UNIVERSITÄTSBIBLIOTHEK MEDUNI WIEN nach ISO 9001:2015 REZERTIFIZIERT!

Qualitätsmanagement und Zertifizierung gemäß ISO 9001:2015 an der Universitätsbibliothek der Medizinischen Universität Wien!

Mit Unterstützung der Stabsstelle Evaluation und Qualitätsmanagement wurden die Anforderungen an Qualitätsmanagementsysteme, wie sie nach DIN EN ISO 9001:2015 formuliert wurden, umgesetzt.

Nach der erfolg­rei­chen Absolvierung des inter­nen und des exter­nen Audits wurde die Universitätsbibliothek der Medizinischen Universität Wien rezertifiziert.

Mit der ISO-Zertifizierung wurde ein Ziel des aktuelle Entwicklungsplans der Medizinischen Universität Wien für die Universitätsbibliothek neuerlich erreicht.

Wichtige Punkte für die Zertifizierung sind:
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Gastautor Prof. Dr. Peter Heilig: Werte . .

Werte . .

Meng-Tse: „Die ursprüngliche Natur des Menschen ist gut“ – „Alle haben ihre ursprüngliche Natur verloren..“ Hsün-Tse.

Die Gedichte des Li Tai-po reimen sich nicht mehr im heutigen Hoch-Chinesisch. Nicht nur diese. Der Dichtkunst wurde im Land der Mitte ein hoher, vielleicht der höchste Rang zugewiesen. Von allen Hochkulturen ist die chinesische nicht die älteste – sie konnte sich jedoch am längsten, über Jahrtausende ohne Störung oder Unterbrechung entfalten. J.W. Goethe (1827) zollte ihr hohes Lob: „Durch strenge Mäßigung in allem habe sich dieses chinesische Reich seit Jahrtausenden erhalten und wird dadurch auch ferner bestehen. Diese Menschen denken, handeln und empfinden fast ebenso wie wir..“ – und: „Beim Übersetzen muß man bis ans Unübersetzbare herangehen; alsdann wird man aber erst der fremden Nation und der fremden Sprache gewahr.“ *

Yüan Mei, ‚größter  chinesischer Dichter des 18. Jahrhunderts‘, bedankte sich humorvoll und mit feiner Klinge für einen bestickten Tabakbeutel, mit dem seine Verse honoriert werden sollten. Er fühle sich geehrt; aber – das Geschenk war bloß Handarbeit einer Dienerin. „Hörtest Du niemals, dass man einmal tausend Seidenballen für ein einziges Wort gab oder zwei schöne Mädchen für einen Vers? Der Austausch eines Werkes der geschickten Finger Deiner Dienerin mit einem Werk meines Geistes bedeutet ein großes Kompliment für sie, aber nur ein kleines für mich. Wenn Du selbst Lanze und Schwert beiseite gestellt, Nadel und Seide genommen hättest, ja dann.. Wie konntest du also versuchen mich wie Ts’ao Ts’ao zu bewirten, indem Du mir so einen kümmerlichen Tabaksbeutel anbotest. Aber – schicke schnell den Beutel und vertraue Deinem Glück auf die Verse.“

Chinesischer Humor ist  ein bemerkenswert sympathischer Wesenszug; dazu ein Beispiel: Zwei uralte chinesische Weise lachten dereinst schallend um die Wette: Jeder prahlte damit ein noch schäbigerer alter Sack zu sein als der Freund. Als seine Zeit gekommen war, soll einer dieser Lebenskünstler lachend gestorben sein, berichtet die Mär. In diesem Sinne schwebt die Philosophie des Lin Yutang leicht wie ein Schmetterling über trüber Schwermut: „Am Ende deines Lebens sollst du dich zurücklehnen und sagen können: Das Ganze war eine hübsche Komödie.

Die hohe Wertschätzung chinesischer Kultur bewog den ewigen Pessimisten Nietzsche, den Begründer der Aufklärung, Immanuel Kant mit einem damals ganz besonderen Ehrentitel zu würdigen: „der Chinese in Königsberg“. Doch auch im Reich der Mitte (中国), machte die Bedeutungsverschlechterung, wie überall vor der ‚Kultur‘ (chinesisch „wei“) nicht halt. Als ‚Mensch und Tun‘ geschrieben, bedeutete dieser Begriff ursprünglich ‚Menschenwerk‘, heute jedoch „falsch“ oder „geheuchelt“. Unerklärlicherweise bergen hohe Kulturen einen Keim der Dekadenz – ab ovo – und landen im schlimmsten Fall unter der ‚Führung‘ konfuser Usurpatoren im Chaos. Staatenbildende Insekten bewahrt offenbar eine Art höherer Intelligenz vor einem solchen Schicksal.  

„Ein politisch Lied, ein garstig Lied, so dachten die Dichter mit Goethen

 und glaubten sie hätten genug getan, könnten sie girren und flöten.

Und wer nicht die Kunst in unserer Zeit weiß gegen die Zeit zu richten,

der werde nun endlich beizeiten gescheit und lasse lieber das Dichten.“   Hoffmann von Fallersleben

Kulturelle Werte: Mäßigung war offenbar das magische Wort und kulturelle Werte das Eigentliche – bis zum Wandel in Unmäßiges, Maßloses und in Schein-Werte: circulus vitiosus globalis oeconomiae: Merkwürdige globale im-Kreis-Verschuldung basierend auf virtuellen Scheinwerten; ein krudes Moebius-Schleifen-Truggebilde, intransparent und undurchschaubar. Fehl-informierte Opfer der ‚Wohlstand‘-Werte-Gesellschaft finden sich – und-hast-du’s-nicht-geseh’n, auf der ‚Kehrseite‘ dieses Systems. Bankenprognosen für 2030 projizieren die USA auf Platz Drei – eine untragbare okzidentale Kränkung, oder gar transitiv – eine orientale- (?).

‚Pandemische‘ Stille lag über der Erde, sogar am Platz des Himmlischen Friedens. Klare Luft, blauer Himmel, Singvögel sangen, Hummeln brummten. Social-Media-Kakophonien verstummten. Kurz. Doch bald darauf füllte die biblische Social Media-Plage geistig-seelische Leere erneut mit Müll logorrhoisch, in Endlos-Déjà-VuWarteschleifen. Ein rosiger Silberstreif am (östlichen) Horizont: Ein Appell zur „Kooperation statt Konfrontation’“. Der Beginn einer neuen Ära ? Womöglich ein hoffnungsträchtiger ‚Pekinger Frühling‘?

Epilog: Tiefe, Weite und Einfachheit charakterisieren die Hohe Alte Kultur, sowie Zartgefühl und als Besonderheit ein Quäntchen Humor. Unreflektiertes ‚China – Bashing‘ – cui bono?

Der Pavillon aus Porzellan

 Mitten in dem kleinen Teiche

Steht ein Pavillon aus grünem

Und aus weißem Porzellan. 

Wie der Rücken eines Tigers

Wölbt die Brücke sich aus Jade

Zu dem Pavillon hinüber. 

In dem Häuschen sitzen Freunde,

Schön gekleidet, trinken, plaudern, –

Manche schreiben Verse nieder. 

Ihre seidnen Ärmel gleiten

Rückwärts, ihre seidnen Mützen

Hocken lustig tief im Nacken. 

Auf des kleinen Teiches stiller

Oberfläche zeigt sich alles

Wunderlich im Spiegelbilde: 

Wie ein Halbmond scheint der Brücke

Umgekehrter Bogen. Freunde,

Schön gekleidet, trinken, plaudern, 

Alle auf dem Kopfe stehend,

In dem Pavillon aus grünem

Und aus weißem Porzellan. Li Tai-po       
Übersetzung Hans Bethge.

* Spiegelbild: 镜像, ‚tuschig‘, Tusche: 墨水, verschwommen, unklar: 模糊,Zurückstrahlen, Spiegelung, Reflexion: 反射; gedankliche Reflexion: 思考 – ‚compound words‘, wie in einem Tuschebild; der wie gemalte Gesamteindruck übermittelt Gedanken und Stimmung – z.B. Li Tai Pos Bild des Porzellan-Pavillons und der Freunde, Poetisches, Schöngeistiges pflegend, gespiegelt im dunklen Wasser.    

Lin Yutang (2004) Die Weisheit des lächelnden Lebens. Insel Tb.

Debon G (Ed), Speiser W (1987) Chinesische Geisteswelt. Zeugnisse aus drei Jahrtausenden. W Dausien.

Gender: beyond

Interest: no conflict of..

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Katharina und Peter Heilig
VIDEO ON DEMAND: KUNSTLICHT IN UNSEREN AUGEN:
https://youtu.be/k9k_wG5lacA

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FRESH eBOOKS im August 2020: COVID-19, MERS and SARS : global status…

Mit der laufenden Erweiterung des eBooks-Bestandes stellt  die Universitätsbibliothek ständig verfügbare Literatur zur Verfügung. Alle eBooks können im Volltext  abgerufen werden.

Kürzlich lizenzierte eBooks:

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COVID-19, MERS and SARS : global status

Berger, Stephen A. [VerfasserIn] Berger, Stephen
2020
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Todesfeststellung und Leichenschau für Hausärzte : medizinisch, juristisch, verwaltungstechnisch richtig handeln

Madea, Burkhard [VerfasserIn]Weckbecker, Klaus [VerfasserIn]
2020
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Genomic and precision medicine : infectious and inflammatory disease

Ginsburg, Geoffrey S. [HerausgeberIn]Willard, Huntington F. [HerausgeberIn]Wood, Christopher W. [HerausgeberIn]

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Mosaic of autoimmunity : the novel factors of autoimmune diseases

Perricone, Carlo [HerausgeberIn]Shoenfeld, Yehuda [HerausgeberIn]
2019
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Therapeutic drug monitoring data : a concise guide

Dasgupta, Amitava [VerfasserIn] Krasowski, Matthew D.
2020
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Emery and Rimoin’s principles and practice of medical genetics and genomics : : Foundations

Korf, Bruce R. [HerausgeberIn]Pyeritz, Reed E. [HerausgeberIn]Grody, Wayne W. [HerausgeberIn]
2019
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Phoniatrics I : fundamentals – voice disorders – disorders of language and hearing development

Am Zehnhoff-Dinnesen, Antionette [HerausgeberIn]Wiskirska-Woznica, Bozena [HerausgeberIn]Neumann, Katrin, 1961- [HerausgeberIn]Nawka, Tadeus, 1952- [HerausgeberIn]
2020
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The portfolio diet for cardiovascular disease risk reduction : an evidence based approach to lower cholesterol through plant food consumption

Jenkins, Wendy M. [HerausgeberIn] Jenkins, Amy E.Brydson, Caroline [HerausgeberIn]
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Clinical genome sequencing : psychological considerations

Tibben, Aad [HerausgeberIn]Biesecker, Barbara [HerausgeberIn]
2019
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Mitochondria in obesity and type 2 diabetes : comprehensive review on mitochondrial functioning and involvement in metabolic diseases

Morio, Beatrice [HerausgeberIn]Penicaud, Luc [HerausgeberIn]Rigoulet, Michel [HerausgeberIn]
2019
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Multisensory perception : from laboratory to clinic

Sathian, Krishnankutty [VerfasserIn]Ramachandran, Vilayanur S., 1951- [VerfasserIn]
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COVID-19 the virus of fear : the age of Coronavirus: the importance of science and accurate information

Andreoni, Massimo [VerfasserIn]Nardone, Giorgio [VerfasserIn]
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Craig’s restorative dental materials

Sakaguchi, Ronald [HerausgeberIn]Ferracane, Jack [HerausgeberIn]Powers, John [HerausgeberIn]
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Rodak’s hematology : clinical principles and applications

Keohane, Elaine M. [VerfasserIn] Otto, Catherine N.Walenga, Jeanine M.
2020
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Parasiticide Screening : Volume 1 : In vitro and in vivo tests with relevant parasite rearing and host infection/infestation methods

Marchiondo, Alan A. [HerausgeberIn]Cruthers, Larry R. [HerausgeberIn]Fourie, Josephus J. [HerausgeberIn]
2020
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Human embryos and preimplantation genetic technologies : ethical, social, and public policy aspects

Sills, Scott E. [HerausgeberIn]Palermo, Gianpiero D. [HerausgeberIn]
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Wilson disease : pathogenesis, molecular mechanisms, diagnosis, treatment and monitoring

Weiss, Karl Heinz [HerausgeberIn]Schilsky, Michael
2019
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Dysphagia : diagnosis and treatment

Ekberg, Olle, 1946- [HerausgeberIn]
2019
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Inspiring conversations with women Professors

Garry, Anna [VerfasserIn]
2019
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Insomnia and Fatigue after Traumatic Brain Injury

Ouellet, Marie-ChristineBeaulieu-Bonneau, SimonSavard, JoséeMorin, Charles M.
2019
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TOP-JOURNAL des Monats: Nature Reviews Gastroenterology & Hepatology (Impact Factor: 29.869)

Die Universitätsbibliothek stellt die medizinischen Top-Journals am Campus der MedUni Wien und via Remote Access  zur Verfügung.

Das  TOP-JOURNAL des Monats im Van Swieten Blog ist:

Nature Reviews Gastroenterology & Hepatology

Zu den Volltexten: Jg. 9, H. 1 (2012) – 

Die ersten 20% der Zeitschriften eines bestimmten Fachgebietes im Journal Citation Reports JCR (geordnet nach der Höhe des Impact Factors) sind TOP-JOURNALE.

Mit dem Impact Factor 29.869 (2019) ist Nature Reviews Gastroenterology & Hepatology ein Top-Journal in der Kategorie: GASTROENTEROLOGY & HEPATOLOGY — SCIE

ISSN: 1759-5045
12 issues/year

Ausgezeichnete MedUni Wien Dissertation: „Echtzeit-Bewegungs- und Instabilitätskorrektur von Spektral Editierter und Nicht Editierter Schneller Magnetresonanzspektroskopiebildgebung“ von Philipp Moser

Philipp Moser  wurde für seine  » Dissertation  vom vfwf – Verein zur Förderung von Wissenschaft und Forschung mit einem Preis für die besten Dissertationen ausgezeichnet.

Real-time Motion and Instability Correction of Spectrally-Edited and Non-Edited Fast Magnetic Resonance Spectroscopic Imaging

Moser, Philipp [VerfasserIn] 2019

Die Universitätsbibliothek stellt approbierte Abschlussarbeiten der Medizinischen Universität Wien im Repositorium zur Verfügung.

Die Recherche erfolgt über die

Hochschulschriftensuche–>

 

Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien [116]: Das Erste Öffentliche Kinder-Krankeninstitut (1788-1900-1938): Joseph Johann Mastalier – Maximilian Leopold Politzer – Max Kassowitz – Carl Hochsinger – Sigmund Freud

Das Erste Öffentliche Kinder-Krankeninstitut (1788-1900-1938): Joseph Johann Mastalier – Maximilian Leopold Politzer – Max Kassowitz – Carl Hochsinger – Sigmund Freud

Autor: Dr. Walter Mentzel

Published online: 23.07.2020

Keywords: Erste Öffentliche Kinder-Krankeninstitut, Joseph Johann Mastalier, Maximilian Leopold Politzer, Max Kassowitz, Carl Hochsinger, Sigmund Freud, Medizingeschichte, Wien

1788 wurde in Wien das Erste Öffentliche Kinder-Krankeninstitut und damit auch die älteste Kinderkrankenanstalt in Kontinentaleuropa eröffnet. Als Vorbild diente die 1769 von George Armstrong (1720-1789) in London errichtete aber nur kurzzeitig bestehende Kinderkrankenfürsorgeeinrichtung für verarmte Kinder. Initiiert und umgesetzt wurde diese Einrichtung von dem Wiener Arzt Joseph Johann Mastalier (1757-1793) nach einem von ihm entworfenen Konzept eines Ambulatoriums und stand zunächst am Standort Wollzeile, Innere Stadt Nr. 842, und nach einer ersten Übersiedlung des Institutes ab 1793 auf dem Neuen Markt Nr. 1096. Mit dieser Institution sollten erstmals Kinder aus den mittellosen und verarmten Bevölkerungsschichten der Vorstädte Wiens eine unentgeltliche medizinische Behandlung beziehen und kostenlos Medikamente verabreicht bekommen. Ebenso arbeitete das medizinische Personal – mit Ausnahme des Pflegepersonals – unentgeltlich am Institut.

Wiener Zeitung. Nr. 53. 1788.

Diese in der Tradition der josephinischen Armenfürsorge stehende Einrichtung finanzierte sich zunächst über Spenden sowie aus den Verkaufseingängen aus der von Mastalier 1787 veröffentlichten Publikation „Ueber die beßte und natürlichste Art, die Säuglinge zu ernähren“. Nach dem Tod von Mastalier übernahm Leopold Anton Gölis (1764-1827) die Leitung des Institutes. Unter seiner Ägide erhielt das Institut das Öffentlichkeitsrecht zugesprochen und es kam hier erstmals an einer Krankenanstalt zur Durchführung einer öffentlichen Pockenschutzimpfung.

Wiener Zeitung. 7.5.1796. S. 1324.

Zwischen 1815 und 1818 erschien von Gölis das zweibändige Werk „Praktische Abhandlungen über die vorzüglichen Krankheiten des kindlichen Alters“. Gölis folgten in der leitenden Funktion am Institut Alexander Weiss, Johann Elias Loebisch (1795-1853) und Maximilian Leopold Politzer (1814-1888) nach. Löbisch entwickelte am Institut eine Reihe bedeutender Arbeiten zur Kinderpsychologie, darunter 1811 die „Vorschläge zur Verbesserung der körperlichen Kindererziehung“ und vor allem seine 1854 erschienene Publikation „Die Seele des Kindes in ihrer Entwicklung“, die lange Zeit in Vergessenheit geriet.

1882 übernahm Max Kassowitz (1842-1913) die Institutsleitung und im selben Jahr kam es ein letztes Mal zu einer Standortveränderung des Institutes in die Steindlgasse 2/Tuchlauben 9, Innere Stadt. Von ihm stammt eine Instruktionsverordnung für die Direktion des Institutes, die die Aufgabengebiete des Institutes regelte.

WStLA, Hauptregistratur, A 47 – Department 1 – Stiftungen, Versorgungshäuser, Anstalten, L 21 340.520/1881.

Unter Kassowitz nahm das Institut einen rasanten Aufschwung, der sich zunächst in der räumlichen Erweiterung des Institutes manifestierte. Im Institut waren nunmehr acht Ordinationsräume, ein Operationssaal, ein Laboratorium und ein Hörsaal untergebracht. Gleichzeitig führte die voranschreitende medizinische Spezialisierung zur Erweiterung und Gliederung des Institutes auf sieben medizinischen Abteilungen: zwei Abteilungen für innere Krankheiten, zwei für Neurologie, eine chirurgische Abteilung, eine Abteilung für Dermatologie und eine für HNO. Bereits 1894 kamen zwei weitere Abteilungen für innere Erkrankungen hinzu, 1889 wurde die Abteilung für Augenkrankheiten eröffnet, 1905 erfolgte die Errichtung eines chemisch-mikroskopischen Laboratoriums und 1907 einer Abteilung für Mund- und Zahnerkrankungen.

Hochsinger, Carl: Die Geschichte des Ersten Öffentlichen Kinder-Kranken-Institutes in Wien während seines 150jährigen Bestandes 1788-1938. Wien: Verlag des Kinder-Kranken-Institutes 1938.

Ein wesentlicher Grund für die Expansion des Institutes lag in dem durch den massiven Bevölkerungszuwachs Wiens im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts hervorgerufenen rapiden Anstieg an Patient:innen von 2910 Personen im Jahr 1879 auf 12.839 1892 und 21.600 im Jahre 1902. Dem gegenüber standen immer geringere finanzielle Mittel zur Bewältigung der medizinischen Aufgaben.

1906 trat Carl Hochsinger (1860-1942), der bereits seit seiner Promotion an der Universität Wien im Jahr 1883 als Assistent von Kassowitz und seit 1889 als Abteilungsleiter am Institut tätig war, die Leitung an. 1913 übernahm er die Funktion des Direktors, die er bis zum „Anschluss“ im März 1938 behielt.

Unter seiner Leitung wurde das Institut bis 1938 weiterhin gemäß den Satzungen als Wohlfahrtseinrichtung weitergeführt, um Kindern aus mittellosen Familien eine unentgeltliche medizinische Behandlung anzubieten. Wie vor 1918 rekrutierte sich das durch den Weltkrieg und der Nachkriegsinflation stark verminderte Vermögen aus der Spendenbereitschaft verschiedenster privater Personen und Organisationen sowie öffentlicher Einrichtungen.

Der Unterstützungsverein: „Verein zur Förderung des Ersten Öffentlichen Kinder-Kranken-Institutes“

Die durch die hohen Patientenfrequenz anwachsenden Ausgaben und das Fehlen einer staatlichen Förderung machten noch unter der Leitung von Kassowitz im Jahr 1900 die Gründung eines Unterstützungsvereines notwendig, um den Fortbestand des Institutes sicherzustellen. Unter Einbeziehung öffentlicher Persönlichkeiten aus der Wiener High Society, dem Adel, Bankiers, Industriellen und sogenannten „Damenkomitees“ bestehend u.a. aus Prinz Lothar Metternich-Winneburg (1837-1904) und Erzherzogin Maria Josepha (1867-1944), gelang es jene Mittel zum Umbau und zur Erweiterung des Spitales samt der Implementierung einer moderneren Spitalshygiene aufzubringen.

Statuten des Vereines und des Institutes

Sigmund Freuds Wirken an der Abteilung für Nervenerkrankungen am Ersten Öffentlichen Kinder-Krankeninstitutes

Sigmund Freud (1856-1939) arbeitete zwischen 1886 und 1896 als Abteilungsvorstand am Institut in der Abteilung für Nervenkrankheiten und verfasste in dieser Zeit zwei Arbeiten. Die Erste gemeinsam mit Oskar Rie (1863-1931) unter dem Titel „Klinische Studie über die halbseitige Cerebrallähmung der Kinder“.

Freud und Rie: Klinische Studien über die halbseitige Celebrallähmung der Kinder. […] Wien: 1891.

Diese an der Zweigbibliothek für Geschichte aufbewahrte Schrift enthält die handschriftlich verfasste Widmung von Sigmund Freud an Professor Hermann Nothnagel (1841-1905) vom 17. April 1891.

Widmung von Sigmund Freud

1893 publizierte er hier noch die Arbeit „Zur Kenntnis der cerebralen Diplegien des Kindesalters

Seine Nachfolger an der neurologischen Abteilung des Institutes waren Artur Schüller (1874-1957), Richard Stern (1878-1942), Julius Zappert (1867-1941) und Rudolf Neurath (1869-1947), die alle nach dem „Anschluss“ im März 1938 von den Nationalsozialisten wegen ihrer jüdischen Herkunft ihrer Ämter enthoben, verfolgt und vertrieben wurden. Artur Schüller, Neuroradiologe und Mitarbeiter des Institutes, flüchtete 1938 nach Australien, wo er als Radiologe arbeitete und 1956 in Heidelberg bei Melbourne verstarb. Julius Zappert war zwischen 1895 und 1903 als Leiter der Nervenordination im Ersten Öffentlichen Kinder-Krankeninstitut der unmittelbare Nachfolger von Freud, wirkte zwischen 1903 und 1918 als Vorstand des Mariahilfer Kinderambulatoriums und zwischen 1918 und 1938 als Leiter des neu errichteten Kinderambulatoriums der israelitischen Kultusgemeinde für arme kranke Kinder im Augarten in Wien. Er flüchtete 1938 nach Großbritannien. Rudolf Neurath (1869-1947), Dozent für Kinderheilkunde an der Medizinischen Fakultät der Universität Wien, gelang die Flucht in die USA. Der Neurologe und Psychiater Richard Stern wurde am 13.10.1942 im KZ Auschwitz ermordet. Ebenfalls am Institut arbeitete als Assistent der Radiologe Leopold Freund (1868-1943), der ebenso von der NS-Verfolgung betroffen war, wie der am Institut wirkende Kinderarzt Josef Karl Friedjung (1871-1946). Weitere am Institut arbeitende Mediziner:innen waren Heinrich Boral, Julius Fürth (1859-1923), Gisela Glück, Guido Goldschmidt (1850-1915), Emil Gottlieb, Otto Halacz, Albert Hammerschlag (1863-1935), Hans Hoff (1897-1969), Max Kahane (1866-1923), Geza Kobler (1864-1935), Emil Rosenthal, Ilse Zimmermann (1892-1935).

Forschungen und Schriftenreihe: „Beiträge zur Kinderheilkunde aus dem Ersten öffentlichen Kinderkrankeninstitut in Wien“

Unter der Leitung von Max Kassowitz kam es zur Herausgabe einer eigenen Zeitschrift unter dem Titel „Beiträge zur Kinderheilkunde aus dem Ersten öffentlichen Kinderkrankeninstitut in Wien“, in der bis 1938 die am Institut erbrachten Forschungsleistungen regelmäßig publiziert wurden. Schon zuvor, 1853, hatte Politzer gemeinsam mit dem kaiserlichen Leibarzt Franz Mayr und dem Kinderarzt Schuller das „Jahrbuch für Kinderheilkunde“ ins Leben gerufen, das sich zu einer der renommiertesten wissenschaftlichen Zeitschriften auf diesem Fachgebiet entwickelte.

Die Liquidierung des Institutes und die Vertreibung der Mitarbeiter:innen durch die Nationalsozialisten – Festschrift: Hochsinger Carl, Die Geschichte des Ersten Öffentlichen Kinder-Kranken-Institutes in Wien während seines 150jährigen Bestandes 1788-1938. Wien Verlag des Kinder-Kranken-Institutes 1938.

Anlässlich des bevorstehenden Jubiläums zur Feier des 150jährigen Bestandes des Institutes wurde für das Jahr 1938 von Hochsinger eine 48-seitige Festschrift unter dem Titel „Die Geschichte des Ersten Öffentlichen Kinder-Kranken-Institutes in Wien während seines 150jährigen Bestandes 1788-1938“ verfasst, die die historische Entwicklung, die erbrachten Forschungsleistungen und die am Institut erfolgten Publikationen enthielt. An diese im Selbstverlag des Institutes erschienene Schrift wirkten durch ihre Beiträge auch die beiden Mitarbeiter und Abteilungsvorstände Otto Gersuny (1895-1964) und Richard Wagner (1887-1974) mit.

Die Fertigstellung der Festschrift erfolgte knapp vor dem März 1938 und wurde danach vom Verlag gedruckt und ausgeliefert. Ein Exemplar dieser Festschrift befindet sich heute an der Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin und stellt ein über die Institutionsgeschichte hinausgehendes Dokument dar. Sie enthält eine von Hochsinger im April 1938 handschriftlich verfasste Widmung mit der er die Festschrift dem Medizinhistoriker Max Neuburger (1868-1955) als Schenkung übergab. Sie lautet: „Herrn Prof. Dr. Neuburger/in besonderer Verehrung der Verf./April 1938

Widmung von Carl Hochsinger an Max Neuburger

Sowohl Max Neuburger als auch Carl Hochsinger waren zu diesem Zeitpunkt bereits wegen ihrer jüdischen Herkunft von den Nationalsozialisten von ihren Funktionen an der Universität enthoben worden. Während Max Neuburger die Flucht nach England und später in die USA gelang, wurde Carl Hochsinger am 9. Oktober 1942 in das Ghetto Theresienstadt deportiert und am 28. Oktober 1942 ermordet.

Jene im März 1938 im Personalstand der Institutes stehende Mitarbeiter:innen und ihr Verbleib

Nach dem „Anschluss“ im März 1938 kam es im 150. Bestandsjahr des Institutes zu dessen Schließung und Liquidierung, sowie zur Vertreibung der jüdischen Mitarbeiter:innen. Die Festschrift enthält eine Liste jener Mitarbeiter:innen, die sich Anfang 1938 noch im Personalstand befanden und nach den „Anschluss“ im März 1938 wegen ihrer jüdischen Herkunft von den Nationalsozialisten verfolgt wurden.

I. Vorstand: Carl Hochsinger

Stellvertreter: Richard Wagner

Kassaverwalter: Ernst Theodor Duschak (1890-1970)

II. Abteilungsvorstände:

A. Allg. Ordination:

1. Med. Abt.: Richard Wagner war ein Schüler Clemens von Pirquet (1874-1929) und Professor an der Kinderklinik der Universität Wien. Nach seiner Flucht vor den Nationalsozialisten in die USA und seiner Einbürgerung erhielt er eine Professur für Kinderheilkunde an der Boston University.

2. Med. Abt.: Der am Institut arbeitende Otto Gersuny flüchtete 1938 in die USA und arbeitete als Kinderarzt in New York.

3. Med. Abt. Felix Basch (1899-1962) flüchtete im August 1938 in die USA und arbeitete als Arzt zuletzt in Chicago.

B. Spezialabteilungen:

Abteilung Chirurgie:

1. Abteilung: Medizinalrat Emil Schwarzmann (1885-1966) flüchtete in die USA und verstarb 1966 in New Jersey.

2. Abteilung: Withold v. Schey (1891-1959).

Orthopädische Abt.: Der Medizinalrat Ernst Theodor Duschak flüchtete 1938 in die USA und verstarb 1970 in New York.

Abt. für Augenkrankheiten: Alfred Weintraub (1898-1974) flüchtete 1938 in die USA und lebte zuletzt in New York.

Abt. für Sprachkrankheiten: Der Logopäde, Individualpsychologe und Leiter der phoniatrischen Station am Institut, Leopold Stein (1893-1969), flüchtete 1938 nach England.

Abt. für HNO: Oskar Benesi (1878-1956) war Professor für Oto-Rhino-Laryngologie an der Universität Wien. Er flüchtete in die USA, wo er an der Wayne University in Detroit unterrichtete und am New York City Home for Dependents, am Metropolitan Hospital und am Coler Hopital arbeitete.

Abt. für Nervenkrankheiten: Felix Frisch (1879-1958) gelang die Flucht in die USA, wo er am McKinley Hospital arbeitete. An der daran angegliederten heilpädagogischen Station arbeitete als Leiter Milan Morgenstern (1895-1954), der als Heilpädagoge, Psychologe und Schüler von Siegmund Freud in den 1920er Jahren in Berlin der Beratungsstelle der Internationalen Arbeiterhilfe (IAH) für jugendliche Rechtsbrecher vorstand und Mitbegründer eines Heimes für behinderte Kinder in der Nähe von Berlin war. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten und seiner Verfolgung wegen seiner jüdischen Herkunft floh er 1933 nach Wien und nach dem „Anschluss“ im März 1938 nach Großbritannien.

Abt. für Hautkrankheiten: Der Dermatologe Robert Brandt (1888-1963) flüchtete in die USA, wo er an der University of Cincinnati College of Medicine in Ohio arbeitete.

Abt. für Zahnkrankheiten: Der Universitätsdozent Georg Stein (1891-1963) flüchtete 1938 in die USA.

Abt. für Psychotherapie: Alice Lehndorff (1881-1960) engagierte sich im Verein für Individualpsychologie und leitete bis 1935 gemeinsam mit Erwin O. Krausz (1887-1968) und später mit Luna Reich (1891-1967) das „Ambulatorium für Psychotherapie“. Sie flüchtete im März 1938 nach England und emigrierte später in die USA.

Röntgenkonsilarius: Franz Windholz (1897-1950) flüchtete 1938 in die USA und arbeitete an der Stanford Universität, School of Medicine, als Radiologe und war Mitglied des American Board of Radiology.

Abt. Kinderärztliche Fürsorgestelle für Schwangere: Sanel Beer (1886-1981) flüchtete 1939 in die USA und arbeitete als Direktor und Eigentümer des Rivermont Park Hospitals in Miami/Florida, war danach in verschiedenen Spitälern und medizinischen Diensten tätig, zuletzt ab 1958 im ärztlichen Dienst des Yellowstone-Nationalparks in Wyoming.

Quellen:

WStLA, Hauptregistratur, A 47 – Department 1 – Stiftungen, Versorgungshäuser, Anstalten, L 21 340.520/1881.

WStLA, M.Abt. 212 A23, Ausgeschiedene Krankenanstalten 17/13, Kinder-Kranken-Institut (Statuten).

Literatur:

Mastalir, Joseph Johann: Ueber die beßte, und natürlichste Art die zarten Säuglinge zu ernähren. Wien: Wucherersche Buchhandlung 1787.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Josephinische Bibliothek, Sign.: JB-4071]

Gölis, Leopold Anton: Praktische Abhandlungen über die vorzüglichen Krankheiten des kindlichen Alters. Bd. 1: Von der hitzigen Gehirnhöhlen-Wassersucht. Bd. 2: Vom inneren chronischen Wasserkopfe und von den verschiedenen Arten des äußeren Wasserkopfes. Wien: Gerold 1815-1818.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Josephinische Bibliothek, Sign.: JB-4086]

Löbisch, Johann Elias: Die Seele des Kindes in ihrer Entwicklung. Zweite Auflage. Wien: Wilhelm Braumüller, k.k. Hofbuchhändler 1854.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 46549]

Hochsinger, Carl: Die Geschichte des Ersten Öffentlichen Kinder-Kranken-Institutes in Wien während seines 150jährigen Bestandes 1788-1938. Wien: Verlag des Kinder-Kranken-Institutes 1938.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 10087]

Freud, Sigmund und Oskar Rie: Klinische Studie über die halbseitige Cerebrallähmung der Kinder. (= Beiträge zur Kinderheilkunde/3) Wien: Verlag von Moritz Perles 1891.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 29079/3]

Freud, Sigmund: Zur Kenntnis der cerebralen Diplegien des Kindesalters. (=Beiträge zur Kinderheilkunde/N.F. 3) Leipzig und Wien: Franz Deuticke 1893.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 29079/N.F.3]

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Letzte Aktualisierung: 2024 05 29

Publikationen MedUni Wien Mitarbeiter*innen: Crevenna, Richard, Ao.Univ.-Prof. Dr.med.univ. MBA MSc MSc

Exemplarisch werden hier aktuelle Publikationen von  Mitarbeiter*innen der MedUni Wien vorgestellt:

 

Gesund bleiben : Strategien für Alltag und Freizeit

Crevenna, Richard [VerfasserIn] Medizinische Universität Wien [herausgebendes Organ]
2020

Onkologische Rehabilitation : Grundlagen, Methoden, Verfahren und Wiedereingliederung

Crevenna, Richard [HerausgeberIn]
2020
 
 
 

info@prostatakrebse.at Univ. Prof. Dr. Richard Crevenna MBA MSc… . Richard Crevenna MBA MMSc Universitätsklinik für… Onkologische Rehabilitation

 

Aktuelle Neuzugänge im Repositorium der UB MedUni Wien

Das Repositorium der Medizinischen Universität Wien ist ein Publikationsserver. Alle Einträge sind mit einem Volltext versehen. Mehr Infos »
Die aktuellen Neuzugänge im Repositorium der UB MedUni Wien sind: