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Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien [64]: Jaeger, Eduard von Jaxtthal: Ueber die Behandlung des grauen Staares an der ophthalmologischen Klinik der Josephs-Akademie. Inaugural-Dissertation. Wien. 1844.

Jaeger, Eduard von Jaxtthal: Ueber die Behandlung des grauen Staares an der ophthalmologischen Klinik der Josephs-Akademie. Inaugural-Dissertation. Wien: Gedruckt bei Carl Ueberreuter 1844.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Historische Dissertations-Bibliothek, Sign.: D4917]

https://ubsearch.meduniwien.ac.at

 Text: Harald Albrecht, BA

Abb. 1    Eduard Jaeger von Jaxtthal. Josephinum, Medizinische Universität Wien, MUW-FO-IR-002217-0002

Eduard Jaeger von Jaxtthal (*25.06.1818 Wien, gest. 05.07.1884 Wien), dessen Geburtstag sich am 25. Juni 2018 zum 200sten Mal jährt, stammte aus einer Wiener Ophthalmologendynastie. Sein Großvater mütterlicherseits war Georg Josef Beer (1763-1821) – der Begründer der weltweit ersten Universitäts-Augenklinik, die 1812 in Wien eröffnet wurde. Sein Vater war der bekannte Wiener Ophthalmologe Friedrich Jäger von Jaxtthal (1784-1871). Eduard Jaeger von Jaxtthal studierte an der medizinisch-chirurgischen Josefs-Akademie, an der sein Vater seit 1825 Professor für Ophthalmologie war, Medizin und promovierte hier 1844 mit einer augenheilkundlichen Schrift: „Ueber die Behandlung des grauen Staares an der ophthalmologischen Klinik der Josephs-Akademie.“

Abb. 2    Titelblatt: Jaeger, Eduard von Jaxtthal: Ueber die Behandlung des grauen Stares […]. Wien: 1844.

Schon seit 1841 hatte sich Eduard Jaeger von Jaxtthal an der Privatklinik seines Vaters mit Staroperationen beschäftigt und sich wegen seiner manuellen Geschicklichkeit frühzeitig großes Ansehen als Kataraktchirurg erworben. 1853 habilitierte er sich an der Universität Wien im Fach Augenheilkunde. Seine Habilitationsschrift erschien 1854 als Buch, das seinem Freund, dem berühmten Berliner Ophthalmologen Albrecht von Graefe, gewidmet ist:

Jaeger, Eduard von Jaxtthal: Ueber Staar und Staaroperationen nebst anderen Beobachtungen und Erfahrungen aus seines Vaters Dr. Friedrich Jaeger, k.k. Professors etc. etc. und aus der eigenen ophthalmologischen Praxis. Mit 10 lithographierten Tafeln. Wien: Verlag von L. W. Seidel 1854.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger  Bibliothek, Sign.: 28969]

http://webapp.uibk.ac.at/alo/cat/card.jsp?id=8590305&pos=0&phys=#

„Darin beschrieb Jaeger als von ihm selbst konstruiertes neues Instrument einen Ophthalmostat zur sicheren Fixierung des Auges durch zwei kleine zusammengefügte Pinzetten beim Sehnenschnitt. Weiters gab er eine Augenpinzette an, die mit einem verschiebbaren Röhrchen zum Entfernen dünnhäutiger, zäher Starmassen verbunden war. Hervorzuheben ist seine technischen Modifizierung des nur drei Jahre zuvor von Hermann von Helmholtz (1821-1894) erfundenen Augenspiegels, wodurch Jaeger die praktikablere Untersuchung des Augenhintergrundes im aufrechten Bild ermöglichte.“[1]

Abb. 3    Tafel II [Augenspiegel]: Jaeger, Eduard von Jaxtthal: Ueber Staar und Staaroperationen […]. Wien: 1854.

Weiters waren in diesem Werk erstmals Jaegers Schrift-Skalen, bestehend aus 20 Leseproben mit normiert ansteigender Schriftgröße als Anhang beigefügt, die noch heute zur Prüfung der Sehschärfe verwendet werden. Ebenfalls 1855 veröffentlichte er die „Beiträge zur Pathologie des Auges“, die 1870 nochmals aufgelegt wurden. „Mit minuziöser Genauigkeit beschrieb er darin seine neuen Entdeckungen und bildete sie in einer natürlichen Schönheit ab, die im 19. Jahrhundert nicht mehr erreicht wurde: die atrophische Aushöhlung des Sehnerven, dessen bläuliche Färbung, die Doppelrandigkeit der Nervenfasern, die abnorme Verteilung der Netzhautgefäße, die Veränderungen bei Diabetes mellitus u.s.w.“[2]

Jaeger, Eduard von Jaxtthal: Beiträge zur Pathologie des Auges. Mit Abbildungen im Farbendruck. Wien: Aus der Kaiserlich-Königlichen Hof- und Staatsdruckerei 1855.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: I45626]

http://webapp.uibk.ac.at/alo/cat/card.jsp?id=8590289#

Abb. 4    Tafel II: Jaeger, Eduard von Jaxtthal: Beiträge zur Pathologie des Auges […]. Wien: 1855.

Abb. 5    Tafel VI: Jaeger, Eduard von Jaxtthal: Beiträge zur Pathologie des Auges […]. Wien: 1855.

Eduard Jaeger von Jaxtthal wurde 1856 zum außerordentlichen Professor an der Universität Wien ernannt und erhielt im Jahr 1857 eine eigene Augenabteilung im Allgemeinen Krankenhaus. 1869 stellte er sein monumentales Hauptwerk fertig:

Jaeger, Eduard von Jaxtthal: Ophthalmologischer Hand-Atlas. Wien: Druck und Verlag der K.K. Hof- und Staatsdruckerei 1869.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Reuter Bibliothek, Sign.: RB-905]

https://ubsearch.meduniwien.ac.at

Welcher Aufwand für die Darstellungen dabei betrieben wurde erläutert der Autor selbst im Vorwort: „Mit welcher Genauigkeit ich bei der Herstellung der Bilder vorging, ist allein schon aus dem zu entnehmen, dass ich in jedem einzelnen Falle zuerst eine Entwurf vom aufrechten und vom umgekehrten Spiegelbilde aus führte, um durch sich ergebende Differenzen auf einzelne Fehler aufmerksam zu werden, sowie dass ich grossentheils allein zur Anfertigung der dem Bilde zu Grunde gelegten Handzeichnung (d. i. zum Abzeichnen des Objectes, nicht zur Ausführung des Bildes) 20 bis 30, selbst 40 bis 50 und mehr Sitzungen zu 2 bis 3 Stunden und darüber für jeden einzelnen Fall benöthigte.“[3]

Abb. 6    Tafel XXIV: Jaeger, Eduard von Jaxtthal: Ophthalmologischer Hand-Atlas. Wien: 1869.

Den Höhepunkt seiner Karriere erreichte Eduard Jaeger von Jaxtthal 1883, als er erster Ordinarius und Vorstand der neugeschaffenen zweiten Universitäts-Augenklinik wurde. Er stand dieser Klinik allerdings nur etwas mehr als ein Jahr vor. Eduard Jaeger von Jaxtthal starb am 5. Juli 1884 nach langer, schwerer Krankheit.

Quellen:

Schmidt-Wyklicky, Gabriela und Helmut Gröger: Die Gründung der II. Universitätsaugenklinik in Wien 1883 und ihr erster Vorstand Eduard Jaeger von Jaxtthal 1883-1884. In: Spektrum der Augenheilkunde (26/2012). S. 296-302.

Runge, Paul E.: Eduard Jaeger’s test-types (Schrift-Scalen) and the historical development of vision tests. O.O.: [Selbstverlag] [2000].

Sablik, Karl: Eduard Jaeger von Jaxtthal (1818-1884). In: Arzt, Presse, Medizin (52) 1978. S. 6-8.

[1] Schmidt-Wyklicky, Gabriela und Helmut Gröger: Die Gründung der II. Universitätsaugenklinik in Wien 1883 und ihr erster Vorstand Eduard Jaeger von Jaxtthal 1883-1884. In: Spektrum der Augenheilkunde (26/2012). S. 297.

[2] Sablik, Karl: Eduard Jaeger von Jaxtthal (1818-1884). In: Arzt, Presse, Medizin (52) 1978. S. 7.

[3] Jaeger, Eduard von Jaxtthal: Ophthalmologischer Hand-Atlas. Wien: Druck und Verlag der K.K. Hof- und Staatsdruckerei 1869. S. V.

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Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien [44]: Steinach, Eugen: Verjüngung durch experimentelle Neubelebung der alternden Pubertätsdrüsen. Mit 7 Textabbildungen und 9 Tafeln, 1920.

Steinach, Eugen: Verjüngung durch experimentelle Neubelebung der alternden Pubertätsdrüsen. Mit 7 Textabbildungen und 9 Tafeln. Berlin: Verlag von Julius Springer 1920.

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Abb. 1    Titelblatt: Steinach: Verjüngung […]. Berlin: 1920.

Eugen Steinach (*27.01.1861 Hohenems/Vorarlberg., gest. 14.05.1944 Montreux/Waadt) war der Sohn eines jüdischen Arztes und studierte an den Universitäten Genf und Wien Medizin. 1886 wurde er an der Medizinischen Fakultät der Universität Innsbruck zum Dr. der Medizin promoviert. Danach arbeitete er zwei Jahre am Physiologischen Institut der Universität Innsbruck. Im Anschluss daran ging er nach Prag, wo er an der „Deutschen Universität“ Assistent des damals berühmten Physiologen Ewald Hering (1834-1918) wurde. In Prag gründete Steinach 1902 das erste Laboratorium für „allgemeine und vergleichende Physiologie“ im deutschsprachigen Raum. Ebenfalls in Prag wurde Steinach, der sich schon 1890 im Fach Physiologie habilitiert hatte, 1895 zum außerordentlichen und 1907 zum ordentlichen Professor ernannt. 1912 übersiedelte er nach Wien und wurde Leiter der tierphysiologischen Abteilung der Biologischen Versuchsanstalt im Prater, die zwei Jahre später in die Akademie der Wissenschaften eingegliedert wurde. Die Versuchsanstalt war ursprünglich ein Schauaquarium, bekannt unter dem Namen „Wiener Vivarium“, das anlässlich der Wiener Weltausstellung 1873 erbaut wurde und 1903 vom Zoologen Hans Leo Przibram (1874-1944) in eine experimentelle Biologische Versuchsanstalt umgewandelt wurde. Die Biologische Versuchsanstalt war eine der bemerkenswertesten wissenschaftlichen Einrichtungen Österreichs in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Mehr als dreißig Jahre lang entstanden hier innovative wissenschaftliche Arbeiten auf dem Gebiet der experimentellen Biologie. Nach dem „Anschluss“ 1938 wurde Przibram aus „rassischen“ Gründen seiner Stellungen enthoben und durfte die von ihm gegründete und jahrzehntelang geleitete Anstalt nicht mehr betreten. Er wurde 1944 im KZ Theresienstadt ermordet. Die Versuchsanstalt wurde 1941 geschlossen und das Gebäude 1947 abgerissen.

Eugen Steinach beschäftigte sich schon seit 1894 mit der Physiologie der Geschlechtsorgane und war einer der bekanntesten Hormonforscher seiner Zeit. Mithilfe der Vasoligatur, der Unterbindung des Samenleiters, wollte er die körpereigene Produktion von Testosteron anregen, wodurch er sich einen Effekt der Verjüngung erhoffte. Durch den Wiener Urologen Robert Lichtenstern (1874-1955) ließ er den Eingriff 1918 erstmals gezielt bei einem Patienten vornehmen und löste damit einen wahren „Vasektomieboom“ aus. Es wird geschätzt, dass sich allein in Wien über 100 Mitglieder der akademischen Gesellschaft in den 1920er Jahren dieser Behandlung unterzogen. Einer von ihnen war Sigmund Freund (1856-1939), der sich von diesem 1923 erfolgten Eingriff erneute Kraft im Kampf gegen das bei ihm aufgetretene Tumorleiden erhoffte.[1]

Abb. 2    Robert, Lichtenstern: Urologische Operationslehre. Mit 231 zum Teil mehrfarbigen Abbildungen im Text. Berlin und Wien: Urban & Schwarzenberg 1935. S. 271.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Reuter Bibliothek, Sign.: RB-168]

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Darüber hinaus machte er versuche von Geschlechtsumwandlungen mit Ratten. Aus den Auswirkungen von Hodentransplantationen von jungen Ratten auf alte wurde ersichtlich, dass sich die senilen Tiere verjüngten und zum Teil ihre Potenz wiedererlangten. Daraufhin stellte er sich die Frage „ob es nicht möglich wäre, noch einmal im individuellen Leben die Wirkungen der Pubertätsdrüse [Gonaden, Anm.] auszulösen, und wenigstens bis zu einer gewissen Grenze die Attribute der Jugend wieder hervorzurufen und die des Alters hinauszuschieben“[2] und wollte diese Erfahrungen auf den Menschen übertragen. „Die Vorstellung, dem Menschheitstraum der ewigen Jugend einen Schritt näher zu sein, hatte eine wahre ,Steinach-Euphorie‘ ausgelöst, die sich auch gut vermarkten ließ. 1920 schrieb der Komponist Willy Kaufmann den Foxtrott ,Steinach Rummel‘. Am 8. Jänner 1923 fand im Berliner UFA-Filmpalast die Uraufführung des Dokumentarfilms ,Steinachs Forschungen‘ statt.“[3]

Abb. 3    Steinach: Verjüngung […]. Berlin: 1920. Tafel IV.

In der Folge wurden zahlreiche Verjüngungsoperationen entwickelt. Eugen Steinach versprach sich durch die Verpflanzung von fremden Hoden unter die Bauchdecke ebenfalls einen wesentlichen Verjüngungseffekt. Gemeinsam mit Robert Lichtenstern transplantierte er zwei im Ersten Weltkrieg kastrierten Soldaten Leistenhoden unter die Bauchmuskulatur, die anderen Patienten entfernt werden mussten, worauf die Sexualfunktion wieder eintrat. „,15 Monate nach der Operation hat der Mann geheiratet‘, schrieb Lichtenstern später über einen der beiden Patienten, lebt seither zufrieden in ehelicher Gemeinschaft und versorgt wieder in strammer Arbeit seine Landwirtschaft‘“.[4] Mit der Transplantation von Hoden heterosexueller Männer an homosexuelle Männer versuchten Steinach und Lichtenstern auch homosexuelle Männer zu „heilen“. Unterstützung fanden die dabei bei Sigmund Freud, der annahm, dass Steinachs vorgeschlagener Eingriff an den Keimdrüsen erfolgreicher sei, als die Behandlung durch Psychotherapie[5]:

Steinach, Eugen und Robert Lichtenstern: Umstimmung der Homosexualität durch Austausch der Pubertätsdrüsen. Sonderabdruck aus: Münchener medizinischen Wochenschrift. Lehmann: München 1918.

http://search.obvsg.at/primo_library/libweb

In den 1930er Jahren wurden Steinachs Forschungen einer kritischen Revision unterzogen. Und mit der biochemischen Identifikation und Synthese von Testosteron wurden Steinachs Operationsmethoden obsolet. Ab März 1938 war Eugen Steinach der antisemitischen Verfolgung durch die Nationalsozialisten ausgesetzt. Seine Bibliothek sowie seine gesamten Forschungsergebnisse wurden beschlagnahmt. Als ihm nach einer Vortragsreise in die Schweiz die Wiedereinreise verweigert wurde, versuchte er erfolglos in die USA zu emigrieren. Er verstarb 1944 im Schweizer Exil in Territet bei Montreux im Kanton Waadt.

Text: Harald Albrecht

Quellen:

Der Traum von der wiederkehrenden Jugend. Homepage: Alumni Club Medizinische Universität Wien. Stand: 23.10.2017.

http://alumni-club.meduniwien.ac.at/de/aktuell/medizin-im-bild/article?entry=216

Schultheiss, Dirk: Eine kurze Geschichte des Testosterons. In: Der Urologe. (49/1) 2010. S. 51-55.

Schlich, Thomas: Die Erfindung der Organtransplantation. Erfolg und Scheitern des chirurgischen Organersatzes (1880-1930). Frankfurt/M und New York: Campus Verlag 1998.

Leitner, Helmut: Eugen Steinach (1861-1944). In: Arzt, Presse, Medizin. (22) 1977. S. 7-9.

Johnson, David L.: Eugen Steinach (1861-1944) and his theory of rejuvenation. [Tacoma, WA]: Typoskript 1968.

[1] Schultheiss, Dirk: Eine kurze Geschichte des Testosterons. In: Der Urologe. (49/1) 2010. S. 52.

[2] Leitner, Helmut: Eugen Steinach (1861-1944). In: Arzt, Presse, Medizin. (22) 1977. S. 8.

[3] Der Traum von der wiederkehrenden Jugend. Homepage: Alumni Club Medizinische Universität Wien. Stand: 23.10.2017. http://alumni-club.meduniwien.ac.at/de/aktuell/medizin-im-bild/article?entry=216

[4] Schlich, Thomas: Die Erfindung der Organtransplantation. Erfolg und Scheitern des chirurgischen Organersatzes (1880-1930). Frankfurt/M und New York: Campus Verlag 1998. S. 159-160.

[5] Schultheiss, Dirk: Eine kurze Geschichte des Testosterons. In: Der Urologe. (49/1) 2010. S. 52.

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