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Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien [283]: Kassowitz, Max – Kinderarzt, Leiter des Ersten Öffentlichen Kinder-Krankeninstituts in Wien

Kassowitz, Max – Kinderarzt, Leiter des Ersten Öffentlichen Kinder-Krankeninstituts in Wien

Autor: Dr. Walter Mentzel

Published online: 29.05.2024

Keywords: Kinderarzt, Erstes Öffentliches Kinder-Krankeninstitut, Medizingeschichte, Wien

Max Kassowitz wurde als Sohn von Ignaz Kassowitz (1817-1875) und Katherina (1829-1878), geborene Pollak, am 14. August 1842 in Pressburg in Ungarn (heute: Bratislava/Slowakei) geboren. Seit 1876 war er mit Emilie Rosenthal (1854-1938) verheiratet, die als Frauenrechtsaktivistin und Schriftstellerin den Verein abstinenter Frauen gegründet hatte und der Antialkohol-Kommission des Bundes Österreichischer Frauenvereine angehörte. Unter den gemeinsamen fünf Kindern war sein Sohn Karl Kassowitz (1886-1978), der bis 1938 als Kinderarzt in Wien arbeitete, und seine Tochter Julie, verheiratete Schall (1882-1924), eine Biologin, die sich wie ihre Eltern in der Antialkoholbewegung und im Bund Österreichischer Frauenvereine einsetzte.

Nachdem Kassowitz in Pressburg das Gymnasium absolviert hatte, studierte er an der Universität Wien Medizin und promovierte am 11. November 1863 und am 24. Mai 1864 im Fach Chirurgie. Danach arbeitete er als Aspirant und Sekundararzt an verschiedenen Abteilungen des Allgemeinen Krankenhauses in Wien.

Erstes Öffentliches Kinder-Krankeninstitut

1869 trat Kassowitz als Sekundararzt in das Erste Öffentliche Kinder-Krankeninstitut in Wien ein, und übernahm 1882 als Nachfolger von Leopold Maximilian Politzer (1814-1888) die Leitung des Institutes. Kassowitz entwarf eine Instruktionsverordnung für die Direktion des Institutes, mit er die Aufgabengebiete des Institutes regelte, sowie 1904 das „Statut für das Erste Öffentliche Kinder-Krankeninstitut in Wien“. Unter seiner Direktion erfuhr das Institut eine massive Steigerung der Zahl an Patient:innen und eine räumliche Erweiterung und Spezialisierung, die sich in der Einrichtung verschiedener medizinischer Abteilungen niederschlug. Zu seinen Schülern am Institut gehörte neben Sigmund Freud (1856-1939), sein späterer Nachfolger Carl Hochsinger (1860-1942), Leopold Königstein (1850-1924) und Julius Drey (1858-1939).

Kassowitz als Wissenschaftler und Schriftsteller

1886 habilitierte sich Kassowitz an der Universität Wien im Fach Kinderheilkunde zum Privatdozenten, 1891 erfolgte seine Ernennung zum a.o. Professor.[1]

Neben seiner Tätigkeit am Institut, wo er auch die institutseigene Zeitschrift „Beiträge zur Kinderheilkunde aus dem Ersten Öffentlichen Kinder-Krankeninstitutin Wien“ herausgab, beschäftigte er sich u.a. mit der Erforschung der hereditären Syphilis und der Pathophysiologie der Rachitis und entwickelte eine Phosphorbehandlung mit Lebertran bei Kindern mit Rachitis. Dazu publizierte er 1881 „Syphilis und Rachitis“, 1883 „Die Phosphorbehandlung der Rachitis“, 1889 „Zur Theorie und Behandlung der Rachitis“ und 1901 „Über Phosphorlebertran“. Ein weiteres Forschungsfeld lag auf der Behandlung der Diphterie, zu der er u.a. 1895 „Wie steht es mit der Serumbehandlung der Diphterie“, 1900 in der Wiener medizinischen Wochenschrift die Artikelserie „Kritisches über Diphteriebacillen und Heilserum“ publizierte.[2]

Zu seinen Hauptwerken zählen neben der 1876 veröffentlichen Arbeit „Vererbung der Syphilis“, und „Die Phosphorbehandlung der Rachitis“, die 1910 erschienene Publikation „Praktische Kinderheilkunde in 36 Vorlesungen für Studierende und Ärzte“. Zahlreiche seiner wissenschaftlichen Aufsätze befinden sich in der Separata-Bibliothek an der Universitätsbibliothek der Medizinischen Universität Wien und an der Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin.

Bild aus: Hochsinger: Die Geschichte des Ersten Öffentlichen Kinder-Krankeninstitutes […]. Wien: Verlag 1938.

Biologie und Naturphilosophie

Neben seinen medizinischen Forschungen beschäftigte sich Kassowitz mit Fragen der Biologie, die er u.a. unter dem Titel „Biologische Probleme“ in mehrere Arbeiten zur organischen Stoffumwandlung,  erschienen von ihm vier Bände „Allgemeine Biologie“, deren ersten Band er 1898 im Wiener physiologischen Klub vorstellte und dessen Vortrag in der Wiener medizinischen Wochenschrift unter dem Titel „Die Einheit der Lebenserscheinungen“ abgedruckt wurde.[3] Beide Reihen befinden sich in der Separata-Bibliothek. 1908 veröffentlichte er in der Zeitschrift für Psychologie und Neurologie den Aufsatz „Körper und Seele[4] und im selben Jahr seine naturphilosophisch angelegte Monografie „Welt, Leben, Seele. Ein System der Naturphilosophie in gemeinfasslicher Darstellung“.

Zivilgesellschaftliche Aktivitäten: Antialkoholkampagne, Schule, Frauenrechte

Neben seiner ärztlichen und wissenschaftlichen Arbeit waren Kassowitz und seine Familie in zahlreichen zivilgesellschaftlichen Organisationen und Initiativen aktiv, was sich auch in seiner regelmäßigen und über viele Jahre erfolgten Referententätigkeit an den Wiener Volksbildungseinrichtungen wie dem Volksheim, der Urania, oder dem Wiener Volksbildungsverein niederschlug. Er engagierte sich gemeinsam mit seiner Ehefrau Emilie und seine Tochter Julie in der Antialkoholbewegung, wozu er neben seinen Vorträgen zu diesem Thema auch zahlreiche Artikel verfasste. Darunter in Zeitungen wie 1901 in den sozialdemokratischen Publikationsorganen „Arbeiterwille“[5] und der „Arbeiterinnen Zeitung“ („Gebt den Kindern keinen Alkohol“)[6] und in Fachzeitschriften, wie im „Jahrbuch für Kinderheilkunde und physische Erziehung“ mit dem Aufsatz „Alkoholismus im Kindesalter“,[7] der auf seinem 1900 gehaltenen Vortrag am 8. Internationalen Kongress gegen Alkoholismus in Wien, beruhte. 1904 erschien von ihm der Artikel „Der Arzt und der Alkohol“.[8]

Weiters unterstützte er den Verein „Ferienheim. Verein für israelitische Ferienkolonien“,[9] der Kindern aus verarmten jüdischen Familien einen Ferienaufenthalt organisierte, oder seit seiner Gründung 1905 den Verein „Freie Schule“. Kassowitz gehörte auch zu jener Gruppe von Mitstreitern, die aus medizinischen Gründen eine Reform der Frauenkleidung anstrebten, wozu er die Sozialarbeiterin und Frauenrechtlerin Marie Lang (1858-1934) durch ein Gutachten für deren von ihr herausgegebenen Zeitschrift Dokumente der Frauen“,[10] sowie den vom Gynäkologen Hugo Klein (1863-1937) gegründeten „Verein zur Verbesserung der Frauenkleidung“ unterstützte. 1904 beurteilte er in der von der Frauenrechtsaktivistin Auguste Fickert (1855-1910) herausgegeben Zeitschrift „Neues Frauenleben“ die seit 1897 schrittweise Zulassung von Frauen zum Studium als positiv und sprach sich gegen jegliche weitere Beschränkung aus.[11]

Kassowitz war Mitglied der Gesellschaft der Ärzte in Wien, der Gesellschaft für Innere Medizin und Kinderheilkunde in Wien, Ehrenmitglied der Deutschen Gesellschaft für Kinderheilkunde und der Russischen Gesellschaft für Kinderheilkunde in St. Petersburg.

Zu seinem 70. Geburtstag erschien 1912 eine von Benjamin Gomperz (1861-1935) und Carl Hochsinger und Rudolf Neurath herausgegebene Festschrift.

Kassowitz verstarb am 23. Juni 1913 in Wien.

1914 gab seine Tochter Julie Kassowitz-Schall (1882-1924) die „Gesammelten Abhandlungen von Max Kassowitz: mit einem vollständigen Verzeichnis der Arbeiten des Verfassers“ heraus.

1914 erschien von ihm noch posthum „Die Gesundheit des Kindes. Belehrung für junge Eltern“.

Max Kassowitz, Todesanzeige, Neue Freie Presse, 23.6.1913, S. 13

Quellen:

UAW, Med. Fakultät, Nationalien/Studienkataloge, Sign. 134-006, Kassowitz Max (Nationalien Datum: 1862/63).

UAW, Rektorat, Med. Fakultät, Rigorosen- und Promotionsprotokolle, Sign. 170-131a, Kassowitz Max (Rigorosum Datum: 1863).

UAW, Rektorat, Med. Fakultät, Rigorosen- und Promotionsprotokolle, Sign. 181-1124, Kassowitz Max (Promotion Datum: 24.11.1863).

UAW, Rektorat, Med. Fakultät, Rigorosen- und Promotionsprotokolle, Sign. 181-624, Kassowitz Max (Promotion Datum: 24.5.1864).

UAW, Rektoratsarchive, Akademischer Senat, Akten-Sonderreihe, S. 304 Personalblätter, Senat S 304.585 Kassowitz Max (14.08.1842-23.06.1913; Kinderheilkunde).

Literatur:

Kassowitz, Max und Carl Hochsinger: Statut für das Erste Öffentliche Kinder-Krankeninstitut in Wien. (Xerokopie). Wien: typ. Engel 1904.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: SA-522]

Kassowitz, Max: Syphilis und Rachitis. Sonderdruck aus: Wiener medizinische Blätter. Wien: Verlag von L. Bergmann & Comp. 1881.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Kassowitz, Max: Die Phosphorbehandlung der Rachitis. Sonderdruck aus: Zeitschrift für klinische Medizin. Wien: 1883.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 51083]

Kassowitz, Max: Zur Theorie und Behandlung der Rachitis. Aus dem I. Öffentlichen Kinder-Krankeninstitute in Wien. Sonderdruck aus: Wiener medizinische Wochenschrift. Wien: Verlag von Moritz Perles, Buchhandlung 1889.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Kassowitz, Max: Über Phosphorlebertran. Sonderdruck aus: Wiener medizinische Presse. Wien: 1901.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 25915]

Kassowitz, Max: Wie steht es mit der Serumbehandlung der Diphtherie? Vortrag. Sonderdruck aus: Wiener medizinische Wochenschrift. Wien: 1895.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: Abschr.48]

Kassowitz, Max: Die Vererbung der Syphilis. Sonderdruck aus: Medizinische Jahrbücher. Wien: Braumüller 1876.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 4328]

Kassowitz, Max: Praktische Kinderheilkunde in 36 Vorlesungen für Studierende und Ärzte. Berlin: Springer 1910.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 61367]

Hochsinger, Carl: Die Geschichte des Ersten Öffentlichen Kinder-Krankeninstitutes in Wien, während seines 150jährigen Bestandes 1788-1938. Wien: Verlag des Kinder-Krankeninstitutes 1938.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 10087]

Kassowitz, Max: Allgemeine Biologie. 4 Bände. Wien: Perles 1899-1906.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 30161]

Kassowitz, Max: Welt – Leben – Seele. Ein System der Naturphilosophie in gemeinfasslicher Darstellung. Wien: Perles 1908.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 56373]

Max Kassowitz zur Feier seines siebzigsten Geburtstages von Schülern, Freunden und Verehrern gewidmete Festschrift. Hrsg.: Benjamin Gomperz, Carl Hochsinger und Rudolf Neurath. Berlin: Springer 1912.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 62274]

Kassowitz, Max: Gesammelte Abhandlungen von Max Kassowitz. Mit einem vollständigen Verzeichnis der Arbeiten des Verfassers, einem Portrait und 2 Figuren im Text. Hrsg.: Julie Kassowitz-Schall und August Büttner. Berlin: Springer 1914.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 1930]

Referenzen:

[1] Wiener Zeitung, 22.5.1891, S. 1.

[2] Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 38, 1899, Sp. 1737-1739; Nr. 49, Sp. 2265-2268 und 1900; Nr. 8, Sp. 361-365; Nr. 9, 1900, Sp. 418-422

[3] Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 48, 1898, Sp. 2265-2270; Nr. 49, Sp. 2325-2332; Nr. 50, Sp. 2368-2373; Nr. 51

[4] Zeitschrift für Psychologie und Neurologie, H 1/2, 1908, S. 82-95.

[5] Arbeiterwille, 22.12.1901, S. 5.

[6] Arbeiterinnen-Zeitung, Nr. 12, 1901, S. 5-6.

[7] Jahrbuch für Kinderheilkunde und physische Erziehung, 1901, Alkoholismus im Kindesalter, S. 512-541.

[8] Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 3, 1904, Sp. 101-107; Nr. 4, Sp. 166-171; Nr. 5, Sp. 225-231; Nr. 6, Sp. 273-279; Nr. 7, Sp. 301-307; Nr. 8, Sp. 349-352.

[9] Die Presse, 30.4.1896, S. 3.

[10] Dokumente der Frauen, Bd. 6, Nr. 22, S. 671.

[11] Neues Frauenleben, März 1904, S. 6.

Normdaten (Person): Kassowitz, Max: BBL: 43821; GND: 116119675;

VAN SWIETEN BLOG der Universitätsbibliothek der Medizinischen Universität Wien
BBL:  43821 (29.05..2024)
URL: https://ub.meduniwien.ac.at/blog/?p=43821

Letzte Aktualisierung: 2024 05 29

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TOP-JOURNAL des Monats: LANCET (Journal Impact Factor: 168.9*)

TOP-JOURNAL des Monats: LANCET (Journal Impact Factor: 168.9*) [en]

Die Universitätsbibliothek stellt die medizinischen Top-Journals am Campus der MedUni Wien und via Remote Access  zur Verfügung.

Das  TOP-JOURNAL des Monats im Van Swieten Blog ist:

LANCET

Zu den Volltexten: Jg. 345, H. 8941 (1995) –

Laut den Habilitationsrichtlinien der MedUni Wien (https://www.meduniwien.ac.at/web/karriere/karriere-an-der-medizinischen-universitaet-wien/wissenschaftliche-karriere-an-der-meduni-wien/habilitation/) werden die ersten 20% der Zeitschriften eines bestimmten Fachgebietes in den Journal Citation Reports als Top Journals gewertet. Die zwischen 20% und 60% liegenden Zeitschriften gelten als Standard Journals.

Mit dem 2022 Journal Impact Factor 168.9 ist LANCET ein Top-Journal in der Kategorie: MEDICINE, GENERAL & INTERNAL – SCIE.

ISSN: 0140-6736
52 issues/year

***

[en] The University Library offers top medical journals available on the MedUni Vienna campus and via Remote Access .

TOP JOURNAL of the month in the Van Swieten Blog is:

LANCET

To the fulltexts: Vol. 345, Iss. 8941 (1995) –

According to the habilitation guidelines defined by MedUni Vienna (https://www.meduniwien.ac.at/web/en/career/careers-at-the-medical-university-of-vienna/scientific-careers-at-the-meduni-vienna/venia-docendi/), the first 20% of journals in a specific JCR category are classed as Top Journals. Journals positioned between 20% and 60% are classed as Standard Journals.

In the Impact Factor ranking with the 2022 Journal Impact Factor 168.9 is LANCET a Top Journal in the category: MEDICINE, GENERAL & INTERNAL – SCIE.
ISSN: 0140-6736
52 issues/year

*2022 Journal Impact Factor

Gastautor Univ.-Prof. Dr. med. Peter Heilig: Die Welt der Opsine

Die Welt der Opsine

OPHTHALMOLOGIE 2/2024

Autor: Univ.-Prof. Dr. med. Peter Heilig

Opsine, wie zum Beispiel das Melanopsin intrinsic photosensibler retinaler Ganglienzellen (ipRGC), besonders das der M1 Variante – mit dem höchsten Melanopsin-Anteil innerhalb der ipRGC-Gruppe – spielen eine entscheidende Rolle für das normale Augenwachstum. Ein experimentelles Ausschalten der ipRGCs (M1 cell ablation) führt zur Myopisierung durch Zunahme von Bulbus-Achsenlängen und vice versa bewirkt eine Aktivierung dieses Opsins eine hyperope Tendenz. Ein Melanopsin-Mangel verursacht Dysfunktionen der retinalen ‚clock genes‘, jedoch nicht nur dieser . .

„Opsin 3 (OPN3, ) ist unerlässlich für eine emmetrope refraktive Entwicklung.“ Es wurde erstmals im Jahr 1999 im Cortex, im Striatum, Cerebellum und im lateralen Thalamus der Maus beschrieben. Dieses blau-sensitive Panopsin oder Encephaloopsin ist das unter den Säugetieren am weitesten verbreitete Opsin. Es findet sich in der Plazenta, der Leber und der Niere, (non-retinal domain of expression), im Hypothalamus, in den periventrikulären Nuclei, im N. Opticus, N. Trigeminus, corpus ciliare, in retinalen Ganglienzellen und Müller Zellen (MC ~ 488 nm ). Diese zahllosen Lokalisationen von OPN3 weisen auf seine Bedeutung hin.

Der Verlust von Opsin 4 (OPN4, ~ 480 nm), ebenfalls aus der Familie der ipRGC, führt zu ‚early myopia‘ und ‚late hyperopia‘. Sie wirken, gemeinsam mit der Mikroglia – der Müllerschen Stützzelle – geradezu wie Weichensteller in Schaltkreisen. Vaskuläre Beeinflussungen und Interaktionen mit den circadianen Rhythmen (auch ohne SCN-Beteiligungen)  und letzendlich Myopisierungen durch beeinträchtigten Dopaminstoffwechsel gehen jedenfalls auf sein Konto.

Opsin 5, Violett-sensitiv (~380 nm) wurde in Retina, Cornea, Dermis, ZNS und Hoden  nachgewiesen. Es reguliert die perinatale Gefäß-Entwicklung, beeinflusst aber auch die Bio-Rhythmen der ‚clock-genes‘ von Retina, Cornea und Dermis, ebenso unabhängig von SCN-Aktivitäten.

Eine ‚Akkomodative Instabilität‘ wäre zwar ein wertvoller Hinweis auf sich möglicherweise anbahnende myopische Tendenzen, doch ein EBM-Kausalzusammenhang lässt sich nicht mit Sicherheit beweisen.

Der Einfluss hellen kurzwellig dominierten Lichtes beeinflusst zwar, wie experimentell demonstriert, retinale Dopaminproduktion samt Aderhautdicke mit ‚Achsenlängen-Abnahme‘; dies wirkt sich zwar positiv auf ‚emmetropere‘ Bulbus-Innen-Abmessungen aus (‚innere lichte Weite‘ – aus der Technik), ist aber bedauerlicherweise nicht von Dauer (‚disappointingly small and temporary effects on deprivation myopia‘ und: ‚transient nature of the effects of atropine on the choroid‘). Auch der seltsame Vorschlag – mehr Violett und Ultraviolett dem Kunstlicht beizumischen, führte sich ad absurdum – eo ipso .

Bleibende Einflüsse auf Hornhautkrümmung, Linsendicke und Vorderkammertiefe sowie auf sklerale Wachstumfaktoren wären von entscheidender Bedeutung. Die Suche nach dem wahren Schuldigen in diesem ‚Myopie-Krimi‘ läuft noch. Die Opsine, offenbar längere Zeit mehr oder weniger übersehen, gehören jedenfalls zum Kreis der üblichen Verdächtigen. 

Bemerkenswert ist das asymmetrische Bulbuswachstum nach experimentellen – asymmetrischen Stimulationen. Auch nach Sehnerv-Durchtrennung lässt sich dieses außerordentliche Phänomen beobachten – als deutlicher Hinweis auf die dominierende Rolle der Retina und ihrer Opsine. Trotz nachgewiesener regredienter Fasern (N. Opticus) haben die zentralen – ‚top down‘ -Faktoren einen geringeren Einfluss auf das Bulbuslängen-Wachstum als die retinalen -.

Zu den Risikofaktoren Fehlernährung, Bewegungsmangel, Tageslicht-Mangel etc. gesellt sich die Genetik, implicit und a priori. Vielleicht lässt sich eines der fehlenden Steinchen des unvollständigen Gesamtmosaikes Myopie entdecken – in den ’novel Mutations der x-linked ‚early onset high Myopia‚ und ihren ‚toxic truncated proteins‚ – in den betroffenen drei Genen. Die Carrier Symptomatik war von jeher Aufschluss- bis lehrreich, elektrophysiologische Auffälligkeiten inklusive.

Das Rhodopsin (~500 nm) kann nicht exkulpiert werden in dieser causa: experimentelle Myopie, sowie stationäre Nachtblindheit (‚Schubert Bornschein‘ z.B.), Retinitis pigmentosa, Genetik und Mutationen sind einige Kapitel, die noch einmal aufzuschlagen wären in diesem Zusammenhang.

Epilog: Opsine wären bitte ‚im Auge zu behalten‘

SCN: suprachiasmatische Nuclei sind paarig angelegt; SC-Nucleus (wie üblich): ein Pluraletantum?

Schubert, G. & Bornschein, H. (1952) Beitrag zur Analyse des menschlichen Elektroretinogramms.Ophthalmologica 123, 396–413.

Linne Cet al (2023) Encephalopsin (OPN3) is required for normal refractive development and the GO/GROW response to induced myopia. Mol Vis.14; 29:39-57.

Chakraborty R et al (2023) The effect of intrinsically photosensitive retinal ganglion cell (ipRGC) stimulation on axial length changes to imposed optical defocus in young adults, J Optometry, 16,1, 53-63,

 Li L et al (2023) Circadian rhythm, ipRGCs, and dopamine signalling in myopia. Graefes Arch Clin Exp Ophthalmol, 262, 983–990

Liu AL et al (2022) The role of ipRGCs in ocular growth and myopia development. Sci Adv.  10;8(23): eabm 9027

Ye M et al (2023) Mutational investigation of 17 causative genes in a cohort of 113 families with nonsyndromic early-onset high myopia in northwestern China. Mol Genet Genomics;298(3):669-682.

Gu L et al (2023) The causal mutation in ARR3 gene for high myopia and progressive color vision defect. Sci Rep;13(1):8986.

Schaeffel F et al (2016) Myopia and outdoor exposure. Invest Ophthal Visual Science; 57, 4790.

Schaeffel F et al (2017) 3rd. Inhibiting Myopia by (Nearly) Invisible Light? EBioMedicine;16:27-28.

Mathis U et al (2023) Studies on the interactions of retinal dopamine with choroidal thickness in the chicken. Graefes Arch Clin Exp Ophthalmol. 261(2): 409-425.

Langaas T et al (2012) Accommodative instability: relationship to progression of early onset myopia. Clin Exp Optom;95(2):153-9.

Hu M et al (2008) Expression of rhodopsin for experimental myopia of form-deprivation and defocus in guinea pig. Yan Ke Xue Bao;24(1):1-5.

Marchese NA et al (2022) The Intrinsic Blue Light Responses of Avian Müller Glial Cells Imply Calcium Release from Internal Stores. ASN Neuro;14:17590914221076698.

Heilig P (2018) Myopie und die Müller’sche ‚Stützzelle‘. Concept Ophthalmologie 6/2018, 30-31

Heilig P (2019) MRGC, eine retinale Schlüssel-Zelle; Concept Ophthalmologie 6/2019, 23-24

Gender: beyond.

Interest: kein Konflikt

*************************

Interessenkonflikt:
Der Autor erklärt, dass bei der Erstellung
des Beitrags kein Interessen –
konflikt im Sinne der Empfehlung des
International Committee of Medical
Journal Editors bestand.

Korrespondenzadresse:
Univ.-Prof. Dr. med. Peter Heilig
Augenheilkunde und Optometrie
peter.heilig@univie.ac.at

Veranstaltung:
Wahrgenommen
15.10.24 um 19.00 h
im Otto-Mauer-Zentrum – KAVÖ
Währinger Str. 2-4  A-1090 Wien
Veranstaltung Wahrgenommen

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Gerber, Otto Paul – Vorstand und Primarius an der Tuberkuloseabteilung des Rainer-Spitals, Primarius im Invalidenamt der Stadt Wien, Vorstandsmitglied der Ärztekammer Wien, NS-Verfolgter

Autor: Dr. Walter Mentzel

Published online: 30.04.2024

Keywords: Facharzt für Innere Medizin, Tuberkuloseabteilung des Rainer-Spitals, Invalidenamt der Stadt Wien, Vorstandsmitglied der Ärztekammer Wien, Bezirksrat, NS-Verfolgter, Medizingeschichte, Wien

Otto Paul Gerber wurde als Sohn des aus Horitz bei Königrätz in Böhmen (heute: Horice/Tschechien) stammenden Ferdinand Gerber (zirka 1830-1886) und Friederike, geborene Kraus (1844-1895) am 25. März 1875 in Wien geboren. Seit 1903 war er mit Bertha Bergmann (*4.2.1876 Wien) verheiratet, mit der er die beiden Töchter Margarete Frederic (1906-2006) und Freda (*6.11.1904) hatte.

Gerber studierte ab 1894 an der Universität Wien Medizin und schloss das Studium am 7. Juli 1899 mit seiner Promotion ab. 1900 wurde er als Militärarzt dem Infanterieregiment Graf von Abensperg und Traun Nr. 21 zugeteilt[1] und publizierte als Assistenzarzt-Stellvertreter aus der II. Abteilung des Regimentsarztes Dr. Karl Franz im Garnisonsspital Nr. 1 in Wien „Einige Beobachtungen aus der jüngsten Influenza-Epidemie mit besonderer Berücksichtigung des Blutbefundes“.[2]

Zeitgleich mit Julius Frisch erfolgte im Juli 1901 auf Initiative des Kultusvorsteher der IKG Wien, Josef Breuer (1842-1925), seine Bestellung zum Hilfsarzt in der israelitischen Versorgungsanstalt in Wien.[3] 1902 veröffentlichte er gemeinsam mit dem Dozenten Rudolf Matzenauer (1869-1932) in den „Arbeiten aus dem Neurologischen Institut“ in Wien den Aufsatz „Lepra und Syringomyelie“.[4] Danach war er im Arbeiterspital der Bauunternehmung Brüder Redlich und Berger in Tolmein bei Görz tätig, wo er 1905 die Studie „Infektiöse idiopathische Purpura“ publizierte.[5]

Allgemeine Poliklinik Wien

Gerber arbeitete ab zirka 1910 als Assistent an der Abteilung für interne Krankheiten an der Wiener Allgemeinen Poliklinik bei dem Vorstand Professor Julius Mannaberg (1860-1941).[6] 1911 erschien hier von ihm die Arbeit „Zur Benützung der Kresylfarbstoffe in der klinischen Färbetechnik“.[7] Zirka ab 1912 führte er daneben noch gemeinsam mit Ing. Richard Bodanzky an der Kuranstalt Elisabethheim in Wien 9, Elisabethpromenade 37, ein ein chemisch-mikroskopisch-bakteriologisches Laboratorium.

Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 26, 1912, Sp. 1791.

Erster Weltkrieg

Gerber nahm am Ersten Weltkrieg zunächst als Landsturmassistenzarzt teil.[8] 1915 erhielt er die Beförderungen zum Landsturmreservearzt[9] und Landsturmoberarzt.[10] 1917 bekam er das Ehrenzeichen 2. Klasse vom Roten Kreuz mit Kriegsdekoration verliehen.[11] Bei Kriegsende war er dem Garnisonsspital Nr. 19 in Pozsony[12](heute: Bratislava/Slowakei) als Abteilungschefarzt und Leiter des chemisch-bakteriologischen Laboratoriums zugeteilt, und gehörte dem militärärztlichen wissenschaftlichen Verein des Militärkommandos Pozsony an.[13]

Wiener Gesellschaft für Tuberkuloseforschung, Primarius an der Tuberkuloseabteilung des Rainer-Spitals in Wien, Invalidenamt der Stadt Wien

Bereits vor Kriegsende publizierte Gerber die Studie „Die Boden- und Wohnungsfrage. In Beziehung auf die Tuberkulose mit besonderer Berücksichtigung Wiener Verhältnisse“. Nach dem Krieg arbeitete er zunächst als Abteilungsarzt an der Tuberkuloseabteilung des Kriegsspitals Nr. 3 in Wien, bis er 1919 zum Vorstand und Primarius der medizinischen Abteilung für Tuberkulose im Kriegsspital in Grinzing in Wien,[14] und darauf zum Vorstand und Primarius an der Tuberkuloseabteilung des Rainer-Spitals in Wien bestellt wurde. Im November 1919 gehörte er gemeinsam mit Ernst Löwenstein (1878-1950), Richard Volk (1876-1943) und Moriz Weiß dem Gründungskomitee der Wiener Gesellschaft für Tuberkuloseforschung an.[15] Ab 1925 arbeitete er noch als Chefarzt und Vorstand an der Untersuchungsstelle des Bundesministeriums für soziale Verwaltung (Volksgesundheitsamt) für Lungenkranke Kriegsbeschädigte bei der Magistratsabteilung 11 (Invalidenfürsorge) der Stadt Wien.[16]

Gerber beschäftigte sich seit den frühen 1920er Jahren auf dem Gebiet der Berufserkrankungen. 1929 veröffentlichte er dazu „Über Entwicklungsstörungen und Krankheitsanfälligkeit im Lehrlingsalter“.[17] Nachdem das 1911 auf Betreiben von Ludwig Teleky (1872-1957) errichtete „Institut und Seminar für Soziale Medizin“ nach dessen Weggang nach Deutschland nicht nachbesetzt worden war, führte die Vereinigung sozialdemokratischer Ärzte zusammen mit der medizinischen Fachgruppe der sozialdemokratischen Studenten- und Akademikervereinigung das Fach „Soziale Medizin“ an der Universität Wien durch eine Vortragsreihe im Rahmen von „Seminarabende für Soziale Medizin“ als Ersatz weiter. Hier hielt Gerber 1923 und 1924 Vorträge zur „Theorie und Praxis der Tuberkulosefürsorge“.[18]

Vereinigung sozialdemokratischer Ärzte

Gerber kandierte in der Ersten Republik in Wien Alsergrund für die Sozialdemokratischen Partei. Zunächst im Mai 1919,[19] 1927 und 1929 erfolgte seine Wahl in die Bezirksvertretung in Wien Alsergrund.[20] Hier hielt er auch Vorträge wie 1919 zu „Volksgesundheit, Klassenstaat, sozialistische Gemeinwirtschaft“.[21] Daneben referierte er jahrelang in sozialdemokratischen Organisationen, sowie u.a. auch 1927 gemeinsam mit Julius Tandler vor dem Verein Bereitschaft in Wien Alsergrund.[22] Als Mitglied der Vereinigung sozialdemokratischer Ärzte nahm er 1924 gemeinsam mit Julius Tandler (1869-1936), Margarethe Hilferding (1871-1942), Viktor Hammerschlag (1870-1975), Martin Pappenheim (1881-1943), Karl Kautsky (1892-1978), Alfred Bass (1867-1941), Moriz Laub (1869-1952), Sigismund Pellar (1890-1985), Maximilian Weinberger (1875-1954) u.a. an der Tagung zur Schwangerschaftsunterbrechung und Bevölkerungspolitik teil.[23] 1930 publizierte er in der Zeitschrift „Der Sozialistische Arzt“ den Aufsatz „Die Kurpfuscherei“.[24] Daneben engagierte er sich in der Wiener Volksbildung, wo er u.a. auch Vorträge zur Tuberkulose hielt,[25] und die Errichtung von Versorgungskolonien für Lungenkranke propagierte.[26] 1928 erschien von ihm dazu „Die Begutachtung und Behandlung der Lungentuberkulose in der Kassenpraxis. Aus der Untersuchungsstelle des Bundesministeriums für soziale Verwaltung (Volksgesundheit) für lungenkranke Kriegsbeschädigte“. Vom Wiener Landtag wurde er in den Jahren 1924, 1927 und letztmalig 1932 zum Mitglied des Stadtschulrates bestellt.[27]

Ärztekammer Wien

Gerber gehörte in der demokratischen Phase der Ersten Republik der ärztlichen Standesorganisation der Wiener Ärztekammer als Funktionär an. 1928[28] und 1931 erfolgte seine Wahl in dessen Vorstand.[29] Auf diesem Arbeitsgebiet publizierte er u.a. den Artikel „Zur Reform der Sozialversicherung in Österreich“.[30]

Das interessante Blatt, 24.1.1929, S. 3.

Gerber war Mitglied der Gesellschaft für innere Medizin und Kinderheilkunde in Wien. Vor dem Ersten Weltkrieg engagierte er sich im Verein für realgymnasialen Mädchenunterricht.[31] 1923 erhielt er den Titel eines Regierungsrates.[32]

Gerber und seine Familie wurden nach dem „Anschluss“ im März 1938 wegen ihrer jüdischen Herkunft von den Nationalsozialisten verfolgt. Er arbeitete nach dem „Anschluss“ in der Ärzteberatung und im Spital der IKG Wien. Nachdem ihm und seiner Familie die Flucht aus Österreich nach Stockholm gelang, emigrierten sie im Juli 1946 in die USA, und ließen sich in Detroit in Michigan nieder. 1948 nahm er die US-Staatsbürgerschaft an. Nach dem Krieg besuchte er Wien, und veröffentlichte hier 1952 sein Buch „Biologie und Pathologie der organischen Entwicklung. Vom Gen zur Kultur“.

Otto Paul Gerber verstarb am 16. Jänner 1960 in Detroit.

Quellen:

Matriken der IKG Wien, Geburtsbuch 1875, Gerber Paul Otto.

Matriken der IKG Wien, Trauungsbuch 1903, Gerber Otto Paul.

UAW, Sammlungen, Absolutorium, 112.126.693 Gerber, Otto Paul (25.03.1875, Wien), 1893.09.21-1899.07.05.

UAW, Med. Fakultät, Nationalien/Studienkataloge, Sign. 134-0457, Gerber Paul Otto (Nationalien Datum: 1894/95).

UAW, Rektorat, Med. Fakultät, Rigorosen- und Promotionsprotokolle, Sign. 195-095a, Gerber Paul Otto (Rigorosum Datum: 27.6.1899).

UAW, Rektorat, Med. Fakultät, Rigorosen- und Promotionsprotokolle, Sign. 189-0198, Gerber Paul Otto (Promotion Datum: 7.7.1899).

ÖStA, AdR, E-uReang, VVSt., VA, Zl. 25.284, Gerber Otto Paul.

ÖStA, AdR, E-uReang, FLD, Zl. 24.972, Gerber Berta.

Österreich, Wien, jüdische Auswanderungsanträge, 1938-1939

Michigan, Eastern and Western Districts, Naturalization Records, 1837-1993, Index Cards to Naturalization Petitions for the United States District Court for the Eastern District of Michigan, Southern Division, Detroit, 1907-1995. (National Archives and Records Administration: 1999) Gerber Otto Paul.

Michigan, Eastern District, Naturalization Index, 1907-1995, Otto Paul Gerber, 1948.

United States Census, 1950: Detroit. Volkzählungen 1950, Gerber Paulo Otto und Berta.

Literatur:

Gerber, Paul: Die Begutachtung und Behandlung der Lungentuberkulose in der Kassenpraxis. Aus der Untersuchungsstelle des Bundesministeriums für soziale Verwaltung (Volksgesundheit) für lungenkranke Kriegsbeschädigte. Sonderdruck aus: Wiener medizinische Wochenschrift. Wien: Gesellschafts-Buchdruckerei Brüder Hollinek 1928.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Seprata Bibliothek]

Gerber, Paul: Biologie und Pathologie der organischen Entwicklung. Vom Gen zur Kultur. Wien: Maudrich 1952.

[Universitätsbibliothek MedUni Wien/Freihand-Magazin Ebene04, Sign.: 2018-04641]

Referenzen:

[1] Wiener Zeitung, 22.5.1900, S. 2.

[2] Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 26, 1900, Sp. 1277-1279; Nr. 27, 1900, Sp. 1325-1332.

[3] Die Neuzeit, 19.7.1901, S. 3.

[4] Arbeiten aus dem Neurologischen Institut, Heft 9, 1902, S. 146-168.

[5] Wiener klinische Rundschau, Nr. 19, 1905, S. 329-332.

[6] Die Heilkunde, Monatsschrift für praktische Medizin, H. 4, 1910, S. 131.

[7] Medizinische Klinik, Nr. 3, 1911, S. 107-108.

[8] Der Militärarzt, Nr. 19, 1914, Sp. 391.

[9] Der Militärarzt, Nr. 13, 1915, Sp. 221.

[10] Wiener Zeitung, 22.5.1915, S. 4.

[11] Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 35, 1917, Sp. 1524.

[12] Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 24, 1918, Sp. 1107.

[13] Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 24, 1918, Sp. 1105.

[14] Wiener klinische Rundschau, Nr. 27/28, 1919, S. 155.

[15] Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 43, 1921, Sp. 2126; Neues Wiener Journal, 14.11.1919, S. 2.

[16] Der Invalide, 30.11.1925.

[17] Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 8, 1929, S. 240-245.

[18] Arbeiter Zeitung, 27.11.1923, S. 11; Arbeiter Zeitung, 31.1.1924, S. 5.

[19] Amtsblatt der Stadt Wien 1919, Wien 1919, S. 1119.

[20] Arbeiter Zeitung, 27.4.1927, S. 7. Namensverzeichnis der Mitglieder des Gemeinderates (Landtages) … des Stadtsenates (Landesregierung), der Gemeinderatsausschüsse, der Vertreter Wiens im Bundesrat, der Bezirksvorsteher und Bezirksvorsteher-Stellvertreter, Wien 1929.

[21] Arbeiter Zeitung, 23.4.1919, S. 7.

[22] Arbeiter Zeitung, 22.4.1927, S. 4.

[23] Arbeiter Zeitung, 18.5.1924, S. 8.

[24] Der sozialistische Arzt, H. 4, 1930, S. 164-170.

[25] Neue Freie Presse, 12.2.1921, S. 9.

[26] Der Morgen. Wiener Montagsblatt, 25.4.1921, S. 4.

[27] Wien: Presse- und Informationsdienst, 1922-1992, Rathaus-Korrespondenz, Stadt Wien. Wien 1924 und 1927; Kleine Volks-Zeitung, 8.6.1932, S. 7.

[28] Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 6, 1928, S. 203.

[29] Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 18, 1931, S. 623.

[30] Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 17, 1926, S. 530-532; Nr. 18, 1926, S. 560-563.

[31] Jahresbericht des Vereines für realgymnasialen Mädchenunterricht, Wien 1915, S. 30.

[32] Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 11, 1923, Sp. 552.

Normdaten (Person): Gerber, Otto Paul: BBL: 43819; GND: 1327853809;

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BBL: 43819 (30.04.2024)
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Letzte Aktualisierung: 20240430

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