Handy-‚Blackouts‘ und der Blaulichtskandal
Eine seltsame Cyanophilie greift um sich – Blaulicht, Blauschrift, Blau..
Süß aber ist das Licht, und für die Augen ist es gut, die Sonne zu schauen. Buch Kohelet
Grell-blau-blendendes Licht überstrahlt die Gegenwart. Es wurde zum Qualitätsmerkmal von Monitoren und Leuchtmitteln. Wichtiges wird heute Blau geschrieben – unreflektiert.
Handies auch noch im Bett? Eine „Transient Smartphone Blindness„ wurde beobachtet.
„Kannten die alten Griechen kein Blau: kyanos = dunkel?„ Schon Goethe vermisste das Blau in den Liedern des blinden Sängers Homer. Merkwürdig ‚weinfarben‘ war sein Meer. In der berühmten Farbenlehre fand Goethe wenig Lobendes über das Blau. Sonniges Gelb kam hingegen besser weg.
Blau-empfindliche Zapfen fehlen in unserer Netzhautmittte. Blaues Licht blendet stärker, lenkt mehr ab, sein Brennpunkt liegt weit vor der Netzhautebene. Es leistet keinen nennenswerten Beitrag für das zentrale- und das Kontrast-Sehen. Die hohe Energie der kurzwelligen Strahlung (gemessen in Elektronen-Volt (eV)), ist daher im Extremfall à la longue ‚phototoxisch‘, das heißt, es kann im ‚wichtigsten Quadratviertelmillimeter‘ den Sehzellen ‚das Licht ausblasen‘. Retinale Lichtschäden sind vermeidbare Noxen. Licht-Hygiene würde bewirken, dass ‚Legal Blindness‘ (immer häufigere Maculadegeneration) trotz steigender Lebenserwartung möglicherweise viel später auftritt oder gar nicht mehr erlebt wird.
Gelb verbessert messbar das Kontrastsehen. Gelbe oder bräunliche Sonnenbrillen (je nach Tageslicht-Intensität) schützen unsere unersetzlichen Lichtrezeptoren.
Wider alle Vernunft wird zunehmend grell-blendend-kurzwellig-dominiertes Kunstlicht oktroyiert. Alle wichtigen Texte werden blau geschrieben („barrierefrei„?) . Bereits vor einem dreiviertel Jahrhundert hatte Brindley darauf hingewiesen, dass Blau dem zentralen Sehen einen Bärendienst erweist. Dunkler Hintergrund ’schluckt‘ blaue Schrift – cave zeitliche Summation vermeidbarer retinaler Licht-Belastungen sowie krank-machenden ‚Licht-Stress‘. Helle Schrift auf dunklem Grund, dies wird auch von Sehbehinderten bevorzugt, reduziert die integrale Helligkeit.
Epilog „..gut die Sonne zu schauen..„; mag sein. In die pralle Sonne? Nein – und schon gar nicht direkt und unentwegt in all die künstlichen Bläulichweiß-Blend-Lichtquellen, welche gleichsam ‚einen Schatten auf die Sonne werfen‘ wollen.
„123. Von blendenden Bildern ist es nicht zu verwundern. Wenn man in die Sonne sieht, so kann man das Bild mehrere Tage mit sich herumtragen. Boyle erzählt einen Fall von zehn Jahren.“ Goethe: Naturwiss. Schr. z. Farbenlehre. Pathol. Farben
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Heilig P (2016) Lichthygiene https://ub-blog.meduniwien.ac.at/blog/?s=lichthygiene