auf einer Zeitachse bis 1871 zurückreichend kartografisch darzustellen und durch differenzierte Kennzeichnungen eine vielfältige Topgrafie des Sanitätswesen und der Krankheitsentwicklung sichtbar zu machen. Zur Visualisierung setzte er verschiedene Farben, Zeichen und Symbole ein, mit denen die Verbreitungsgebiete von Fieber, Kropf, Kretinismus, Keuchhusten, Syphilis und Skrophulosis eingetragen wurden. Weiters wurden durch Illustrationen Zeitzonen und die Ausweitung von Epidemien grafisch verknüpft und verdichtet, wie beispielsweise jene zwischen 1866 und 1879 die Bukowina heimsuchenden Krankheiten der Cholera, Diphterie, Blattern, Typhus, Dysenterie, Masern und Scharlach.

Abb. 2    Deanrowski: Sanitätskarte der Bukowina. Wien: 1880.

Abb. 3    Deanrowski: Sanitätskarte der Bukowina. Wien: 1880.

Dazu verfasste Denarowski ein Kompendium, das neben einer Reihe von Kartenwerken, geographischen, geognostischen Beschreibungen, Darstellungen des Klimas und der hydrografischen Verhältnisse, auch die Entwicklung und die Verbreitung dieses im besonderen Ausmaß von Epidemien betroffenen Kronlandes der Monarchie – wie die Cholera-Epidemien in den Jahren 1831, 1848, 1866, 1872 und 1873 – enthielt. Neben Angaben zu der geografischen Ausbreitung von Epidemien auf dem flachen Lande, in den urbanen Zentren und den betroffenen Kommunen wurden Statistiken zur Mortalität der betroffenen Bevölkerung angeführt. Das Kompendium beinhaltet ebenso eine grafische und kommentierte Darstellung über die Fortschritte der sanitären Assanierung des Landes, der Kanalisierung und der Wasserbauprojekte der Bukowina mit dem Schwerpunkt der Hauptstadt Czernowitz oder – wie in einem weiteren Abschnitt eigens behandelt – eine Analyse des Verlaufes der Blattern entsprechend der nicht geimpften Bevölkerung.[3] Damit verknüpfte Denarowski in dieser Arbeit neben der umfassenden Darstellung des Sanitätswesens eines Kronlandes mit seinen Vorschlägen zum Aufbau und der Modernisierung des Sanitätswesens, insbesondere der Wasserversorgung und der öffentlichen Hygienemaßnahmen in der Bukowina zur nachhaltigen Verhinderung von Seuchen und Epidemien.

Abb. 4    Titelblatt: Denarowski: Commentar zur Sanitätskarte der Bukowina. Wien: 1880.

Abb. 5    Denarowski: Commentar zur Sanitätskarte der Bukowina. Wien: 1880. S. 97.

Abb. 6    Commentar zur Sanitätskarte der Bukowina. Wien: 1880. Tafel I.

Abb. 7    Commentar zur Sanitätskarte der Bukowina. Wien: 1880. Tafel II.

Abb. 8   Commentar zur Sanitätskarte der Bukowina. Wien: 1880. Tafel III.

Denarowski wurde 1828 in Tarnopol (heute: Tarnopil/Ukraine) in der Bukowina geboren, studierte Medizin und arbeitete nach seiner Promotion als Sekundararzt am Allgemeinen Krankenhaus in Prag. 1856 kam es zu seiner Bestellung zum Konzeptspraktikanten für den Sanitätsdienst bei der Bukowinaer Landesbehörde. Zwei Jahre später (1858) erfolgte bereits seine Berufung zum Bezirksarzt in Czernowitz, 1870 zum Mitglied des Sanitätsrates und 1872 seine Bestellung zum Landessanitätsreferenten der Bukowina sowie seine Ernennung zum Regierungsrat.[4] Als Vorsitzender des Landessanitätsrates gehörte er damit dem höchsten medizinischen Gremium des Kronlandes Bukowina an, was ihm die Möglichkeit verschaffte, seine seit den 1860er Jahren während der Cholera- und Diphterie-Epidemien entwickelten Ideen zur Assanierung des Sanitäts- und Hygienewesens in der Bukowina um zu setzten. Denarowski war 1867 Mitbegründer des „Vereins der Ärzte in der Bukowina“, dessen Ehrenpräsident er nach seiner Pensionierung im Jahr 1890 wurde. Denarowski erwarb sich während seiner Dienstzeit besondere Verdienste um die Frage der Hygiene zum Schutze vor Epidemien, der Ausgestaltung und Verbesserung des öffentlichen Sanitäts- und Gesundheitswesens und der Hebung der Kurorte in der Bukowina. Darunter besonders um den Kurort Dornawatra, dem er eine eigene 1868 in Wien veröffentlichte Studie mit dem Titel „Die Mineralquellen in Dorna-Watra und Pojana-Negri in der Bukowina“ widmete.[5] Seit 1875 war er Vize-Präsident des Vereines der „polnischen Naturforscher- und Ärzte“.[6] Denarowski verstarb am 25.9.1900 in Czernowitz.

Quellen:

Blätter für Reform des Sanitätswesens, 15.1.1870. Beilage zur Wiener Medizinischen Wochenschrift (5) 1870, S. 3-6.

Bukowinaer Post. 27.9.1900. S. 3.

Bukowinaer Post. 30.9.1900. S. 5.

Bukowinaer Rundschau. 27.9.190. S. 2.

Wiener medizinische Wochenschrift. Nr. (20/59) 1870. Sp. 1441.

Wiener medizinische Wochenschrift. Nr. (20/32) 1875. Sp. 723.

Wiener medizinische Wochenschrift. (30/27) 1880. Sp. 771-772.

Wiener Zeitung. 24.2.1872. S. 1.

Statistische Monatsschrift (Hrsg. vom Büro der k.k. statistischen Central-Commission). 4. Jg. Wien 1880. S. 235-236.

Vierteljahrschrift für die praktische Heilkunde. 1871. S. 300.

Mareci Sabol, Harieta: “Change your habits!” Health and hygiene issues in Bukovina during the 19th century. In: Codrul Cosminului. (21/2) 2015. S. 357-368.

https://www.researchgate.net/publication/290252059_Change_Your_Habits_Health_and_Hygiene_Issues_in_Bukovina_during_the_19th_Century

[1] Wiener medizinische Wochenschrift. (30/27) 1880. Sp. 771-772.

[2] Blätter für Reform des Sanitätswesen, 15.1.1870. Beilage zur Wiener Medizinischen Wochenschrift (5) 1870, S. 3-6.

[3] Wiener medizinische Wochenschrift. (30/27) 1880. Sp. 771-772.

[4] Wiener Zeitung. 24.2.1872. S. 1.

[5] Bukowinaer Post. 27.9.1900. S. 3. 30.9.1900, S. 5.

[6] Wiener medizinische Wochenschrift. (20/32) 1875. Sp. 723.

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