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Gastbeiträge

Gastautor: Prof. Dr. Hermann AICHMAIR: Augen – Amulette, Brillen, Optik [26]: Augenamulette, Augenvotive, Augenvotivbilder und alte Brillen

Gastautor: Prof. Dr. Hermann AICHMAIR: Augen – Amulette, Brillen, Optik [26]: Augenamulette, Augenvotive, Augenvotivbilder und alte Brillen

Bergkristalle waren sowohl künstlerisch als auch vom Material her bereits wertvollere Amulette, die meist in Silber gefasst wurden. Bergkristalle stellten ein kostbares Weihegeschenk dar. In Wallfahrtsorten, an denen viele Augenvotive aufbewahrt werden, finden sich immer wieder derartige in Silber gefaßte Bergkristalle. Zum Schutz gegen Augenkrankheiten wurden namentlich die runden und rundpolierten Kristalle getragen.
Die Ähnlichkeit zu den „Lesesteinen“ des Mittelalters ist sehr auffallend. Möglicherweise stehen Bergkristallanhänger auf der Grenze zwischen Amuletten mit magischer und Lesehilfen mit optischer Wirkung.
Gegen den bösen Blick (ital. malocchio) wird auch heute noch im mediterranen Raum die Turbomuschel z. B. als Brosche getragen. In Italien heißt sie auch „occhi di S. Lucia“. Neben dem Schutz gegen Augenleiden stellt sie auch ein Fruchtbarkeitsamulett dar.
Kristall

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Text: Hermann AICHMAIR, MEIDLING BLÄTTER DES BEZIRKSMUSEUMS, Heft 59, 2003
Fotos: Sammlung Hermann Aichmair Bezirksmuseum Meidling

Gastautor Prof. Dr. Peter Heilig: Handy-‚Blackouts‘ und der Blaulichtskandal

Handy-‚Blackouts‘ und der Blaulichtskandal

Eine seltsame Cyanophilie greift um sich Blaulicht, Blauschrift, Blau..

Süß aber ist das Licht, und für die Augen ist es gut, die Sonne zu schauen. Buch Kohelet

Grell-blau-blendendes Licht überstrahlt die Gegenwart. Es wurde zum Qualitätsmerkmal von Monitoren und Leuchtmitteln. Wichtiges wird heute Blau geschrieben unreflektiert.

Handies auch noch im Bett? Eine Transient Smartphone Blindness wurde beobachtet.

Kannten die alten Griechen kein Blau: kyanos = dunkel? Schon Goethe vermisste das Blau in den Liedern des blinden Sängers Homer. Merkwürdig ‚weinfarben‘ war sein Meer. In der berühmten Farbenlehre fand Goethe wenig Lobendes über das Blau. Sonniges Gelb kam hingegen besser weg.

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Blau-empfindliche Zapfen fehlen in unserer Netzhautmittte. Blaues Licht blendet stärker, lenkt mehr ab, sein Brennpunkt liegt weit vor der Netzhautebene. Es leistet keinen nennenswerten Beitrag für das zentrale- und das Kontrast-Sehen. Die hohe Energie der kurzwelligen Strahlung (gemessen in Elektronen-Volt (eV)), ist daher im Extremfall à la longue ‚phototoxisch‘, das heißt, es kann im ‚wichtigsten Quadratviertelmillimeter‘ den Sehzellen ‚das Licht ausblasen‘. Retinale Lichtschäden sind vermeidbare Noxen. Licht-Hygiene würde bewirken, dass ‚Legal Blindness‘ (immer häufigere Maculadegeneration) trotz steigender Lebenserwartung möglicherweise viel später auftritt oder gar nicht mehr erlebt wird.

Gelb verbessert messbar das Kontrastsehen. Gelbe oder bräunliche Sonnenbrillen (je nach Tageslicht-Intensität) schützen unsere unersetzlichen Lichtrezeptoren.

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Wider alle Vernunft wird zunehmend grell-blendend-kurzwellig-dominiertes Kunstlicht oktroyiert. Alle wichtigen Texte werden blau geschrieben (barrierefrei?) . Bereits vor einem dreiviertel Jahrhundert hatte Brindley darauf hingewiesen, dass Blau dem zentralen Sehen einen Bärendienst erweist. Dunkler Hintergrund ’schluckt‘ blaue Schrift – cave zeitliche Summation vermeidbarer retinaler Licht-Belastungen sowie krank-machenden ‚Licht-Stress‘. Helle Schrift auf dunklem Grund, dies wird auch von Sehbehinderten bevorzugt, reduziert die integrale Helligkeit.

Epilog ..gut die Sonne zu schauen..; mag sein. In die pralle Sonne? Nein – und schon gar nicht direkt und unentwegt in all die künstlichen Bläulichweiß-Blend-Lichtquellen, welche gleichsam ‚einen Schatten auf die Sonne werfen‘ wollen.

123. Von blendenden Bildern ist es nicht zu verwundern. Wenn man in die Sonne sieht, so kann man das Bild mehrere Tage mit sich herumtragen. Boyle erzählt einen Fall von zehn Jahren.“ Goethe: Naturwiss. Schr. z. Farbenlehre. Pathol. Farben

handyblackout

Alim-Marvasti A (2016) Transient Smartphone Blindness N Engl J Med 375:2502-3

Zajonc A (1994) Die gemeinsame Geschichte von Licht und Bewusstsein rororo, 27-28

Goethe JW (1810) Naturwissenschaftliche Schriften Bd 13, 525

Rieger G (1992 Improvement of contrast sensitivity with yellow filter glasses. Can J

Ohthalmol; 27: 137–138.

Heilig P (2016) Lichthygiene https://ub-blog.meduniwien.ac.at/blog/?s=lichthygiene

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Gastautor: Prof. Dr. Hermann AICHMAIR: Augen – Amulette, Brillen, Optik [25]: Augenamulette, Augenvotive, Augenvotivbilder und alte Brillen

 Gastautor: Prof. Dr. Hermann AICHMAIR: Augen – Amulette, Brillen, Optik [25]: Augenamulette, Augenvotive, Augenvotivbilder und alte Brillen

Zum Schutz vor dem bösen Blick gebraucht man heute noch im Mittleren Osten augenförmige Gebilde oder symbolische Darstellungen des Auges Allah’s, welche auch heilkräftige Wirkung haben sollen.
Im süddeutschen Raum gibt es vor allem zwei Formen von Augenamuletten: die Krebsaugen und den Bergkristall.
Die Krebsaugen stehen auf der Grenze zwischen Volksglaube und Volksmedizin. Es sind kleine Kalkkonkremente aus den seitlichen Taschen des Magens der Flußkrebse und weisen eine gewisse. Ähnlichkeit mit dem Iris-Pupillenbereich des Auges auf.

Besonders große Exemplare wurden einzeln in Silber gefaßt. Sonst trug man sie gegen Augenleiden in dreipaßförmigen Behältern an der Kette um den Hals. Die Krebsaugen wurden jedoch auch als Bestandteile von Medikamente verwendet. Zerstoßen und pulverisiert wurden sie einer Augensalbe beigemengt und sollten den grauen Star verhindern. Darüber hinaus wurden sie mitunter in die untere Übergangsfalte des Bindehautsackes eingelegt, um bei Entzündungen vemehrte Durchblutung und Tränenfluß zu erziehlen. Solcherart sollten sie sich auf die Krankheit günstig auswirken. In Österreich konnte man  in ländlichen Gegenden noch vor wenigen Jahren in Apotheken Krebsaugen kaufen.

Krebsaugen

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Text: Hermann AICHMAIR, MEIDLING BLÄTTER DES BEZIRKSMUSEUMS, Heft 59, 2003
Fotos: Sammlung Hermann Aichmair Bezirksmuseum Meidling

Precision medicine in der Hämato-Onkologie

von Dr. Josef König

MyCancerGenome ist eine Datenbank des Vanderbilt Ingram Cancer Centers zur precision medicine in der Hämato-Onkologie.

Die äußerst übersichtlich aufgebaute Datenbank verknüpft onkologische Erkrankungen mit den dazugehörenden Pathways, molekularen diagnostischen und therapeutischen Targets sowie vorhandenen Immuntherapeutika und molecular targeted drugs. Ferner wird auf laufende klinische Studien zu den einzelnen Entitäten aufmerksam gemacht. Die Inhalte werden von Mitarbeitern aus der ganzen Welt bereitgestellt.

Die Datenbank listet mehr als 800 onkologisch relevante Gene auf und zeigt graphisch 20 Pathways. Weiters werden bei jeder Erkrankung die bekannten Mutationen angeführt.

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Hier der Link: https://www.mycancergenome.org/
Video: https://youtu.be/NTLCLhAMdgU 

Die Datenbank ist auch als App für mobile Geräte verfügbar: https://www.mycancergenome.org/app/

Lit.: Taylor A.D., The Path(way) Less Traveled: A Pathway-Oriented Approach to Providing Information about Precision Cancer Medicine on My Cancer Genome: Translational Oncology, Volume 9, Number 2, April 2016, pp. 163-165 


Weitere Blog-Beiträge des Autors:

MEDLINE-Perfektionskurs:

DATENBANK-Seite des Autors: http://www.meddb.info

Homepage des Autors: http://www.meduniwien.ac.at.ez.srv.meduniwien.ac.at/medtools/medlist


 

Gastautor: Prof. Dr. Hermann AICHMAIR: Augen – Amulette, Brillen, Optik [24]: Augenamulette, Augenvotive, Augenvotivbilder und alte Brillen

Deocolis
Gastautor: Prof. Dr. Hermann AICHMAIR: Augen – Amulette, Brillen, Optik [24]: Augenamulette, Augenvotive, Augenvotivbilder und alte Brillen

AugenidoljpgLeopold Schmid hat sich z. B. mit dem Problem des Männerohrringes ausführlich beschäftigt. Das sogenannte „Flinserl“ wird heute noch in der Schweiz im Kanton Appenzell von den Sennern einseitig im Ohrläppchen getragen, um sich vor Augenkrankheiten zu schützen. Genau dasselbe Amulett habe ich während meines Urlaubes in Kärnten am Wörthersee bei einem Hotelier gesehen, der es wegen einer Ablatio insanata auf Anraten eines ausländischen Arztes trug.
Es gibt auch Berichte, wonach sich im Ohrläppchen ein Akupunkturpunkt für das Auge befindet, weshalb das Tragen eines Flinserls sehr wohl medizinisch gerechtfertigt sei. Nur als Schmuck hingegen wird der Ohrring von vielen jungen Menschen getragen. Bei Benützung des Flinserls nur aus modischem Anlaß ist allerdings darauf zu achten, auf welcher Seite es eingesteckt wird, denn Eingeweihte können daraus Rückschlüsse auf die speziellen zwischenmenschlichen Beziehungen des Trägers schließen.
Wohl die ältesten uns bekannten Augenidole oder Augenamulette sind kleine Plastiken, die zu Tausenden in syrischen Tempeln gefunden wurden und vermutlich aus der Zeit von ca. 3.000 v. Chr. stammen; ihre Form ist im Lauf der Jahrtausende gleichgeblieben und fast ident mit den Wachsvotiven, die man in den Augenbrünndln und Gnadenstätten Österreichs und Bayerns heute noch
stiftet.

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Text: Hermann AICHMAIR, MEIDLING BLÄTTER DES BEZIRKSMUSEUMS, Heft 59, 2003
Fotos: Sammlung Hermann Aichmair Bezirksmuseum Meidling

Gastautor Prof. Dr. Peter Heilig: Monster-Induced -Blindness und Fantasieferbieger

Monster-Induced -Blindness und Fantasieferbieger
Monster gab es immer schon, allerdings geordnet, zeitlich und örtlich limitiert zB Schiach-Perchten in Alpentälern oder Gespenster in der Geisterbahn (Wiener Wurstelprater, 1020 Wien, Leopoldstadt).

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Gegenwärtig bewegt sich das Monster-Chaos, analog zur Entropie – siehe Maxwell’s Dämon – in Richtung Maximierung. „ Die Monster sind immer und überall“ (evtl. dazu Unterlegung des Textes mit Allgemeinen-Verunsicherungs-Tunes – als Dauerschleife)

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Ein mit der Motion-Induced-Blindness verwandtes Phänomen treibt nun sein Unwesen: „Monster-Induced-Blindness“. Aufgrund u.A. Kapazitiver Kognitiver DeKompensation wird alles Nicht-Monster-Relevante ausgelöscht – realiter. Abgesehen davon zeichnet sich kultureller Wandel ab – das von Phantasie-befreite Saeculum. Digitaler Müll blockiert zentralnervöse Abfluss- und andere Kanäle.

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Das WortMonster FantasieFerbieger illustriert eindrücklich (Lehn-Übersetzung von impressif (fr)) wie leicht etwas aus der façon geraten kann. Analphabeten (und -Innen) Höherer und Höchster Ordnung verbögen so Manches, wenn man sie ließe, auch die schwächelnde Phantasie, und zwar nach haltig.

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Stichwort-Katalog:
PokemonMonster: werden an dieser Stelle nicht erwähntmonster_text1
ScheinReligion-ScheinKriegs-Monster: detto
MusikMonster: Dauerschleifen (Punschstandl-Berieselung, Klangwolken etc.)
PlastikMonster: entsteigen dem Meer wie die Schlangen der Laokoongruppe.
KunstlichtMonster: bewirken a la longue visuell ‚ruhigeres‘ , abgedunkeltes Sensorium in Kooperation mit
TagfahrlichtMonstern: diese blenden, lenken ab, stressen und fressen gern Kinder uA. – am Schutzweg.
monster_text2– „Selbstverzehrer“, Schwanzfresser oder Autophagier (s. Heraldik oder Ohrschuefe in Appenzell) – an diese Sonderform von Monstern knüpft sich zaghaft ein Hauch von Hoffnung. Eines Tages vielleicht – lösen sie sich auf – in sich selbst…
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„Die vollendete Ironie hört auf, Ironie zu sein und wird ernsthaft – denn weil sie sich selbst in Frage stellt, kann sie komisch sein, erreicht in ihrem beständigen Willen zu solcher Selbstkritik aber eben eine höherliegende Ernsthaftigkeit. In jenem ursprünglichen Sokratischen Sinne bedeutet die Ironie eben nichts andres, als dieses Erstaunen des denkenden Geistes über sich selbst, was sich oft in ein leises Lächeln auflöst. (Schlegel)

Summary: Genarrte, überreizte Kinder bedurfen keiner symptomatischen medikamentösen Therapie

Epilog: in der Teratologie (Die Lehre von den Misbildungen) werden als sog. Monstrositäten nicht mehr kompensierbare Fehl-Entwicklungen („wissenschaftlich unfassbar“) bezeichnet. Monster der Moderne.

Harvey S. Leff (Hrsg.)2003, Andrew F. Rex (Hrsg.): Maxwell’s Demon 2: Entropy, Classical and Quantum Information, Computing. Institute of Physics Publishing, Bristol

Motion-Induced-Blindness: http://www.michaelbach.de/ot/mot-mib/index.html

Vergil Publius Maro: Der Tod des Laokoon. Verg. Aen. 2 199-267 (Ubersetzung Ottow C 2002)

ArrigoBoito in Verdis Falstaff: „Alles im Leben ist Spass! Alle sind Genarrte..!

Stammberger, Birgit: Monster und Freaks. Eine Wissensgeschichte außergewöhnlicher Körper im 19. Jahrhundert. Bielefeld: transcript Verlag, 2011 (Reihe Science Studies).

Kritische Friedrich-Schlegel-Ausgabe. Erste Abteilung: Kritische Neuausgabe, Band 2, München, Paderborn, Wien, Zürich 1967

Einladung:
einladung

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Gastautor: Prof. Dr. Hermann AICHMAIR: Augen – Amulette, Brillen, Optik [23]: Augenamulette, Augenvotive, Augenvotivbilder und alte Brillen

Deocolis

Gastautor: Prof. Dr. Hermann AICHMAIR: Augen – Amulette, Brillen, Optik [23]: Augenamulette, Augenvotive, Augenvotivbilder und alte Brillen

Viele Menschen glaubten und glauben auch an die Wirksamkeit
zauberischer Zeichen, Amulette, Talismane, Münzen, Votivgaben, usw.,
wobei die Grenze zwischen Glauben und Aberglauben oft schwer zu
ziehen ist. In Südwestafrika findet man auch heute noch
Medizinmänner, die Längsschnitte in beiden Wangen zufügen,
damit sie sich positiv auf die Augenkrankheit (z. B. Schielen)
auswirken sollten. Aus Java stammt eine Zaubermaske, die vor
Exophthalmus, Faziallsparese und vielleicht auch noch vor
Gelbsucht schützen soll.
Armband1Zu den Zeugnissen des Glaubens gehören die Votivgaben und -bilder, die mit
der Bitte um Hilfe und als Dank für gewährte Hilfe gestiftet wurden, wogegen
Amulette und Talismane wohl eher dem Aberglauben zuzuordnen sind.
Was versteht man eigentlich unter einem Amulett? Friedericus Blümler (1710)
verstand darunter folgendes: „Amulett ist alles das, was sich die Menschen um
den Hals oder irgend einen anderen Körperteil anhängen oder auf irgend eine
weise anbinden, auch in den Kleidern bei sich tragen oder an einem bestimmten
Ort aufstellen, um Krankheiten zu vertreiben, die körperliche Verfassung zu
kräftigen oder anderes zu gewinnen“.

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Text: Hermann AICHMAIR, MEIDLING BLÄTTER DES BEZIRKSMUSEUMS, Heft 59, 2003
Fotos: Sammlung Hermann Aichmair Bezirksmuseum Meidling

Gastautor: Prof. Dr. Hermann AICHMAIR: Augen – Amulette, Brillen, Optik [22]: Augenamulette, Augenvotive, Augenvotivbilder und alte Brillen

Deocolis
Gastautor: Prof. Dr. Hermann AICHMAIR: Augen -Amulette, Brillen, Optik [22]: Augenamulette, Augenvotive, Augenvotivbilder und alte Brillen

Madonna1Franz Maresch berichtet über einen in Niederösterreich  gebräuchlichen Spruch gegen die „Augenbladern“
(eine Augenentzündung) , welcher zusammen mit Gaffer (Kampfer),  Golizenstein (Kupfervitriol), Sovriau (Safran) und   Rosenblättl die Heilung herbeiführen sollte. Als  Alternativbehandlung   wurde das Gesicht dicht vor eine Mehltruhe gehalten  und der Deckel dreimal fest zugeschlagen, worauf die Augen mit einem Tüchl verbunden wurden. Für einen heutigen Ophthalmologen ist dies umso unverständlicher, als gerade bei Augenentzündungen ein Verbinden kontraindiziert ist: Da hat der Spruch „nix is guat für die Augen“ schon einen viel reelleren Hintergrund. Laut Elisabeth Grabner wird er noch heute in den österreichischen Alpenländern gebraucht; deranscheinend unsinnige Spruch erfährt eine andere Deutung, wenn man die Fortsetzung kennt: auf „nix is guat für die Augen“ folgt „aber nicht für den Magen“. Mit „Nix“, „weißem Augennix“ oder „Nixsalbe“ ist Zinkoxyd (Zincum oxydatum) oder schwefelsaures Zink (Zincum sulfuricum) gemeint, welche noch heute in hoher Verdünnung als Augentropfen verwendet werden, z. B. als Kombination in Bor-Zink-Augentropfen. Der seltsame Name stammt einesteils von den Alchimisten, die oxydiertes Zink als „Nix a/ba“ (weißen Schnee) bezeichneten, weil es beim Erhitzen zu einem weißen Pulver verbrannte und in leichten Flocken herabfiel. Andererseits haben auch Bergleute die metallische Abscheidung der Zinkkerze mit „nix“ (Schnee) bezeichnet, da sie sich als weißes, flockiges, in der Luft herumfliegendes Pulver darstellt. MadoDas Volk wiederum erklärte sich diesen lateinischen Namen auf seine Art mit „nix“ gleich „nichts“, was auch durch den flüchtigen, kaum faßbaren Charakter der Substanz bestätigt wurde. Die Apotheker übersetzten ihrerseits das ihrer Meinung nach volkstümliche Wort „nix“ für den erwiesenermaßen wirksamen Stoff ins Lateinische und nannten es „nihilum album“, unter welcher Bezeichnung es auch in den Arzneibüchern bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts geführt wurde. So wurde das ohnehin schon lateinische Wort „nix „, das vom Volke eingedeutscht worden war, nochmals allerdings mit neuer Bedeutung ins Lateinische übersetzt, was sicher nicht allzu oft bei einem Wort vorkommt.

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Text: Hermann AICHMAIR, MEIDLING BLÄTTER DES BEZIRKSMUSEUMS, Heft 59, 2003
Fotos: Sammlung Hermann Aichmair Bezirksmuseum Meidling

Gastautor Prof. Dr. Peter Heilig: Selfie-Reflexionen

Selfie-Reflexionen
Weder Spiegel noch Selfie-Dokus widerspiegeln Wirklichkeit
Selfies Spoil Scenic Spots (SSSS)
„Einen Menschen namens Meier
Schubst man aus des Hauses Tor,
Und man spricht, betrunken sei er;
Selber kam’s ihm nicht so vor. „  
Wilhelm Busch

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Auch ohne „Bewusstseins-erweiternde Substanzen“ konstruieren Meiers et al. ihre „Wirklichkeit“;  siehe Paul Watzlawick: Radikaler Konstruktivismus. Ein „Selbst“, aufdringlich vordergründig ins
Bild gedrängt, verstellt, verschattet und blockiert. Etwa zehn hoch elf Menschen lebten bisher auf diesem Planeten. Eins dividiert durch 10 hoch 11  ~ Mittelwert numerischer ‚Bedeutung‘ des Individuums –
‚geht gegen Null‘. Ungleich höher einzustufen wäre die Bedeutung Herausragender (viri egregii). Ihnen stünde die Kaiserloge zu – auch im Selfie. Logisch.

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Es war einmal ein güthiger und gerechter Kaiser. Seine Unterthanen, auf der Insel der Seligen, waren rund und rundum zufrieden. Die wunderschöne Prinzessin schlief  jedoch von Montag bis
Freitag – ohne dass dies auffiel oder gar störte. Auch der Kaiser fiel eines Tages, von Freitag bis Montag, in einen tiefen, tiefen Schlaf. Der hochberühmthe Hof-Medicus, welcher Seine Majestät in
den Schlaf ‚gesungen‘ hatte, in einen höchst erquickenden Heilschlaf, wurde daraufhin (heutzutage: „shitstorm“) schwer gerügt; er hatte die Hofschranzen nicht unterthänigst um ihr Placet gefragt.  Es passiere eh nix – am Wochenende, in Kakanien, meinte montags im Öffentlich-Rechtlichen Staats-Fernsehen* der Hof-Medicus trocken. Und wenn, dann hätt‘ er ihn kurzerhand aufgeweckt.

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„Und rings erfüllte den hohen Balcon das Volk in freud’gem Gedränge; Laut mischte sich in der Posaunen Ton das jauchzende Rufen der Menge; Denn geendigt nach langem verderblichen Streit war die kaiserlose, die schreckliche Zeit..“
Friedrich Schiller: Der Graf von Habsburg
Retrospektiv gesehen, war sie doch nicht gar so schröcklich, die kaiserlose – die schreckliche Zeit und selbst  der lange, der verderbliche Streit war geendigt – bis heut. Die lex parsimoniae wäre demnach überlegenswert oder indiziert: „non sunt multiplicanda entia sine necessitate” (1639).
Schon Aristoteles hatte drauf hingewiesen, dass die Natur stets den einfachsten Weg beschreitet –
und nichts ohne Not ‚multipliziere‘. Ockhams Messer rasiere notfalls Überflüssiges, Wegstehendes,
Herausragendes weg.

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Epilog:
„Vor Ihro Kaiserlichen Majestät hab ich, wie immer, schuldigen Respekt, Er aber, sag’s ihm, er . . „
(J.W.Goethe, erste Auflage: Götz von Berlichingen mit der Eisernen Hand.)
Hofmarschall von Kalb war der Prototyp einer Hofschranze           (Schiller: Kabale und Liebe).

*„Die Regierung hat überraschend das staatliche Fernsehen geschlossen: „Ein aufgeblähter Staats-
Sender sei eine Verschwendung von Steuergeldern. Die Zwangseintreibung der Gebühren habe
nichts mit der Idee von objektivem Journalismus zu tun“  (Israel, im März 2014)
Obiger Text wurde in recenter ‚kaiserloser‘ Zeit verfasst –  In Kakanien.

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Gastautor: Prof. Dr. Hermann AICHMAIR: Augen – Amulette, Brillen, Optik [21]: Augenamulette, Augenvotive, Augenvotivbilder und alte Brillen

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Gastautor: Prof. Dr. Hermann AICHMAIR: Augen -Amulette, Brillen, Optik [21]: Augenamulette, Augenvotive, Augenvotivbilder und alte Brillen

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Als plastische Darstellung des Auges kennen wir das sogenannte „Auge Gottes“, welches wiederholt als Zierde in der sakralen Ikonographie vorkommmt, andererseits aber auch als Motiv auf profanen Objekten, wie u. a. bei barocken Portalen.

MadonnaZu allen Zeiten, in denen der Mensch in Bedrängnis war, das gilt auch noch für die heutige aufgeklärte Welt, suchte er Hilfe und , Schutz bei überirdischen Kräften, voll Hoffnung, daß besondere Krankheiten überwunden werden können oder daß er vor Naturkatastrophen bewahrt wird. Eine weit verbreitete Art der versuchten Anrufung um Hilfe stellt der Heilspruch dar.
Die Idee des Heilspruches stammt aus vorchristlichen
Zeiten und ist aus einer frühen magischen Weltauffassung entstanden. Aus dieser Epoche ist uns hauptsächlich die Form der Spruchdichtung erhalten; der Inhalt der germanischen Sprüche z. B. wurde später sicherlich durch christliche Vorstellungen ersetzt. Zum Zauberspruch gehört nach lrmgard Hompp auf alle Fälle der Glaube an gute und böse Mächte und Gegenmächte, an die Kraft der Person und des Wortes, sowie der Glaube an die Sympathie des Alls, in dem die meisten Gesetze der Magie wurzeln. Auf diese Glaubensvorstellungen sind die Formen der Sprüche zurückzuführen, auch in den uns vorliegenden Arten. Der magische Kern wird ergänzt durch Gebärden des Streichelns oder Greifens, durch genaue Vorschriften bezüglich eines bestimmten Tages, Abnehmen des Mondes, Aufgehen der Sonne und ähnliches. Aus dem magischen Anruf wird durch diese Ergänzung dann die magische Handlung. Im bäuerlichen Milieu hat der Aberglaube besondere Formen angenommen, wobei sich diese Gewohnheiten im volkstümlichen Bereich oft recht hartnäckig behauptet haben, bis in unsere Zeit hinein. Durch das Wenden z. B. werden bei uns in Österreich tatsächlich heute noch Tiere und Menschen von bestimmten Krankheiten geheilt bzw. zu heilen versucht, sie werden von der Krankheit „abgewendet“. Im Spruch „ Wem, geh‘ weg oder i‘ scherr‘ di‘ weg!“ besteht die magische Therapie aus einem Befehl an die Krankheit („Wem“ bedeutet Gerstenkorn), die als Dämon aufgefaßt wird, und aus der drohenden Gebärde der Schneide des Messers, die wohl eine magisch-symbolische Funktion hat, und kreisförmig um das Auge geführt wird. Dann wird der Dämon der Krankheit endgültig weggeschickt, indem der zu Heilende mit dem kranken Auge durch ein Astloch in einer Wand nach draußen schauen muß; zur Unterstützung der Therapie werden während des Durchschauens drei Vaterunser ohne Amen gebetet.

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Text: Hermann AICHMAIR, MEIDLING BLÄTTER DES BEZIRKSMUSEUMS, Heft 59, 2003
Fotos: Sammlung Hermann Aichmair Bezirksmuseum Meidling