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„1. Weltkrieg & Medizin“ [30]: Das Reservespital Nr. 2 in Pardubitz / Pardubice in Böhmen 1914 – 1918 (Teil 3.1)

Das Reservespital Nr. 2 in PARDUBITZ / PARDUBICE in Böhmen 1914 – 1918

Teil 3.1 – Das Barackenspital im Frühjahr 1916 aus der „Sicht des Militärs“

Anlässlich der Übergabe des Barackenspitals an die Heeresverwaltung im Juli 1916 war im Frühjahr ein genaues Verzeichnis aller Objekte angelegt und eine detailgetreue Beschreibung der Anlage angefertigt worden.

Lesen Sie hier bitte aus der „Baubeschreibung der k. u. k. Kranken- und Verwundetenstation in Pardubitz“:

Pardubitz-09-VS-W-LukanFoto: Prof. Dr. Walter Lukan; Bild oben links: Blick auf ein Aufnahmegebäude und auf die Abteilungen II und III; Bild oben rechts: Krankenbaracken – im Hintergrund ein Feuerwehrturm; Bild mitte: Gesamtansicht; Bild unten links: Inneres einer Spitalsbaracke; Bild unten rechts: Aufnahmegebäude

„Das ganze Spital ist in fünf Abteilungen (I, II, III, IV, V) eingeteilt, von denen jede eine besondere Gruppe für die Verwaltung, Wirtschafts- und Wohngebäude besitzt.

Plan1_PardubitzFoto: Josef Paroulek 1917

Zur leichteren Orientierung in der Anlage sind für die Bezeichnung der einzelnen Abteilungen verschiedene Farben eingeführt und zwar:

I. Abteilung VIOLETT
II. Abteilung GRÜN
III. Abteilung ROT
IV. Abteilung BLAU
V. Abteilung GELB

Diese Farben sind an allen Krankenbaracken und zugehörigen Verwaltungsgebäuden angebracht.

Das Barackenspital ist mit dem Bahnhof mittels zwei Geleisen verbunden. Das „unreine“ Geleis dient zum Transport der verwundeten und kranken Soldaten in das Krankenhaus. Das zweite – „reine“ Geleis -dient zur Beförderung von genesenen Soldaten aus dem Spital, sowie zum Transport von Nahrungsmitteln, Kohle und sonstigen Materialien.

Die einzelnen Abteilungen sind untereinander durch doppelte Drahtzäune abgetrennt.

Die Anzahl der Betten für kranke und verwundete Soldaten in den einzelnen Abteilungen sind nach dem Stande vom 1. Mai 1916 wie folgt:

I. Abteilung : 2.032 Krankenbetten
II. Abteilung: 1.688 Krankenbetten
III. Abteilung: 1.690 Krankenbetten
IV. Abteilung: 1.900 Krankenbetten
V. Abteilung: 1.900 Krankenbetten
Zusammen: 9.210 Krankenbetten

Der ganze Komplex des Barackenspitales besitzt eine eigene Kanalisation, welche an die Kanalisation der Stadt Pardubitz angeschlossen ist.

Nutz- zugleich Trinkwasser ist in allen Baracken und Gebäuden eingeführt. In den Gassen sind Feuerhydranten aufgestellt.

Das Wasser wird teils aus dem Wasserwerk der Stadt Pardubitz, teils aus einer eigenen Wasserbeschaffungsanlage bezogen. Aus ersterer werden ca. 500 bis 600 Kubikmeter täglich geliefert. Der restliche Bedarf, ca. 1000 bis 1200 Kubikmeter, wird von der eigenen Wasserleitung gedeckt.

Elektrische Beleuchtung ist in sämtlichen Baracken eingeführt. Ebenso sind alle Straßen und Wege im Spital elektrisch beleuchtet. Der Strom wird von der „elektrischen Zentrale“ der Stadt Pardubitz, die zu diesem Zwecke entsprechend erweitert wurde, geliefert. Für die Notbeleuchtung der Trottoire und Straßen sind überdies 50 Kandelaber mit Petroleumlampen aufgestellt.

Die Heizung erfolgt in allen Baracken mittels gusseisernen Öfen.

Für Fuhrwerke, Autos etc. sind mit Sturzpflaster versehene Straßen von 3-4-5 m Breite in einer Gesamtlänge von ca. 6.000 m angelegt worden. Für Fußgänger wurden mit Schlackenziegel gepflasterte Trottoire oder mit Schlacken gestampfte Fußsteige zwischen den Baracken geschaffen.

Pardubitz-05-VSFoto: Reinhard Mundschütz;

Der Brandschutz wird durch die ständige Feuerwehr der Station ausgeübt. Drei Feuerwehrtürme 25 m hoch, zwischen den Baracken aufgebaut und mit oberem Wächterhäuschen versehen, ermöglichen eine leichte Übersicht über die ganze Station.

Pardubitz2
Foto: Reinhard Mundschütz; Blick auf ein Aufnahmegebäude, im Hintergrund sieht man einen der drei Feuerwehrtürme

Die Wächterhäuschen auf den Feuerwehrtürmen sind telefonisch mit den in der ersten Etage der drei Türme sich befindlichen Wachstuben sowie auch mit jenen auf dem Bahnhofe und in der Stadt verbunden.

Unter den Wachstuben in der ersten Etage befindet sich im Erdgeschosse des Turmes ein Schupfen für Feuerwehrrequisiten, Wickelmaschinen und Schläuche.“

In der Folge lesen Sie hier noch die detaillierte Beschreibung der Gebäude der I. Abteilung:

„I. Abteilung                  2.032 Krankenbetten

8 Beobachtungsbaracken (Nr. 1-8): Mit Zäunen untereinander isoliert. Jede Baracke hat 9 isolierte Einzelzimmer mit separatem Bad und Kloset und 1 Zimmer mit Bad und Kloset für die Pflegerin (zusammen also für 72 Soldaten und 8 Pflegerinnen).

Plan_Pardubitz

42 Spitalsbaracken Nr. 1 bis 42, hievon 1 Baracke (Nr. 7) für Offiziere mit 10 Krankenbetten (in isolierten Zimmern)

10 Baracken für epidemische und venerische Krankheiten: mit Zäunen isoliert, a 50 Krankenbetten, zusammen 500 Betten und zwar Baracken Nr. 8,9,10,11,30,31,32,33,34 und 35

1 Baracke für Verbandzwecke (Nr. 21)

1 Kapelle (katholisch) und Lesehalle : in der Baracke Nr. 22 untergebracht.

29 gewöhnliche Krankenbaracken: für verwundete und kranke Soldaten, mit je 50 Betten, zusammen 1.450 Krankenbetten

1 Empfangsgebäude: mit Wartehallen, Teeküchen, Aborte und Bäder und zwar:

14 Wannen und Duschen in Kabinen

12 Wannen und Duschen in der Halle

12 Duschen in der Halle

8 Fußbäder

Padubitz_07Foto: Reinhard Mundschütz; Blick auf das Empfangsgebäude; hier wurden Infektionsverdächtige und –kranke aufgenommen und erstversorgt

Ein Operationspavillon (für Infektionskrankheiten) enthält:

2 Operationssäle mit Sterilisationsraum, Wartesaal mit Narkose, Raum für Röntgenisierung, Raum für Ärzte, Krankenwärterinnen und Zugehör

1 Veranda für Tragbahren bei Operationen

1 Bakteriologische Station und Seziersaal, nebst Leichenkammer für infektiöse Krankheiten, umfasst: 1 großen Seziersaal, Laboratorium, Arbeitszimmer und Wohnungen für die Bakteriologen, Wohnung für Diener und Zugehör, sowie ein Raum für die Ausfertigung der Begräbnisse.

1 Gebäude für die Vivisektion

1 Durchgangsgebäude mit Apotheke mit 20 Duschen

1 Entlassungshaus mit 10 Wannen und 8 Duschen

1 Küche mit 8 Kesseln a 350 Liter Inhalt, 2 grosse Sparherde, 1 Backofen für Mehlspeisen, Küchenapparate, Fleischhauerei und Zugehör

3 Übergabebaracken: für die Übergabe der Speisen aus der Küche in die Baracken, mit 2 Desinfektoren für die Desinfizierung der Bestecke, Termoforen etc.

1 „unreine“ Wäscherei: für infizierte Wäsche mit Desinfektionsstation; mit Kesselhaus und Verbrennungsofen. Eingerichtet für 8.000 kg trockene Wäsche in 12 Stunden, 3 Dampfdesinfektoren, 1 Formalindesinfektor, für 6.000 Kleider und Wäsche in 12 Stunden,

Sortierraum, Einweichbottiche, Zentrifugalmaschinen, Kulissen, Trockenkammern, Mangel und Bügelstuben. – Das Seifenwasser wird in unterirdischen Behältern filtriert und neu benützt. Verbrennungsofen für die Verbrennung der Abfälle und des Kehrichtes und die Desinfizierung der Kehrichtsgefässe.

1 Trockenkammer bei der Infektionswäscherei zum Wäschetrocknen in der freien Luft

1 Benzin-Magazin

1 Kleider- und Wäsche-Magazin

1 Matratzen-Magazin

1 Wohngebäude für das Wäschereipersonal: 8 Zimmer a 5 Betten = 40 Personen, 2 Zimmer a 1 Bett = 2 Personen (gesamt 42 Personen)

1 Gebäude für männliches Arbeitspersonal: 12 Zimmer zusammen mit 50 Betten

1 Gebäude für weibliches Arbeitspersonal

3 Kohlenmagazine: 1 für die Küche , 1 für die Wohnungsbaracken, 1 für die Spital- und Aufnahme-Gebäude

1 Speisemagazin: für die Küche

1 Beamten-Wohngebäude: mit 17 Zimmern für 17 Beamte, 2 Zimmern für 1 Verwalter, 2 Zimmern für 4 Dienstboten (zus.: 22 Personen)

2 Wohngebäude für Ärzte: 13 Zimmer für 13 Ärzte, 3 Wohnungen für 3 Ärzte (Primarius, Sekundarius + Assistent), 2 Zimmer a 4 Dienstboten (zusammen 20 Personen; daher in 2 Gebäuden 40 Personen)

2 Wohngebäude für Pflegerinnen: in einem Gebäude 43 Zimmer a 2 Betten = 86 Personen, 1 Zimmer a 3 Betten = 3 Personen, 2 Zimmer a 1 Person = 2 Personen (gesamt in einem Gebäude 91 Personen, in zwei Gebäuden 182 Personen)

1 Administrationsgebäude: mit Telefonzentrale der I. Gruppe

1 Werkstättengebäude: für die Erhaltung der Baracken, Werkstätten für Tischler, Schlosser, Klempner, Installateure etc.

3 gemauerte Kehrichtgruben

1 Kaserne für 80 Mann

1 Wachstube mit Gefängnis: Wachstube für 14 Mann; Gefängnis für 6 isolierte Sträflinge, für 5 gemeinschaftliche Sträflinge

Klär- Kanaliserungsgruben: mit Desinfektionsstation System „Dittler“

1 Schupfen für Gartengeräte: bei dem „unreinen“ Geleise

Pardubitz-08-VSFoto: Reinhard Mundschütz

Zum Betrieb des Spitals 1916 lesen Sie bitte auch folgende Artikel:

Aus der k. u. k. Verwundeten- und Krankenstation in Pardubitz http://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno?aid=vlz&datum=19160704&seite=2&zoom=33&query=%22pardubitz%22&provider=P02&ref=anno-search

Neuverpachtung der Kantine – Ausschreibung http://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno?aid=pab&datum=19161009&seite=8&zoom=33&query=%22pardubitz%22&provider=P02&ref=anno-search

Das Riesenmilitärspital in Pardubitz http://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno?aid=tsa&datum=19161021&seite=4&zoom=33&query=%22pardubitz%22&provider=P02&ref=anno-search

Text: Reinhard Mundschütz

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„1. Weltkrieg & Medizin“ [28]: Das Reservespital Nr. 2 in Pardubitz / Pardubice in Böhmen 1914 – 1918 (Teil 2)

Das Reservespital Nr. 2 in PARDUBITZ / PARDUBICE in Böhmen 1914 – 1918

Folge 2 – Teileröffnung im Frühjahr 1915, Beschreibung und Aufgaben des Spitals aus „journalistischer Sicht“

Die (Teil)Eröffnung des Spitals wurde in einem sehr umfangreichen und äußerst informativen Artikel in der Morgenausgabe des Prager Tagblattes vom Dienstag, den 20. April 1915 angekündigt.

Lesen Sie hier bitte den Artikel in vollem Umfang:

Das größte Militär-Barackenspital am Kontinent – 10.000 Betten im Pardubitzer Barackenspital

Im Laufe der nächsten Tage wird in Pardubitz die letzte Abteilung des Militärbarackenkrankenhauses fertiggestellt werden. Es ist das größte Barackenspital am Kontinent und wird nicht weniger als 10.000 Betten umfassen. Das Krankenhaus ist als Quarantänestation gedacht und auch dementsprechend zweckmäßig ausgestattet.

Das Spital wird sämtliche verwundeten und erkrankten Soldaten, die vom Kriegsschauplatze nach Böhmen transportiert werden, aufnehmen und dort werden die Soldaten eine mehrtägige Quarantäne durchmachen, um festzustellen, ob sie nicht mit einer infektiösen Krankheit, die der Krieg mit sich bringt, behaftet sind. Falls bei einem Soldaten eine solche Krankheit festgestellt ist, wird er in die Infektionsabteilung des Krankenhauses bis zu seiner Wiederherstellung aufgenommen. Die nicht infizierten Soldaten kommen in die sogenannte „reine Abteilung“ und von dort werden sie nach einer gewissen Zeit in die gewöhnlichen Krankenhäuser des Hinterlandes geschafft. Das Pardubitzer Barackenspital hat also die derzeit wichtigste Aufgabe, eine Ausbreitung verschiedener Epidemien unter der Zivilbevölkerung des Landes zu verhindern und man ist fest überzeugt, daß die zweckmäßige Einrichtung dieses Krankenhauses einen vollen Erfolg dieser Aufgabe verbürgt.

Das Spital wurde anfangs Dezember 1914 in kleinem Maßstabe dem Betriebe übergeben und später umfasste es 13 Abteilungen mit 2200 Betten. In der Quarantänestation sind derzeit 20 Ärzte beschäftigt; das Spital hat auch seine eigene bakteriologische Station. Durch die Vollendung des Barackenlagers wird die Pardubitzer Quarantänestation eine ganz andere Gestaltung erhalten.

Die Baracken sind auf den Gründen des ehemaligen Exerzierplatzes auf einer Fläche von 800.000 Quadratmeter aufgestellt.

Pardubitz_Karte

Die Länge der Hauptstraße der Station beträgt 1200 Meter, die Breite 800 Meter. Auf dieser Riesenfläche stehen 206 Baracken und 125 andere administrative Gebäude, so zum Beispiel die Wohnungen der Ärzte, der Krankenpflegerinnen, des Dienstpersonals, eine Kaserne für die Soldaten, die Apotheke, die Operationssäle.

Die Totenkammern, Verbrennungsöfen, diverse Werkstätten, Bäckereien etc. Die Quarantänestation besteht aus zwei Abteilungen und zwar einer Abteilung für Gesunde und einer Abteilung für Kranke. Die Abteilung für Gesunde ist durch einen Schienenstrang mit dem Pardubitzer Bahnhofe verbunden. In der Abteilung für Gesunde sind auch die administrativen Zentralämter, ein selbständiges Bahnamt, ein eigenes Post- und Telephonamt für die Quarantänestation untergebracht.

Die Krankenabteilung besteht aus 206 Baracken, von denen eine jede fünfzig Betten besitzt, so daß im ganzen in der Station insgesamt 10.000 und im Notfalle auch mehr untergebracht werden können. Diese Baracken sind in fünf selbständige Abteilungen eingeteilt und zu diesen führt vom Bahnhofe ein zweiter Schienenstrang.

Die erste Abteilung, die dem Pardubitzer Bahnhofe am nächsten liegt, ist für die Infektionskranken bestimmt. Die zweite Abteilung ist fakultativ, das heißt, es werden dort, wenn notwendig, auch Soldaten, die mit Infektionskrankheiten behaftet sind, untergebracht; die weiteren 3 Abteilungen sind für verwundete und kranke Soldaten bestimmt, die dort wenigstens sechs Tage oder – da bei Flecktyphus die Inkubationsfrist zwanzig Tage dauert – auch länger verbleiben. Jede Abteilung ist durch Drahtzäune abgesperrt und bildet ein selbständiges Ganzes; sie hat eine eigene Bahnstation, ihre eigene Verwaltung, ihre Ärzte und Pflegerinnen, eine eigene Apotheke, einen Verbrennungsofen für Abfälle und amputierte Glieder. Die Abteilung für Nichtinfektiöse hat einen gemeinsamen Operationssaal, während die Infektionsabteilung und die fakultative Abteilung jede für sich einen eigenen Operationssaal besitzt. Die Isolierung ist so streng durchgeführt, daß selbst die Speisen in jeder einzelnen Abteilung hergestellt werden.

Ein sehr wichtiges Problem bildet auch die Lebensmittelversorgung dieser großen Station. Bei vollem Belag dürfte die Station täglich etwa 13 schwere Ochsen konsumieren. Die Erzeugung von Brot wird in der Station selbst besorgt und zu diesem Zwecke wird in der Station eine eigene Bäckerei errichtet.

Der Aufwand für das Barackenlager ist auf etwa 12 Millionen Kronen berechnet. Nicht weniger als 5.000 Arbeiter und Gewerbetreibende haben an der Errichtung dieses großen Barackenlagers mitgearbeitet. Das Barackenlager wird zwei eigene bakteriologische Institute haben und als Chefoperateur wird Prof. Dr. JEDLICKA aus Prag fungieren.

[[zur Biografie Rudolf JEDLICKA`s lesen sie bitte https://de.wikipedia.org/wiki/Rudolf_Jedli%C4%8Dka
http://www.biographien.ac.at/oebl/oebl_J/Jedlicka_Rudolf_1869_1926.xml
und in tschechischer Sprache
https://www.upmd.cz/rudolf-jedlicka/ ]]

Die Sichtung der vom Kriegsschauplatze eingetroffenen Soldaten erfolgt im ersten Aufnahmebahnhof, der auf dem sogenannten Infektionsschienenstrange gelegen ist. Es ist dies ein großes Gebäude mit gedecktem Perron, wo eigene Zimmer für Ärzte und Pflegerinnen, ein Teehaus und eine große Anzahl von Badegelegenheiten untergebracht sind. Jeder Soldat wird nach der Auswaggonierung sofort gesäubert und gebadet, sodann von den Ärzten untersucht und nach Sicherstellung der Erkrankung in die diesbezügliche Abteilung gebracht. Die verdächtigen Fälle werden zuerst in die ganz isolierten Expektorationsräume gebracht, wo für 80 Personen Platz ist. Für sichergestellte Cholera- und Flecktyphuserkrankungen ist auf diesem Bahnhofe eine eigene Abteilung errichtet.

In jeder der fünf Barackenabteilungen werden 25 Ärzte, 150 Pflegerinnen und 150 Administrationsbeamte usw. tätig sein, insgesamt werden in der Barackenstation 125 Ärzte, 750 Pflegerinnen beschäftigt sein. Vor jeder Abteilung ist außerdem eine Kaserne für eine Bedeckungsmannschaft von 80 Soldaten errichtet.

Das Barackenlager hat auch eine eigene Feuerwehr, der drei 20 Meter hohe Observationstürme, durch Telephon mit der Zentral- und Administrationsleitung verbunden, zur Verfügung stehen. In jeder Abteilung werden auch Minimaxapparate
[[= tragbarer Feuerlöscher Minimax; siehe folgenden Link http://www.technischesmuseum.at/objekt/feuerloeschapparat-minimax-handfeuerloescher-mit-stoszknopf-um-1930 ]] aufgestellt.

Die Küchen und Waschhäuser der Barackenstation sind den gegebenen Umständen angemessen in riesengroßen Dimensionen gehalten. Jede Küche hat zwei große Küchenöfen, 16 Kessel für je 400 Liter Wasser und eine Gefrier- und Kühlanstalt. Die Waschhäuser sind für das tägliche Waschen von 10.000 Kilogramm infizierte und 8.000 Kilogramm reine Wäsche eingerichtet. Die Wäsche der Ärzte und der Pflegerinnen wird in einer eigenen Abteilung gewaschen. Bei jeder Wäscherei gibt es auch Desinfizierungsapparate.

Die Kanalisierung und die Wasserleitung der Barackenstation sind ebenfalls in großartiger Weise eingerichtet worden. Die Länge der Kanalisierung beträgt etwa 45 Kilometer. Das Barackenlager hat eine eigene Wasserleitung. Es wurde Vorsorge getroffen, daß die Abfälle aus der Kanalleitung der Barackenstation, bevor sie in die Leitung der städtischen Kanalisierung kommen, desinfiziert werden.

Außer drei modern eingerichteter Operationssäle hat die Station zwei Seziersäle, zwei Totenkammern und einen selbständigen Friedhof, der neben dem städtischen Friedhof hinter Pardubitz auf einer Grundfläche von 14 Strich [alte Bezeichnung für: streifenartiger, schmaler Teil eines bestimmten Gebietes] errichtet wurde.

Text: Reinhard Mundschütz

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„Österreich liest. Treffpunkt Bibliothek“ – Ausstellung zur Van Swieten Blogserie: „1. Weltkrieg & Medizin“ [27]: K. u. k. Reservespital Nr. 2 in Pardubitz („größtes Militär-Barackenspital am Kontinent“*)

liest_2015

Die Universitätsbibliothek beteiligt sich auch heuer wieder an

„Österreich liest. Treffpunkt Bibliothek“,

dem größten Literaturfestival des Landes.

Im Lesesaal der Universitätsbibliothek können Sie

12 Darstellungen zum k. u. k. Reservespital Nr. 2 in Pardubitz

besichtigen.

Dauer der Ausstellung: 19.10.2015 bis 18.02.2016

zu den Öffnungszeiten der Universitätsbibliothek

Das Reservespital Nr. 2 in Pardubitz / Pardubice  in Böhmen 1914 – 1918

Reservespitäler waren Teil der sogenannten „stabilen Sanitätsanstalten“  des Hinterlandes, die im Mobilisierungsfall von der k. u. k. Armee zur medizinischen Versorgung der Verwundeten eingerichtet wurden.

Als „Barackenspital“ in der „Beobachtungsstation“ (für  Infektionskranke und -verdächtige Soldaten aus Galizien) in der Stadt Pardubitz von November 1914 bis Mitte des Jahres 1915 errichtet, wurde das Spital im August 1916 als „Reservespital Nr. 2“ in die Sanitätsverwaltung des Militärs übernommen.

In der am 20. April 1915 im Prager Tagblatt als „größtes Militär-Barackenspital am Kontinent“ bezeichneten Anlage, standen zur Behandlung der Soldaten 10.000 Betten zur Verfügung (Einwohnerzahl von Pardubitz: ca. 20.000).

206 Krankenbaracken (mit je 50 Betten), dazu noch weitere 159 administrative Gebäude waren auf einem 80 Hektar großen ehemaligen Exerzierplatz der Armee südlich des Bahnhofs der Stadt errichtet worden.

1915 bis Mitte 1916 nur schwach ausgelastet, stieg die Anzahl der hier untergebrachten verwundeten Soldaten in den Folgejahren stetig an, um erst nach dem Ausscheiden Russlands aus dem Krieg (3. März 1918) wieder abzunehmen. Eine zahlenmäßig große Gruppe der hier Versorgten waren türkische Soldaten, die als Verbündete Österreich-Ungarns und des Deutschen Reiches gegen Russland gekämpft hatten.

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„1. Weltkrieg & Medizin“ [26]: Das Reservespital Nr. 2 in Pardubitz / Pardubice in Böhmen 1914 – 1918 (Teil1)

Das Reservespital Nr. 2 in Pardubitz / Pardubice in Böhmen 1914 – 1918

Folge 1 – Errichtung einer „Beobachtungsstation“ in PARDUBITZ 1914 und Bau eines „Kriegsnotspitals“ 1914/1915

Um die Spitäler von Wien und Umgebung von Infektionskranken zu entlasten, ordnete das k. u. k. Kriegsministerium in Wien im September 1914 nach Rücksprache mit dem k. k. Ministerium des Innern folgende Maßnahmen an:

Infektionskranke und -verdächtige Soldaten aus Galizien sollten zunächst in bestimmte Orte Böhmens, Schlesiens, Mährens und Nordungarns gebracht werden und dort 5 Tage ärztlich beobachtet werden, bevor die Weiterbeförderung entweder in ein Spital der Verwaltungsgebiete oder nach Wien erfolgen sollte.

Bei der 5-tägigen Beobachtung handelte es sich aber nicht um eine eigentliche Quarantäne, sondern vielmehr um eine „sanitäre Sortierung“.

Im Zuge dieser Maßnahmen wurde für Böhmen am 9. November 1914 durch Erlass des k. u. k. Kriegsministeriums die Errichtung von 4 Beobachtungsstationen für Verwundeten- und Krankentransporte in vier Städten Mittel- und Ostböhmens angeordnet und zwar in:

CASLAU
https://de.wikipedia.org/wiki/%C4%8C%C3%A1slav

CHRUDIM
https://de.wikipedia.org/wiki/Chrudim

KOLIN
https://de.wikipedia.org/wiki/Kol%C3%ADn

PARDUBITZ
https://de.wikipedia.org/wiki/Pardubice

Für „die Leitung des Betriebes jeder Beobachtungsstation wurde ein landesfürstlicher Kommissär bestellt und diesem ein landesfürstlicher Amtsarzt zugewiesen. Dem landesfürstlichen Kommissär oblag im Einvernehmen mit dem Militärstationskommandanten und unter Mitwirkung des zugeteilten landesfürstlichen Amtsarztes, sowie des zustehenden Gemeindevorstehers die Oberaufsicht über sämtliche stabile und provisorische Anstalten, sowie sonstige Unterkünfte des Stationsortes für Verwundete und zwar mit Einschluss der Militärsanitätsanstalten und sonstiger militärischer Objekte.“

Das Militärkommando hatte auf die Errichtung der im Militärkommandobereiche aufgestellten Beobachtungsstationen keinerlei Einfluss.

Obwohl die Bevölkerung der Stadt PARDUBITZ nicht erfreut war, dass auf ihrem Gebiet eine Beobachtungsstation eingerichtet wurde, waren folgende Objekte für die Unterbringung ausgewählt worden:

  • Die Kavallerie- Kaserne
  • Die k. k. Staatsgewerbeschule
  • Die Schule „na Skrivanku“
  • Die Schule „u Kostelicka“
  • Die Zwangsarbeitsanstalt
  • Der Isolierpavillon beim Bezirkskrankenhaus
  • Die Aufnahmshalle in der Eisenbahnstation

Da der Landesverwaltung von Böhmen die Aufnahmekapazität in der Station PARDUBITZ zu gering schien, entschloss sie sich zusätzlich ein Barackenspital zu errichten.

Ende November 1914 wurde zu diesem Zweck ein Konsortium von Firmen aus PRAG und PARDUBITZ gebildet, an dessen Spitze der Prager Architekt Joseph PAROULEK stand. PAROULEK ist auch der Verfasser einer 1917 erschienenen Publikation mit dem Titel:

Barakenstadt des k. u. k. Kriegsspitals in Pardubitz: Entstehung, Beschreibung und humaner Zweck der grossen Unternehmung der Kriegsfürsorge 1914-1915 / [verfasst von Josef Paroulek ; herausgegeben vom Emil Šolc]; Publiziert [Pardubitz : Konsorcium für den Ausbau des Kriegsnotspitals in Pardubitz];

vorhanden in der Österreichischen Nationalbibliothek in Wien

http://search.obvsg.at/primo_library/libweb/action/search.do?fn=search&ct=search&initialSearch=true&mode=Basic&tab=default_tab&indx=1&dum=true&srt=rank&vid=ONB&frbg=&tb=t&vl%28freeText0%29=paroulek&scp.scps=scope%3A%28%22ONB%22%29&vl%281UI0%29=contains

Parulek

Da die Beobachtungsstationen mit „größter Beschleunigung“ eingerichtet werden sollten (aufgrund eines Erlasses des k. k. Ministeriums des Innern), wurde mit dem Bau noch im Winter 1914 begonnen.

Es sollte allerdings mehr als ein Jahr dauern, bis das „Kriegssnotspital“ den Betrieb in vollem Umfang aufnehmen konnte.

Die Gründe dafür führte die k. k. Statthalterei in Böhmen in einem Schreiben vom 13. Mai 1915 an das k. k. Ministerium für Landesverteidigung in Wien wie folgt an: „ Diese Anlage, deren Fertigstellung durch die ungünstige Jahreszeit, durch fortwährende militärische Einberufungen von Arbeitern, durch Schwierigkeiten in der Zufuhr der großen Massen von Baumaterial etc. verzögert wurde, nähert sich nunmehr ihrer Vollendung, so dass mit der teilweisen Betriebseröffnung noch in der zweiten Hälfte Mai gerechnet werden kann.“

Tatsächlich konnte das Spital den Vollbetrieb erst Mitte des Jahres 1916 aufnehmen, nachdem es unter militärische Verwaltung gestellt worden war.

Zur Geschichte des Barackenspitals 1914 – 1918 sehen sie bitte die Arbeit von Petr Horák: VOJENSKÁ KARANTÉNA V PARDUBICÍCH 1914-1918. Pardubice 2009 (in tschechischer Sprache mit englischer Zusammenfassung) https://dk.upce.cz/bitstream/handle/10195/34983/HOR%c3%81KP_VK_TJIRANEK_2009.pdf?sequence=1&isAllowed=y

Zur Anwerbung der Ärzte, Schwestern und Verwaltungspersonal wurden bereits am 2. November 1914 Inserate im Prager Abendblatt aufgegeben:   http://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno?aid=pab&datum=19141102&seite=8&zoom=33&query=%22krankenstationen%22&provider=P02&ref=anno-search

23 sehenswerte Fotos aus dem Archiv Východočeského muzea Pardubice (mit tschechischer Beschriftung) finden sie unter:
http://pardubicky.denik.cz/galerie/g-vystavba-karantena-1915-pce.html?mm=5971854

Text: Reinhard Mundschütz

„1. Weltkrieg & Medizin“ [25]: 137.000 Kriegsflüchtlinge aus Galizien und der Bukowina in Wien, 24.394 in der Steiermark, 59.863 in Niederösterreich – Das Flüchtlingshilfswerk Anitta Müller und das Kinderwaisenheim Wien-Baumgarten

137.000 Kriegsflüchtlinge aus Galizien und der Bukowina in Wien, 24.394 in der Steiermark, 59.863 in Niederösterreich – Das Flüchtlingshilfswerk Anitta Müller und das Kinderwaisenheim Wien-Baumgarten

Walter Mentzel

Während des Ersten Weltkrieges war die österreichisch-ungarische Monarchie mit Massenfluchtbewegungen aus den Kriegsgebieten und Grenzregionen im Nordosten (Galizien und die Bukowina) und ab dem Mai 1915 im Südwesten (Trentino, Görz-Gradisca) konfrontiert. Ein großer Teil dieser Kriegsflüchtlinge waren Zwangsevakuierte, die von der k.u.k. Armee ausgewiesen worden waren. Andere flüchteten vor den unmittelbaren Kriegseinwirkungen, wegen der Zerstörungen der Lebensgrundlagen und vor dem drohenden Hungertod. Zahlreiche Zivilisten wurden Opfer von Vertreibungen, weil sie verdächtigt wurden mit dem Feind zu konspirieren, oder weil sie als „sanitäre“ Belastung und „unnütze Esser“ definiert wurden. So befanden sich im Sommer 1915 zirka 650.000 registrierte Flüchtlinge im den heutigen Bundesländern Wien, Niederösterreich, Oberösterreich und der Steiermark und auf dem Gebiet der heutigen Tschechischen Republik unter der Obhut der „Flüchtlingsverwaltung“. Davon lebten zirka 150.000 in Barackenlagern, die, wie in Gmünd/Niederösterreich, Leibnitz/Steiermark oder Chotzen/Böhmen bis zu je 25.000 Menschen beherbergten und während des Kriegs zu „Flüchtlingsstädten“ ausgebaut wurden. Darüber hinaus lebten hunderttausende weiterhin in den Kriegsgebieten als „namenlose“ Opfer des Krieges versteckt in Wäldern, auf freiem Feld oder in völlig überfüllten kleinen Gemeinden geduldet und von Abschiebungen bedroht. Insgesamt dürfte die Zahl der Vertriebenen weit über eine Million Menschen betragen haben. In Wien waren bis Oktober 1914 binnen weniger Wochen 137.000 Flüchtlinge angekommen, die zumeist in Elendsquartieren lebten.

Lit: Mentzel Walter, Kriegserfahrungen von Flüchtlingen aus dem Nordosten der Monarchie während des Ersten Weltkrieges, in: Bachinger Bernahrd/Dornik Wolfram (Hg.), Jenseits des Schützengrabens. Der Erste Weltkrieg im Osten: Erfahrungen – Wahrnehmungen – Kontext, (= Veröffentlichung des Ludwig Boltzmann-Institutes für Kriegsfolgen-Forschung, Sonderband 14), Innsbruck-Wien-Bozen, 2013, S. 359-390.

Link: http://verein-netzwerk-historiker.blogspot.co.at/p/kriegsfluchtlinge-im-ersten-weltkrieg.html

In der Teilbibliothek für Geschichte der Medizin befinden sich Bücher zweier AutorInnen, die einen Ausschnitt der Flüchtlingsfürsorge im Ersten Weltkrieg behandeln: Anitta Müller und Siegfried Bernfeld.

Tätigkeits- und Rechenschafts-Bericht der Wohlfahrtsorganisation der Frau Anitta Müller für Flüchtlinge aus Galizien und der Bukowina“, Wien 1918.

(Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin, Sign. 24.245)

http://webapp.uibk.ac.at/alo_cat/card.jsp?id=8652677&pos=0&phys=

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Abb. 1: Tätigkeits- und Rechenschafts-Bericht der Wohlfahrtsorganisation der Frau Anitta Müller für Flüchtlinge aus Galizien und der Bukowina“, Wien 1918.

Anitta Müller (nach ihrer zweiten Heirat 1921 – Anitta Müller-Cohen), geborene Rosenzweig, wurde am 6. Juni 1890 in Wien geboren und war in Wien seit Beginn des Krieges als Sozialarbeiterin und später als Politikerin tätig. Vor dem Krieg engagierte sie sich im „Allgemeinen Österreichischen Frauenverein“.

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Abbildung 2: Anitta Müller, aus: Sport und Salon. Illustrierte Zeitschrift für die vornehme Welt, 2.12.1917.

Der Kriegsausbruch bedeutete für sie eine Zensur. Nachdem innerhalb weniger Tage tausende Flüchtlinge aus dem Nordosten der Monarchie Wien erreichten, begann sie in der Flüchtlingsfürsorge tätig zu werden und zwar im Zweiten Wiener Gemeindebezirk Leopoldstadt, wo im Herbst 1914 zirka 37.000 jüdische Kriegsflüchtlinge auf engsten Raum lebten.

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Abb. 3: Flüchtlingsheim, Wien 17., Hernalser Hauptstraße 75, aus: Frei Bruno, Jüdisches Elend in Wien, Wien-Berlin 1920.

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Abb. 4: Flüchtlingsheim, Wien 20., Karajangasse 15, aus: Frei Bruno, Jüdisches Elend in Wien, Wien-Berlin 1920.

Hier schuf sie Anfang 1914 die nach ihr benannte „Wohlfahrtseinrichtung der Frau Anitta Müller für Flüchtlinge aus Galizien und der Bukowina“ aus der zu Kriegsende die „Soziale Hilfsgemeinschaft“ hervorging, die die Erfahrungen, das Organisationswesen und die erworbenen Kompetenzen aus der Arbeit in der Flüchtlingsfürsorge in die Sozialarbeit der Nachkriegszeit überleiten sollte. Bereits 1917 rief sie dazu das sogenannte „Sozialarchiv“ ins Leben, in dem die Arbeiten der Flüchtlingsfürsorge systematisch festgehalten und zur Grundlage künftiger sozialer Reformen genützt werden sollten. Ein Versuch – wie Anitta Müller 1918 als Zielvorstellung beschrieb: „Die soziale Hilfsgemeinschaft will die im Krieg geschaffene Wohlfahrtseinrichtung erhalten und ausbauen und neue für alle Bevölkerungsschichten errichten.“ Leiter dieses Archivs wurde Siegfried Bernfeld.

Nach dem Krieg schuf sie darüber hinaus die „Zentralstelle zur Versorgung jüdischer Kinder im Ausland“, mit der Absicht den in die zerstörten Kriegsregionen zurückgekehrten Kindern weiterhin Unterstützung zukommen zu lassen. Ebenso organisierte sie Erholungsreisen in Europa für zirka 12.000 unterernährte Kinder. 1920 engagierte sie sich zur Rettung und Adoption von Waisenkindern, die als Opfer der Pogrome in der Ukraine völlig schutzlos waren.

Die Finanzierung ihrer Fürsorgeeinrichtungen während des Ersten Weltkrieges in Wien erfolgte durch Spendentätigkeiten von privater Seite und durch Geldzuweisungen von Banken, Gewerbe und Industrie. Anitta Müller organisierte die Zuführung der Flüchtlinge zur medizinischen Versorgung, Essensausspeisungen, Bekleidungsaktionen, Geldunterstützungen, Ferienverschickungen von Kindern und Waisenkinderbetreuung.

In ihren Einrichtungen arbeiteten unentgeltlich Mediziner wie der Primarius Raoul Graf, Julius Weiß (im Mütterheim und Kinderheilstätte), Gertrud Bien, Prof. Ludwig Braun (*1867, +1936), Prof. Salomon Ehrmann (*1854, +1926), Dr. Fritz Frankl, Prof. Hans Lorenz (*1873, +1934 und Primarius Leopold Moll (*1877, +1933), der 1915 die Reichsanstalt für Mütter- und Säuglingsfürsorge an der Kinderklinik Glanzing gründete. Weiters Alexander Porges (1879-1968), Dr. Ludwig Riesz (1859-1926), Max Schwamm (*1877) und in der Säuglingspflege Prof. Marie Diener.

Bereits am 1. September 1914 wurde in der Großen Mohrengasse 5 in Wien II eine Wöchnerinnenfürsorgestelle eingerichtet. Kurz darauf folgten am 20.10.1914 die Eröffnung des Kinderhortes „Praterspatzen“ und am 24.10.1914 die I. Suppen- und Teeanstalt in Wien II Tabortstraße 10. Weiters kam es zur Errichtung der Suppen- und Teeanstalt in Wien II Glockengasse 13, der Säuglingsfürsorge in der Große Mohrengasse 5, eines Mutterheimes in Wien IX Elisabethpromenade 13, einer Arbeiterschule Wien II Taborstraße 9 und einer Kinderheilstätte in der Große Mohrengasse 10.

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Abb. 5: Flüchtlingsausspeisung, aus: Das interessante Blatt, 8.6.1917.

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Abb. 6: Säuglingsfürsorge, aus: Das interessante Blatt, 28.6.1917.

Während des Krieges arbeitete sie intensiv mit der „Zentralstelle der Fürsorge für Flüchtlinge der Stadt Wien“ und nach 1918 mit dem „American Jewish Joint Distribution Committee“ zusammen. Eine Zusammenfassung ihrer Arbeit in der Flüchtlingsfürsorge publizierte sie 1925 in der Wiener Morgenzeitung unter dem Titel „Das jüdische Wien. Soziale Hilfsgemeinschaft Anitta Müller“, 24.12.1925, S. 5.

Link: http://sammlungen.ub.uni-frankfurt.de/cm/periodical/titleinfo/2981543

In den letzten Kriegsjahren entwickelte sie sich zu einer engagierten Zionistin im Umfeld von Robert Stricker, dem Obmann der „Jüdisch-nationalen Partei“ und kandidierte im Herbst 1918 für den provisorischen Wiener Gemeinderat, dem sie vom 3. Dezember 1918 bis 5. Mai 1919 als Abgeordnete der Freiheitlich-Bürgerlichen Partei angehörte. 1919 kandidierte sie bei den ersten Wahlen zum österreichischen Nationalrat.

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Abb. 7: Anitta Müller als Mitglied des Wiener Gemeinderates, aus: Österreichs Illustrierte Zeitung, 15.12.1918.

1936 emigrierte Anitta Müller mit ihrer Familie nach Palästina, wo sie sich ebenfalls der Sozialarbeit widmete, Vorsitzende der religiös-zionistischen Misrachi-Frauenbewegung wurde, und sich nach dem „Anschluss“ im März 1938 als Leiterin der „Hitachdut Olej Austria“ (Verband der Einwanderer aus Österreich) um die vor dem Nationalsozialismus geflüchteten jüdischen Flüchtlinge annahm. 1948 beteiligte sie am israelischen Unabhängigkeitskampf. Müller-Cohen starb am 29. Juni 1962 in Tel Aviv. Nach ihr ist das seit 1966 bestehende Anita-Müller-Cohen Elternheim in Tel Aviv benannt.

Siegfried Bernfeld (*7.5.1892 Lemberg/Galizien, +2.4.1953 San Francisco/USA) war ein Reformpädagoge, Psychoanalytiker und Mitbegründer der modernen Jugendforschung und der Psychoanalytischen Pädagogik. Er studierte an der Universität Wien Biologie, Zoologie, Geologie, Pädagogik, Psychologie, Philosophie und Soziologie und promovierte 1915 mit dem Dissertationsthema „Über den Begriff der Jugend“. Im selben Jahr schloss er sich der „Wiener Psychoanalytischen Vereinigung“ an. Schon vor dem Krieg war Bernfeld aufgrund des wachsenden Antisemitismus in der zionistischen Bewegung, in der jüdischen Wiener Jugendbewegung und in sozialistischen Organisationen aktiv und war zwischen 1917 und 1921 in leitender Funktion im „Zionistischen Zentralrat für West-Österreich“ tätig. Im Sinne des Reformpädagogen Gustav Wyneken gründet er in Wien 1912 das „Akademische Comité für Schulreform“, das 1914 polizeilich aufgelöst wurde. Bernfeld trat für die Aufhebung der sozialen Herkunftsunterschiede im Bildungssystem und für eine „klassenlosen Erziehung“ in seinen Reformbemühungen ein.

Bernfelds Tätigkeit für jüdische Kriegswaisenkinder:

Zu Kriegsbeginn entschloss Bernfeld sich in der Flüchtlingsfürsorge der Kriegswaisenpflege zu widmen. Alleine in Wien waren 39% aller Flüchtlingskinder Waisen, 9% sogar Vollwaisen. Über seine Arbeit für Kriegswaisen berichtete er in seinem 1916 erschienenen Aufsatz: „Die Kriegswaisen“, in: Der Jude (Eine Monatsschrift von Martin Buber und Salman Schocker), 1916/17, S. 269-271.

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Abb. 8: Kriegsflüchtlinge vor der „Zentralstelle für Kriegsflüchtlinge in Wien“. Archiv der Landespolizeidirektion Wien.

Nach dem Krieg versuchte er eine jüdische Schulsiedlung zur Erziehung der Kriegswaisenkinder im zionistischen Sinn (landwirtschaftliche und industrielle Ausbildung in Lehrstätten zur Vorbereitung auf eine spätere Auswanderung nach Palästina) zu schaffen. Im August 1919 gelang es ihm schließlich mit Unterstützung des „American Joint Distribution Committee for jewish warshippers“ – eine seit 1914 bestehende Hilfsorganisation für die jüdischen Opfer des Ersten Weltkrieges in Europa – in Wien XIII das Kinderheim Baumgarten für jüdische Kriegswaisen im Alter von 6-14 Jahren aufzubauen. Hier versuchte er in einem aus fünf Baracken bestehenden, auf dem Gelände des ehemaligen Kriegshospitals gelegenen, Heimes gemeinsam mit seinem ebenfalls in der zionistischen Jugendbewegung engagierten Kollegen und angehenden Psychoanalytiker Willhelm Hoffer (*12.9.1897 Karlsbad/Böhmen, +25.10.1967 London) für etwa 240-300 jüdische Kriegswaisen sein reformpädagogisches und psychoanalytisches, den Ansätzen von Maria Montessoris, Berthold Ottos und Gustav Wynekens zugrundeliegendes Erziehungsprojekt, umzusetzen. Die hier betreuten Waisenkinder kamen aus Heimen bzw. aus den seit September/Oktober 1914 in Südmähren in Gaya, Nikolsburg und Phorlitz bestehenden Flüchtlingslagern für Juden aus Galizien, wo während des Krieges zirka 10.000 Menschen untergebracht waren. Nachdem 1918 der Großteil dieser Flüchtlinge in ihre Heimat abgeschoben wurde, verblieben zirka 1.000 Waisenkinder zurück, die nach dem Zerfall der Monarchie aus der Tschechoslowakischen Republik nach Wien gebracht worden waren.

Dieses sozialpädagogische und sozialtherapeutische Projekt wurde später in der Kibbuzbewegung Palästinas weiterentwickelt, bildete aber auch die Grundlage für spätere Kinder- und Jugendfürsorgeeinrichtungen. Zu seinen Mitarbeitern zählten unter anderen die Direktorin des Kindergartens Hella Rosenblum-Reichmann, die Pädagoginnen Marusha Schück (Lehrerin im Montessori-Kindergarten) und Meli Masarik, weiters der Lehrer und Schriftsteller Heinrich Infeld (*24.3.1901/Krakau/Galizien, +1970), die Kindergärtnerin Lore Kahn, die Kunstpädagogin Gertrud Hammerschlag (*29.1.1899 Wien, +11.6.1930) sowie die Mathematikerin Hilde Geiringer (28.9.1893 Wien, +22.3.1973 Santa Barbara/Kalifornien). Bereits im April 1920 musste dieses pädagogische Projekt aufgrund finanzieller Schwierigkeiten sowie Differenzen mit den amerikanischen Financiers, die ihre Unterstützung einstellten, beendet werden.

In den folgenden Jahren verarbeitete und publizierte Bernfeld seine im Kinderheim-Baumgarten gewonnenen Erfahrungen. Zunächst im Aufsatz „Aus einem jüdischen Kinderheim“ in der Zeitschrift: „Der Jude“, 1920/21, (S. 309-317) und als Monografie: „Kinderheim Baumgarten: Bericht über einen ernsthaften Versuch mit neuer Erziehung“, (Berlin: Jüdischer Verlag, 1921)

Link: http://sammlungen.ub.uni-frankfurt.de/freimann/content/titleinfo/730308

1922 publizierte er „Vom Gemeinschaftsleben der Jugend“ und 1924 die Monografie „Vom dichterischen Schaffen der Jugend“. 1925 erschien eines seiner Hauptwerke:

Sisyphos oder die Grenzen der Erziehung“, Leipzig-Wien-Zürich.

(Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin, Sign. 57.977)

http://webapp.uibk.ac.at/alo_cat/card.jsp?id=12032797&pos=0&phys=

oder: (Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Bibliothek der Gesellschaft der Ärzte, Sign. I. 22.159).

http://webapp.uibk.ac.at/alo_cat/card.jsp?id=12322353&pos=0&phys=

1921 war Bernfeld kurzfristig Mitarbeiter in Heidelberg bei Martin Bubers (*8.2.1878 Wien, +13.6.1965 Jerusalem/Israel) Zeitschrift „Der Jude“. Danach schloss er sich wieder in Wien der psychoanalytischen Bewegung Sigmund Freuds (*6.5.1856 Freiberg/Mähren, +23.9.1939 London/England) an und ab 1922 entwickelte er für das Lehrinstitut der „Wiener Psychoanalytischen Vereinigung“ Kurse, zumal er sich innerhalb der Wiener Psychoanalytischen Vereinigung für die Öffnung der psychoanalytischen Ausbildung für Nicht-Mediziner, insbesondere für Pädagogen, einsetzte. Ende 1925 ging er nach Berlin und arbeitete für die „Deutsche Psychoanalytische Gesellschaft“. Durch den Erfolg seines Buches „Sisyphos oder die Grenzen der Erziehung“ galt Bernfeld als Vertreter für die Anwendung der Psychoanalyse auf die Pädagogik. 1932 kehrte er abermals nach Wien zurück und wurde wiederum in der Wiener Psychoanalytischen Vereinigung aktiv. 1934 verließ er schließlich endgültig Österreich und emigrierte zunächst nach Frankreich und im Jahr 1937 nach San Francisco/USA, wo er sich 1938 am Aufbau der „Psychoanalytischen Vereinigung“ beteiligte. Hier widmete er sich vor allem publizistisch den frühen Arbeiten Sigmund Freuds. Siegfried Bernfeld starb am 2. April 1953 in San Francisco.

In der Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin finden sich weitere Bücher von Siegfried Bernfeld, darunter:

Bernfeld Siegfried/Bernfeld Suzanne Cässirer, Freud’s early Childhood, in: Bulletin Menninger Clinic, 1944, Vol. 8, Nr. 4.

(Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin, Sign. 32.238)

http://webapp.uibk.ac.at/alo_cat/card.jsp?id=8544674&pos=5&phys=

Bernfeld Siegfried, Freud’s scientific Beginners, in: American Imago, 1949, Vol. 6, Nr. 3.

(Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin, Sign. 32.239)

http://webapp.uibk.ac.at/alo_cat/card.jsp?id=8544673&pos=4&phys=

Bernfeld Siegfried/Bernfeld Suzanne Cässirer, Freud’s first Year in practice 1886-1887, in: Bulletin Menninger Clinic, 1952, Vol. 16, Nr. 2.

(Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin, Sign. 32.237)

http://webapp.uibk.ac.at/alo_cat/card.jsp?id=8544679&pos=10&phys=

Bernfeld Siegfried, Bausteine der Freud-Biographie, Frankfurt am Main 1988

(Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin, Sign. 61.679)

http://webapp.uibk.ac.at/alo_cat/card.jsp?id=8544671&pos=2&phys=

Text: Walter Mentzel

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„1. Weltkrieg & Medizin“ [24]: Paul Myrdacz: Militärarzt, Sanitätsstatistiker, Autor, Leiter der Josephinischen Sammlungen und Bibliothekar der militärärztlich-chirurgischen Bibliothek im Josephinum

Paul Myrdacz: Sanitätsreferent beim steirischen Roten Kreuz und in der Bundesleitung des Roten Kreuzes in Wien

Text: Dr. Walter Mentzel

Paul Myrdacz (1847-1930) war Generalstabsarzt und Autor zahlreicher militärwissenschaftlicher und militärhistorischer Publikationen. Im Ersten Weltkrieg arbeitete Paul Myrdacz als Sanitätsreferent beim steirischen Roten Kreuz und in der Bundesleitung des Roten Kreuz in Wien. Daraus resultierte sein 1917 verfasster Bericht über die Tätigkeit des steirischen Roten Kreuzes auf dem Gebiet des Sanitätswesens in den Jahren 1914-1916, Graz 1917, in: Bericht der Generalversammlung des Landes- Frauen- Hilfsvereins Rotes Kreuz Steiermark.

Literatur:

Myrdacz, Paul: Bericht über die Tätigkeit des steirischen Roten Kreuzes auf dem Gebiet des Sanitätswesens in den Jahren 1914-1916. Sonderdruck aus: Bericht der General-Versammlung des unter dem Protektorate Ihrer kaiserl. und königl. Hoheit der durchlauchtigsten Frau Erzherzogin Blanka stehenden Landes- und Frauen-Hilfsvereines vom Roten Kreuze für Steiermark. Graz: Landes- und Frauen-Hilfsverein vom Roten Kreuze für Steiermark 1917.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata Bibliothek]

Keywords:

Paul Myrdacz, Militärarzt, Militärärztlichen Bibliothek, Josephinum, Militärsanitätsgeschichte, Militärsanitätsstatistik

Normdaten (Person) Mydracz, Paul: BBL: 39848; GND: 133715183

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„1. Weltkrieg & Medizin“ [23]: Physikalische Medizin im Ersten Weltkrieg (Teil 1) – Fodor Julius, Kahane Max, Bum Anton, Herz Max

Physikalische Medizin im Ersten Weltkrieg (Teil 1) – Fodor Julius, Kahane Max, Bum Anton, Herz Max

Die Physikalische Medizin, die um 1900 als eigenes Fach die Balneologie, Hydro- und Klimatotherapie, Röntgentherapie u.a. umfasste, erfuhr im Ersten Weltkrieg einen massiven Aufschwung und war nach dem Krieg fixer Bestandteil der Kriegsinvalidenfürsorge. Darüber und über Pläne der Institutionalisierung der „physikalischen Medizin“ im Rahmen des militärischen Sanitätswesens in Form einer „Zentralstelle der ärztlichen Hilfsorganisation für physikalische Medizin“ in Wien berichtete der Medizinalrat Julius Fodor in einem Vortrag in der Sitzung des „Zentralverbandes der Balneologen Österreichs“ und der „Gesellschaft für physikalische Medizin“ am 18. November 1914. Dieser Vortrag ist unter dem Titel „Physikalische Heilmethoden in der Verwundetenfürsorge und Organisation dieses ärztlichen Hilfsdienstes“ in der Wiener Medizinischen Wochenschrift, Nr. 9, 27.2.1915, S. 425-427 veröffentlicht worden.

http://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno-plus?aid=wmw&datum=1915&size=45&page=223

Max Kahane (*13.06.1866 Jassy/Bukowina/heute: Rumänien,+ 11.01.1923 Wien), Arzt, Übersetzer von Charcot und Janet. 1883 maturierte Max Kahane am Leopoldstädter Communal-Gymnasium Wien. Danach studierte er an der Medizinischen Fakultät der Universität Wien (1889 Promotion) und arbeitete als Aspirant am Allgemeinen Krankenhaus Wien. Max Kahane gehörte zu den Gründungsmitgliedern der „Psychologischen Mittwoch Gesellschaft“. 1908 nahm er am 1. Internationalen Psychoanalytischen Kongress in Salzburg teil. 1895 übersetzte er die von Pierre Janet 1894 publizierte Monografie: Der Geisteszustand der Hysterischen. Band I: Die psychischen Stigmata, Leipzig-Wien.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin, Sign. 17.979/3]

http://webapp.uibk.ac.at/alo_cat/card.jsp?id=8590915&pos=16&phys=

1901 gründete Max Kahane das „Institut für physikalische Heilmethoden“ (u.a. Elektrotherapie) in Wien I, Bauernmarkt, danach Wien I, Kohlmarkt. 1907/1908 war er Sekretär der Gesellschaft für physikalische Medizin. Am 11.1.1923 nahm sich Max Kahane das Leben.

Kahane publizierte im Ersten Weltkrieg Über die Anwendung der physikalischen Heilmethoden bei Kriegskranken, in: Der Militärarzt, Nr. 29, 26.12.1914, S. 540-547, wo er sich aus als Vertreter und Befürworter der Elektrotherapie vorstellte.

http://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno-plus?aid=dma&datum=1914&page=276&size=45

weiters: Über magnetische Sensibilität, in: Wiener medizinische Wochenschrift, Nr. 24, 15.6.1918, S. 1094-1097.

http://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno-plus?aid=wmw&datum=1918&size=45&page=503

Publikationen von Max Kahane – Eine Auswahl:

Grundzüge der Elektrodiagnostik und Elektrotherapie, Berlin-Wien 1922.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin, Sign. 17.135]

http://webapp.uibk.ac.at/alo_cat/card.jsp?id=8593740&pos=7&phys=

    
Kahane Max,
Faradopalpation, Arsofaradisation, in: Wiener Klinische Wochenschrift, 1915, Nr. 23.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata]

http://webapp.uibk.ac.at/alo_cat/card.jsp?id=8440511&pos=0&phys=

Kahane Max, Handbuch der therapeutischen Praxis in Einzeldarstellungen, Leipzig 1912.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin, Sign. 4.017]

http://webapp.uibk.ac.at/alo_cat/card.jsp?id=8593741&pos=8&phys=

Kahane Max (Hg.), Medizinisches Handlexikon für praktische Ärzte. Unter Mitwirkung von Alfred Adler, Alfred Bass, Julius Baum), Berlin Wien 1908.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin, Sign. 64.552]

http://webapp.uibk.ac.at/alo_cat/card.jsp?id=8593742&pos=9&phys=

Kahane Max, Die Chlorose (Vegetationsstörungen der weiblichen Pubertätsperiode), Berlin-Wien 1901.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin, Sign. 57.903]

http://webapp.uibk.ac.at/alo_cat/card.jsp?id=8593738&pos=5&phys=

Kahane Max, Grundriss der inneren Medicin, Leipzig-Wien 1900.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin, Sign. 9.771]

http://webapp.uibk.ac.at/alo_cat/card.jsp?id=8593739&pos=6&phys=

Kahane Max, Therapie der Erkrankungen des Respirations- und Circulationsapparates, Wien-Leipzig 1902 (= Medicinische Handbibliothek, Bd. 2).

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin, Sign. 17.912/2]

http://webapp.uibk.ac.at/alo_cat/card.jsp?id=11908730&pos=2&phys= 

Anton Bum (*2.7.1856 Brünn/Mähren *+18.8.1925 Wien) war Physiotherapeut, Chirurg und Schriftsteller. Nachdem er 1873 am „deutschen Gymnasium“ in Brünn maturierte, studierte er in Wien an der Medizinischen Fakultät der Universität Wien. Nach Abschluss seines Studiums (Promotion 1879) arbeitete er bis 1883 als Sekundärarzt und Assistent bei Albert Mosetig (*26.1.1838 Triest, +25.4.1907 Wien) im Krankenhause Wieden in Wien. Danach bildete er sich in Schweden und den Niederlanden in der Mechanotherapie aus und ließ sich als Spezialarzt für Mechanotherapie in Wien nieder. 1886 war er im serbisch-bulgarischen Krieg als Arzt tätig, wo er erste Erfahrungen als Militärarzt machte.

1899 gründete er zusammen mit Max Herz ein Institut für maschinelle Heilgymnastik (mechanotherapeutische und orthopädische Institut), das er besaß und auch leitete.

Seit 1887 war er Chefredakteur der „Wiener medizinischen Presse“ und der Zeitschrift „Wiener Klinik“. 1904 habilitierte er sich im Fach Chirurgie an der Medizinischen Fakultät in Wien. Zwischen 1887 und 1906 war er Redakteur der Zeitschrift „Wiener Medizinal-Halle“, die ab 1908 als Beiblatt der „Medizinischen Klinik“ erschien.

[Zweigbibliothek Geschichte der Medizin, Sign. Z 2.303]

http://webapp.uibk.ac.at/alo_cat/card.jsp?id=8612694&pos=21&phys=

Anton Bum arbeitete im Ersten Weltkrieg im Verwundeten-Spital der Universität Wien als Abteilungsvorstand und im Kriegsspital in Grinzing in Wien. Im November 1915 demonstrierte er in der Sitzung der Gesellschaft der Ärzte in Wien an verwundeten Soldaten einen „portativen Spitzfußapparat“. Wiener Medizinische Wochenschrift, Nr. 49, 4.12.1915, S. 1816,

http://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno-plus?aid=wmw&datum=1915&page=916&size=45

im Februar 1916, in der Sitzung der Gesellschaft der Ärzte in Wien am 4.2.1916, über einen durch Verschüttung verwundeten Soldaten (Wiener Medizinische Wochenschrift, Nr. 7, 12.2.1916, S. 274-275.

http://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno-plus?aid=wmw&datum=1916&size=45&page=147

1917 hielt er ebenfalls ein Referat zum Thema Spitzfuß in der Sitzung am 12.3.1917 im k.u.k. Reservespital Nr. 2 (Orthopädisches Spital und Invalidenschule). Wiener Medizinische Wochenschrift, Nr. 13, 30.3.1918, S. 568-569.

http://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno-plus?aid=wmw&datum=1918&size=45&page=266´

Ebenfalls 1917 gab er die Monografie: Handbuch der Krankenpflege (unter Mitarbeit von Julius Tandler u.a.) Berlin-Wien 1917, heraus.

[Zweigbibliothek Geschichte der Medizin, Sign. 56.181]

http://webapp.uibk.ac.at/alo_cat/card.jsp?id=8581231&pos=0&phys=

Diese Arbeit war das Resultat seiner Tätigkeit im Verwundeten-Spital der Universität Wien, wo Bum während des Krieges auch regelmäßig Pflegerinnenkurse abhielt.

Bum Anton, Die Mobilisierung in der Extremitätschirurgie, in: Medizinische Klinik, 1921, Nr. 25.

[Zweigbibliothek Geschichte der Medizin/Separata]

http://webapp.uibk.ac.at/alo_cat/card.jsp?id=8426810&pos=6&phys=

Weitere Publikationen von Anton Bum – Eine Auswahl:

Bum Anton, Technik der ärztlichen Massage. Für praktische Ärzte, Berlin-Wien 1913.

[Zweigbibliothek Geschichte der Medizin, Sign. 3.182]

http://webapp.uibk.ac.at/alo_cat/card.jsp?id=8552036&pos=3&phys=

Bum Anton, Über Kombination physikalischer Behandlungsmethoden, in: Medizinische Klinik, 1911, Nr. 25.

[Zweigbibliothek Geschichte der Medizin/Separata]

http://webapp.uibk.ac.at/alo_cat/card.jsp?id=8426806&pos=2&phys=

Bum Anton, Vorlesungen über ärztliche Unfallkunde, Berlin-Wien, 1909.

[Zweigbibliothek Geschichte der Medizin, Sign. 57.844]

http://webapp.uibk.ac.at/alo_cat/card.jsp?id=8552037&pos=4&phys=

Bum Anton, Über Mechanodiognostik, in: Medizinische Klinik, 1908, Nr. 3.

[Zweigbibliothek Geschichte der Medizin, Sign. 13.561]

http://webapp.uibk.ac.at/alo_cat/card.jsp?id=8552032&pos=20&phys=

Bum Anton, Handbuch der Massage und Heilgymnastik, 4. Aufl., Berlin-Wien 1907.

[Zweigbibliothek Geschichte der Medizin, Sign. 10.073]

http://webapp.uibk.ac.at/alo_cat/card.jsp?id=8552025&pos=13&phys=

 

Bum Anton, Über Mechanodiagnostik, in Medizinische Klinik, 1908, Nr. 3.

[Zweigbibliothek Geschichte der Medizin, Sign. 13.561]

http://webapp.uibk.ac.at/alo_cat/card.jsp?id=8552032&pos=20&phys=

Bum Anton, Zur chirurgischen Unfalldiagnostik, in: Wiener medizinische Presse, 1903 Nr. 15 und 16.

[Zweigbibliothek Geschichte der Medizin/Separata]

http://webapp.uibk.ac.at/alo_cat/card.jsp?id=8426814&pos=9&phys=

Bum Anton, Handbuch der Massage und Heilgymnastik für praktische Ärzte, Wien Leipzig 1896.

[Zweigbibliothek Geschichte der Medizin, Sign. 11.401]

http://webapp.uibk.ac.at/alo_cat/card.jsp?id=8552023&pos=11&phys=

Bum Anton, Therapeutisches Lexikon für praktische Ärzte, Leipzig 1891.

[Zweigbibliothek Geschichte der Medizin, Sign. 9.772]

http://webapp.uibk.ac.at/alo_cat/card.jsp?id=8552027&pos=15&phys=

Bum Anton, Der gegenwärtige wissenschaftliche Standpunkt der Mechanotherapie, in: Wiener Medizinische Presse, 1889, H. 44.

[Zweigbibliothek Geschichte der Medizin, Sign. 47.076]

http://webapp.uibk.ac.at/alo_cat/card.jsp?id=8552035&pos=0&phys=

Bum Anton, Die Massage in der Neuropathologie, in: Wiener Klinik, 1888, Jg. 14/Heft 1

[Zweigbibliothek Geschichte der Medizin/Bibliothek der Gesellschaft der Ärzte , Sign. I/2.248]

http://webapp.uibk.ac.at/alo_cat/card.jsp?id=12324253&pos=3&phys=

Anton Bum stellte 1922 für die Bundes-Film-Hauptstelle, die in den 1920er Jahren zahlreiche medizinische Lehrfilme in Auftrag gab, einen wissenschaftlichen Lehrfilm her:

Titel: Die Technik der ärztlichen Massage

Genre: Wissenschaftlicher Lehrfilm

Auftraggeber: Bundes-Film-Hauptstelle

Ort: Österreich/Wien

Jahr: 1922

Technische Daten: Ca. 17 min./194 m, s/w, 35 mm, Originalnegativ, Vollbild

Archiv: Filmarchiv Austria

Im Rahmen eines Projektes werden bislang als verschollen geltende historische medizinisch-wissenschaftliche Filme, die in Österreich an der Medizinischen Fakultät der Universität Wien und an außeruniversitären medizinischen Einrichtungen zwischen 1897 und 1938 hergestellt wurden, gesucht, bzw. deren Überlieferungen rekonstruiert. Mehr dazu unter:

http://verein-netzwerk-historiker.blogspot.co.at/p/der-medizinische-film-in-osterreich.html

Max Herz (*3.4.1865, Neutischein/Mähren, + November 1956 San Francisco/Kalifornien/USA). Er studierte an der Medizinischen Fakultät der Universität Wien (1884-1890), promovierte 1890 und habilitierte sich 1895 ebenfalls in Wien. Herz war Professor für Innere Medizin und gründete 1892 gemeinsam mit Hermann Schlesinger (1866–1934) den „Wiener medizinischen Klub“, aus dem später die „Gesellschaft für Innere Medizin“ hervorging.

1899 Gründete er gemeinsam mit Anton Blum das Institut für maschinelle Heilgymnastik in Wien. 1909 gründete er das „Zentralblatt für Herzkrankheiten und Krankheiten der Gefäße“. Er war Präsident der Gesellschaft für physikalische Medizin. 1934 musste er emeritierten. Seinem besonderen Interesse galten den heilgymnastischen Behandlungsformen wie die „maschinelle Heilgymnastik“, thermische Reize, Hydrotherapie, Licht- und Luftstrombad u.a.

Er war Freimaurer und schrieb im Jahr 1924 ein Buch über die Freimaurer (Die Freimaurer. Wien, 1924) Im März 1939 flüchtete Herz aufgrund der NS-„Rassenverfolgung“ nach London und danach in die USA.

Max Herz publizierte im Ersten Weltkrieg Über die Begutachtung des Herzens im Krieg, in: Wiener Medizinische Wochenschrift, Nr. 5, 22.1.1916, S. 159-161.

http://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno-plus?aid=wmw&datum=1916&page=90&size=45

Weitere Publikationen von Max Herz – Eine Auswahl:

Herz Max, Die Beeinträchtigung des Herzens durch Raummangel, Wien-Leipzig 1909.

(Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin, Sign. 57.894)

http://webapp.uibk.ac.at/alo_cat/card.jsp?id=8584900&pos=1&phys=

Herz Max, Heilgymnastik, Stuttgart 1907.

(Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Bibliothek der Gesellschaft der Ärzte Wien, Sign. I/15.267)

http://webapp.uibk.ac.at/alo_cat/card.jsp?id=12337371&pos=6&phys=

Herz Max, Lehrbuch der Heilgymnastik, Berlin-Wien 1903.

(Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin, Sign. 10.323)

http://webapp.uibk.ac.at/alo_cat/card.jsp?id=8584907&pos=7&phys=

Herz Max, Bum Anton, Das neue System der maschinellen Heilgymnastik, in: Wiener Klinik, 1899, Heft 4 und 5.

(Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Bibliothek der Gesellschaft der Ärzte Wien, Sign. I/2.248)

http://webapp.uibk.ac.at/alo_cat/card.jsp?id=12337378&pos=12&phys=

Die hier angeführten Fotografien zeigen eine Auswahl jener von Max Herz angeregten und gemeinsam mit Anton Bum konstruierten Apparaturen, die sich am Institut für maschinelle Heilgymnastik in Wien befanden.


 

Herz Max, Essbuch für Herzkranke, 3. Aufl. Berlin.

(Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Bibliothek der Gesellschaft der Ärzte Wien, Sign. S.A. 38.283)

http://webapp.uibk.ac.at/alo_cat/card.jsp?id=12337359&pos=1&phys=

Herz Max, Die Physiologische und therapeutische Wirkung der Dampfhitze, in: Wiener klinische Wochenschrift, 1891, Nr. 17-18.

(Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin, Sign. 25.790)

http://webapp.uibk.ac.at/alo_cat/card.jsp?id=8584913&pos=12&phys=

Sein Personalstammdatenblatt, das seinen wissenschaftlichen Lebenslauf bzw. seine wissenschaftliche Bibliografie enthält findet sich im Archiv der Universität Wien unter:

Senat S 304.128 Bum, Anton (02.07.1856-18.08.1925).

Text: Walter Mentzel

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„1. Weltkrieg & Medizin“ [22]: Die beginnende Ernährungskrise im Kriegsjahr 1915 – Durig Arnold, Fränkel Sigmund, Falta Wilhelm.

Die beginnende Ernährungskrise im Kriegsjahr 1915 – Durig Arnold, Fränkel Sigmund, Falta Wilhelm.

Bereits in der ersten Jahreshälfte 1915 kam es in der Monarchie zu ersten spürbaren Nahrungsmittelengpässen: sichtbar beispielsweise an den Wiener Märkten in Form von massiven Teuerungen oder im Aufkommen des Schleichhandels als alternative Wirtschaftsform, Kriegsküchen zur Massenausspeisung, Nahrungsmittelsammlungen für Arbeitslose und der Rationierung bestimmter Nahrungsmittel. In den folgenden Jahren, vor allem ab 1917 ließen die zunehmende Lebensmittelverknappung soziale Konflikte (Hungerdemonstrationen, Plünderungen u.a.) ausbrechen und stellte nahezu die gesamte Bevölkerung täglich vor die existenzielle Frage des Überlebens. Der Höhepunkt der Ernährungskrise wurde vielerorts, vor allem in den Ballungszentren wie Wien, erst nach dem Krieg in den Jahren 1919/20 erreicht.

Die zunehmend beginnende Ressourcenverknappung ab dem Jahr 1915 war unter anderem dem Umstand gezollt, dass es keine Bevorratungswirtschaft gab. Hinzu kam der sich bemerkbar machende Erfolg durch die von der Entente 1914 verhängte Blockade, die die Zufuhr von Lebensmitteln unmöglich machte. Ebenso wirksam war die im Herbst 1914 erfolgte Besetzung weiter Teile Galiziens und der Bukowina durch die russische Armee, die zu einem Totalausfall der Lebensmittelzufuhr aus dieser traditionellen „Kornkammer“ der Monarchie führte. Weiter sind die rapide sinkende Produktivität der landwirtschaftlichen Ökonomien durch den Arbeitsausfall der zum Militärdienst Eingezogenen zu nennen, sowie Ernteausfälle durch den explodierenden Bedarf an Nahrungsmitteln der Armee, die noch dazu in den hinter der Front liegenden Gebieten Raubzüge in Form von Requirierungen und Plünderungen für den Eigenbedarf vollzog.

Hunger, Unterernährung und die damit in Folge auftretenden Krankheiten wurden somit immer mehr zum Lebensalltag einer gegenüber der Kriegswirtschaft nachrangig gestellten Zivilbevölkerung.

Fragen der Ernährung waren daher am Beginn des Ersten Weltkrieges zunächst ein allgemein gehaltenes Thema, später, infolge der massenhaften Unterernährungen und deren Auswirkungen, Gegenstand einer Reihe von Fachdisziplinen.

Im Sommer 1915 erschien vom Physiologen Arnold Dürig in der Zeitschrift Das österreichische Sanitätswesen, (Nr. 9-10) ein Aufsatz unter dem Titel: Die Volksernährung während des Krieges.

[Teilbibliothek für Geschichte der Medizin, Sign. 1.754]

http://webapp.uibk.ac.at/alo_cat/card.jsp?id=8562579&pos=0&phys=

Arnold Durig (*12.11.1872 in Innsbruck/Tirol, +18.10.1961 in Schruns/Vorarlberg). Durig studierte zunächst Medizin in Graz an der Leopold-Franzens-Universität, wo er 1898 promovierte. Danach arbeitete er als Assistenzarzt an verschiedenen Innsbrucker Kliniken und danach als Landarzt in Niederösterreich. 1900 kam er an das Physiologische Institut der Medizinischen Fakultät der Universität Wien, wo er sich am 25.6.1902 im Fach Physiologie habilitierte. Nach einem Studienaufenthalt in Oxford arbeitete er an der Landwirtschaftlichen Hochschule Berlin. 1903 wurde Durig an die Hochschule für Bodenkultur in Wien berufen und im März 1904 zum außerordentlichen, im Januar 1905 zum ordentlichen Professor ernannt. Am 2. Dezember 1918 übernahm er als Nachfolger von Siegmund Exner-Ewarten den Lehrstuhl für Physiologie an der Medizinischen Fakultät. Am 31. Mai 1938 wurde er als Ordinarius für Physiologie zwangspensioniert und vorübergehend verhaftet und unmittelbar nach dem Krieg am 1. Mai 1945 aus Altersgründen in den Ruhestand versetzt.

Weblog: „Vertrieben 1938“: https://ub-blog.meduniwien.ac.at/blog/?p=609

Im Ersten Weltkrieg war er ab Juli 1915 Abteilungsleiter im Lazarett der Festung Sarajevo. Gegen Kriegsende leitete er als Oberstabsarzt das k. u. k. Kriegsspital Grinzing in Wien, das mit 60 Baracken für 6.000 verwundete Soldaten zum größten Notspital der Monarchie zählte.

In den Nachkriegsjahren arbeitete er weiter an den Problemen der Volksernährung. In seiner Antrittsvorlesung, am 31. Oktober 1918 an der Universität Wien gehalten, beschäftigte er sich mit dem Thema: Physiologie als Unterrichtsgegenstand. Erhebungen über die Ernährung der Wiener Bevölkerung. Abgedruckt in der Wiener Medizinischen Wochenschrift, Nr. 44, 2.11.1918, S. 1925-1949

http://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno-plus?aid=wmw&datum=1918&size=45&page=869

Durig Arnold, Moderne Ernährungsfragen, in: Wiener Medizinische Wochenschrift, Nr. 8, 19.2.1921, 357-362.

http://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno-plus?aid=wmw&datum=1921&page=167&size=45

Durig Arnold, Moderne Ernährungsfragen (Teil II), in: Wiener Medizinische Wochenschrift, Nr. 9, 26.2.1921, 409-415.

http://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno-plus?aid=wmw&datum=1921&size=45&page=189

Durig Arnold, Moderne Ernährungsfragen (Teil III), in: Wiener Medizinische Wochenschrift, Nr. 10, 5.3.1921, 448-415.

http://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno-plus?aid=wmw&datum=1921&size=45&page=204

Durig Arnold, Moderne Ernährungsfragen (Teil IV und Schluss), in: Wiener Medizinische Wochenschrift, Nr. 12, 19.3.1921, 554-559.

http://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno-plus?aid=wmw&datum=1921&size=45&page=249

 

Während des Krieges kam ein eigenes Literaturgenre auf, das kriegsbedingte praktische Koch- und Ernährungshilfen anbot. Dazu zählte das 1915 herausgegebene Gemüsekochbuch der k.k. Gartenbaugesellschaft in Wien, oder das Buch Kriegsküche, Praktische und billige Rezepte mit Gerstenmehl, Maismehl, Kartoffelmehl und anderen Ersatzmehlen, Wien 1915), das Ratschläge und preiswerte Rezepte samt dafür geeigneter Nahrungsmittel einem breiten Publikum zur Lebenserhaltung versprach.

In diesem Kontext erschienen im Herbst 1914 auch in der Zeitschrift der Militärarzt vom Adolf Cluss, Professor an der Hochschule für Bodenkultur und Mitglied des Lebensmittelbeirates im k.k. Ministerium des Inneren, zwei Aufsätze mit Überlegungen zu alternativen Nahrungs- und Verpflegungsquellen:

Dr. Ad. Cluss, Getrocknete Bierhefe als Nahrungs- und Futtermittel. Ein Beitrag zur Ernährungsfrage in Kriegszeiten, in: Der Militärarzt, 5.9.1914, Nr. 18, S. 362-366.

http://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno-plus?aid=dma&datum=1914&size=45&page=187

Dr. Ad. Cluss, Beiträge zu der praktischen Verwendung der Trockenhefe als Nahrungs- und Futtermittel, in: Der Militärarzt, 17.10.1914, Nr. 18, S. 461-466.

http://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno-plus?aid=dma&datum=1914&page=237&size=45

 

Im Juni veröffentlichte der Physiologe Wilhelm Falta einen Aufsatz, der seinen Vortrag, gehalten in der Sitzung der Gesellschaft für die gesamte Therapie am 26. Mai 1915 zusammenfasste, unter dem Titel: Krankenernährung während des Krieges in der Zeitschrift Wiener Medizinische Wochenschrift, Nr. 25, 19.6.1915, S. 949-957.

http://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno-plus?aid=wmw&datum=1915&page=482&size=45

Wilhelm Falta (*6. 5.1875 Karlsbad, Böhmen/Tschechische Republik, +15.7.1950 Obermarkersdorf/Oberhollabrunn/ Niederösterreich). Nach dem Studium der Medizin in Prag und Straßburg arbeitete er zunächst in Prag an der Lehrkanzel für Physiologie und medizinischer Chemie. Weitere Ausbildungsstätten waren die Medizinische Klinik im Basler Bürgerspital, wo er sich 1904 im Fach Innere Medizin habilitierte, und an der Medizinischen Fakultät an der Universität Wien an der I. Medizinischen Universitäts-Klinik unter Carl von Noorden (1858-1944) und Karel Frederik Wenckebach (1864-1940). 1914 erhielt er hier die a.o. Titularprofessur und 1917 wurde er zum a.o. Professor ernannt. Seine Arbeitsgebiete waren die Erforschung von Stoffwechselerkrankungen, insbesondere der Diabetes mellitus. Von 1917 bis 1944 war Falta als Primararzt und Vorstand an der I. Medizinischen Abteilung des Kaiserin-Elisabeth-Spital tätig. (Zunächst ab 1918 an der III. Medizinischen Abteilung und danach ab 1922 an der I. Medizinischen Abteilung). Nach der Zerstörung seiner Abteilung durch Bombentreffer im Februar 1945 kam es zur Verlegung seiner Abteilung in das Krankenhaus „Am Steinhof“ zu verlegen, wo er bis 1947 wirkte. Falta war Mitglied der Gesellschaft der Ärzte und der Gesellschaft für innere Medizin sowie Mitherausgeber der Publikationsreihe Wiener Archiv für Innere Medizin.

Von Wilhelm Falter finden sich zahlreiche Publikationen an der Teilbibliothek für Geschichte der Medizin. Darunter:

Falta, Wilhelm, Zur Reform des medizinische Unterrichts. In. Wiener klinische Wochenschrift, 1918, Nr. 51, S. 1352. [Teilbibliothek für Geschichte der Medizin, Sign. Abschr. 428]

http://webapp.uibk.ac.at/alo_cat/card.jsp?id=12019399&pos=1&phys=

Falta Wilhelm, Die Erkrankungen der Blutdrüsen , Berlin 1913.

[Teilbibliothek für Geschichte der Medizin, Sign. 4.756]

http://webapp.uibk.ac.at/alo_cat/card.jsp?id=12051656&pos=3&phys=

Falta Wilhelm (Hg.), Strahlentherapie. Sonder-Bd./2.4.5.8.9.12.15.16.19.20., Berlin-Wien 1917-1935.

[Teilbibliothek für Geschichte der Medizin, Sign. 61.713]

http://webapp.uibk.ac.at/alo_cat/card.jsp?id=8566597&pos=2&phys=

Falta Wilhelm, Die Behandlung innerer Krankheiten mit radioaktiven Substanzen, Berlin 1918.

[Teilbibliothek für Geschichte der Medizin, Sign. 4.203]

http://webapp.uibk.ac.at/alo_cat/card.jsp?id=12044852&pos=7&phys=

Falta Wilhelm, Die Zuckerkrankheit , Halle an der Saale 1953.

[Teilbibliothek für Geschichte der Medizin, Sign. 59.495]

http://webapp.uibk.ac.at/alo_cat/card.jsp?id=11965913&pos=2&phys=

 

Ebenfalls 1915 erschien von Prof. Sigmund Fränkel, der in Wien am Laboratorium der Spiegler-Stiftung arbeitete, ein Aufsatz unter dem Titel: Allgemeine Grundprinzipien der Ernährung im Krieg, abgedruckt in der: Wiener Medizinische Wochenschrift, Nr. 34, 21.8.1915, S. 1265-1266.

http://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno-plus?aid=wmw&datum=1915&page=640&size=45

Sigmund Fränkel (*22.05.1868 Krakau/Galizien, +07.06.1939 Wien). Nach dem Studium der Medizin in Wien, Freiburg, Prag, Cambridge und Straßburg promovierte er 1892 an der Medizinischen Fakultät der Universität Wien. 1896 habilitierte er sich ebenfalls in Wien. Er arbeitete auf dem Gebiet der physiologischen Chemie. 1904 übernahm er die Leitung des Laboratoriums der Spiegler-Stiftung. 1916 wurde er zum a.o. Professor für medizinische Chemie an der Universität Wien. Er unternahm zahlreiche Forschungsreisen nach Asien, Afrika und Nordamerika. Fränkel, der auch schon früh in der Volksbildung tätig war, war zwischen 1919 bis 1927 für die Sozialdemokratische Partei Mitglied des Wiener Gemeinderats. 1919 wurde er vom Wiener Bürgermeister Reumann wegen des massiven Energiemangels beauftragt Pläne zur Errichtung von Wasserkraftwerken zur Energieversorgung der Stadt zu erstellen. Diese Arbeiten mündeten in den Bau der städtischen Wiener Wasserkraftwerke in Opponitz und in Kienberg-Gaming. 1938 war er aufgrund der NS-Rassengesetze der NS-Verfolgung ausgesetzt.

Weitere Arbeiten von ihm, die an der Teilbibliothek für Geschichte der Medizin erhalten sind, sind u.a.:

Fränkel Sigmund, Dynamische Biochemie. Chemie der Lebensvorgänge, Wiesbaden 1911.

[Teilbibliothek für Geschichte der Medizin, Sign. 9.787]

http://webapp.uibk.ac.at/alo_cat/card.jsp?id=8569981&pos=0&phys=

Fränkel Sigmund, Praktikum der medizinischen Chemie einschließlich der forensischen Nachweise für Mediziner und Chemiker. Urban & Schwarzenberg, Berlin/Wien 1918.

[Teilbibliothek für Geschichte der Medizin, Sign. 56.872]

http://webapp.uibk.ac.at/alo_cat/card.jsp?id=8569988&pos=3&phys=

Fränkel Sigmund, Die Arzneimittel-Synthese auf Grundlage der Beziehungen zwischen chemischem Aufbau und Wirkung. Für Ärzte, Chemiker und Pharmazeuten, 3., umgearb. Aufl., Berlin 1912.

[Teilbibliothek für Geschichte der Medizin/Bibliothek der Gesellschaft der Ärzte, Sign. I/17.798]

http://webapp.uibk.ac.at/alo_cat/card.jsp?id=12332150&pos=3&phys=

Text: Walter Mentzel

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„1. Weltkrieg & Medizin“ [21]: Militärärztliche Narrative im Kriegsjahr 1915

Militärärztliche Narrative im Kriegsjahr 1915

Anfang 1915 erschienen in den militärärztlichen Zeitschriften erstmals Berichte und Reflexionen von Militärärzten über deren in den Monaten seit Kriegsausbruch unmittelbar erfahrenen Erlebnissen von ihren Einsätzen an den Kriegsschauplätzen im Nordosten und Südosten der Monarchie. Diese Berichte stellen in mehrfacher Weise eine subjektive Textsorte dar. Teilweise enthielten sie bereits kritische Diskurse über den Krieg, wie wir sie sonst erst häufiger aus der zweiten Kriegshälfte kennen: diese inkriminierenden Textstellen fielen häufig den militärbehördlichen Zensurstellen zum Opfer. Andere Autoren wiederum versuchten weiterhin jene seit August 1914 herrschende, geforderte und geförderte Kriegseuphorie und Kriegsbereitschaft zu tradieren. Die Texte widerspiegeln jedoch auch unter diesen Filtern die massive Beanspruchung der militärärztlichen Versorgung, den zunehmenden Mangel an Ressourcen und die Bruchstellen zwischen den gewonnenen Kriegserfahrungen mit jenen noch zu Kriegsbeginn formulierten Erwartungen.

Im März 1915 wurde von einem nicht namentlich genannten Autor und Landsturmarzt, der auch den Ort seiner Erlebnisse nicht zu nennen beabsichtigte, ein Bericht publiziert, der, trotz massiver Eingriffe durch Unkenntlichmachung breiter Textpassagen seitens der Zensur, Kritik an der Versorgung der Verwundeten und der Ausstattung der Armee übte: vor allem aber ein realistisches Bild des Krieges zu zeichnen versuchte.

Marodenvisite im Felde. Betrachtungen eines Landsturmarztes, in: Der Militärarzt, 13.3.1915, Nr. 5, S. 80-84.

http://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno-plus?aid=dma&datum=1915&page=46&size=45

Jenny Adler-Herzmark berichtete im Juli 1915 über ihre Arbeit als Chefärztin in der Isolierabteilung im k.u.k. Reservespital Nr. 6 in Wien XII, Ruckergasse 40 über Fleckfieberfälle und Entlausungsmethoden, Der Militärarzt, Nr. 16, 10.7.1915, S. 257-262.

http://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno-plus?aid=dma&datum=1915&size=45&page=135


Bild 1: Der Militärarzt, Nr. 16, 10.7.1915, S. 259.

Jenny Adler-Herzmark (*1877 Riga/Russland [heute Lettland], +1950 USA) studierte zunächst als eine der ersten Frauen in der Schweiz Medizin, ab 1901 setzte sie ihr Medizinstudium in Wien fort, und schloss 1904 das Studium in Zürich mit der Dissertation „Zur Kasuistik der Nebenverletzungen bei Laparotomien“ ab. Während des Ersten Weltkrieges arbeitete sie als Ärztin im Reservespital Nr. 6 in Wien. Nach dem Krieg übte sie den Beruf einer Gewerbeärztin und Arbeitsinspektorin in Wien aus und engagierte sich in der Sozialdemokratischen Partei. Ihre zahlreichen Veröffentlichungen bezogen sich auf ihre gewerbeärztliche Arbeit, mit den Schwerpunkten Gewerbehygiene und Arbeiterschutz.

Jenny Adler-Herzmark, Bericht des Amtsarztes der Gewerbe-Inspektion, 1927, 1929, (Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin, Sign. 18.226/1,2)

http://webapp.uibk.ac.at/alo_cat/card.jsp?id=8535350&pos=0&phys=

Sie arbeitete nach dem Krieg auch als Funktionärin in sozialdemokratischen Frauenorganisationen und war Gründerin und Funktionärin im „Jüdischen Frauenbund für Deutsch-Österreich“. Seit 1909 war sie mit dem sozialdemokratischen Theoretiker und Sozialphilosophen Max Adler (*15.1.1873 Wien, +28.6.1937 Wien) verheiratet mit dem sie 1919 gemeinsam mit weiteren Pädagogen unter der Federführung von Max Winter (*9.1.1870 Tárnok/Ungarn, +11.7.1937 Hollywood/USA) und Otto Felix Kanitz (*5.2.1894 Wien, +29.3.1940 KZ Buchenwald) die bekannte Erzieherschule im Schloss Schönbrunn gründete, wo sie auch als Lehrerin in der „Kinderfreundeschule Schönbrunn“ tätig war. Nach dem „Anschluss“ im März 1938 flüchtete sie 1939 auf Grund der rassischen Verfolgung durch die Nationalsozialisten nach Frankreich und danach in die USA. Aus der Ehe mit Max Adler stammen zwei Kinder: Leonore Adler, verheiratete Suschitzky (geb. 1910); sie flüchtete 1938 nach Großbritannien und Robert Adler (*4.12.1913 Wien, +15.2.2007 Boise/USA), der 1939 nach Großbritannien und 1940 in die Vereinigten Staaten von Amerika emigrierte.

In den Monaten März und April 1915 veröffentlichte der Assistent an der Wiener chirurgischen Universitätsklinik, Fritz Demmer, in vier Aufsatzteilen seine Erfahrungen als Leiter der Chirurgengruppe (Hochenegg) vom Kriegsschauplatz im Nordosten der Monarchie in Galizien und der Bukowina. Hier erlitt die österreichisch-ungarische Armee von Herbst 1914 bis Winter 1914/15 eine Reihe von Niederlagen, die zur Folge hatten, dass Ostgalizien und Mittelgalizien bis wenige Kilometer vor Krakau unter russische Besatzung fielen.

Demmer Fritz, Erfahrungen einer Chirurgengruppe im österreichisch-russischen Feldzuge 1914/15 (1. Teil), in: Medizinische Wochenschrift, Nr. 12, 20.3.1915, S. 515-520.

http://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno-plus?aid=wmw&datum=1915&page=268&size=45

Demmer Fritz, Erfahrungen einer Chirurgengruppe im österreichisch-russischen Feldzuge 1914/15 (2. Teil), in: Medizinische Wochenschrift, Nr. 13, 27.3.1915, S. 555-562.

http://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno-plus?aid=wmw&datum=1915&size=45&page=288

 


Bild 2: Wiener Medizinische Wochenschrift, Nr. 13, 27.3.1915, S. 558.

Demmer Fritz, Erfahrungen einer Chirurgengruppe im österreichisch-russischen Feldzuge 1914/15 (3. Teil), in: Medizinische Wochenschrift, Nr. 14, 3.4.1915, S. 591-598.

http://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno-plus?aid=wmw&datum=1915&size=45&page=306

Demmer Fritz, Erfahrungen einer Chirurgengruppe im österreichisch-russischen Feldzuge 1914/15 (4. Teil), in: Medizinische Wochenschrift, Nr. 15, 10.4.1915, S. 626-637.

http://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno-plus?aid=wmw&datum=1915&size=45&page=323

Im Mai 1915 publizierte Fritz Demmer einen Vortrag – gehalten vor Truppenärzten – unter dem Titel: Ein Bericht aus „dem Felde“ von Fritz Demmer, Assistent der Wiener chirurgischen Universitätsklinik v. Hochenegg. (Ein Bericht aus der k.u.k. mobilen Feldchirurgengruppe der Wiener Universitätsklinik GStA. v. Hochenegg, zugeteilt der I. Armee), in: Der Militärarzt, Nr. 12, 22.5.1915, S. 185-198.

http://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno-plus?aid=dma&datum=1915&size=45&page=99

Ebenfalls von Demmer erschien 1915 im Perles-Verlag eine Monografie: Erfahrungen einer Chirurgengruppe im Österreichisch-russischen Feldzuge 1914/1915, Wien 1915.

Fritz Demmer (*6. 4.1884 Wien, +13.6.1967 Wilhelmsburg/Niederösterreich) war nach Absolvierung seines Studiums an der Medizinischen Fakultät der Universität Wien (Promotion 1910) von 1910 bis 1921 Assistent an der 2. Chirurgischen Klinik der Medizinischen Fakultät Wien unter Julius von Hochenegg, bei dem er sich auch 1920 habilitierte (1932 a.o. Prof.). Als Militärarzt schuf er während des Ersten Weltkriegs die mobile Feldchirurgie und führte die vereinfachte Asepsis der Hände mit desinfizierten Gummihandschuhen ein. Zwischen 1923 und 1935 leitete er die Chirurgische Abteilung des Krankenhauses der Barmherzigen Brüder in Wien. Aus dieser Zeit stammen die Schriften:

Krankengeschichten der I. Chirurgischen Abteilung des Krankenhauses der Barmherzigen Brüder in Wien II unter Primarius Dozent, bzw. ab 1932 Prof. Dr. Fritz Demmer, Jg. 1925/1-1935/2, Wien 1925-1935. (Zweigbibliothek Geschichte der Medizin, Sign. I 55.699)

http://webapp.uibk.ac.at/alo_cat/card.jsp?id=8599659&pos=0&phys=

1935 wurde er nach Tirana berufen, wo er drei Monate als Chefchirurg am Residenzspital arbeitete und an der Reorganisation des Sanitätswesens mitwirkte. 1935 bis 1940 leitete Demmer die Allgemeine Poliklinik. Von 1940 bis Jänner 1941 war er „kommissioneller Leiter“ der Chirurgischen Abteilung des Kaiser-Franz-Joseph-Spitals sowie zwischen 1941 und dem Kriegsende 1945 leitender Oberstabsarzt des Standortlazaretts in Wien. Von 1945 bis 1950 leitete Demmer die Chirurgische Ambulanz des Ambulatoriums der Wiener Gebietskrankenkasse sowie die chirurgische Abteilung im Sanatorium Hera.

Der k.k. Regimentsarzt August Richter, der vor dem Krieg als Arzt im Sanatorium Purkersdorf/Niederösterreich tätig war, berichtete im Oktober 1915 über seinen fünfmonatigen Einsatz in den sogenannten „Karpathen-Schlachten“ im Winter 1915/15 in Ostgalizien.

Erfahrungen vom Hilfsplatz eines Infanterieregimentes, in: Der Militärarzt, Nr. 26, 30.10.1915, S. 417-423.

http://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno-plus?aid=dma&datum=1915&page=215&size=45

Über die Bedeutung von sogenannten Divisions-Sanitätsanstalten zur häufig erst- wie letztmaligen Versorgung von Verwundeten , die in unmittelbarer Näher zur Front eingerichtet waren, schrieb der Regimentsarzt Emil Schwarzkopf, zugeteilt der k.u.k. Divisons-Sanitäts-Anstalt Nr. 24, im November 1915 einen Artikel unter dem Titel: Die Divisions-Sanitäts-Anstalten im Felde, in: Der Militärarzt, Nr. 29, 27.11.1915, S. 465-470.

http://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno-plus?aid=dma&datum=1915&page=239&size=45

Über seine Erfahrungen mit Erfrierungen der Truppen im Kriegswinter 1914/15 an der serbischen Front berichtete der Regimentsarzt Dr. Sigmund Stiassny, der zu dieser Zeit als Sanitätschef einer Infanterie-Brigade  in Serbien aktiv war in seinem Aufsatz Zur Prophylaxe der Erfrierungen, in: Der Militärarzt, Nr. 31, 11.12.1915, S. 497-499.

http://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno-plus?aid=dma&datum=1915&page=255&size=45

 

Text: Walter Mentzel

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„1. Weltkrieg & Medizin“ –>alle Beiträge

„1. Weltkrieg & Medizin“ [20]: Logopädie 1914/15

Logopädie – Erster Weltkrieg 1914/15:
Emil Fröschels – Hugo Stern – Karl Cornelius Rothe – Oskar Julius Mauthner

Emil Fröschels (*24.08.1884 Wien, +18.01.1972 New York/USA) war Laryngologe, Facharzt für Sprach- und Stimmheilkunde und zählt neben Hermann Gutzmann (*29.1.1865 Bütow/Pommern, +4.11.1922 Berlin) zu den Pionieren der modernen Sprachforschung. Er führte 1924 den Begriff Logopädie in der medizinischen Fachsprache ein und gilt mit Karl Cornelius Rothe als Gründer der Sprachheilpädagogik. Nach dem Studium der Medizin in Wien arbeitete er zunächst von 1905 bis 1908 am St. Anna Kinderspital in Wien und als Hospitant am Institut für Chemie an der Wiener Allgemeinen Poliklinik. Nach seiner Promotion (1907 in Wien) war er ab 1908 an der Ohrenklinik der Medizinischen Fakultät Wien unter der Leitung von Viktor Urbantschitsch (*10.9.1847 Wien, +17.6.1921 Wien) tätig. Nach seinem Aufenthalt in Berlin bei Hermann Gutzmann, wo er sich mit Stimm- und Sprachstörungen beschäftigte, eröffnete er 1909 in Wien ein Ambulatorium für Sprachstörungen an der Ohrenklinik der Medizinischen Fakultät Wien, das er viele Jahre leitete und das durch die Spezialisierung auf dem Gebiet der Sprachstörungen internationale Aufmerksamkeit erfuhr.


Emil Fröschels (Bildarchiv der Sammlungen der MedUni Wien)

1913 veröffentlichte er ein für Generationen von Logopäden bedeutendes Standardwerk: Lehrbuch für Sprachheilkunde (Logopädie) für Ärzte, Pädagogen und Studierende, das zur Anerkennung der Sprach- und Stimmheilkunde innerhalb der Medizin wesentlich beitrug.
(Zweigbibliothek für Zahnmedizin Sign. G 0221 – 3. umgearbeitete Aufl., Leipzig-Wien 1931)

Nachdem er sich 1914 an der Medizinischen Fakultät in Wien im Fach Ohrenheilkunde habilitierte, arbeitete er während des Ersten Weltkrieges als Chefarzt an der Abteilung für Kopfschüsse und Sprachstörungen des Garnisonspitals II in Wien.
Emil Fröschels publizierte während des Ersten Weltkrieges:
Fröschels Emil, (= Priv.Doz. Konziliararzt für Sprachstörungen der Wiener Militärspitäler, zugeteilt dem k.u.k. Reservespital Nr. 1), Über Kriegssprachstörungen, in: Der Militärarzt, 13.3.1915, Nr. 5, S. 73-80.
http://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno-plus?aid=dma&datum=1915&page=43&size=45

Fröschels Emil, Übungsschule für Gehirnkrüppel, in: Münchner medizinische Wochenschrift, 1915, Nr. 27.
1915 kam es in Wien im k.u.k. Kriegsspital Meidling zur Errichtung der ersten Abteilung für sprachgestörte Kriegsverwundete, die Fröschels leitete und in der er mit Karl Julius Rothe zusammen arbeitete. Darüber berichtete Fröschels im Aufsatz: Eine sprachärztliche Kriegsabteilung, (brosch.), in: Medizinische Klinik Nr. 50, 1915.
(Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin, Sign. 13.326)
http://webapp.uibk.ac.at/alo_cat/card.jsp?id=12056825&pos=5&phys
pdf_1_sprachärztliche kriegsabteilung_fröschels [PDF 1 – 3,16 MB]

Ebenfalls aus dieser Klinik stammt der Bericht: Fröschels Emil, Zur Klinik des Stotterns, Münchner medizinische Wochenschrift, 1916, Nr. 12.
Weitere Publikationen Fröschels aus der Zeit des Ersten Weltkrieges:
Fröschels Emil, Über die Beziehungen der Sprachheilkunde zur übrigen Medizin (Vortrag in der Gesellschaft für innere Medizin), in: Wiener Medizinische Wochenschrift, 20.11.1915, Nr. 47, S. 1729-1738.
http://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno-plus?aid=wmw&datum=1915&page=873&size=45

Fröschels Emil, Über die Behandlung von Gaumenlähmung mit kombinierter Sprachgymnastik und Paraffininjektion, in: Monatsschrift für Ohrenheilkunde, 1916, H. 1 und 2.
Fröschels Emil, Über traumatische Sprachstörungen (Aus der 6. Abt. OStA Prof. Alexander) des k.u.k. Garnisonspital Nr. 2), in: Wiener Medizinische Wochenschrift, 1916, Nr. 17, S. 655-660.
http://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno-plus?aid=wmw&datum=1916&page=338&size=45

Fröschels Emil, Über die funktionelle Pathologie des Zwerchfells, in: Wiener Medizinische Wochenschrift, 1916, Nr. 33, S. 259-261.
http://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno-plus?aid=wmw&datum=1916&page=640&size=45

Fröschels Emil, Zur Frage des Wesens der Stotterbewegung, (brosch), in: Medizinische Klinik, 1916, Nr. 39.
(Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin, Sign. 13.307)
http://webapp.uibk.ac.at/alo_cat/card.jsp?id=12056873&pos=8&phys=
pdf_2_stotterbewegungen_fröschels [PDF 2 – 2,63 MB]

1916 erschien seine Monografie: Hilfsbuch für die Behandlung von Sprachstörungen, Wien 1916 und im selben Jahr seine Arbeit: Ratschläge für die Erziehung kleiner Kinder, Wien 1916.
1917 erschien von ihm in der Wiener Medizinischen Wochenschrift, 8.9.1917, Nr. 37, S. 1606-1609, der Aufsatz, Zur Beurteilung von Paresen.
http://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno-plus?aid=wmw&datum=1917&page=704&size=4

Fröschels Emil, Kindersprache und Aphasie, Berlin 1917.
1918 wurde von Fröschels ein Vortrag in der Wiener Medizinische Wochenschrift, 1918, Nr. 7, S. 307, (Vortrag an der k.k. Gesellschaft der Ärzte vom 1.2.1918, Dozent Dr. Emil Fröschels demonstriert einen Soldaten mit motorischer Aphasie) publiziert.
title=“http://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno-plus?aid=wmw&datum=1918&page=150&size=45

Ebenfalls 1918 veröffentlichte er mit einen Beitrag von Rothe die Monografie: Die Kopfverletzungen im Kriege. Ihre psychologische Untersuchung. Wien 1918 (Aus der Abteilung für Kopfschüsse und Sprachstörungen der k.u.k. Garnisonsspital 2).
(Bibliothek der Gesellschaft der Ärzte Sign. S.A. 69.109)
http://webapp.uibk.ac.at/alo_cat/card.jsp?id=12331962&pos=0&phys=

1919 erschienen von ihm die Arbeiten: Die sprachärztliche Therapie im Kriege, (Teil 1: Aphasien, Teil 2: Dysarthrien, Teil 3: Das Stottern), in: Monatsschrift für Ohrenheilkunde und Laryngo-Rhinologie, Berlin-Wien 1918 und 1919.
Die sprachärztliche Therapie im Kriege, (Teil 1: Aphasien) erschienen auch in: Klinische Beiträge zur Ohrenheilkunde. Festschrift zur Vollendung des 70. Lebensjahres ihres Lehrers und Vorstandes der Universitäts-Ohrenklinik Hofrat Prof. Dr. Victor Urbantschitsch von seinen Kollegen, Schülern und Freunden, Berlin-Wien 1919, S. 197-288.
(Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin Sign. 64.431)
http://webapp.uibk.ac.at/alo_cat/card.jsp?id=12032264&pos=0&phys=
pdf_3_sprachärztliche therapie_fröschels [PDF 3 – 3,74 MB]

Nach dem Krieg arbeitete Fröschels bis 1926 an der HNO-Klinik der Medizinischen Fakultät der Universität Wien. Daneben war er Assistent für Phonetik am Physiologischen Institut. Seine Forschung galt den psychologischen Ursachen der verschiedenen Sprach- und Sprechstörungen. Er führte das Stottern auf psychische und nicht auf angeborene Ursachen zurück. 1927 wurde Fröschels zum a.o. Professor an der Medizinischen Fakultät der Universität Wien ernannt. Fröschels war Mitglied des Vereins für Psychiatrie und Neurologie, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Psychologie des abnormen Kindes und von 1926 bis 1938 Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Experimentalphonetik. Nach dem „Anschluss“ Österreichs im März 1938 wurde Fröschels wegen der NS-Rassenverfolgung die Lehrbefugnis entzogen und zwangsbeurlaubt. Er emigrierte 1939 in die USA, wo er als Forschungsprofessor für Sprachstörungen am Central Institute for the Deaf an der Washington University in St. Louis arbeitete. Von 1940 bis 1949 war er Direktor an der von ihm gegründeten Sprach- und Stimmklinik am Mount Sinai Hospital und von 1950 bis 1955 am Beth David Hospital in New York. Er war ab 1947 Präsident der New York Society of Speech and Voice Therapy, lehrte am Pace College New York und war der erste Direktor des Alfred Adler Instituts in New York.
Sonderblog-Serie der Universitätsbibliothek der Medizinischen Universität Wien. „Vertrieben 1938“: https://ub-blog.meduniwien.ac.at/blog/?p=623

Weitere Publikationen von Emil Fröschels nach 1918 aus dem Bestand der Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin
Fröschels Emil, Einige phonetische Beobachtungen an einem sprechenden Hunde (Nach einer Demonstration in der Österreichischen Gesellschaft für experimentelle Phonetik am 20. März 1917), in: Wiener Medizinische Wochenschrift, 1918, Nr. 40, S. 1771-1773.
Fröschels Emil, Einiges über die Sprachentwicklung des Kindes (Vortrag gehalten in der Österreichischen Gesellschaft für experimentelle Phonetik am 20. März 1917), in: Wiener Medizinische Wochenschrift, 1918, Nr. 42, S. 1864-1866.
Föschels Emil, Über die Behandlung der wichtigsten Sprachstörungen, in: Wiener Medizinische Wochenschrift (Sonderabdruck), 15.12.1923, Nr. 51, S. 2300-2306.
(Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin. Sign. 13.336)
http://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno-plus?aid=wmw&datum=1923&size=40&page=1079

Fröschels Emil, Die herrschenden Ansichten über das Wesen des Stotterns. Kritisches Referat, in: Archiv für Psychiatrie und Nervenkrankheiten. 1923, Bd. 69, H. 5, S. 526-545.
(Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin. Sign. 13.337)

Fröschels Emil, Psychotherapie ohne Psychoanalyse, Leipzig 1930 (= Vortrag im Akademischen Verein für medizinische Psychologie, Wien November 1929), in: Zentralblatt für Psychotherapie und ihre Grenzgebiete einschließlich der medizinischen Psychologie und psychischen Hygiene. Hrsg. von E. Kretschmer, Band 3,1930. S. 451-463.
(Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin. Sign. SA 6.487-17)

Ein zweites Standardwerk von Fröschels erschien 1922 und 1923 in zwei Bänden: Freiheit trotz der Naturgesetzlichkeit. Eine philosophische Studie und Lehre, Leipzig-Wien 1922 und 1923.
(Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin. Sign. 3090/1-2)

1920 errichtete Fröschels zusammen mit seinem langjährigen Mitarbeiter und Wiener Volksschullehrers Karl Cornelius Rothe (*1880, +1931), der sich seit 1911 für sprachentwicklungsgestörte Kinder einsetzte, und mit Pädagogen eine Sprachfürsorgestelle für Schulkinder der Stadt Wien. Diese Einrichtung ging aus dem Engagement von Fröschels und Rothe während der im Ersten Weltkrieg und den Jahren danach erfolgten Zusammenarbeit mit Kriegsverletzten mit Stimm- Sprech- und Sprachproblemen hervor.
1917 erschien von ihm der Aufsatz: Rothe Karl C., Bedeutung der Sprachheilkunde im Kriege, in: Neue Bahnen 1917, H. 3 und Die pädagogische Behandlung sprachkranker Soldaten, in: Zeitschrift für pädagogische Psychiatrie und experimentelle Pädagogik, 1917. Weiters: Die Stoische Philosophie als Mittel psychischer Beeinflussung Stotterer, in: Zeitschrift für die gesamte Neurologie, 1917.
Von Rothe erschien 1925 die Monografie: Das Stottern und die assoziative Aphasie und ihre heilpädagogische Behandlung, Wien 1925.
(Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin. Sign. 68.633, 69.213)

1921 veranstalteten Emil Fröschels gemeinsam mit Rothe in Wien erstmals Sonderkurse über Stimm- und Sprachheilkunde für Pädagogen an Wiener Schulen, die zur Errichtung von 38 Sprachheilklassen in Wien führten. 1924 gründete er mit Rothe die Internationale Gesellschaft für Logopädie und Phoniatrie (IALP = International Association of Logopedics and Phoniatrics). An der Lehrerbildungsanstalt und an der Musikhochschule unterrichtete er Sprach- und Stimmheilkunde.

Fröschels richtete 1926 ein individualpsychologisches Ambulatorium für Sprachstörungen an der Poliklinik ein, das er in Zusammenarbeit mit dem Individualpsychologen Alfred Adler (*7.2.1870 Wien, +28.5.1937 Aberdeen/Schottland) und Hugo Stern (*21.04.1875 Prag/Böhmen, +07.07.1941 Nizza/Frankreich). Stern war seit 1919 Leiter des von ihm gemeinsam mit Miloslav Seemann (*1892, +1975) errichteten Phoniatrischen Laboratoriums an der Laryngo-rhinologischen Klinik (Vorstand: Prof. Markus Hajek der Medizinischen Fakultät Wien. Von 1910 bis 1919 war er Leiter der Abteilung für Sprach- und Stimmkranke am Kaiser Franz Josef-Ambulatorium-Jubiläumsspital (erste selbständige Institution dieser Art in der Monarchie). 1933 habilitierte er sich. Er galt als ein international anerkannter Stimmdiagnostiker und Stimmpädagoge. 1938 wurde ihm aufgrund der NS-Rassenverfolgung die Lehrbefugnis entzogen. 1939 flüchtete er nach Paris.
Sonderblog-Serie der Universitätsbibliothek der Medizinischen Universität Wien. „Vertrieben 1938“: https://ub-blog.meduniwien.ac.at/blog/?p=715 “ title=“https://ub-blog.meduniwien.ac.at/blog/?p=715

Stern Hugo, Über die Notwendigkeit der Errichtung Phoniatrischer Abteilungen an Universitätskliniken, Separatabdruck, in: Wiener Medizinische Wochenschrift. 1920. Nr. 29, S. 1299-1304.
http://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno-plus?aid=wmw&datum=1920&page=575&size=45

Oskar Mauthner (30.5.1876 Wien, +?) war während des Ersten Weltkrieges als Regimentsarzt Abteilungschefarzt der Ohren-, Nasen-, und Halsabteilung beim k.u.k. Garnisonsspital Nr. 6 in Olmütz (Kommandant: Oberstabsarzt Dr. Munk), Von ihm erschienen während des Ersten Weltkrieges:
Mauthner Oskar: Kurzer Bericht über eine einjährige kriegsohrenärztliche Tätigkeit, (brsch.) S. 673-691, in: Monatsschrift für Ohrenheilkunde und Laryngo-Rhinologie 1916, Jg. 49 Heft 11 und 12.
(Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin Sign. 15.416)
pdf_4_kriegsohrenärztliche tätigkeit_mauthner [PDF 4 – 7,39 MB]

Mauthner Oskar: Zur Psychotherapie der neurotischen Taubheit und Stummheit, in: Monatsschrift für Ohrenheilkunde, 1916 Jg. 50 Heft 5-6.
(Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin Sign. 15.418)
pdf_5_taubheit stummheit_mauthner [PDF 5 – 7,25 MB]

Mauthner Oskar, Zur Kenntnis und Heilung der Hör- und Sprachstörungen bei Neurosen, in: Klinische Beiträge zur Ohrenheilkunde. Festschrift zur Vollendung des 70. Lebensjahres ihres Lehrers und Vorstandes der Universitäts-Ohrenklinik Hofrat Prof. Dr. Victor Urbantschitsch von seinen Kollegen, Schülern und Freunden. Berlin-Wien 1919, S. 413-494.
(Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin Sign. 64.431)
http://webapp.uibk.ac.at/alo_cat/card.jsp?id=12032264&pos=0&phys=

Text: Walter Mentzel

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