Das Reservespital Nr. 2 in PARDUBITZ / PARDUBICE in Böhmen 1914 – 1918
Teil 3.1 – Das Barackenspital im Frühjahr 1916 aus der „Sicht des Militärs“
Anlässlich der Übergabe des Barackenspitals an die Heeresverwaltung im Juli 1916 war im Frühjahr ein genaues Verzeichnis aller Objekte angelegt und eine detailgetreue Beschreibung der Anlage angefertigt worden.
Lesen Sie hier bitte aus der „Baubeschreibung der k. u. k. Kranken- und Verwundetenstation in Pardubitz“:
Foto: Prof. Dr. Walter Lukan; Bild oben links: Blick auf ein Aufnahmegebäude und auf die Abteilungen II und III; Bild oben rechts: Krankenbaracken – im Hintergrund ein Feuerwehrturm; Bild mitte: Gesamtansicht; Bild unten links: Inneres einer Spitalsbaracke; Bild unten rechts: Aufnahmegebäude
„Das ganze Spital ist in fünf Abteilungen (I, II, III, IV, V) eingeteilt, von denen jede eine besondere Gruppe für die Verwaltung, Wirtschafts- und Wohngebäude besitzt.
Foto: Josef Paroulek 1917
Zur leichteren Orientierung in der Anlage sind für die Bezeichnung der einzelnen Abteilungen verschiedene Farben eingeführt und zwar:
I. Abteilung VIOLETT
II. Abteilung GRÜN
III. Abteilung ROT
IV. Abteilung BLAU
V. Abteilung GELB
Diese Farben sind an allen Krankenbaracken und zugehörigen Verwaltungsgebäuden angebracht.
Das Barackenspital ist mit dem Bahnhof mittels zwei Geleisen verbunden. Das „unreine“ Geleis dient zum Transport der verwundeten und kranken Soldaten in das Krankenhaus. Das zweite – „reine“ Geleis -dient zur Beförderung von genesenen Soldaten aus dem Spital, sowie zum Transport von Nahrungsmitteln, Kohle und sonstigen Materialien.
Die einzelnen Abteilungen sind untereinander durch doppelte Drahtzäune abgetrennt.
Die Anzahl der Betten für kranke und verwundete Soldaten in den einzelnen Abteilungen sind nach dem Stande vom 1. Mai 1916 wie folgt:
I. Abteilung : 2.032 Krankenbetten
II. Abteilung: 1.688 Krankenbetten
III. Abteilung: 1.690 Krankenbetten
IV. Abteilung: 1.900 Krankenbetten
V. Abteilung: 1.900 Krankenbetten
Zusammen: 9.210 Krankenbetten
Der ganze Komplex des Barackenspitales besitzt eine eigene Kanalisation, welche an die Kanalisation der Stadt Pardubitz angeschlossen ist.
Nutz- zugleich Trinkwasser ist in allen Baracken und Gebäuden eingeführt. In den Gassen sind Feuerhydranten aufgestellt.
Das Wasser wird teils aus dem Wasserwerk der Stadt Pardubitz, teils aus einer eigenen Wasserbeschaffungsanlage bezogen. Aus ersterer werden ca. 500 bis 600 Kubikmeter täglich geliefert. Der restliche Bedarf, ca. 1000 bis 1200 Kubikmeter, wird von der eigenen Wasserleitung gedeckt.
Elektrische Beleuchtung ist in sämtlichen Baracken eingeführt. Ebenso sind alle Straßen und Wege im Spital elektrisch beleuchtet. Der Strom wird von der „elektrischen Zentrale“ der Stadt Pardubitz, die zu diesem Zwecke entsprechend erweitert wurde, geliefert. Für die Notbeleuchtung der Trottoire und Straßen sind überdies 50 Kandelaber mit Petroleumlampen aufgestellt.
Die Heizung erfolgt in allen Baracken mittels gusseisernen Öfen.
Für Fuhrwerke, Autos etc. sind mit Sturzpflaster versehene Straßen von 3-4-5 m Breite in einer Gesamtlänge von ca. 6.000 m angelegt worden. Für Fußgänger wurden mit Schlackenziegel gepflasterte Trottoire oder mit Schlacken gestampfte Fußsteige zwischen den Baracken geschaffen.
Foto: Reinhard Mundschütz;
Der Brandschutz wird durch die ständige Feuerwehr der Station ausgeübt. Drei Feuerwehrtürme 25 m hoch, zwischen den Baracken aufgebaut und mit oberem Wächterhäuschen versehen, ermöglichen eine leichte Übersicht über die ganze Station.
Foto: Reinhard Mundschütz; Blick auf ein Aufnahmegebäude, im Hintergrund sieht man einen der drei Feuerwehrtürme
Die Wächterhäuschen auf den Feuerwehrtürmen sind telefonisch mit den in der ersten Etage der drei Türme sich befindlichen Wachstuben sowie auch mit jenen auf dem Bahnhofe und in der Stadt verbunden.
Unter den Wachstuben in der ersten Etage befindet sich im Erdgeschosse des Turmes ein Schupfen für Feuerwehrrequisiten, Wickelmaschinen und Schläuche.“
In der Folge lesen Sie hier noch die detaillierte Beschreibung der Gebäude der I. Abteilung:
„I. Abteilung 2.032 Krankenbetten
8 Beobachtungsbaracken (Nr. 1-8): Mit Zäunen untereinander isoliert. Jede Baracke hat 9 isolierte Einzelzimmer mit separatem Bad und Kloset und 1 Zimmer mit Bad und Kloset für die Pflegerin (zusammen also für 72 Soldaten und 8 Pflegerinnen).
42 Spitalsbaracken Nr. 1 bis 42, hievon 1 Baracke (Nr. 7) für Offiziere mit 10 Krankenbetten (in isolierten Zimmern)
10 Baracken für epidemische und venerische Krankheiten: mit Zäunen isoliert, a 50 Krankenbetten, zusammen 500 Betten und zwar Baracken Nr. 8,9,10,11,30,31,32,33,34 und 35
1 Baracke für Verbandzwecke (Nr. 21)
1 Kapelle (katholisch) und Lesehalle : in der Baracke Nr. 22 untergebracht.
29 gewöhnliche Krankenbaracken: für verwundete und kranke Soldaten, mit je 50 Betten, zusammen 1.450 Krankenbetten
1 Empfangsgebäude: mit Wartehallen, Teeküchen, Aborte und Bäder und zwar:
14 Wannen und Duschen in Kabinen
12 Wannen und Duschen in der Halle
12 Duschen in der Halle
8 Fußbäder
Foto: Reinhard Mundschütz; Blick auf das Empfangsgebäude; hier wurden Infektionsverdächtige und –kranke aufgenommen und erstversorgt
Ein Operationspavillon (für Infektionskrankheiten) enthält:
2 Operationssäle mit Sterilisationsraum, Wartesaal mit Narkose, Raum für Röntgenisierung, Raum für Ärzte, Krankenwärterinnen und Zugehör
1 Veranda für Tragbahren bei Operationen
1 Bakteriologische Station und Seziersaal, nebst Leichenkammer für infektiöse Krankheiten, umfasst: 1 großen Seziersaal, Laboratorium, Arbeitszimmer und Wohnungen für die Bakteriologen, Wohnung für Diener und Zugehör, sowie ein Raum für die Ausfertigung der Begräbnisse.
1 Gebäude für die Vivisektion
1 Durchgangsgebäude mit Apotheke mit 20 Duschen
1 Entlassungshaus mit 10 Wannen und 8 Duschen
1 Küche mit 8 Kesseln a 350 Liter Inhalt, 2 grosse Sparherde, 1 Backofen für Mehlspeisen, Küchenapparate, Fleischhauerei und Zugehör
3 Übergabebaracken: für die Übergabe der Speisen aus der Küche in die Baracken, mit 2 Desinfektoren für die Desinfizierung der Bestecke, Termoforen etc.
1 „unreine“ Wäscherei: für infizierte Wäsche mit Desinfektionsstation; mit Kesselhaus und Verbrennungsofen. Eingerichtet für 8.000 kg trockene Wäsche in 12 Stunden, 3 Dampfdesinfektoren, 1 Formalindesinfektor, für 6.000 Kleider und Wäsche in 12 Stunden,
Sortierraum, Einweichbottiche, Zentrifugalmaschinen, Kulissen, Trockenkammern, Mangel und Bügelstuben. – Das Seifenwasser wird in unterirdischen Behältern filtriert und neu benützt. Verbrennungsofen für die Verbrennung der Abfälle und des Kehrichtes und die Desinfizierung der Kehrichtsgefässe.
1 Trockenkammer bei der Infektionswäscherei zum Wäschetrocknen in der freien Luft
1 Benzin-Magazin
1 Kleider- und Wäsche-Magazin
1 Matratzen-Magazin
1 Wohngebäude für das Wäschereipersonal: 8 Zimmer a 5 Betten = 40 Personen, 2 Zimmer a 1 Bett = 2 Personen (gesamt 42 Personen)
1 Gebäude für männliches Arbeitspersonal: 12 Zimmer zusammen mit 50 Betten
1 Gebäude für weibliches Arbeitspersonal
3 Kohlenmagazine: 1 für die Küche , 1 für die Wohnungsbaracken, 1 für die Spital- und Aufnahme-Gebäude
1 Speisemagazin: für die Küche
1 Beamten-Wohngebäude: mit 17 Zimmern für 17 Beamte, 2 Zimmern für 1 Verwalter, 2 Zimmern für 4 Dienstboten (zus.: 22 Personen)
2 Wohngebäude für Ärzte: 13 Zimmer für 13 Ärzte, 3 Wohnungen für 3 Ärzte (Primarius, Sekundarius + Assistent), 2 Zimmer a 4 Dienstboten (zusammen 20 Personen; daher in 2 Gebäuden 40 Personen)
2 Wohngebäude für Pflegerinnen: in einem Gebäude 43 Zimmer a 2 Betten = 86 Personen, 1 Zimmer a 3 Betten = 3 Personen, 2 Zimmer a 1 Person = 2 Personen (gesamt in einem Gebäude 91 Personen, in zwei Gebäuden 182 Personen)
1 Administrationsgebäude: mit Telefonzentrale der I. Gruppe
1 Werkstättengebäude: für die Erhaltung der Baracken, Werkstätten für Tischler, Schlosser, Klempner, Installateure etc.
3 gemauerte Kehrichtgruben
1 Kaserne für 80 Mann
1 Wachstube mit Gefängnis: Wachstube für 14 Mann; Gefängnis für 6 isolierte Sträflinge, für 5 gemeinschaftliche Sträflinge
Klär- Kanaliserungsgruben: mit Desinfektionsstation System „Dittler“
1 Schupfen für Gartengeräte: bei dem „unreinen“ Geleise
Foto: Reinhard Mundschütz
Zum Betrieb des Spitals 1916 lesen Sie bitte auch folgende Artikel:
Aus der k. u. k. Verwundeten- und Krankenstation in Pardubitz http://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno?aid=vlz&datum=19160704&seite=2&zoom=33&query=%22pardubitz%22&provider=P02&ref=anno-search
Neuverpachtung der Kantine – Ausschreibung http://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno?aid=pab&datum=19161009&seite=8&zoom=33&query=%22pardubitz%22&provider=P02&ref=anno-search
Das Riesenmilitärspital in Pardubitz http://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno?aid=tsa&datum=19161021&seite=4&zoom=33&query=%22pardubitz%22&provider=P02&ref=anno-search
Text: Reinhard Mundschütz