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Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien [18]: Skoda, Joseph: Abhandlung über Perkussion und Auskultation. Wien: Bei J. G. Ritter von Mösle’s Witwe & Braumüller 1839.

Skoda, Joseph: Abhandlung über Perkussion und Auskultation. Wien: Bei J. G. Ritter von Mösle’s Witwe & Braumüller 1839.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 3243]

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Aufgegeben sei der Gedanke, die Grunderscheinung des Lebens zu enthüllen – ein Lebensprinzip aufzustellen –, da die Erfahrung nirgends eine solche Fundamentalerscheinung nachweise; und bei der Erforschung der Gesetze des tierischen Organismus seien dieselben Hilfsmittel anzuwenden, welche Physik und Chemie zur Ermittlung der Gesetze der anorganischen Welt anzuwenden pflegen.[1] [Aus der Antrittsrede Joseph Skodas 1846]

Skoda

Abb. 1    Joseph Skoda. Josephinum – Medizinische Sammlungen, MedUni Wien. Sign.: MUW-FO-IIR-000149-0007-001

Joseph Ritter von Skoda (*10.12.1805 Pilsen, gest. 13.06.1881 Wien) gilt als Begründer der physikalischen Diagnostik sowie, zusammen mit Ferdinand von Hebra (1816-1880) und Carl von Rokitansky (1804-1878), als Begründer der II. Wiener Medizinischen Schule. Er wurde als Sohn eines Schlossers in Pilsen geboren und verbrachte seine Kindheit und Jugend in großer Armut. 1825 begann er mit dem Studium der Medizin an der Universität Wien, was nur durch die Unterstützung der Wiener Seidenzeugfabrikantin Anna Bischoff möglich war. Nebenbei belegte er auch bei Andreas von Baumgartner (1793-1865) und Andreas von Ettingshausen (1796-1878) Physik und Mathematik, was für die Richtung seiner späteren Forschungen bestimmend sein sollte. Nachdem er das Studium im Juli 1831 abgeschlossen hatte, trat er im selben Jahr eine Arbeitsstelle als Choleraarzt in Böhmen an, die er nach einem Jahr wieder aufgab, um nach Wien zurückzukehren. Dort arbeitete er von 1832 bis 1837 als unbesoldeter Sekundararzt am Allgemeinen Krankenhaus der Stadt Wien. Skoda, der noch nach der Humoralpathologie (Vier-Säftelehre) im Geiste Maximilian Stolls (1742-1787) und Johann Valentin von Hildenbrands (1763-1881) ausgebildet worden war stand dieser jedoch kritisch gegenüber und verließ sich nur auf seine selbst beobachteten Ergebnisse. Dies erzeugte natürlich Missfallen bei den Hütern der Tradition. Schon ein kleiner Verstoß, die ungenehmigte Tracheotomie bei einem Erstickenden, brachte ihm ein Jahr Strafdienst in der Irrenabteilung ein. Skoda ließ sich jedoch nicht beirren und arbeitete an der Weiterentwicklung der Perkussion (Abklopfen der Körperoberfläche zu diagnostischen Zwecken) von Leopold von Auenbrugger (1722-1809) und Auskultation (Abhören des Körpers) von René Théophile Hyacinthe Laënnec (1781-1826), dem Erfinder des Stethoskops. 1839 veröffentlichte Škoda sein wohl bekanntestes und wichtigstes Werk, Abhandlung über Perkussion und Auskultation, das seinen Weltruhm begründen sollte. „Percussion of the chest, introduced by the Austrian L. Auenbrugger in his book, published in 1771 in Latin, remained unnoticed in his country. It was promoted, on the other hand, by J. N. Corvisart (1755-1821) in Paris, and together with auscultation, introduced by R. T. H. Laennec (1748-1822), the French clinicians moved ahead of the old Austrian school. Their diagnostic conclusions, however, were reached intuitively, and percussion or auscultation phenomena were ascribed as typical for specified organ disease (liver, lung, tuberculosis, etc.) Skoda reimported Auenbrugger’s use of percussion. His approach – in contrast to that of the French colleagues – was based solely on the objective description of physical signs. To him, the acoustic phenomena produced by percussion were not specific for a given organ, but for the amount of air or fluid; hollow, empty, tympanic, high, deep, clear, dull. Based on acoustic phenomena, Skoda tried to explain the physical changes in an organ and then, from the anatomical and pathologic possibilities, he reached a clinical diagnostic conclusion.”[2]

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Abb. 2    Titelblatt: Skoda, Joseph: Abhandlung über Perkussion und Auskultation. Wien: Bei J. G. Ritter von Mösle’s Witwe & Braumüller 1839.

Nachdem er ab 1838 eine Arbeitsstelle als Armenarzt in St. Ulrich (Wien-Neubau) angenommen hatte, kehrte er 1840 als Leiter an die neu eingerichtete Abteilung für Brustkranke im Allgemeinen Krankenhaus Wien zurück, die von Ludwig von Türkheim (1777-1846) eigens für ihn geschaffen worden war. Im selben Jahr gelang, zusammen mit Franz Schuh (1804-1865), die Punktion eines Herzbeutels. 1841 wurde Skoda zum Primar ernannt und stand neben der Abteilung für Brustkranke auch den Abteilungen für Innere Medizin sowie Hautkrankheiten vor. In den folgenden Jahren scheiterten Bewerbungen für Professuren in Prag und Wien, bis er schließlich 1846 zum Professor und Vorstand der Klinik für Innere Medizin in Wien ernannt wurde. Joseph Skoda hat ebenso wie Carl von Rokitansky eine Vielzahl von Schülern ausgebildet, mit denen die Wiener Primariate und internistischen Lehrkanzeln von Innsbruck und Graz versorgt wurden. Sein bedeutendster Schüler war Leopold Schrötter von Kristelli (1837-1908), der das klinische und sozialhygienische Erbe seines Lehrers antrat. Im Dezember 1871 wurde Skoda emeritiert, blieb allerdings weiterhin in diversen Ehrenämtern, u. a. als Ehrenpräsident der Gesellschaft der Ärzte in Wien. Bereits zu Lebzeiten spendete Skoda sein Vermögen diversen Armenhäusern und karitativen Einrichtungen.

Quellen:

Ehrlich, Anna: Ärzte, Bader, Scharlatane. Die Geschichte der Heilkunst in Österreich. Wien: Amalthea 2007.

Fejfar, Zdeněk und Ludmilla Hlavačkova: Joseph Skoda. In: Clinical cardiology. (20) 1997. S. 740-741.

Wyklicky, Helmut: Die Vollendung der Erfindungen von Auenbrugger und Laennec durch Josef Skoda. In: Wiener klinische Wochenschrift. (93) 1981/Nr. 15. S. 501.

Lesky, Erna: Die Wiener medizinische Schule im 19. Jahrundert. (= Studien zur Geschichte der Universität Wien, Bd. 6). Graz und Köln: Verlag Hermann Böhlaus Nachf. 1965.

Lesky, Erna: Joseph Skoda. In: Wiener klinische Wochenschrift. (68) 1956/Nr. 38/39. S. 726-729.

Text: Harald Albrecht

[1] Wyklicky, Helmut: Die Vollendung der Erfindungen von Auenbrugger und Laennec durch Josef Skoda. In: Wiener klinische Wochenschrift. (93) 1981/Nr. 15. S. 501.

[2] Fejfar, Zdeněk und Ludmilla Hlavačkova: Joseph Skoda. In: Clinical cardiology. (20) 1997. S. 740.

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