Schlagwort-Archive: Epidemie

Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien [41]: Die Sammlung „Cholera-Epidemie 1831-1832“ an der Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin

Die Sammlung „Cholera-Epidemie 1831-1832“ an der Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin

In der Neuburger Bibliothek an der Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin befindet sich unter der Signatur Sign. 3285 die Sammlung „Cholera-Epidemie 1831-1832“ zu den Cholera-Epidemien im 19. Jahrhundert mit dem Schwerpunkt Mittel- und Osteuropa der Jahre 1831 und 1832. Diese Sammlung umfasst über 200 Titel mit dem Schwerpunkt Österreich, aber auch mit dieser Pandemie sich beschäftigende zeitgenössische Werke aus Deutschland, Italien, England oder Frankreich.

Zu Beginn der 1830er Jahre brach in Europa eine bisher unbekannte Epidemie (die erste Pandemie trat 1817 bis 1824 in Asien, Afrika, Russland und Kleinasien auf), die Cholera, aus, die sich seit 1829 endemisch von Indien über das Gebiet am Schwarzen Meer bis nach Europa ausweitete. 1830 erreichte die Krankheit mit Galizien erstmals den Osten der Habsburgermonarchie und – trotz der Seuchenbekämpfung im Nordosten Ungarns – Mitte August 1831 Wien, wo sie in der Nacht vom 13. auf den 14. September abrupt ausbrach.

Brigham, Amariah: A treatise on epidemic cholera; including an historical account of its origin and progress, to the present period. Compiled from the most authentic sources. Harford: Published by H. and F.J. Huntington 1832 (Cholera Nr. 17).

Bereits 1830 war die immer näher rückende Epidemie in Mitteleuropa Gegenstand von öffentlichen Erörterungen und warf Fragen zu deren Bekämpfung und vor deren Schutz auf. Erste Maßnahmen der Verwaltungen wurden bereits 1830 veröffentlicht darunter:

Instruction für die Sanitäts-Behörden, und für das bei den Contumaz-Anstalten verwendete Personale, zum Behufe die Gränzen der k.k. österreichischen Staaten vor dem Einbruche der im kaiserlich-russischen Reiche herrschenden epidemischen Brechruhr (Cholera morbus) zu sichern und im möglichen Falle des Eindringens ihrer Verbreitung zu hemmen. Auf allerhöchsten Befehl verfasst. Wien: typ. k.k. Hof- und Staats Aerarial-Druckerey 1830 (Cholera Nr. 93).

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 3285/93]

http://webapp.uibk.ac.at/alo/cat/card.jsp?id=8592169&pos=47&phys=

Erst im Frühjahr 1832 klang in Wien die Epidemie ab und erreichte im Juni 1832 einen neuerlichen Höhepunkt, der erst im September 1832 abebbte. Die Cholera gelangte in Wien über den Wienfluss und die Donau in die Abwässer der Vorstädte und so in das Grundwasser, womit auch die für die Trinkwasserversorgung der Bevölkerung existenziell benötigten Brunnen verseucht wurden. Als Reaktionen auf die Cholera-Epidemie der Jahre 1831 und 1832 kam es kurz darauf zum Bau der Sammelkanäle am Wienfluss.

Die Epidemie des Jahres 1831 hatte zunächst einen massiven Ausbau von zusätzlichen Abteilungen in den Wiener Spitälern und die Errichtung von Notspitälern zur Folge, trotzdem erreichte die Sterberate bei Erkrankten 64%. Die Epidemie beanspruchte in Wien das gesamte Gesundheitswesen und führte zu einer Überforderung der Verwaltung, deren Gegenmaßnahmen weitgehend wirkungslos blieben und dazu führte, dass sich in der Bevölkerung eine Panik breitmachte und das gesamte gesellschaftliche Leben zusammenzubrechen drohte.

In der Sammlung „Cholera-Epidemie 1831-1832“ spiegelt sich auch die gesellschaftliche Brisanz und die vehemente Suche nach rascher Abhilfe im Umfang an der dazu veröffentlichter Literatur wider. Ein großer Teil der Publikationen setzt bereits 1831 ein. Darunter befindet sich die Arbeit des Mediziners, k.k. Hofmedicus, Mitglied der Medizinischen Fakultät in Wien und Ordinarius an der k.k. höheren Bildungsanstalt für Weltpriester zum Hl. Augustin, Carl Joseph Meyer:

Meyer, Carl Joseph: Ein Wort zu seiner Zeit über die herrschende Cholera. Zur Belehrung und zum Troste für die guten Bewohner Wiens und dessen Umgegend. Wien: 1831 (Cholera Nr. 100).

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger  Bibliothek, Sign.: 3285/100]

http://webapp.uibk.ac.at/alo/cat/card.jsp?id=8613982&pos=1&phys=

oder des Arztes und Dompredigers Johann Emanuel Veith (1787-1876):

Veith, Johann Emanuel: Die Cholera im Lichte der Vorsehung. Ein Kanzelvortrag, gehalten am Schlusse der öffentlichen Bittgänge in der Metropolitankirche zu St. Stephan am 9. September 1831. Wien: Druck und Verlag der Mechitaristen-Congregations-Buchhandlung 1831 (Cholera Nr. 101).

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger  Bibliothek, Sign.: 3285/101]

http://webapp.uibk.ac.at/alo/cat/card.jsp?id=8657703&pos=8&phys=

sowie die Arbeit des österreichischen Mediziners Moritz Rohrer, der die die Entstehung der Cholera und deren Bekämpfung thematisierte:

Rohrer, Moritz: Die epidemische Brechruhr zu Lemberg, beobachtet und beschrieben. Brünn: Trassler 1831 (Cholera Nr. 42).

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 3285/42]

http://webapp.uibk.ac.at/alo/cat/card.jsp?id=8633458&pos=0&phys=

Von Joseph Riedl (1803-1870), der 1832 das größte Choleraspital in Lemberg leitete und ab der Eröffnung 1853 der erste Leiter der k.k. Irren-, Heil- und Pflegeanstalt am Brünnlfeld war, stammt die Arbeit:

Riedl, Joseph: Die asiatische Brechruhr nach der in Galizien gemachten Erfahrungen und Beobachtungen. Prag: Haase 1832 (Cholera Nr. 44).

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 3285/44]

http://webapp.uibk.ac.at/alo/cat/card.jsp?id=8632093&pos=21&phys=

Vom Referent für Choleraangelegenheiten bei der niederösterreichischen Regierung, Joseph Johann Knolz (1791-1862) befinden sich in dieser Sammlung zwei Arbeiten zur Cholera-Epidemie:

Knolz, Joseph Johann: Darstellung der Brechruhr-Epidemie in der k.k. Haupt- und Residenzstadt Wien, wie auch auf dem flachen Lande in Österreich unter der Enns in den Jahren 1831 und 1832, nebst den dagegen getroffenen Sanitäts-polizeylichen Vorkehrungen. Wien: Mayer 1834 (Cholera Nr. 111).

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger  Bibliothek, Sign.: 3285/111]

http://webapp.uibk.ac.at/alo/cat/card.jsp?id=8597452&pos=36&phys=

Knolz, Joseph Johann: Beobachtungen über die Brechruhr-Epidemie und ihre Behandlungsweise während des dreimaligen Erscheinens derselben in den Jahren 1830, 1831 und 1836 in der Haupt- und Residenzstadt Wien mit Angabe des eigenthümlichen Verhaltens und den erwähnenswerten Heilarten während ihres gegenwärtigen in Galizien aus amtlichen Quellen geschöpft und zusammengestellt. Wien: Kaiserlich-königliche Hof- und Staatsdruckerei 1849. (Cholera Nr. 159).

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger  Bibliothek, Sign.: 3285/159]

http://webapp.uibk.ac.at/alo/cat/card.jsp?id=8597451&pos=34&phys=

Von August Zink, Mitglied der Josephinischen Akademie in Wien und praktizierender Arzt in Fulnek in Mähren stammt die Arbeit:

Zink, August: Geschichtliche Bemerkungen über die epidemische Cholera während ihres Eintrittes und Herrschens in Wien, nebst einem Versuch des aetiologische Verhältnis derselben aufzuklären. Wien: Gerold 1832 (Cholera Nr. 110).

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger  Bibliothek, Sign.: 3285/110]

http://webapp.uibk.ac.at/alo/cat/card.jsp?id=8668103&pos=16&phys=

Vom Mitglied der Medizinischen Fakultät Wien, Anton Edler von Eisenstein (1799-1867), befindet sich in der Sammlung die Monografie:

Eisenstein, Anton von: Lebens- und Vorbeugungsmaßregeln bei der Epidemie der nervösen Cholera. Seinen Mitbürgern zur Beherzigung empfohlen. Wien: Druck von Carl Gerold und Sohn 1848 (Cholera Nr. 166).

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 3285/166]

http://webapp.uibk.ac.at/alo/cat/card.jsp?id=8564116&pos=0&phys=

Weiters die Arbeiten vom Primararzt am AKH in Wien, Arthur Leopold Köstler, der 1831 auch als Polizei-Bezirksarzt in Wien tätig war und zuvor die Cholera in Galizien beobachtet hatte und in den 1830er Jahren wegen seiner Arbeiten zu „Irrenanstalten“ in Westeuropa bekannt wurde.[1]

Köstler, Arthur Leopold: Anweisung, sich gegen die epidemische Cholera zu schützen, und dieselbe bey ihrem Beginn zweckmäßig zu behandeln. Wien: Bey Mörschner & Jasper 1831 (Cholera Nr. 98).

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger  Bibliothek, Sign.: 3285/98]

http://webapp.uibk.ac.at/alo/cat/card.jsp?id=8598326&pos=1&phys=

Köstler, Arthur Leopold: Aus der Erfahrung geschöpfte Andeutungen zur Erkenntnis und Behandlung der epidemischen Cholera. Wien: Mörscher & Jasper 1831 (Cholera Nr. 99).

[Zweigbibilothek für Geschichte der Medizin, Neuburger  Bibliothek, Sign. 3285/99]

http://webapp.uibk.ac.at/alo/cat/card.jsp?id=8598325#

Von Joseph Magnus Winkler (gest. 25.10.1841), der seit 1824 Sekundararzt im AKH in Wien, später Arzt in Mährisch-Neustadt[2] und zuletzt Kreisarzt in Hradisch in Mähren war, stammt die Arbeit:

Winkler, Joseph Magnus: Die orientalische Cholera, ihre Geschichte der Entstehung und bisherigen Verbreitung, Verlaufsweise, Symptome, ausführliche Vergleichung und Übereinstimmung mit den vorzüglichsten Contagionen, und die hieraus hervorgehende Folgerung ihrer Beschaffenheit und Vorbauungsweise. Olmütz: typ. Skarnitzel 1831 (Cholera Nr. 4).

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 3285/4]

http://webapp.uibk.ac.at/alo/cat/card.jsp?id=8664696&pos=0&phys=

Vom Professor für Anatomie in Wien und früheren Arzt eines Cholera-Spitals in Lemberg, Joseph Berres (1796-1844) [Bitte Link zu Berres-Blog 21] findet sich in der Sammlung der Artikel:

Berres, Joseph: Praktische Erfahrungen über die Natur der Cholera in Lemberg und Behandlungsart derselben. Sonderabdruck aus Mnemosyne. Lemberg: typ. Schnayder 1831 (Cholera Nr. 43).

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger  Bibliothek, Sign.: 3285/43]

http://webapp.uibk.ac.at/alo/cat/card.jsp?id=8544791&pos=0&phys=

Vom Mediziner Anton Dominik Bastler (zirka 1802, gest. 11.3.1886 Wien), a.o. Prof. an der Medizinischen Fakultät in Wien und seit 1830 Herausgeber und Redakteur der „Populäre Gesundheits-Zeitung“ erschien 1832 die Publikation:

Bastler, Anton Dominik: Die Cholera in Wien. Ein Beytrag zur Lösung der wichtigen Fragen: Worin besteht das wahre Wesen der Krankheit? – Wie wird ihr zuverlässig vorgebeugt? – Durch welche Cur-Methoden werden selbst die im höchsten Grade befallenen schnell wieder gerettet? – Wie ist man im Stande diese Seuche minder verheerend zu machen, und die Furcht vor ihr selbst ganz zu verbannen? – Als Resultat hiesiger Beobachtungen und eines Heilverfahrens, durch welches von 143 Cholerakranken in den Tagen der großen Gefahr 139 gerettet und vollkommen wieder hergestellt wurden. Zur allgemeinen Beruhigung mitgetheilt. Wien: Gedruckt bey A. Strauß’s sel. Witwe 1832 (Cholera Nr. 108).

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger  Bibliothek, Sign.: 3285/108]

http://webapp.uibk.ac.at/alo/cat/card.jsp?id=8541451&pos=78&phys=

Weitere internationale Autoren aus dieser Sammlung sind:

Elsässer, Karl Ludwig von: Die epidemische Cholera nach eigenen aus Auftrag der Königl. Würtembergischen Regierung angestellten Beobachtungen in Wien und Mähren, besonders Brünn. Stuttgart: Löflund 1832 (Cholera Nr. 113).

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 3285/113]

http://webapp.uibk.ac.at/alo/cat/card.jsp?id=8564499&pos=10&phys=

Bräunlich, Friedrich Gustav: Cholera asiatica. Deren Wesen und Behandlung. Freyberg: Craz & Gerlach 1881 (Cholera Nr. 73)

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 3285/73]

http://webapp.uibk.ac.at/alo/cat/card.jsp?id=8549061&pos=13&phys=

Blum, Sigmund: Versuche einer näheren Betrachtung der nächsten Ursachen und des Wesens der orientalischen Cholera nebst einer bewährten Heilmethode. Rzeszów: typ. Skielski 1850 (Cholera Nr. 170).

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 3285/170]

http://webapp.uibk.ac.at/alo/cat/card.jsp?id=8547140&pos=14&phys=

Brigham, Amariah: A treatise on epidemic cholera; including an historical account of its origin and progress, to the present period. Compiled from the most authentic sources. Harford: Published by H. and F.J. Huntington 1832 (Cholera Nr. 17).

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 3285/17]

http://webapp.uibk.ac.at/alo/cat/card.jsp?id=8550037&pos=16&phys=


Buniva, Michele: Trattato delle varie specie di cholera-morbus coll’addizione di alcune delle più applaudite memorie sullo stesso argumento. Torino: typ. Cassano, Marzorati & Vercellotti 1831 (Cholera Nr. 138).

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 3285/138]

http://webapp.uibk.ac.at/alo/cat/card.jsp?id=8552118&pos=18&phys=

 

Pfeiffer, Ludwig: Erfahrungen über die epidemische Cholera, gesammelt in den Hospitälern zu Warschau im Sommer 1831. Kassel: 1831 (Cholera Nr. 39).

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 3285/39]

http://webapp.uibk.ac.at/alo/cat/card.jsp?id=8624721&pos=22&phys=

Lichtenstädt, Jeremias Rudolph: Die asiatische Cholera in Russland in den Jahren 1830 und 1831. Nach russischen Aktenstücken und Berichten sowie nach eigenen Erfahrungen. Berlin: Haude & Spencer [1830]-1831 (Cholera Nr. 22).

 

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 3285/22]

http://webapp.uibk.ac.at/alo/cat/card.jsp?id=8606153&pos=44&phys=

Larrey, Dominique Jean: Mémoire sur le choléra-morbus. Paris und Londres: Baillière 1831 (Cholera Nr. 129).

 

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger  Bibliothek, Sign.: 3285/129]

http://webapp.uibk.ac.at/alo/cat/card.jsp?id=8603120&pos=1&phys=

Text: Walter Mentzel

Quellen:

Callisen, Adolph Carl Peter: Medicinisches Schriftsteller-Lexikon der jetzt lebenden Ärzte, Wundärzte, Geburtshelfer, Apotheker und Naturforscher aller gebildeten Völker. Copenhagen: 1830-1845.

[1] Callisen, Adolph Carl Peter, Medicinisches Schriftsteller-Lexikon der jetzt lebenden Ärzte, Wundärzte, Geburtshelfer, Apotheker und Naturforscher aller gebildeten Völker. Bd. 29. Copenhagen: 1830-1845, S. 311.

[2] Callisen, Adolph Carl Peter, Medicinisches Schriftsteller-Lexikon der jetzt lebenden Ärzte, Wundärzte, Geburtshelfer, Apotheker und Naturforscher aller gebildeten Völker. Bd. 21. Copenhagen: 1830-1845, S. 261.

Alle Beiträge der VS-Blog-Serie: Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien–>

Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien [35]: Anton Drasche und die letzte Cholera-Epidemie in Wien im Jahr 1873

Anton Drasche und die letzte Cholera-Epidemie in Wien im Jahr 1873

Im Juli 1873 – im Jahr der am 1. Mai eröffneten Weltausstellung in Wien – kam es in Wien ein letztes Mal (mit Ausnahme während des Ersten Weltkrieges) zum Ausbruch einer über Ungarn und Galizien eingeschleppten Cholera-Epidemie. Die ersten Erkrankungen traten Ende Juni in Wien II., Nordbahnstraße 50 auf und breiteten sich von hier in die dichtbewohnten Elendsvierteln und vor allem in den dritten Wiener Gemeindebezirk aus, wo die meisten Todesopfer zu beklagen waren. Davon betroffen waren vor allem Personen aus den unteren sozialen Schichten, die konzentriert unter katastrophalen hygienischen Bedingungen in den Vorstädten auf engsten Raum lebten und unter der unzulänglichen Trinkwasserversorgung, der mangelhaften Wasserqualität und der fehlenden Abwasserbeseitigung litten. Die Epidemie erreichte im August 1873 ihren Höhepunkt und ebbte im September wieder ab. Von Juli bis Oktober 1873 starben 2.983 Menschen, während die Gesamtzahl der Cholera-Opfer in der Monarchie eine halbe Million Menschen betrug. Erste Gerüchte über den Ausbruch einer Cholera-Epidemie Anfang Juli 1873, die in der ausländischen Presse verbreitet wurden, wurden zunächst als Falschmeldungen dementiert, um einen reibungslosen und ungestörten Verlauf der Weltausstellung zu garantieren.

Zu dieser Zeit galt der in Wien an der Rudolfstiftung arbeitende Mediziner und Epidemiologe Anton Drasche als Experte auf dem Gebiet der Cholera, der er sich bereits in seiner 1853 fertiggestellten Dissertation und einer 1860 veröffentlichten Monografie gewidmet hatte. Seit 1856 beschäftigte er sich mit der Verbreiterung der Cholera-Epidemien und versuchte deren Wege nachzuzeichnen und statistisch zu erfassen.

Abbildung 1: Drasche, Anton: Die epidemische Cholera. Eine monographische Arbeit. Wien: Gerold 1860.

Abbildung 2 und 3: Karte: Die Cholera im österreichischen Kaiserstaat und der Lombardei und in der Krain im Jahre 1855, in: Drasche, Anton: Die epidemische Cholera. Eine monographische Arbeit. Wien: Gerold 1860.

Anton Drasche (*1.7.1826 Lobendau/Böhmen (heute: Šluknov, Tschechien), gest. 23.8.1904 Bad Vöslau/Niederösterreich) studierte Medizin in Prag, Wien und Leipzig, promivierte 1853 an der Medizinischen Fakultät der Universität Wien und leitete danach 1854 im Auftrag der Regierung den Unterricht ägyptischer Mediziner in Wien. Nachdem er 1854 als Sekundararzt im Allgemeinen Krankenhaus Wien seine medizinische Laufbahn begann wurde er bereits ein Jahr später Leiter der provisorischen Choleraabteilung.

Abbildung 4: Bildnis Anton Drasche. In: Drasche, Anton: Gesammelte Abhandlungen. Herausgegeben von seinen Schülern zu dessen 40-jährigem Doctor-Jubiläum. Wien: Safar 1893.

1858 habilitierte er sich für spezielle Pathologie und Therapie und war bis 1866 als Sekundararzt der dritten medizinischen Abteilung im Allgemeinen Krankenhaus in Wien tätig. Ab 1867 bis 1877 wechselte er – zum Primararzt ernannt – in das sogenannte „städtische Choleraspital“, an die erste medizinische Abteilung der Krankenanstalt Rudolfstiftung, wo er die 1873 in Wien ausbrechende Choleraepidemie bekämpfte.

Über die Choleraepidemie in Wien 1873 verfasste er eine Studie:

Drasche, Anton: Statistisch-graphische Darstellung der Cholera-Epidemie in Wien während des Jahres 1873. Wien: Safar 1893.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 21934/Anhang]

http://webapp.uibk.ac.at/alo/cat/card.jsp?id=8561731&pos=7&phys=

Abbildung 5 und 6: Drasche, Anton: Statistisch-graphische Darstellung der Cholera-Epidemie in Wien während des Jahres 1873. Wien: Safar 1893.

Ein Jahr später, 1874, wurde er dafür zum a. o. Prof. für Epidemiologie ernannt und war im selben Jahr offizieller Vertreter der österreichischen Regierung am Internationalen Sanitätskongress in Wien, der sich der Cholera widmete:

Anton, Drasche: Vorschlag und Begründung einer in Wien baldigst abzuhaltenden internationalen Cholera-Konferenz. Wien: Braumüller 1873.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 28716]

http://webapp.uibk.ac.at/alo/cat/card.jsp?id=8561742#

Ab 1877 war Drasche wieder als Primararzt am Allgemeinen Krankenhaus in Wien tätig. Die Abteilung, die er bis 1897 leitete wurde als „therapeutische Klinik“ bezeichnet. Drasche war seit 1880 Mitglied des Obersten Sanitätsrates, von Juni 1875 bis März 1887 Mitglied des Wiener Gemeinderates (Mitglied der liberalen „fortschrittlichen Partei“) und hier in der öffentlichen Gesundheitspolitik aktiv.

Seine zahlreichen Arbeiten, die er bis 1893 veröffentlicht hatte, sind anlässlich seines akademischen 40-Jahrjubiläums in einem Sammelband veröffentlicht worden.

Drasche, Anton: Prof. Dr. Anton Drasche’s Gesammelte Abhandlungen. Herausgegeben von seinen Schülern zu dessen 40jährigem Doctor-Jubiläum. Wien: Safar 1893.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 21934]

http://webapp.uibk.ac.at/alo/cat/card.jsp?id=8561725&pos=0&phys=#

Beachtet und gewürdigt wurden – neben seine Arbeiten zur Cholera – seinen Studien „Über den Einfluss der Hochquellenleitung auf die Salubrität der Bevölkerung in Wien“ (1883), über Strophanthus, und zur Tuberkulose. Seine medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisse versuchte er einem breiten Publikum durch die Veröffentlichung von Artikel in der „Neuen Freien Presse“ zugänglich zu machen.

Ein ausführlicher Nachruf findet sich in der „Neuen Freien Presse“ vom 24.8.1904, S. 6-7.

http://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno?aid=nfp&datum=19040824&seite=6&zoom=33&query=%22drasche%22&ref=anno-search

Anton Drasche publizierte zur Cholera-Epidemie folgende Arbeiten, die sich an der Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin befinden:

Drasche, Anton: Die epidemische Cholera. Eine monographische Arbeit. Wien: Gerold 1860.


[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 3273]

http://webapp.uibk.ac.at/alo/cat/card.jsp?id=8561729&pos=6&phys=

Drasche, Anton: Über die Unwahrscheinlichkeit einer diesjährigen Choleraepidemie in Wien, unter Rücksichtnahme auf die Verbreitung der Seuche im letzten Decennium (1855-1865). In: Wiener Medizinische Wochenschrift. (15) 1865. Sp. 1061-1064/1081-1085.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: Z 10.002/15]

http://webapp.uibk.ac.at/alo/cat/card.jsp?id=8561741#

Drasche, Anton: Der Pilzfund [Robert] Koch’s bei der Cholera. In: Neue Freie Presse. 1884.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 51630]

http://webapp.uibk.ac.at/alo/cat/card.jsp?id=8561737#

Drasche, Anton: Über die Bedeutung der Commabacillen für die Cholera-Prophylaxe. Sonderabdruck aus: Allgemeine Wiener medizinische Zeitung. 1885.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 25471]

http://webapp.uibk.ac.at/alo/cat/card.jsp?id=8561726#

Drasche, Anton: Statistisch-graphische Darstellung der Cholera-Epidemie in Wien während des Jahres 1873. Wien: Safar 1893.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 21934/Anhang]

http://webapp.uibk.ac.at/alo/cat/card.jsp?id=8561731&pos=7&phys=

Weitere Publikationen von Anton Drasche an der Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin:

Drasche, Anton: Prof. Dr. Anton Drasche’s Gesammelte Abhandlungen. Herausgegeben von seinen Schülern zu dessen 40jährigem Doctor-Jubiläum. Wien: Safar 1893.


[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/NeuburgerBibliothek, Sign.: 21934]

http://webapp.uibk.ac.at/alo/cat/card.jsp?id=8561725&pos=0&phys=#

Drasche, Anton: Über das Heilserum bei der Diphtherie. Abschrift aus: Wiener medizinische Wochenschrift. 1895.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: Abschr. 168]

http://webapp.uibk.ac.at/alo/cat/card.jsp?id=8561733&pos=8&phys=

Drasche, Anton: Über Pasteurs Schutzimpfung gegen Tollwut. Sonderabdruck aus: Allgemeine Wiener medizinische Zeitung. 1886.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 31373]

http://webapp.uibk.ac.at/alo/cat/card.jsp?id=8561738#

Drasche, Anton: Über die Wirkung des Strophanthus auf das Herz. Sonderabdruck aus: Wiener medizinische Blätter. 1887.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 46869]

http://webapp.uibk.ac.at/alo/cat/card.jsp?id=8561743#

Drasche, Anton: Über die Infektionsfähigkeit der Hadern. Sonderabdruck aus: Wiener medizinische Blätter. 1887.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 46873]

http://webapp.uibk.ac.at/alo/cat/card.jsp?id=8561734&pos=9&phys=

Drasche, Anton: Influenza. Sonderabdruck aus: Wiener medizinische Wochenschrift. 1890.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 47068]

http://webapp.uibk.ac.at/alo/cat/card.jsp?id=8561735#

Drasche, Anton: Flecktyphus. Erfahrungen aus vier eigens beobachteten Flecktyphus-Epidemien in Wien. Sonderabdruck aus: Österreichisches Sanitätswesen. 1900.


[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Separata-Bibliothek]

http://webapp.uibk.ac.at/alo/cat/card.jsp?id=8429538&pos=0&phys=

Quellen:

Archiv der Universität Wien, Senat S. 304.187 (Personalbogen).

Text: Walter Mentzel

Alle Beiträge der VS-Blog-Serie: Aus den medizinhistorischen Beständen der Ub MedUni Wien–>