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Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien [229]: Berthold Zins – Facharzt für Innere Medizin, Primarius-Stellvertreter am S. Canning Childs-Spital, NS-Verfolgter

Berthold Zins – Facharzt für Innere Medizin, Primarius-Stellvertreter am S. Canning Childs-Spital, NS-Verfolgter

Autor: Dr. Walter Mentzel

Affiliation: Medizinische Universität Wien, Universitätsbibliothek, Währinger Gürtel 18-20, 1090 Wien, Österreich

Published online: 31.07.2023

Keywords: Berthold Zins, Facharzt für Innere Medizin, Krankenhaus der Wiener Kaufmannschaft, S. Canning Childs-Spital, NS-Verfolgter, Wien, Palästina, Arzt, Medizingeschichte

Berthold Zins wurde als Sohn von Israel Mayer Zins und Sprynce Awerbach am 13. Februar 1891 in Tarnów in Galizien (heute: Polen) geboren.

1910 begann er an der Universität Wien mit dem Studium der Medizin, das er am 13. Februar 1915 mit seiner Promotion abschloss. Danach war er während des Ersten Weltkrieges als Militärarzt in Gaya in Mähren stationiert. 1916 heiratete er in Wien Leopoldstadt die ebenfalls aus Tarnów stammende Chana Lea Blitz (geb. 18.1.1889).

Nach dem Krieg arbeitete er bis zirka 1923 als Facharzt für Innere Krankheiten als Assistent von Primarius Prof. Julius Donath (1870-1950) an der II. medizinischen Abteilung des Krankenhauses der Wiener Kaufmannschaft in Döbling. Hier publizierte er gemeinsam mit Alfred Vogl (1889-1973) die Studie „Eine einfache Methode zum Nachweise pathologischer Bilirubinämie“. 1923 eröffnete er in Wien 9, Kinderspitalgasse 10, eine private Ordination, die er zirka 1932 an den Standort Wien 1, Rathausstraße 13, verlegte. Daneben arbeitete er als Primarius-Stellvertreter an dem 1929 in Wien gegründeten S. Canning Childs-Spital sowie als Facharzt für Innere Erkrankungen an der Krankenkasse Wien. Weiters war Zins in den 1920er Jahren Mitglied und wie Alfred Götzl und Alfred Bass im Vollzugsausschuss der Landeszentrale Wien zur Bekämpfung der Tuberkulose,[1] sowie im Ausschuss der Wirtschaftsorganisation der Ärzte Wiens tätig.[2] Zins war mit seiner Ehefrau 1938 in Wien 9, Währinger Straße 16 wohnhaft.

Berthold und Chana Zins, die beide wegen ihrer jüdischen Herkunft nach dem „Anschluss“ im März 1938 von den Nationalsozialisten verfolgt wurden, flüchteten Ende 1938 aus Österreich. Zuvor gaben sie bei der Auswanderungsabteilung der IKG Wien als Auswanderungsziel Palästina an. Berthold und Chana Zins erreichten am 2. Jänner 1939 Haifa in Palästina und wurden im Februar 1941 eingebürgert. Sie lebten in Tel Aviv.

Berthold und Chana Zins: zirka 1938: Mandat zur Einbürgerung in Palästina, 1937-1947, Zins Berthold, Chana.

Im Februar 1942 erhielt Zins die Lizenz zur Ausübung seines Arztberufes.[3] Berthold Zins verstarb am 21. März 1967 in Tel Aviv.

Grabstelle: Nahalat Yitshak Cemetery, Tel Aviv, Israel. Zins Berthold, Billion grave.

Quellen:

Matriken der IKG Wien, Trauungsbuch 1916, Zins Berthold.

UAW, Med. Fakultät, Nationalien/Studienkataloge, Sign. 134-0679, Zins Berthold (Nationalien Datum 1910/11).

UAW, Rektorat, Med. Fakultät, Rigorosen- und Promotionsprotokolle, Sign. 196-0972, Zins Berthold (Rigorosum Datum: 11.2.1915).

UAW, Rektorat, Med. Fakultät, Rigorosen- und Promotionsprotokolle, Sign. 191-0824, Zins Berthold (Promotion Datum: 13.2.1915).

Mandat zur Einbürgerung in Palästina, 1937-1947, Zins Berthold, Chana.

Grabstelle: Zins Berthold, Billion grave.

Literatur:

Vogl, Alfred und Berthold Zins: Eine einfache Methode zum Nachweise pathologischer Bilirubinämie. Aus der II. Medizinischen Abteilung des Krankenhauses der Wiener Kaufmannschaft (Primarius Priv.-Doz. Dr. Julius Donath). Sonderdruck aus: Medizinische Klinik. Berlin: Urban & Schwarzenberg 1922.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Referenzen:

[1] Amtsblatt der Stadt Wien, Nr. 93, Wien 1927, S. 1296

[2] Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 38, 1930, S 1247.

[3] The Palestine Gazette, Nr. 1177, 19.3.1942, S. 344.

Normdaten (Person): Zins, Berthold: BBL: 41547; GND: 1297758757;

VAN SWIETEN BLOG der Universitätsbibliothek der Medizinischen Universität Wien
BBL: 41547 (31.07.2023)
URL: https://ub.meduniwien.ac.at/blog/?p=41547

Letzte Aktualisierung: 2023 07 31

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Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien [228]: Ada Hirsch – Kinder- und Jugendärztin am Jugendamt der Gemeinde Wien, NS-Verfolgte

Ada Hirsch – Kinder- und Jugendärztin am Jugendamt der Gemeinde Wien, NS-Verfolgte

Autor: Walter Mentzel

Affiliation: Medizinische Universität Wien, Universitätsbibliothek, Währinger Gürtel 18-20, 1090 Wien, Österreich

Published online: 20.07.2023

Keywords:  Ada Hirsch, Ada Hirsch-Elias, Kinderärztin, Jugendamt der Gemeinde Wien, NS-Verfolgte, Ärztin, Wien, Medizingeschichte

Ada Hirsch wurde am 28.4.1885 in Wien als Tochter des aus Proßnitz bei Olmütz in Mähren stammenden Buchhalters und späteren Vizepräsidenten und leitenden Verwaltungsrates der Prager Papierfabrik A.G., Emil Hirsch (geb. 10.8.1850 in Prostějov, Olomouc/Tschechien, gest. 8.3.1919 in Prag) und der Wienerin Katharina, geborene Eckstein (geb. 1.3.1862 in Wien, gest. 28.1.1924 in Wien), geboren.

Ada begann 1904 ihr Studium der Medizin an der Universität Prag und führte es an der Medizinischen Fakultät der Universität Wien bis zu ihrer Promotion fort. Schon vor ihrer Promotion, am 25.11.1910, war sie als Hospitantin an der II. Medizinischen Universitätsklinik tätig, wo sie die mit dem Assistenzarzt Richard Bauer (1879-1959) gemeinsam durchgeführten Untersuchungen 1912 im Aufsatz „Beitrag zum Wesen der Wassermannschen Reaktion“ publizierte. 1913 nahm sie als Referentin an der Versammlung Deutscher Naturforscher und Ärzte in Wien teil.[1] Im selben Jahr veröffentlichte sie, die an der Kinderklinik von Professor Clemens von Pirquet (1874-1929) und an der I. Frauenklinik bei Friedrich Schauta (1849-1919) am Allgemeinen Krankenhaus Wien durchgeführte Studie „Die physiologische Ikterusbereitschaft des Neugeborenen“.

Ab zirka 1915 arbeitete sie am Karolinen-Kinderspital und betrieb daneben in Wien 9, Spitalgasse 27 eine Ordination als Kinderfachärztin. Sie war Mitglied der Gesellschaft für innere Medizin und Kinderheilkunde in Wien.

Erster Weltkrieg

Ada Hirsch nahm am Ersten Weltkrieg als freiwillige Ärztin nordöstlich von Lemberg im Epidemiespital in Beresteczko (heute: Berestetschko/Ukraine) teil, wofür sie im Juli 1916 als erste von zwei Frauen das Ritterkreuz des Franz Joseph-Ordens mit der Kriegsdekoration verliehen bekam.[2] Weiters war sie während des Krieges unterstützendes Mitglied der Gesellschaft zur Fürsorge für Kriegsinvalide.[3]

Kinder- und Jugendärztin am Jugendamt der Gemeinde Wien

Nach dem Krieg gehörte sie 1919 zu den Mitgründerinnen der Organisation der Ärztinnen Wiens, und nahm neben der Vorsitzenden Dora Brücke-Teleky (1879-1963) und Alfreda Seidl (verh. Widerhofer, geb. 1887) sowie Pauline Feldmann (1884-1986) die Funktion einer Schriftführerin ein.[4] Ebenfalls 1919 erhielt sie mit Beschluss des Gemeinderats-Ausschusses der Stadt Wien das Heimat- und Bürgerrecht der Stadt verliehen.[5] Seit spätestens 1925 war sie am Bezirksamt Leopoldstadt neben Professor August Reuss (1879-1954) im Jugendamt II als Leiterin und für die ärztliche Beratung für Säuglinge und Kleinkinder tätig.[6] Daneben arbeitete sie als Fachärztin der Krankenfürsorgeanstalt der Gemeinde Wien und veranstaltete an der Allgemeinen Poliklinik Säuglingspflegekurse.[7] Ab Mitte der 1920er Jahre übernahm sie noch den schulärztlichen Dienst am Mädchen-Realgymnasium in Wien.[8] 1926 publizierte sie an der I. medizinischen Klinik der Deutschen Universität in Prag „Die Wirkung der parenteralen Einverleibung von Proteinkörpern auf das neutrophile Kernbild“.[9]

1936 heiratete sie den Internisten und Professor an der Medizinischen Fakultät in Wien, Herbert Elias (1885-1975), und verlegte ihre Arztpraxis nach Wien 1, Rathausstraße 15.

Ada und ihr Ehemann Herbert Elias, die beide wegen ihrer jüdischen Herkunft von den Nationalsozialisten verfolgt wurden, flüchteten nach dem „Anschluss“ über Antwerpen nach Frankreich, von wo sie im Februar 1939 mit der SS Washington in die USA emigrierten und sich in New York niederließen.

New York, U.S. District Court Naturalization Records, 1824-1991, Petitions for naturalization and petition evidence 1944

Sie unterstütze während des Zweiten Weltkrieges u.a. den Pressefonds und die Organisation der österreichischen Sozialisten in den USA, das Austrian Labor Committee.[10]

Ada Elias-Hirsch verstarb am 7. April 1975 in New York.

Quellen:

Matriken der IKG Wien, Geburtsbuch 1885, Hirsch Ada.

UAW, Rektorat, Med. Fakultät, Rigorosen- und Promotionsprotokolle, Sign. 196-0225, Hirsch Ada (Rigorosum Datum: 23.11.1910).

UAW, Rektorat, Med. Fakultät, Rigorosen- und Promotionsprotokolle, Sign. 190-1159, Hirsch Ada (Promotion Datum: 25.11.1910).

ÖStA, AdR, E-uReang, VVSt, VA, Zl. 10.615, Elias Ada.

ÖStA, AdR, E-uReang, Hilfsfonds, Abgeltungsfonds, Zl. 10.614, Elias Ada Dr.

ÖStA, AdR, E-uReang, Hilfsfonds, Sammelstellen A und B SSt, Zl. 6.758, Elias Ada Dr.

WStLA, VEAV, MA. 1.3.2.119.A41 I-67, Bezirk: 5, Elias Ada Dr.

New York, U.S. District Court Naturalization Records, 1824-1991, Petitions for naturalization and petition evidence 1944 box 905, no 478651-478850; NARA microfilm publication M1972, Southern District of New York Petitions for Naturalization, 1897-1944. Records of District Courts of the United States, 1685 – 2009, RG 21. National Archives at New York, Elias Ada.

Sterbe-Verzeichnis der Sozialversicherung (SSDI), Elias Ada.

Literatur:

Bauer, Richard und Ada Hirsch: Beitrag zum Wesen der Wassermannschen Reaktion. Aus der II. medizinischen Universitätsklinik in Wien (Vorstand: Hofrat Prof. E. v. Neusser). Sonderdruck aus: Wiener klinische Wochenschrift. Wien, Leipzig: Wilhelm Braumüller k.u.k. Hof- und Universitäts-Buchhändler 1912.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Hirsch, Ada: Die physiologische Ikterusbereitschaft des Neugeborenen. Aus der Neugeborenenstation der Kinderklinik (Prof. v. Priquet) an der I. Frauenklinik (Hofrat Prof. Schauta) in Wien. Sonderdruck aus: Zeitschrift für Kinderheilkunde. Leipzig: Druck der Spamerschen Buchdruckerei 1913.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Referenzen:

[1] Medizinische Klinik, 7.9.1913, S. 2049.

[2] Prager Abendblatt, 27.7.1916, S. 4; Teplitz-Schönauer Anzeiger, 29.7.1916, S. 3.

[3] Neue Freie Presse, 11.8.1915, S. 11.

[4] Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 14, 1919, Sp. 714-715.

[5] Amtsblatt der Stadt Wien, Wien 1919, S. 2438.

[6] Lehmann, Adressbuch, Wien, 1925, Gewerbebehörden, 1925, S. 35.

[7] Die Mutter Halbmonatsschrift für alle Fragen der Schwangerschaft, 1.12.1925, S. 6.

[8] Jahresbericht des Vereines für realgymnasialen Mädchenunterricht Wien 8, Albertgasse, Wien 1927, S. 6

[9] Wiener Archiv für innere Medizin, Hauptteil Teil 1, 1926, S. 453-468.

[10] Austrian Labor Information, H. 7, 1942, S. 11.

Normdaten (Person): Hirsch, Ada: BBL: 41524; GND: 1296850315;

VAN SWIETEN BLOG der Universitätsbibliothek der Medizinischen Universität Wien
BBL: 41524 (20.07.2023)
URL: https://ub.meduniwien.ac.at/blog/?p=41524

Letzte Aktualisierung: 2023 07 31

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