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Gastautor: Prof. Dr. Hermann AICHMAIR: Augen – Amulette, Brillen, Optik [13]: Geschichte der Brille

Gastautor: Hermann AICHMAIR: Augen -Amulette, Brillen, Optik [13]: Geschichte der Brille

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Ein Bericht über das erste Auftauchen von Augengläsern in Wien handelt von der Hochzeitsfeier der Herzogin Jutta von Österreich10) im Jahre 1319 der Bürgermeister von Padua, Gesandter am
österreichischen Hof, erschien mit einer Brille auf der Nase und verursachte dadurch Volksaufläufe und einiges Aufsehen.
Im Mittelalter galten Brillen als Symbol der Gelehrsamkeit, der Würde und des Alters. So wurden Menschen, denen man solche Eigenschaften zubilligte, von Künstlern bewusst mit diesem Attribut dargestellt, auch wenn es sich um Personen aus der Zeit vor der Erfindung der Brille handelte. 1493 hatte der Arzt und Historiker Hartmann Schedl seine Weltchronik herausgebracht. Bei den rund 2.000 Holzschnitten benutzte er zwar ungeniert die gleichen Bildstöcke für die Darstellung verschiedener Personen, doch achtete er stets darauf, dass nur Propheten und Philosophen das Attribut Brille als Zeichen der Weisheit erhielten, niemals aber ein Herrscher oder Heerführer. Benjamin Franklin, der Mitverfasser der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung, kam 1776 als erster Gesandter der USA an den französischen Hof und trug eine von ihm erfundene Bifokalbrille, die er durch Aneinanderpassen von zwei verschieden starken Gläsern und Einfügen in ein Brillengestell selbst gefertigt hatte. Zu dieser Zeit war auch der Kneifer bei den Bürgern sehr beliebt und galt als Zeichen der Intelligenz. Dennoch schrieb der allgemeine Sittenkodex vor, dass man beim Grüßen den Kneifer abnahm, denn ein Untergebener musste sich seinem Vorgesetzten ohne Augengläser nähern.

10) Herzogin „Guta“, auch Jutta genannt, geb. 1302 in Wien, gest. 5.16. März 1329. Tochter von Albrecht/. und Elisabeth von Tirol und Görz, verheiratet 1319 mit Graf Ludwig IV. von Altötting,
begraben seit 1809 in St. Paul im Lavanttal, Kärnten.

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Text: Hermann AICHMAIR, MEIDLING BLÄTTER DES BEZIRKSMUSEUMS, Heft 59, 2003
Fotos: Sammlung Hermann Aichmair Bezirksmuseum Meidling

Gastautor: Prof. Dr. Hermann AICHMAIR: Augen – Amulette, Brillen, Optik [12]: Geschichte der Brille

Gastautor: Hermann AICHMAIR: Augen -Amulette, Brillen, Optik [12]: Geschichte der Brille

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Entwickelt wurde die Brille in Oberitalien, wahrscheinlich
in einem Dominikanerkloster, da sich damals fast
nur Geistliche mit Lesen beschäftigten. Bruder Alexander
Della Spina ist der erste namentlich Erwähnte, der nachweislich Brillen anfertigte

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(laut einer Eintragung in der Chronik des Klosters Santa Caterina zu Pisa 1313).
Es gilt daher als erwiesen, dass die Geburtsstunde der Brille in Europa etwa um 1285 schlug, als ein des Lesens Kundiger auf die Idee kam, sein Vergrößerungsglas nicht mehr vor die Schrift, sondern direkt vor sein Auge zu nehmen und – nicht genug damit – noch ein zweites, gleiches Glas vor sein anderes Auge zu halten. Dann lag der weitere Schritt nahe, die beiden Gläser miteinander zu verbinden, was am einfachsten mit einem Nagel oder einer Niete geschah. Die ersten Brillen werden auch als Niet- oder Nagelbrillen bezeichnet. 1953 wurden bei Reparaturarbeiten hinter der Chorvertäfelung des Klosters Wienhausen9) bei Celle einige solcher Brillen gefunden, die man somit zum erstenmal in natura und nicht nur auf Abbildungen sehen konnte. Zeugnisse zur Datierung der Erfindung der Brillen bilden Ratserlässe der Stadt Venedig aus den Jahren 1284-1330. Die Qualität der Glaswaren wurde streng geregelt, noch strenger aber die Geheimhaltung. Die Ausfuhr von Glas in Stücken, von Sand und von Alaun war verboten. Gelernte Glasarbeiter durften nicht auswandern und andernorts ihr Gewerbe ausüben.

9) Gründung nach der Zisterzienser-Regel durch Herzog Heinrich, gest. 1227, und seine Gemahlin Agnes, gest. 1248.

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Text: Hermann AICHMAIR, MEIDLING BLÄTTER DES BEZIRKSMUSEUMS, Heft 59, 2003
Fotos: Sammlung Hermann Aichmair Bezirksmuseum Meidling

Gastautor: Prof. Dr. Hermann AICHMAIR: Augen – Amulette, Brillen, Optik [11]: Geschichte der Brille

Gastautor: Hermann AICHMAIR: Augen -Amulette, Brillen, Optik [11]: Geschichte der Brille

Die Ägypter und die Griechen kannten zwar die Reflexionsgesetze von Glas, wussten aber nichts von der optischen Wirkung der Linsen. Claudius Ptolemäus, ein Gelehrter, der etwa um 1050 n. Chr. in Alexandrien lebte, erwähnt die optisch vergrößernde Wirkung einer mit Wasser gefüllten Glaskugel 8), führt den Effekt aber auf die Kraft des Wassers zurück und nicht auf die Form der aus Glas und Wasser bestehenden Linse. Vom heiligen Hieronymus (340-420) berichtet die Sage, er sei der Erfinder der Brille gewesen, was natürlich nicht möglich ist. Er ist aber der Schutzpatron der Brillenmacher. Rembrandt zeigte in seiner Radierung „Der heilige Hieronymus am Weidenstamm“ 1648 eine Federbrille. Auch der hL Lucas gehört in den großen Kreis der sagenhaften Erfinder der Brille. In zahlreichen Darstellungen wird der hl. Lucas mit einer Brille gezeigt, so auch auf einer Büste vom Chorgestühl des Klosters Weingarten, die 1473 von Yselin von Constanz geschafften wurde.
Obwohl im alten China manches früher entwickelt wurde als in Europa, so glaubte man bis jetzt, trifft dies für die Erfindung der Brille als Sehhilfe scheinbar nicht zu. Die Chinesen benutzten Brillen, um schwachsichtigen Personen durch die imaginären Kräfte des Yoh-Shui, die sie im Material (geschliffener Teestein oder Rauchtopas) vermuteten, zu helfen. Wegen der bräunlichen Farbe des Teesteins wurden diese Brillen hauptsächlich als Sonnenschutz verwendet bzw. sollten sie die Träger von der Masse des gemeinen
Volkes abheben .

Brille112

Der arabische Astronom Alhazen (gest. 1038) hat im 11. Jahrhundert optische Phänomene studiert und erörterte als erster die Möglichkeit, durch eine zweckmäßig geschliffene optische Linse das Sehen zu unterstützen. Mitte des 13. Jahrhunderts wies der englische Franziskanermönch Bacon auf die Möglichkeit der Vergrößerung kleiner Buchstaben durch passend geschliffene Gläser hin. In den Klöstern im Mittelalter waren zu dieser Zeit vielfach die sogenannten Lesesteine in Gebrauch, halbkugelige,  plankonvexe Linsen aus aus Bergkristall oder Quarz, die mit der planen Unterfläche auf die Schriftstücke gesetzt wurden. Quarz und Bergkristall wurden Beryll genannt, woraus sich später das Wort Brille ableitete. Glas wurde erst viel später zur Herstellung von Sehhilfen verwendet, da es ursprünglich nicht immer durchsichtig war – es gab sogar die Redewendung „schwarz wie Glas“.

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8) Dieses Prinzips bedienten sich bis ins 20. Jahrhundert die Schuster mit ihrer sogenannten Schusterkugel, die sie zur Verbesserung der Lichtverhältnisse verwendeten.

 

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Text: Hermann AICHMAIR, MEIDLING BLÄTTER DES BEZIRKSMUSEUMS, Heft 59, 2003
Fotos: Sammlung Hermann Aichmair Bezirksmuseum Meidling

Gastautor: Prof. Dr. Hermann AICHMAIR: Augen – Amulette, Brillen, Optik [10]: Geschichte der Brille

Gastautor: Hermann AICHMAIR: Augen -Amulette, Brillen, Optik [10]: Geschichte der Brille

Die Sehkraft ist vielleicht der wichtigste aller unserer Sinne, weshalb ihre Reduzierung oder ihr Verlust den Menschen schon immer sehr getroffen hat. Bis vor Kurzem war ich noch der Meinung, daß die Erfindung der Brille an sich gar nicht so weit zurückreicht wie man sich das meist vorstellte. Diese Meinung kann aber nicht mehr so ohne weiteres vertreten werden, nachdem der Arzt H. T. Pi in seiner Arbeit „ The History of Spectac/es in China“, 1928, folgendes berichtete: In der Sung Dynastie (960-1090 n. Chr.) hat Ching
Lu in seinem Buch „Jung Tien Ching Lu“ berichtet, dass alte Leute, welche

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keine kleine Schrift lesen konnten, dies aber mit „Ai Tai“ konnten. Chang Tze Lieh in der Zeit der Ming Dynastie (1352-1646 n.Chr.) schrieb in seiner Veröffentlichung „Cheng Tze Tung“, dass unter dem Terminus „Ai Tai“ Brillen zu verstehen sind. Außerdem berichtet Pi, dass Hau Chi Chu zu wissen glaubt, dass seit der Chiu Dynastie (1107-376 vor Chr.), weiter in der Wei Dynastie, in
der Sung Dynastie (960-1127 n. Chr.), in Indien und später auch in China Brillen produziert würden (aus der gleichen Substanz), außerdem berichtet er, dass man Feuer auf 3 Arten erzeugen kann:
1) mit Holz,
2) durch die Sonne und
3) von einem Stein, z. B. Bergkristall.
Letzterer scheint auch in Form von Bikonvexlinsen erzeugt worden zu sein, welche in einem Rahmen oder in einer Vorrichtung waren, mit der man leicht Feuer machen konnte. Und es ist durchaus möglich, dass man dies als Anfang der Brille ansehen kann.

Außerdem wird von Pi erwähnt, dass man zu dieser Zeit auch Konkav-Linsen kannte, also ein Sehbehelf für Kurzsichtige.
In Europa wurden Konkav-Brillen erst im 16. Jahrhundert erzeugt.
In diesem Zusammenhang sei auch noch auf die geschliffenen Bergkristall-Linsen im Schatz von Troja (ca. 1200 v. Chr) von Schliemann hingewiesen.
Sie sind alle plankonvex und haben einen Durchmesser von ca. 2,4 bis 2,8 cm. Diese Linsen haben eine ca. 11 fache Vergrößerung und könnten sowohl im Rahmen, wie unser Einglas, oder auch als sogenannter Lesestein

Brille103Brille104

Verwendung gefunden haben. Diese Linsen haben fast
den gleichen Durchmesser wie die Lesesteine des Mittelalters.
Mit diesen Erfahrungen konnte sehr leicht bewiesen
werden, dass erstens die Brille nicht erst im 12. Jahrhundert
n. Chr. erfunden wurde und zweitens, dass die Linsen, die in Troja gefunden wurden, sicherlich auch als Mittel zur Vergrößerung eines
geschriebenen Textes verwendet wurden. Es wurden auch Linsen
mit einem größeren Durchmesser und einem zentralen Loch gefunden. Dies könnte vielleicht damit zusammenhängen, dass diese Linsen als Amulett gegen den bösen Blick
getragen wurden. Bergkristall galt nämlich als Mittel dagegen.

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Text: Hermann AICHMAIR, MEIDLING BLÄTTER DES BEZIRKSMUSEUMS, Heft 59, 2003
Fotos: Sammlung Hermann Aichmair Bezirksmuseum Meidling

Gastautor: Prof. Dr. Hermann AICHMAIR: Augen – Amulette, Brillen, Optik [9]: Die Geschichte der Augenheilkunde

Gastautor: Hermann AICHMAIR: Augen -Amulette, Brillen, Optik [9]: Die Geschichte der Augenheilkunde

Die Verwendung verschiedener Laser eröffnete schließlich neue Behandlungsmöglichkeiten für den Grauen und Grünen Star und die diabetische Retinopathie 7) sowie den unblutigen
Einsatz bei der Mikrochirurgie. Die Entwicklung neuer, am Auge gut verträglicher Kunststoffe hat der Kontaktlinse als Alternative
zur Brille einen ungeheuren Aufschwung gebracht, wenngleich die gute alte Brille dadurch kaum ganz verdrängt werden wird. In letzter Zeit gelang es, durch die Weiterentwicklung von optischen
Sehbehelfen aller Art, von der Lupe bis zum elektronischen Lesegerät, auch für viele schwer Sehbehinderte eine
Hilfe zu schaffen. Es ist leider eine traurige Tatsache,
daß immer mehr Augen entfernt werden müssen, sei es wegen einer Krankheit, sei es wegen Zunahme von Verletzungen
oder Unfällen. Dies ergibt daher das Bedürfnis, diese Entstellung
des Gesichtes mit Prothesen zu beseitigen. Es ist bekannt, daß schon
die Ägypter, Griechen und Römer künstliche Augen aus vielfältigen
Materialien ihren Skulpturen und Plastiken einsetzten,
nicht aber den Menschen.

Glasaugen

Erst seit dem Mittelalter ist bekannt, daß in Venedig auch Kunstaugen erzeugt wurden. Diese  Augen waren nicht nur teuer, sondern für den Patienten auch meist sehr unangenehm und mußten daher bald wieder erneuert werden. Paris war im 17. und 18. Jahrhundert das Zentrum zur Erzeugung von Kunstaugen. Die Gebrüder Müller in Wiesbaden waren seit 1850 an der Weiterentwicklung maßgeblich beteiligt, verwendeten
erstmals das Kryolith-Glas und erfanden nach einem Vorschlag von Snellen eine doppelschalige Prothese, das sogenannte „Reformauge“. 1889 konnte es erstmals öffentlich vorgestellt werden. Seit ca. 1850 werden von der Firma Müller Augenprothesen erzeugt und die Technik der Herstellung an Schüler weitergegeben.
Einer von diesen war ein Herr Asprion, der sich 1925 nach seiner Lehre in Wien niederließ. Die Firma besteht noch bis heute in dritter Generation zur vollen Zufriedenheit der Patienten.
Durch die Neuordnung der Universität Wien sowie durch die Errichtung des Neuen Allgemeinen Krankenhauses wurden die beiden Universitäts-Augenkliniken wieder auf eine einzige reduziert.

7) Netzhautveränderung bei Diabetes.

Christbaum

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Text: Hermann AICHMAIR, MEIDLING BLÄTTER DES BEZIRKSMUSEUMS, Heft 59, 2003
Fotos: Sammlung Hermann Aichmair Bezirksmuseum Meidling

Gastautor: Prof. Dr. Hermann AICHMAIR: Augen – Amulette, Brillen, Optik [8]: Die Geschichte der Augenheilkunde

Gastautor: Hermann AICHMAIR: Augen -Amulette, Brillen, Optik [8]: Die Geschichte der Augenheilkunde

Nach 1945 nahm die Augenheilkunde erneut einen rasanten Aufschwung. Es wurden neue lnstumente, z. B. für die Mikrochirurgie unter Einsatz von Operationsmikroskopen, und neue Nahtmaterialien entwickelt, wie z. B. atraumatisches Nahtmaterial 6) von einer solchen Feinheit, daß es nur mehr unter dem Mikroskop gesehen werden kann, oder der Fibrinkleber als Ersatz für Nähte. Die für das Auge neu entwickelte Ultraschalluntersuchung dient der Verfeinerung der Diagnostik von Augenkrankheiten, auch bei Vorhandensein einer getrübten Augenlinse, dem lokalisieren von nicht schattengebenden Fremdkörpern, der Differentialdiagnose bei Geschwulsten und der Messung verschiedener Augenparameter wie Achsenlänge, Linsenstärke, Muskeldicke usw. Wichtige Neuerungen betreffen die Netzhaut- und Aderhautchirurgie und die neuen Möglichkeiten der Operation des Grauen Stars, wobei während der Operation eine Kunststofflinse implantiert werden kann, welche die sehr lästige „Starbrille“ überflüssig macht. Dies erfordert allerdings die vorherige Bestimmung der Stärke der zu implantierenden Linse mittels Computerbiometri. Weitere Fortschritte wurden während einer Vor- auch in der operativen Behandlung von Brechungsfehlern lesung, Ende 19. Jh. mit Hilfe von radiären Einschnitten der Hornhaut an ihren Rändern erzielt oder durch das Aufnähen von tiefgefrorenen menschlichen Linsen auf die fehlerhafte Hornhautmitte (Epikeratophakie). Auch bei der Hornhauttransplantation (Keratoplastik) konnten große Fortschritte verzeichnet werden. Diese wurden aber erst durch den Einsatz von Antibiotika sowohl zur Operationsprophylaxe als auch zur Nachbehandlung ermöglicht. In der Augenmuskelchirurgie wurden neue Wege bei der Behandlung von Augenmuskellähmungen beschritten: Es wird versucht, mittels Nerventransplantationen einen gelähmten Augenmuskel wieder zu innervieren (Muskuläre Neurotisation). 6) atraumatisch =ohne Gewalteinwirkung, Nahtmaterial, das nahezu keine Nahtnarben hinterläßt.

Studienlupe

Alle Beiträge–>Augenheilkunde Text: Hermann AICHMAIR, MEIDLING BLÄTTER DES BEZIRKSMUSEUMS, Heft 59, 2003 Fotos: Sammlung Hermann Aichmair Bezirksmuseum Meidling

Gastautor: Prof. Dr. Hermann AICHMAIR: Augen – Amulette, Brillen, Optik [7]: Die Geschichte der Augenheilkunde

Gastautor: Hermann AICHMAIR: Augen -Amulette, Brillen, Optik [7]: Die Geschichte der Augenheilkunde

Nach Beers Tod (1821) wurde nicht sein begabtester Schüler und Schwiegersohn,
Friedrich von Jäger, zum Nachfolger ernannt, sondern der Ungar Anton Rosas 5), damals
Direktor der Augenklinik in Padua. Unter der Aegide de Rosas, fertigte der Augenarzt und
Künstler J. N. Hoffmayr Wachsbilder von pathologischen Zuständen des Auges an.
Die handwerkliche Vollendung zeigt sich in ihrer, ungeachtet des Realismus
und der Genauigkeit der Moulagen, künstlerischen Gestaltung und kann auch
heute noch im Institut für Geschichte der Medizin in Wien bewundert werden.
Friedrich von Jäger, Ritter von Jaxtthal, wurde wegen seiner ophthalmologischen
Fähigkeiten, er führte eigene und ganz neue Techniken von Augenoperationen
ein, so bekannt, daß so berühmte Augenärzte wie Konrad Johann
Martin Langenbeck, Albrecht von Graefe, Sichel und De Wecker zu ihm nach
Wien reisten, um von ihm zu lernen. Es darf nicht unerwähnt bleiben, daß nach
Jaeger durch Arlt der Glanz der Wiener Schule noch verstärkt wurde.


Die Betrachtung der tieferen
Anteile des Auges, namentlich
des Augenhintergrundes, wurde
durch die Erfindung des Augenspiegels
(1851) von Hermann Ludwig von Helmholtz (1821-1894)
ermöglicht und erschloß  den Augenärzten eine neue Welt. Krankhafte Veränderungen der tieferen
Augengebilde waren nunmehr genau erkennbar, was zu einer Vermehrung des
augenärztlichen Wissens beitrug und zu erstaunlichen Fortschritten in diesem
Fach führte. Aufgrund dieser explosiven Entwicklung wurde in der Folge (1883)
sogar eine zweite Universitäts-Augenklinik in Wien gegründet, deren erster Ordinarius
Eduard von Jaeger, der Enkel Beers, wurde. Sie war nicht als Konkurrenz
gedacht, sondern als Ergänzung, und brachte auch so hervorragende und international
anerkannte Männer wie Ernst Fuchs, Karl David Lindner und Böck hervor,
während von der Ersten Augenklinik Josef Meiler, Arnold Pillat und Hruby
die bekanntesten waren.
5) Anton Rosas, 1836 geadelt und seither „von Rosas“; geb. 1791, Fünfkirchen (Pecs), Ungarn,
gest. 1855, Wien. Ophtalmologe. Nach dem Studium an den Universitäten Pest und Wien wurde
Rosas Assistent von Georg Joseph Beer. 1819 folgte Rosas einer Berufung an die Universität
Padua. Nach Beers Tod wurde Rosas 1821 nach Wien zurückberufen und leitete die Klinik bis
1853. Er nahm zahlreiche Verbesserungen vor, z. B. richtete er ein ganzjähriges Ambulatorium ein,
ließ durch J. N. Hoffmayr Wachsmodelle menschlicher Augenkrankheiten herstellen und vergrößerte
die klinische Bibliothek. In Meidling ist eine Straße nach ihm benannt – Rosasgasse.

Text: Hermann AICHMAIR, MEIDLING BLÄTTER DES BEZIRKSMUSEUMS, Heft 59, 2003
Fotos: Sammlung Hermann Aichmair Bezirksmuseum Meidling

Van Swieten Blog Beiträge:

EOD – eBook on Demand: „Medizinhistorische Dissertationen“: Beer, Franz Joseph: Dissertatio Inauguralis Medica De Chorea S. Viti, 1769

EOD – eBook on Demand: „Medizinhistorische Dissertationen“: Friedericus Jaeger Dissertatio de keratonyxidis usu, Viennae 1812

EOD – eBook on Demand: „Medizinhistorische Dissertationen“: Rosas, Anton von, 1791-1855: Vera fistulae sacci lacrymalis notio et sanandi methodus

Beer   Georg Joseph, (Georg Josef)  
Geburtsdatum:   1763 [23.12.1763, 14.12.1763]   Wien
Sterbedatum:   1821 [21.04.1821, 11.04.1821]   Wien
Disziplin:   Ophthalmologie, (Augenheilkunde)
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PERSONENBLATT    SCANS

Jäger von Jaxtthal, (Jaeger von Jaxtthal), (Jäger von Jaxthal), (Jaeger von Jaxthal), (Jäger), (Jaeger)   Friedrich Ritter, (Christoph Friedrich Ritter von)  
Geburtsdatum:   04.09.1784, [1783]   Kirchberg (Jagst)
Sterbedatum:   1871 [26.12.1871, 25.12.1871]   Wien
Disziplin:   Ophthalmologie, (Augenheilkunde)
Ophthalmologie (Promotion: 1808 in Landshut, 1812 in Wien)
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Rosas   Anton Edler von, (Anton von), (Anton)
Geburtsdatum:   1791 [30.12.1791, 23.12.1791]   Fünfkirchen
Sterbedatum:   31.05.1855   Fünfkirchen
Disziplin:   Ophthalmologie, (Augenheilkunde)
Ophthalmologie (Promotion: 1814 in Wien zum Dr.med., 1816 in Wien zum Dr.chir.)
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Gastautor: Prof. Dr. Hermann AICHMAIR: Augen – Amulette, Brillen, Optik [6]: Die Geschichte der Augenheilkunde

Gastautor: Hermann AICHMAIR: Augen -Amulette, Brillen, Optik [6]: Die Geschichte der Augenheilkunde

Begründet wurde die Wiener Ophthalmologenschule von Georg Joseph Beer 4).
Er hatte gegen größte Schwierigkeiten von Seiten seines Lehrers Barth und
anderen Professoren der Wiener Fakultät zu kämpfen, bis er 1812 zum Professor
für Augenheilkunde ernannt wurde; gleichzeitig wurde auch eine „stabile
Augenklinik“ errichtet. Beer hatte schon 1786, gleich nach seiner Promotion,
eine okulistische Praxis eröffnet und in seiner Wohnung zwei Zimmer eingerichtet,

um unbemittelte Augenkranke unentgeltlich aufnehmen und behandeln
zu können. Anfang 1813 wurde am Allgemeinen
Krankenhaus in Wien eine eigenständige Augenklinik
mit zwei Zimmern zu je acht Betten eröffnet.
Erst 1818 wurde die Lehrkanzel zu
einem Ordinariat erhoben mit einer fünfstündigen
Vorlesung über zwei Semester.
Wien wurde durch die Hartnäckigkeit
Beers zum Vorbild für die europäische Augenheilkunde.

4) Georg Joseph Beer, geb. 1763, Wien, gest. 1821, Wien. Ophtalmologe. Nach dem Studium an
der Universität Wien arbeitete Beer als anatomischer Zeichner bei Joseph Barth und ab 1787 als
2. Physikus am Allgemeinen Krankenhaus, wo er auch unentgeltlich Augenkranke behandelte und
Privatkurse über Augenheilkunde abhielt. 1805 und 1807 suchte er vergeblich um die Bestellung
zum Professor für Augenheilkunde an. Erst 1812 wurde er Vorstand der neu gegründeten
Lehrkanzel für Augenheilkunde an der Universität Wien, die 1818 zum Ordinariat erhoben wurde.
Damit hatte sich die Augenheilkunde zum selbständigen Spezialfach entwickelt. Ab 1819 mußte
sich Beer krankheitshalber von seinem Schwiegersohn Friedrich Jäger vertreten lassen. Beer war
ein äußerst geschickter Operateur und guter Lehrer. Zu seinen bedeutendsten Schülern zählt
neben Jäger sein Nachfolger Anton von Rosas.

Text: Hermann AICHMAIR, MEIDLING BLÄTTER DES BEZIRKSMUSEUMS, Heft 59, 2003
Fotos: Sammlung Hermann Aichmair Bezirksmuseum Meidling

Van Swieten Blog Beiträge:

EOD – eBook on Demand: „Medizinhistorische Dissertationen“: Beer, Franz Joseph: Dissertatio Inauguralis Medica De Chorea S. Viti, 1769

EOD – eBook on Demand: „Medizinhistorische Dissertationen“: Friedericus Jaeger Dissertatio de keratonyxidis usu, Viennae 1812

EOD – eBook on Demand: „Medizinhistorische Dissertationen“: Rosas, Anton von, 1791-1855: Vera fistulae sacci lacrymalis notio et sanandi methodus

Beer   Georg Joseph, (Georg Josef)  
Geburtsdatum:   1763 [23.12.1763, 14.12.1763]   Wien
Sterbedatum:   1821 [21.04.1821, 11.04.1821]   Wien
Disziplin:   Ophthalmologie, (Augenheilkunde)
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Jäger von Jaxtthal, (Jaeger von Jaxtthal), (Jäger von Jaxthal), (Jaeger von Jaxthal), (Jäger), (Jaeger)   Friedrich Ritter, (Christoph Friedrich Ritter von)  
Geburtsdatum:   04.09.1784, [1783]   Kirchberg (Jagst)
Sterbedatum:   1871 [26.12.1871, 25.12.1871]   Wien
Disziplin:   Ophthalmologie, (Augenheilkunde)
Ophthalmologie (Promotion: 1808 in Landshut, 1812 in Wien)
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Rosas   Anton Edler von, (Anton von), (Anton)
Geburtsdatum:   1791 [30.12.1791, 23.12.1791]   Fünfkirchen
Sterbedatum:   31.05.1855   Fünfkirchen
Disziplin:   Ophthalmologie, (Augenheilkunde)
Ophthalmologie (Promotion: 1814 in Wien zum Dr.med., 1816 in Wien zum Dr.chir.)
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Gastautor: Prof. Dr. Hermann AICHMAIR: Augen – Amulette, Brillen, Optik [5]: Die Geschichte der Augenheilkunde

Gastautor: Hermann AICHMAIR: Augen -Amulette, Brillen, Optik [5]: Die Geschichte der Augenheilkunde
Es war daher die Zeit reif, daß sich die Augenheilkunde von der
Chirurgie abzuspalten begann. Um 1800 war sie schon vereinzelt
Gegenstand besonderer Lehraufträge (in Wien und Prag
unter Joseph Barth 2) und Georg Prochaska 3)).
Die Selbständigkeit des Faches wurde aber zuerst in Wien erreicht
1812 wurde an der Wiener Medizinischen Fakultät die erste Lehrkanzel und Universitätsklinik
für Augenheilkunde der Welt geschaffen. Damit nimmt von Wien die
Entwicklung der Spezialisierung der Augenheilkunde ihren Ausgang.

Man wollte vor allem von ausländischen Staroperateuren unabhängig werden und eigene
tüchtige Okulisten haben. Kaiser Joseph II. beauftragte 1789 den Anatomen
Josef Barth, der bei Baron Wenzel die Technik der Staroperation gelernt hatte, je
einen Augenarzt für die Universität und für die medizinisch-chirurgische Militärakademie,
die Josephina, auszubilden. Johann Adam‘ Schmidt (1759-1809), ein
Freund Beethovens, studierte als erster am Josephinum Augenheilkunde und
wurde in der Folgezeit ein international anerkannter Okulist, wie auch später
Stellwag von Carion.

2) Joseph Barth, geb. 1745, La Valetta, Malta, gest. 1818, Wien. Anatom, Augenarzt. Nach dem
Medinzinstudium in La Valetta und Rom bildete er sich in Wien zum Staroperateur aus. 1773 wurde
Barth Professor für Augenheilkunde und Anatomie an der Universität Wien und verbesserte in den
folgenden Jahren den Unterricht durch Schaffung eines Sezierbodens, eines anatomischen
Amphietheaters, einer Bibliothek und eines Museums. Er stellte kunstfertig anatomische Präparate
her, die ihm Kaiser Josef II„ dessen Leibaugenarzt er war, abkaufte. Sie bildeten den Grundstock
der anatomischen Sammlung der Universität Wien. Georg Joseph Beer war ab 1786 Barths
Schüler. 1791 zog sich Barth vom Lehramt zurück und widmete sich nur noch seiner Praxis,
angeblich führte er insgesamt 3.000 Staroperationen durch. Barths Nachfolger war sein Assistent
Georg Prochaska.
3) Georg Prochaska, geb. 1749, Lispitz, Mähren (Bli kovice, CZ), gest. 1820, Wien, Anatom,
Physiologe. Nach seinem Medizinstudium in Wien war Prochaska Assistent an der anatomischen
und ophtalmologischen Lehrkanzel bei Joseph Barth. 1778 wurde er zum Professor für
Augenheilkunde an der Universität Prag ernannt. Nach dem Rücktritt Barths wurde Prochaska als
Professor der Anatomie, Physiologie und Augenheilkunde nach Wien berufen. Seine bedeutendsten
Leistungen vollbrachte er auf dem Gebiete der Sinnes- und Nervenphysiologie.

Text: Hermann AICHMAIR, MEIDLING BLÄTTER DES BEZIRKSMUSEUMS, Heft 59, 2003
Fotos: Sammlung Hermann Aichmair Bezirksmuseum Meidling

Barth   Joseph, (Josef)  
Geburtsdatum:   18.10.1745   La Valetta (Malta)
Sterbedatum:   07.04.1818   Wien
Disziplin:   Anatomie, Ophthalmologie, (Augenheilkunde)
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Procháska, (Prochaska)   Georg  
Geburtsdatum:   10.04.1749   Blížkovice
Sterbedatum:   17.07.1820   Wien
Disziplin:   Anatomie, Physiologie, (Körperfunktion), Ophthalmologie, (Augenheilkunde)
Anatomie, Physiologie, Ophthalmologie (Promotion zum Dr.phil., 1776 zum Dr.med., 1778 zum Mag. der Augenheilkunde)
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Gastautor: Prof. Dr. Hermann AICHMAIR: Augen – Amulette, Brillen, Optik [4]: Die Geschichte der Augenheilkunde

Gastautor: Hermann AICHMAIR: Augen -Amulette, Brillen, Optik [4]: Die Geschichte der Augenheilkunde

Eine weitere große Aufgabe neben der Behandlung aller entzündlichen
Augenleiden auf Grundlage ärztlicher Empirie und den zur Chirurgie
ressortierenden Augenoperationen stellte nunmehr die Korrektur von
Sehfehlern dar, die auf den Ergebnissen der physikalischen und
physiologischen Optik beruhten und von der Entwicklung der
Glastechnik abhingen. Der heute hohe Prozentsatz von Brillenträgern zeugt
von der Wichtigkeit dieser augenärztlichen Teilaufgabe in der modernen
Gesellschaft. Im 17. Jahrhundert wurde die physikalische, und mit ihr auch die
physiologische Optik zu einem wissenschaftlichen Grundpfeiler der Ophthalmologie
(Augenheilkunde) ausgebaut, im 18. Jahrhundert die makroskopische
Anatomie des Auges zu einem vorläufigen Abschluß gebracht. Wichtige
Erweiterungen des Wissens kamen im 18. Jh. aus Frankreich (Maitre-Jean,
Davielsche Kataraktoperation) und Deutschland (Heister in Altdorf, Helmstedt,
Ernst Platner in Leipzig, Richter in Göttingen).


Die gesamte Chirurgie, somit auch
die Augenheilkunde, fand im laufe
des 18. Jahrhunderts an den Universitäten
eine zunehmend ernsthafte
Pflege und Vertretung in
Theorie und Praxis. Ärzte und Universitätslehrer
übernahmen allmählich
auch in der praktischen
Ausübung die Führung, wodurch
umherziehenden Starstechern der
Boden entzogen und ihr Auftreten
mit der Zeit als Anachronismus
und Skandal empfunden wurde.
Alle Beiträge–>Augenheilkunde

Text: Hermann AICHMAIR, MEIDLING BLÄTTER DES BEZIRKSMUSEUMS, Heft 59, 2003
Fotos: Sammlung Hermann Aichmair Bezirksmuseum Meidling