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Gastbeiträge

Gastautor Prof. Dr. Peter Heilig: Charpentier, Chargaff und das Feuer des Heraklit

Charpentier, Chargaff und das Feuer des Heraklit

„Diese Weltordnung, dieselbige für alle Wesen, hat kein Gott und kein Mensch geschaffen, sondern sie war immerdar und ist und wird sein ewig lebendiges Feuer“

Emmanuelle Charpentier erzählte einmal, dass ihr in einem ‚Heureka-Moment‘ in Wien die Funktion der Genschere kristallklar vor Augen stand. Im Jahr 2012 veröffentlichte sie gemeinsam mit Jennifer Doudna die ‚Schneide-Anleitung‘, eines ‚der schärfsten Werkzeuge der Gentechnologie‘,  die ‚CRISPR/Cas 9 Genetic Scissors‘. „If scientists dream of a genetic manipulation, CRISPR/CAS can now make it happen“  Damit wurden Träume wahr, wie die Hoffnung auf erfolgreiche Krebs-Behandlungen, die Heilung von Erbkrankheiten und . .

Grund-Bausteine der menschlichen Erbsubstanz hatte bereits Rosalind Franklin entdeckt, mit ihrer Röntgenkristallographie-Aufnahme Nr. 51 der DNA und Erwin Chargaff hatte die Gesetzmäßigkeiten quantitativer Basenzusammensetzungen der DNA analysiert – die grundlegenden Prinzipien des Doppelhelix-Modells.

Mit brillianten Formulierungen, inspiriert durch Karl Kraus – „sein einziger Lehrer“ – geißelte der ‚Altösterreicher‘ Chargaff „das laute Geschrei des amerikanischen Reklamebetriebs“ und „den kategorischen Superlativ“ mancher Möchtegern-Naturwissenschaftler – um „Menschen zu züchten, die „stressresistent sind“ oder Menschen, die sich wie Schimpansen bewegen können“ – Ciba-Kongress 1960; Titel: „Man and its future“. All das nannte E.C. einen genetischen Bastelsucht- „Musterkatalog der Hölle“. Er lehnte die Forschung an menschlichen Embryonen ab: „Damit würde der Wissenschaft die Seele abhanden kommen“.

Emmanuelle Charpentier fordert ein Verbot von Keimbahn-Experimenten: „Ich finde das nicht gut. Für mich ist die Frage: Welchen Zweck hat es menschliche Keimbahnzellen zu manipulieren? Die Folge wäre ein manipulierter Mensch, der seine veränderte DNA an die Nachfahren weitergibt – dauerhaft in der Welt.“ Und dennoch: 2015 wurde eine CRISPR/CAS-Genom-Editierung menschlicher Embryonen in China veröffentlicht, ebenso 2018, dann in den USA, in England und letztendlich: „Forscher erzeugen Mensch-Affen-Chimäre“, zynisch „als Fingerübung“ bezeichnet (Juan Carlos Izpisua Belmonte/Salk Inst. f. Biological Studies, La Jolla).

„Jede gezielte Keimbahnveränderung mit Auswirkungen auf einen später geborenen Menschen sollte beim derzeitigen Stand der Forschung unterbleiben“ und zum Human Enhancement‘ (‚Designer-Babies‘), der Verbesserung‘ des Menschen‘ (cave Eugenik): „Es geht darum Grenzen annehmen zu können, vor allem aber darum sich selbst annehmen zu können.“ (G Maio). Dazu die ’slippery slope‘-Argumentation: „Die Zulassung eines derartigen Eingriffs unter dem Mäntelchen therapeutischer Motivation (‚Indikation‘?) käme einem Dammbruch gleich und führte zu weiteren, nichtmedizinischen Interventionen.“

Von moralisch/ethisch/religiösen (‚Tabu-Bruch‘ ) und rechtlich-sozialen Aspekten abgesehen: Eine klare Trennlinie muss gezogen werden – zwischen Health-related und Non-Health-related Enhancement. Es wird voraussichtlich immer eine Grauzone zwischen indizierter Therapie und ‚Enhancement‘ geben; mit dieser Frage werden sich in erster Linie das Rechts-System und Versicherungs-Institutionen auseinandersetzen müssen. Klare (EBM)-Indikationsstellungen sind üblicherweise für die Medizin kein Problem. Der ‚Menschenwürdeschutz‘ praenidativer Embryos (Blastozysten) wird noch immer diskutiert; ein höchstrichterliches Urteil (BVerfGes) steht aus, ein ‚informed consent‘, auch stellvertretend, ist unmöglich – naturellement.

Die Jurisprudenz bedient sich gegenwärtig rein juristischer Interpretationen des bestehenden EU-Gentechnikrechts. Dieses, -zig Jahre alt, stammt aus einer Zeit, als Genome Editing fiktiv, noch Zukunftvision war. Überholte Gesetze legen die Bedingungen fest, unter denen CRISPR und ähnliche Methoden angewandt werden dürfen; im Grunde sind dies De-facto-Verbote: Derartig unerschwingliche, unmotiviert umständliche Zulassungsverfahren samt Auflagen sind von den Forschungs-Einrichtungen aber auch von kleineren Unternehmen (z.B. Zukunft-orientierte vielversprechende Start-up Unternehmen) kaum zu erfüllen.

Wissenschaft/Wissen – ‚Primum nil Nocere‘: Im Bereich der Forschung an embryonalen Stammzellen muss geprüft werden, ob ‚wasserfeste  Wahrheitsbeweise‘ für die jeweilige Therapie bestehen – i.e. gesichertes (EBM)-Wissen. Arbiträres Nichtwissen, oder vielmehr Noch-Nicht-Wissen‘ impliziert unkalkulierbare Unsicherheit sowie unwägbare Risiken durch zwangsläufiges ‚Nicht-Wissen-Können.‘ Naturwissenschaftlich sind Genom und Epigenom noch nicht vollständig ‚entschlüsselt‘ – im Klartext: nicht völlig verstanden. Sekundäre oder tertiäre unerwünschte Konsequenzen manifestieren sich möglicherweise erst Jahre oder Generationen später (das ‚Gesetz der unbeabsichtigten Folgen‘).

„Rapidly evolving genome editing technologies are broadening the scope of gene therapy. The ever expanding tools of CRISPR-based genome editing have great potential in the treatment of a large variety of ocular diseases particularly inherited retinal disorders (IRDs). With improved efficacy, safety and optimized combination of vector and administration route, CRISPR genome editing technologies will soon be broadly applied in the treatment of a large number of ocular diseases.“ Besonders die ‚Non-Viral Strategies‘ haben Aussicht auf Erfolg, da diese die gegenwärtigen (viralen Vektor-) ‚Delivery Limitations‘  vermeiden.

„Zwei verhängnisvolle wissenschaftliche Entdeckungen haben mein Leben gezeichnet: erstens die Spaltung des Atoms, zweitens die Aufklärung der Chemie der Vererbung. In beiden Fällen geht es um Misshandlung eines Kerns: des Atomkerns und des Zellkerns. In beiden Fällen habe ich das Gefühl, dass die Wissenschaft eine Schranke überschritten hat, die sie hätte scheuen sollen“   E. C.

 Was würde er heute sagen? Ich bin stolz auf Charpentier et al – Chapeau!  

zum Atomkoffer & Co: ein nicht überlieferter altösterreichischer Terminus.

oder:  „Und die Natur wird sich auch des Menschen entledigen“.

 Wie lange noch, bis wir den ersten patentierten Menschen begrüßen und beklagen können?“

 „Diese Welt ist uns nur geliehen. Wir kommen und wir gehen; und nach einiger Zeit hinterlassen wir Erde und Luft und Wasser anderen, die nach uns kommen. Meine Generation und vielleicht die der meinen vorhergehende hat als erste, unter der Führung der exakten Naturwissenschaften, einen vernichtenden Kolonialkrieg gegen die Natur unternommen. Die Zukunft wird uns deshalb verfluchen.“   
Vielleicht hätte Karl Kraus (vom Raum/Zeit-Problem abgesehen) – auf die Bitte um ein Schlusswort an E.C. verwiesen:

„Der Wechsel zwischen wissenschaftlicher Handarbeit und Dingen des Denkens und der Sprache, die ewige Systole und Diastole des Herzens und des Geistes machten es mir möglich inmitten einer fürchterlichen Welt bei Gesinnung zu bleiben.“

DNA: Desoxyribonucleinsäure (DeoxyriboNucleic Acid)

E.C.: Erwin Chargaff

® : Citing a registered trademark is done by including the year of issuing the patent, the name(s) of the inventor(s), and the title of the patent.“

Lit.

Yunlu Xue et al (2021) AAV-Txnip prolongs pyramidal survival and visual acuity in a mouse model of retinitis pigmentosa. eLife 10:e66240

Yu W, Wu Z (2021) Ocular delivery of CRISPR/Cas genome editing components for treatment of eye diseases. Advanced Drug Delivery Reviews 168,  181-195

Hardt A (2019) Technikfolgen-Abschätzung des CRISPR/CAS-Systems. Über die Anwendung in der menschlichen Keimbahn. De Gruyter

G Maio (2014) „Medizin ohne Maß. Vom Diktat des Machbaren zu einer Ethik der Besonnenheit.“ Trias, MSV

Chargaff E (1988) Das Feuer des Heraklit. Skizzen aus einem Leben vor der Natur. Klett Cotta

Höhn H (2000) Genetische Manipulation am Menschen – wiederholt sich die Geschichte? – in Bender W et al (2000) Eingriffe in die menschliche Keimbahn. agenda

https://austria-forum.org/af/Wissenssammlungen/Essays/Naturwissenschaften/Chargaff

 Ethik: “Es ist nicht klar, ob Ethik in Das Deutsche Wörterbuch (DWB) enthalten enthalten ist“: Originalzitat

 ATOM
ad Atomkoffer: ‚unguided missile‘, unerreichter Gipfel des Atom-Irr- und Wahnwitzes. Wurde einer der ‚Entscheidungsträger‘ jemals auf seinen psychischen Gesundheitszustand untersucht ? (President N.N. “was actually suffering from Morbus Alzheimer while he was in office“).

 Wann auch immer der ‚Entscheidungsträger‘ sich entschieden hat – unabhängig davon, ob nach langer Überlegung oder in einer Art Wutanfall, können „weder das Militär, noch der Kongress diese Befehle aufheben“. Ausnahmen für ein Szenario geistig Labiler und Beratungsresistenter sind nicht vorgesehen.“ Die einzige Möglichkeit bestünde darin eine dermaßen sich selbst und andere gefährdende ‚verhaltensauffällige‘ Person adhoc abzusetzen (25.Verfassungszusatz). Dies hatte der Vize-Präsident (Jan. 2021) trotz ‚Feuers am Dach‘ abgelehnt. Unbegreiflicherweise.

“ Die URAN-Anreicherung von 60 Prozent wäre ein „wichtiger Schritt zur Nuklearwaffe“ (APA/AFP,  April 2021). Diese Welt strahlt, nicht nur durch die Kunstlicht – ‚Light Pollution‘, sondern auch radioaktiv, von den Tiefen der Meere bis ins All. „Wir werden eine Lösung finden“ Dies beteuerten ‚Experten‘ seit dem Beginn des Atomic- Age-Anthropozäns:Dies sei die „billigste, sauberste und sicherste Energie.“

Zuletzt betrugen die US-Rüstungsausgaben 2×109 US-Dollar. ‚So hoch wie noch nie‘ – alle Jahre wieder – sogar während der Pandemie. Diese Summe, irreführend als ‚Billionen bezeichnet, neuerdings auch in deutschsprachigen Nachrichten, korrekt jedoch Milliarden (109), verrottet gewissermaßen mit dem Militärmüll, im weltweit größten Flugzeugfriedhof “Boneyard“ in der Wüste Bonanza, aber auch in anderen, ewig strahlenden ‚military waste bone yards‘, global. Auf die Aufzählung ungezählter weiterer Atom-Anthropozän-Details wird hier verzichtet. Ihr Name ist Legion*.

Schlusssatz: Die Halbwertszeit von Uran 238 beträgt > 4,5×10 9 Jahre.

Epilog:Die ich rief, die Geister, werd ich nun nicht los.“ (‚Der Zauberlehrling‘, J.W. Goethe 1798)

https://de.statista.com/statistik/daten/studie/157935/umfrage/laender-mit-den-hoechsten-militaerausgaben/

https://www.epa.gov/radtown/use-radiation-military-activities

https://airplaneboneyards.com

*Legion: Besessener am Ufer des Sees Genezareth: unzählbare ihm innewohnende Dämonen wurden in Schweine verwandelt – on dit.

Interest: no

Gender: beyond

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Katharina und Peter Heilig
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Gastautor Prof. Dr. Peter Heilig: Lens crystallina: Melanopsin, Melatonin, Vitamin C, Crystallinproteine und …

Lens crystallina: Melanopsin, Melatonin, Vitamin C, Crystallinproteine und …

Peter Heilig 

Die Lens crystallina – ausgeliefert immer stärker überdosierten Lichtbombardements samt potenziell phototoxischen UV-Strahlen, metabolischen Syndromen und weiteren Noxen – übt oft erstaunlich lange ungetrübt ihre Funktion aus. Wie ist dies zu erklären?

Die Linse kann Trübungen mit Antioxidanzien verzögern oder sogar verhindern und mit Oxysterol, VP-001 (Compound 29) α-Crystallin-B (cryAB) binden und stabilisieren, eine Katarakt vielleicht rückgängig machen (ad Reversibilität: Audiatur etiam altera pars [2]). Das α-Crystallin, ein strukturelles Protein in Vertebratenlinsen, garantiert Transparenz samt unbeeinträchtigten Refraktionseigenschaften und verhindert (samt dem Co-Faktor NADPH) Denaturierungen sowie Proteinaggregation durch zum Beispiel Hitze oder sogenannte chaotrope Substanzen. Nur am Rande erwähnt: cryAB spielt eine Rolle bei Ischämie und Reperfusion, es wirkt kardioprotektiv.

Melanopsin, ein Phospholipase C (PLC) linked Membran-Protein, verschwägert quasi mit dem Melanopsin der „intrinsically photosensitive Retinal Ganglion Cells“ (ipRGC), wurde auch in den humanen Linsenepithelzellen gefunden. Das Corpus ciliare (MT2 und MT3-Rezeptoren) produziert Melanopsin synchron im zirkadianen Takt der inneren Uhren (besser gesagt der inneren Metronome) des suprachiasmatischen Nucleus (SCN) im Diencephalon, abhängig vom „Photoentrainment“, in erster Linie durch das kurzwellige Band im sichtbaren Spektrum.

Schutz vor freien Radikalen

Melanopsin und Melatonin, „wide spectrum antioxadants“, gelangen via Kammerwasser zur Linse. Melatoninrezeptoren der Linse beeinflussen über Antioxidanzien Ionenströme und Elektrolyte sowie freie Radikale und verringern so die Gefahr der Kataraktogenese. Melatonin wird aus Serotonin synthetisiert: Katalyse durch das Enzym Aralkylamine N-Acetyltransferase (AANAT), durch N-Acetyl-Serotonin (NAS) und durch das Enzym Hydroxyindole-O-Methyltransferase (HIOMT). Vorgeschaltete Filter( zwischen 460 nm und 480 nm) schützen die Linse vor freien Radikalen und fördern die Melatoninproduktion.

Der Blaufilter des OP-Mikroskops, Nebel-, Piloten- und Schießbrillen, gelbe Intraokularlinsen, gelbe Brillen im Low-Vision-Management oder Gelbfilter bei zarten Linsentrübungen – um den Kontrast zu erhöhen, das Fortschreiten von Trübungen zu bremsen und den Augendruck, aber auch systemische Parameter wie den Blutdruck günstig zu beeinflussen, sind einige Beispiele für positive Einflüsse des gelben Lichts (das Glühbirnen- oder Halogenspektrum – bereits Geschichte – Tageslichtleuchtmittel etc.). Die Sorge, dass zu wenig kurzwelliges Licht via ipRGC aufgenommen wird, ist in unseren bläulich-weiß illuminierten Anthropozän-Szenarien kaum berechtigt. Das offenbar physiologische Gelb alternder Linsen verbessert das Kontrastsehen, reduziert Blendungen und schützt vor Lichtschäden. Schon Goethe sang dem Gelb ein Loblied; das Blau kam weniger gut weg in seiner Farbenlehre.

Die Melatoninsynthese in der Linse kann  den  Melatoninspiegel  imKammerwasser beeinflussen; auch der intraokulare Druck tut dies: Erhöhte Melatoninkonzentrationen sind die Antwort auf erhöhten Augendruck: „Elevation in IOP may trigger the activation of a TRPV4 channel, this being the reason of melatonin rise.“ [4]

Besonders eindrucksvoll ließ sich der Gelbfiltereffekt auf die Melatoinsekretion und den intraokulären Druck im Tierversuch demonstrieren: „Keeping the rabbits under the yellow filter resulted in a decrease in IOP up to 43.8±7.8 % (!) after three weeks. This effect was reversed after the topical application of selective and nonselective melatonin receptors antagonists, 4PPDOT and luzindole.“ [8]

Vitamin C gegen Linsentrübungen

Vitamin C ist ein weiterer potenzieller Mitstreiter im Kampf gegen Linsentrübungen: Etwa 50-fach höher (!) als im Plasma ist die L- Ascorbat-Konzentration in der Linse und im Kammerwasser. Als physiologischer Sonnenschirm schützt es sowohl die Linse als auch weitere Strukturen vor photooxidativen (z. B. UV-) Schäden und erhöht die antioxidative Gesamtkapazität. Die Vitamin-C-Spiegel des Kammerwassers nachtaktiver Tiere sind niedriger als die der diurnen Spezies Mensch.

Im Alter sinkt die Vitamin-C-Konzentration in Linse und Kammerwasser, offenbar parallel mit einer höheren Kataraktinzidenz. Durch diätetische Vitamin-C-Gaben erhöhen sich die Vitaminkonzentrationen in Linse, Kammerwasser und Glaskörper: „Vitamin C is effective in scavenging or quenching the superoxide radical anion, hydrogen peroxide, hydroxyl radical, singlet oxygen, and reactive nitrogen oxide – and in protection against light induced oxidative damage to the Na+K+ATPase pump.“ [5]

Ein gestörtes Gleichgewicht lentikulärer Proteome, point-mutierter α-, b-, oder y-Crystallinproteine sowie veränderte Crystallinprotein-Interaktionen  verursachen letztendlich die Präzipitation aller  übrigen   Crystallinproteine, im Klartext – Kataraktogenese. Gestörtes Gleichgewicht spielt auch eine Rolle bezüglich wenig erforschter Zusammenhänge wie etwa der Rolle des Spermidins, welches Linsentrübungen  verzögern kann – durch das Unterdrücken des Transglutaminase-catalyzed crystallin cross-linking Protein (in vitro). Rascher Spermidin- Abfall begleitet die Zunahme von Linsentrübungen (post hoc ergo propter hoc?).

Epilog

Epilog, jedoch keinesfalls abschließend: Die Lens crystallina, unverdient unterschätzt, im Extremfall ein Wegwerfartikel, verspricht weiterhin  Überraschungen.

Literatur:

  1. Molnar KS et al (2019) Mechanism of Action of VP1-001 in cryAB(R120G) Associated and Age-Related Cataracts; Invest Ophthalmol Vis Sci 60(10):3320-3331.
  2. Daszynski DM et al (2019) Failure of Oxysterols Such as Lanosterol to Restore Lens Clarity from Cataracts; Sci Rep 11;9(1):8459.
  3. Rao PV et al (2021) Chaperone-like Activity of alpha-Crystallin J Biol Chemistry 269,18, 13266-13272
  4. Alkozi HA et al (2017) Presence of melanopsin in human crystalline lens epithelial cells and its role in melatonin synthesi Experimental Eye Research
  5. Lim JC et al (2020) Vitamin C and the Lens: New Insights into Delaying the Onset of  Cataract.  Nutrients  14;
  6. Schmid PWN et al.: (2021) Imbalances in the eye lens proteome are linked to cataract formation; Nature, Structural & Molecular Biology 28, 143- 151
  7. Lentini A et al (2011) Spermidine delays eye lens opacification in vitro by suppressing transglutaminasecatalyzed crystallin cross-linking Protein J 30(2):109-14.
  8. Lledó VE et al (2019) Yellow Filter Effect on Melatonin Secretion in the Eye: Role in IOP Regulation. Curr Eye Res. 14:1-5.

Interessenkonflikt:

Der Autor erklärt, dass bei der Erstellung des Beitrags kein Interessenkonflikt im Sinne der Empfehlung des International Committee of Medical Journal Editors bestand.

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Gastautor Prof. Dr. Peter Heilig zum 1. April: VERQUER

 

„VERQUER“ Das Brettl vor’m Kopf

Aus dem Alten AKH:

„Was ich ganz besonders schätze“: „das klare Denken“. Josef Böck (1901–1985). Er war Ordinarius der II. Univ. Augenklinik in Wien (1955 – 1971). Und was er nicht mochte: Die Querdenker, „Verkehrtscheiber“ – und die „Kannibalische Medizin“. Er verstand es Dinge beim Namen zu nennen.

Ein nahezu vergessener Schatz aus der Klassiker-Kabarettzeit: Brettl vor’m Kopf (1952). Von Gerhard Bronner, Michael Kehlmann, Carl Merz und Helmut Qualtinger.

 

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Gastautor Prof. Dr. Peter Heilig: „Reflexionen“

Gastautor Prof. Dr. Peter Heilig:

Reflexionen

Störende Lichtreflexe gesellen sich in der ‚dunklen‘ Jahreszeit ungewollt und unerwünscht  zum immer mehr blendenden Scheinwerfer/DRL-Lichtchaos. Isotrope (in alle Richtungen strahlende) grelle Tagfahrleuchten (Daytime running Lights/DRL) verursachen rundum reflektierte Lichtstrahlen, über Wassertropfen, Nebel, Schnee, Regen-nasse bzw. Schnee-Fahrbahn, Lacke etc. HI-LEDs ohne Diffusor, E-Bike und -Scooter, E-‚Toys‘ etc., mit kurzwellig dominierten ‚Blend’lichtern, bringen das Fass leicht zum Überlaufen.

‚Selbstblendung‘  – nicht so selten -, besonders unangenehm im dichten Nebel oder Schneefall, ist die schlimmste Variante aus der Sammlung unerwünschter, verirrter Lichtstrahlen im Straßenverkehr. Schwere Blendung, Blendung und Ablenkung durch  verschiedene überschwellige Stimuli gelangt ‚ungebremst‘ über die ‚Lichtleiterfunktion‘ Müller’scher Zellen zum Rezeptor um schließlich kognitiv verarbeitet zu werden; auch die  störenden Reflexionen, welche sich in summa potenzieren (siehe ‚Distraction Blindness‘). Netzhaut, Sehbahn und Kognition sind mit diesem meist blitzbläulichen unphysiologischen bis phototoxischen Licht-Bombardement maßlos überfordert. Apropos: die Lichttechnik-Termini „physiologische -“ und „psychologische Blendung“ sind obsolet, da irreführend.

‚Straf-verschärfend‘ erschweren Multifokal-Systeme via Refra-/Diffra-/Light-Pollution das Leben zusätzlich, von den bekannten IOL-Dysphotopsien ganz abgesehen. Tiefstehende Sonne, fehlkonstruierte Scheinwerfer und Verkehrs-Lichter erzeugen ‚multifokale‘ Licht-Nebelschleier, beinahe wie durch Fresnel-Linsen betrachtet – auch ohne zusätzlichen Nebel, Aerosole, Rauch, Regentropfen oder dichte Schneeflocken. Heftig beworbene ‚Nachtfahrbrillen‘ provozieren ‚near misses‚ oder noch wesentlich Schlimmeres. 

Auch bei voller Sehleistung junger gesunder Augen drohen unter diesen Gegebenheiten Funktionsausfälle. Offensichtlich berücksichtigen diverse Kunstlicht-Inszenierungen schon lange weder die Kapazität noch die Grenzen visueller und kognitiver Prozesse. Sogar in manchen Kinderspielzeugen gibt es potentiell phototoxische HI-LEDs (QED). Störende ablenkende Reflexionen und Blendungen haben auch die Innenräume erobert – von den Säuglingstationen über die Arbeitstätten, die private Wohnhäuser und -räume bis zu den Pflegeheimen. Grellblauweißes Licht aus Tablets, ‚Smart’phones, Displays und Monitoren martern Retinae bis zu nächtlichen Stunden. Stümperhaft ausgeführte Lichttechnik kann mit unerwünschten Blendungen und Licht-Reflexen ernstzunehmende Probleme schaffen.

Die Empfehlung ‚dunklen Hintergrund kombiniert mit heller Schrift‘ auszuwählen, bleibt unverändert aufrecht. Die integrale Helligkeit wird somit deutlich verringert, Ermüdung etc.(s. office eye syndrome) kommt kaum oder erst viel später auf, die Aderhautdicke nimmt nicht ab (cave Myopie !), die Lichtbelastung der Netzhaut ist geringer. Der von den Printmedien her gewohnte helle Hintergrund mit schwarzer Schrift reflektiert weniger einfallendes Licht; siehe Albedo 

Klima und Albedo:

 Die Eis-Albedo-Rückkopplungen nehmen in allen Landschaften mit großflächiger saisonal variabler Schnee- und Eisbedeckung ab. Der sphärische Albedo – Reflexionsgrad des schneebedeckten Eises von 0.9, schrumpft auf etwa 0.06.  Über 90 Prozent der solaren Energie werden, nach der Schmelze vom Boden oder dunklem Wasser absorbiert.

Fazit: Die globalen Temperaturen steigen stetig –  sowie auch die Meeresspiegel. Der ‚Greenhouse-Effect‘ wirkt sich durch die Zunahme der Treibhausgas-Emissionen in der Polarwelt wegen schwindender Kryosphäre wesentlich stärker aus (polar amplification). Die bisherige Durchschnittstemperatur unseres Lebens- und Liebens-werten Planeten lag bei etwa 15° C, geschuldet einem natürlichen Greenhouse-Effect. Seit 1988 warnen die World Meteorological Organization und das United Nations Environment Programm, IPPC etc. unüberhörbar und eindringlich, aber tauben Ohren predigend.

Re-flectere (Lat): zurück-biegen, wenden, strahlen, widerspiegeln, auch: Nachdenken, sich in sein Inneres zurückwenden; Letzteres (das Nachdenken) nimmt ab, die Licht-Reflexionen nehmen zu.

‚Greenhouse gases‘ collect in Earth’s atmosphere. These gases, which occur naturally in the atmosphere, include carbon dioxide, methane, nitrogen oxide, and fluorinated gases, known as chlorofluorocarbons (CFCs) https://www.nationalgeographic.org/encyclopedia/greenhouse-effect/

http://lightmare.org/docs/Verirrte_Lichtstrahlen.pdf

http://lightmare.org/docs/ReflImprim.pdf

https://www.adac.de/rund-ums-fahrzeug/ausstattung-technik-zubehoer/licht-und-beleuchtung/blendung/

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Gastautor Prof. Dr. Peter Heilig: Distraction Blindness

Gastautor Prof. Dr. Peter Heilig:

Distraction Blindness

Concept Ophthalmologie 9/2020

„Alle drei Stunden verunglückt, alle zwei Tage stirbt ein Kind auf der Straße“ – wie prognostiziert: Überflüssige, vermeidbare Ablenker nahmen solange zu, bis schwere kognitive Defizite und komplette Ausfälle – Blackouts – zum Tragen kamen. Vermeiden ließe sich die Distraction Blindness einfach und kostensparend.

„Übersehen“ wurde wieder einmal ein Kind am Schutzweg. Der scheinbar schuldige Lenker hatte sich mit seinem Auto höchst aufmerksam genähert, bei guter Sicht; er war ortskundig und hatte mit Kindern am Schulweg, besonders am Zebrastreifen, gerechnet; es gab keinerlei Ablenkung durch Handy, Zigarette, zu laute Radiomusik etc.; er stand weder unter Alkohol- noch Drogeneinfluss; die ophthalmologischen Befunde waren unauffällig. Dennoch kam es zur vermeidbaren Katastrophe.

Ausfall durch Überstimulation

Überstimulationen kognitiver Prozesse können diesen Funktionsausfall verursachen: Ein „overload“ oder ein „overflow of visual short term memory“, die sogenannte Distraction Blindness (der üblicherweise verwendete Terminus Inattentional Blindness könnte, falsch verstanden, mangelhafte bis fehlende Aufmerksamkeit suggerieren).
Bläulichweiß-grelle Abblendscheinwerfer und Tagfahrlichter
(HI-LED-Daytime Running Lights, DRL) entgegenkommender Fahrzeuge hatten einen schwächeren visuellen Stimulus, das Bild des Kindes, unterdrückt, in den kognitiven Prozessen ausgelöscht. Diese fatale Funktionsstörung täuschte einen leeren Schutzweg vor.

Die Erklärung aus der Kognitionspsychologie sind Gestaltgesetze: „Die Prägnanz: Es werden hauptsächlich Stimuli wahrgenommen, welche sich von anderen durch prägnante (hervorstechende) Merkmale abheben“.

Kognitive Funktionsstörungen treten häufig auf

Derartige kognitive Funktionsstörungen sind weder pathologisch noch kommen sie selten vor. Camouflage, Tarnung, Mimikry, Somatolyse sind Überlebensstrategien, bereits phylogenetisch verankert und fix verdrahtet in den Schaltungen unseres zentralen Nervensystems. Kognitive und multisensorische Illusion, Blendung, Ablenkung, „overt and covert misdirection, attentional capture“ etc. aus den Trickkisten der Magier und Illusionisten, wirken verblüffend, reproduzierbar und bombensicher – von Close-up-Magic (Micro-Magic) bis zur Groß-Illusion. Distraction Blindness im Straßenverkehr wirkt im wahrsten Sinn des Wortes todsicher, so gut wie immer aufgrund nutzloser Ablenker (distractors). Ein triviales Beispiel aus dem Supermarkt, beim verlorenen Blick in überquellende Regale: Das gesuchte Objekt wird gesehen, aber nicht wahrgenommen.
Im augenärztlichen Aufklärungsgespräch wird umsichtig Schritt für Schritt auf Halos und Glare (multifokale Intraokularlinsen, Laser) aufmerksam gemacht, auf Strahlenkränze um Kunstlichtquellen  (Halos, Glare, Ghosting, Starbusts, Reduced Contrast Sensitivity ~ GASH) und auf postoperative Dysphotopsien; die Sicca-Problematik wird erörtert etc. Einprägsam und verständlich, vor allem durch die Demonstration bzw. Simulation skotopischer und mesopischer Sehstörungen auf Monitoren.

Ausfälle unter photopischen Bedingungen

Komplizierter gestaltet sich das Erklären visueller sowie kognitiver Störungen und Ausfälle im Straßenverkehr unter photopischen Bedingungen. Tiefstehende Sonne („alles wirkt verschleiert, wie im dichten Nebel“), grelle Verkehrs und blinkende Warnlichter, dynamische Werbung, Blendung (auch Disability Glare) durch kurzwellig dominierte Spektren aus kleinflächigen Lichtquellen samt zunehmend verlängerter Netzhaut-Wiedererholungszeiten: „retinal recovery time“ („Autofahren wie in einem schwarzen Tunnel“) – auch tagsüber durch Autoscheinwerfer, Ablenkung durch Tagfahrlichter (DRL) samt Distraction Blindness etc. Die Versuche, Prophylaxe in die Tat umzusetzen, sprengen allerdings den Rahmen ophthalmologischer  Disziplin. Unfallbericht: „LKW-Rechtsabbieger überrollt E-Scooter“.  Der Chauffeur hatte höchst aufmerksam rundum kontrolliert, bevor er das Gaspedal betätigte. Die Geschwindigkeit des von rechts hinten kommenden E-Scooters lag möglicherweise über dem gesetzlichen Limit. Das Ereignis war schicksalhaft vorprogrammiert. Zusatzfaktor Distraction Blindness?

Epilog

Im Chor zuständiger Experten fehlt die Stimme der (Verkehrs-) Ophthalmologie, obwohl optimaler, perfekt korrigierter Visus samt störungsfreier, absolut unbeeinflusster Kognition im Straßenverkehr essentiell bis immer öfter lebensnotwendig wäre. Seit der nicht evidenzbasierten Licht-am-Tag-Aufforderung wird über eine „rätselhafte“ Zunahme von Verkehrsunfällen berichtet, immer häufiger am Schutzweg. Die am stärksten gefährdete Gruppe: Kinder. Die Antwort: „Ban of DRL“ (Verkehrskommission
der ÖOG, 2007). Ablenker im Straßenverkehr nehmen zu – offenbar in Korrelation zur Zahl verunglückter Kinder, Passanten und Radfahrer. Höhere Strafen können keine einzige Distraction Blindness vermeiden – infolge vermeidbarer „overflows“ visueller Kurzzeit- und Arbeitsspeicher. Autofahrer-Clubs kritisieren gefährliche Blendungen durch „kleine, nicht homogene Austrittsflächen der Scheinwerfern und Tagfahrlichter“, warnen eindringlich vor dem oft unvermeidlichen Blick in überdosierte Lichtquellen: „Eine Lichtautomatik müsse bei schlechter Sicht und Dämmerung auf nicht blendendes Abblendlicht schalten – ohne DRL“. An Kuppen oder Schwellen, durch Nicken, Stampfen,  Schwingen, Gieren, Rollen, Wanken des Fahrzeuges oder durch falsch eingestellte Scheinwerfer verirren sich allzu oft blendende
Lichtstrahlen: Automatische Niveauregelung wäre das Desideratum. An Kuppen mit Ampelschaltung strahlen, auch bei Tageslicht, minutenlang Scheinwerfer in die Augen wartender Gegenverkehr-Lenker.

Ad Blendung

Auch junge Verkehrsteilnehmer klagen über häufige, zunehmend unerträgliche Blendungen im Straßenverkehr Blendkanonen dominieren den Markt. Instinktlos beworbene „Nachtfahrbrillen“ verschlimmern oft die Situation (reduzierter Visus centralis). Netzhaut-Wiedererholungszeiten werden immer länger, die retinalen Lichtschäden nehmen zu. Frühsymptom: diskrete erworbene Dyschromatopsie, zuerst im führenden Auge.
Gelbliches Licht wäre problemlos mit effizienter Intensität dosierbar, lenkte weniger ab, blendet kaum, streut in wesentlich geringerem Maße und verbessert signifikant das Kontrastsehen. „Blaues Licht liefert keinen wesentlichen Beitrag zu Sehschärfe oder Formensehen“ (Brindley 1954!).

Fazit

Distraction Blindness und verwandte kognitive Störungen ließen
sich einfach und kostensparend vermeiden, ohne Tagfahrlicht
(DRL) und brandgefährliche Blendeffekte. Abblendlicht: ausschließlich bei schlechter Sicht. Innerorts: mit der Straßenbeleuchtung.

Korrespondenzadresse:
Univ.-Prof.Dr.med. PeterHeilig
Augenheilkunde undOptometrie
Nussberggasse 11c
A-1190 Wien /Österreich
peter.heilig@univie.ac.at

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Gastautor Prof. Dr. Peter Heilig: De Beatitudine, vom Glück

De Beatitudine, vom Glück

               Jedes Kind will geliebt werden –

um seiner selbst willen – von der ersten bis zur letzten Stunde – das ewige Kind. Und im Sinne Identität-stiftender Zugehörigkeit unbedingt ‚dazugehören‘. Dieses Glück will erarbeitet (operatio) und beschützt werden. Das Selbstwertgefühl, welches in Frühphasen der Entwicklung schwerste Schäden erlitten hat, bettelt förmlich um liebevolle Zuneigung und Anerkennung – ein Leben lang.

Das Streben nach Glück: In der Eudaimonistischen Ethik des Thomas von Aquin wird das Glück (Eudaimonia) als das höchste Ziel des Menschen bezeichnet – die teleologische Theorie eines zielgerichteten Handelns, gipfelnd in einem letzten Ziel (finis ultimus). „Scheingüter“ nehmen nicht  selten den falschen Rang in der ‚Hierarchisierung‚, in der Rangordnung der Werte ein. Apropos – die Menge an verfügbarem Mammon korreliert nicht mit der subjektiven Glücks-‚Amplitude‘.

Vom Theologischen und Philosophischen abgesehen, auch von der wissenschaftlichen Glück-Forschung, den experimentellen und neurophysiologischen ‚Glück‘-Untersuchungen, über die unvergessene ‚Anleitung zum Unglücklichsein‘ eines Paul Watzlawick ließe sich die ‚How To ‚– Liste ad infinitum fortsetzen bis zum fiktionalen ‚Einimpfen‘ (rTMS, Chip??) einer Eudaimonia.*

Das offenbar glücklose ungeliebte Kind sucht verzweifelt nach der Wunsch-(Peer-) Group und nach einem wahren Freund, mit dem man ‚Pferde stehlen kann‘; geht dabei aber womöglich ‚Rattenfängern‘ auf den Leim und legt irgendwann scheinbar unerklärliches Verhalten an den Tag. Der pathologische Narzissmus, auch in höchsten Kreisen grassierend – ein Musterbeispiel. 

Der Tanz um das Goldene Kalb Waffenbesitz verheißt Unheil. Die Projektile aus den Waffen psychisch ‚Labiler‘ treffen Unschuldige. Ursachen und Auslöser mancher Eskalation liegen oft verborgen im Vergangenen. „Unauffällig, stets freundlich und zuvorkommend war er – noch ein halbes Kind!“ berichten die Wohnungs-Nachbarn eines außer Kontrolle geratenen Amokläufers, der sich doch nur ‚rächen‘ hatte wollen – aber wofür denn um Himmels willen – und an wem?

Eine profunde Kenntnis fremder Kulturen und der religiösen Hintergründe nähme Wind aus den Segeln jedes ‚Cultural Clash‘. Um den interreligiösen und spirituellen Dialog haben sich besonders Kardinal Franz König sowie Bettina Sharada Bäumer verdient gemacht. Dieser geistige Austausch muss auf eine breitere Basis gestellt und darf niemals beendet werden.

Resumé: Glück will erarbeitet (s. operatio) und weitergeschenkt werden – kreativ, prophylaktisch..

      

Die Bahá’í  z.B. (Lotus-Tempel in N. Delhi) schätzen jede Religion. Ihr Prinzip ist die Nächstenliebe. Sie verurteilen Rassismus und Gewalt, werden aber seit jeher verfolgt (Hinrichtung ihres Gründers um 1850).

Beatitudo: Glück, Seligkeit, Glückseligkeit, Freude

*Eudaimonia (εὐδαιμονία): ein Begriff mit ähnlicher Bedeutung – aus der Zeit der Antike, in der „Nikomachischen Ethik“ des Aristoteles das höchste Ziel, auch im ‚De vita beata‘ des Seneca oder des gleichlautenden Augustinus-Dialogs und als ‚Tätigkeit‘ (operatio) bei Thomas von Aquin beschrieben, analog zur Ataraxia, unerschütterlich-glückseliger Gemütsruhe, dem „Glück“ der Epikureer oder der Stoa.

rTMS: repetititve transcranielle Magnetstimulation – als Therapie(versuch) der Depression z.B.

Thomas von Aquin (2012) De Beatitudine. Über das Glück. Philosophische Bibliothek.

Vaihinger H (2007) Die Philosophie Des Als Ob (Krosigk E, Hsg). (Urfassung 1911)

Bäumer B (2008), Vijnana Bhairava, Das göttliche Bewusstsein, Verlag der Weltreligionen

Kölsch S (2019)  Good Vibrations, die heilende Kraft der Musik. Ullstein

Esch T (2012) Die Neurobiologie des Glücks. Thieme

Gender: beyond

Interest: no

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Gastautor Prof. Dr. Peter Heilig: COCA, FREUD und (Coca-) KOLLER

COCA, FREUD und (Coca-) KOLLER

‚Coca-Koller‘ pflegte Sigmund Freud seinen Freund Karl Koller zu nennen, nach seiner weltweit aufsehenerregenden Entdeckung. Erstmals, am 15. September 1884, in der Versammlung deutscher Augenärzte in Heidelberg wurde Kollers Kokain-Lokalanästhesie vorgestellt. Als  Sekundararzt der Zweiten Wiener Augenklinik hatte er sie eingeführt. Vergeblich hatte er bereits Chloral, Brompräparate und Morphium etc. getestet. Trotz anfänglicher Mißerfolge ließ er sich keineswegs entmutigen. „Obschon erfolglos, hatten diese Versuche doch die Wirkung, daß ich vorbereitet war die Gelegenheit zu erfassen, sobald ich einem wirklichen Lokalanästhetikum begegnen würde“.

Im Sommer des Jahres 1884 ‚fiel der Groschen‘: Sigmund Freud und Karl Koller standen inmitten einer Gruppe junger Sekundarärzte im Hof des Allg. Krankenhauses. Einer der Kollegen klagte über Zahnschmerzen. S. Freud reagierte daraufhin prompt: „Ich glaube Ihnen  kann geholfen werden!“ Ein paar Tropfen vom Extrakt der Koka-Pflanze stillten die Schmerzen ‚im Augenblick‘.

„Meinem Freunde, dem Augenarzt L. Königstein, legte ich nahe zu prüfen inwieweit sich die anaesthesierenden Eigenschaften des Kokains am kranken Auge verwerten ließen. Als ich vom Urlaub zurückkehrte, fand ich, daß nicht er, sondern ein anderer Freund, Karl Koller die entscheidenden Versuche am Tierauge angestellt hatte. Er gilt darum mit Recht als der Entdecker der Lokalanaesthesie mit Kokain“  sowie – „Ich habe meine damaligen Versäumnisse meiner Braut nicht nachgetragen“ meinte Sigmund Freud etwas kryptisch.

S. Freud war in erster Linie an der zentralen Wirkung von Kokain interessiert; Karl Koller untersuchte die lokalanaesthetischen Effekte am Auge. Der Pharmakologe B. von Anrep hatte im Jahre 1880 die Kokain-Lokalanaesthesie ‚übersehen‘, die K.- Mydriasis jedoch erwähnt. „Herr von Anrep ging an dieser Entdeckung vorbei, so hart er auch an ihr war. Die Wunderblume hatte ihm entgegengeleuchtet, er aber sah nicht ihren Schein“, so formulierte dies Josef Meller als Festredner poetisch-blumig am fünfzigsten Jahrestag (1934) der Kokain- Lokalanaesthesie-Geburtstunde.

Zweiprozentige Kokainlösung anästhesierte Conjunctiva und Cornea eines Versuchstieres und machte es völlig unempfindlich gegen taktile, chemische, thermische und elektrische Schmerzreize. In Selbstversuchen, in Praktika und schließlich bei der entscheidenden Anwendung am Patienten zeigte sich das volle Potential dieser Substanz: Die erste Cataractoperation in Lokalanaesthesie wurde am 11. September 1884 durchgeführt – eine Sternstunde – nicht nur für die Ophthalmologie. Noch nie hatte eine Nachricht so schnell die Runde um den Erdball gemacht.

Karl Kollers sehnlicher Wunsch als Assistent an die Wiener Augenklinik aufgenommen zu werden, ging nicht in Erfüllung. Ein Kollege hatte ihn böse insultiert; es kam zum damals unvermeidlichen (verbotenen) Duell; dies erinnert ein wenig an Schnitzler’s ‚Lieutenant Gustl‘ und den ‚Ehrenkodex‘. 1885 verließ Koller gezwungenermaßen die Klinik, für die er im höchsten Maße qualifiziert gewesen wäre. Seine ophthalmologische Fachausbildung erhielt er am Gasthuis voor Oglijders in Utrecht um schließlich in USA am Mount Sinai und Montefiori Hospital (bis 1942) als erfolgreicher Augenarzt weitere Karrieregipfel zu erleben – „He received many distinctions during his life span.“  Mehrmals war er für den Nobelpreis in Medizin und Physiologie nominiert worden. Karl Koller starb am 22. März 1944 in New York.

Eduard Jaeger von Jaxtthal (* 25. Juni 1818, † 5. Juli 1884) fungierte nur für kurze Zeit als Vorstand  der II. Wiener  Universitäts-Augenklinik, von 1883 bis 1884. In diesem Hause, im Interregnum unter August Ritter von Reuss, initiierte Koller die örtliche Betäubung, welche den Patienten unerträgliche  Schmerzen ersparte und der Ophthalmochirurgie ermöglichte ihr hohes Niveau zu erreichen. 

Epilog: Was blieb von der ruhmreichen Vergangenheit der Zweiten Wiener Universitäts- Augenklinik, was erinnert an Sternstunden und Meller’s Wunderblume ? Etwa der Cocain-Test (Horner*-Syndrom). Doch andere Pharmaka treten nun an die Stelle des berühmt- berüchtigten Kokain – gleichsam eine Metapher: Surrogate statt Originale . .

Ueber die Verwendung des Cocaȉn zur Anästhesirung am Auge. Von Dr. Karl KOLLER, Sekundararzt des k. k. Allgemeinen Krankenhauses in Wien. Vortrag, gehalten in der Sitzung der k. k. Gesellschaft der Aerzte vom 17. Oktober 1884. Wr. Med. Wochenschr. (1884) 43/44; 1276-1278/1310-1312

 Koller C (1884) On the Use of Cocaine for Producing Anæsthesia on the Eye. Lancet II: 990-992

Lesky E (1981) Meilensteine der Wiener Medizin. Große Ärzte in drei Jahrhunderten. Maudrich

Wyklicky H (1984) Zur Geschichte der Augenheilkunde in Wien. C. Brandstätter

Hirschmüller A (Ed) (1996) Sigmund Freud. Schriften über Kokain. Fischer

Grzybowski A (2008) Cocaine and the Eye: A Historical Overview. Ophthalmologica; 222: 296-301

*Johann Friedrich Horner, Schweizer Ophthalmologe, hatte ebenfalls in Wien bei Eduard Jaeger von Jaxtthal gearbeitet.

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Gastautor Prof. Dr. Peter Heilig: Tetrachromasie. Ein Mythos?

Tetrachromasie. Ein Mythos?

Prof. Dr. Peter Heilig

Die Tetrachromasie wäre Flaggschiff der Gender-Medizin, wenn es nicht „mehr Fragen als Antworten“ gäbe. Warum kommen – on dit – praktisch nur Frauen in den Genuss dieses Phänomens? Und – welches weitere Photopigment könnte ein viertes, unabhängiges Signal ermöglichen sowie – welche retinalen Mechanismen lägen einer „strong tetrachromasy“ zugrunde?

Die Trichromasie per se bedürfte im Grunde keiner vierten, bislang noch immer nicht ‚Evidence basierten‘ (EBM) Funktion. Sämtliche Farbnuancen (‚shades‘) wären auf trichromatischer Basis korrekt perzipierbar; auch verschiedene quantenphysikalische Prozesse spielen bei komplexen photorezeptiven Prozessen wie dem Farbsehen eine wesentliche Rolle – mit nahezu unbegrenzten Zahlen wahrnehmbarer und voneinander unterscheidbarer Farbschattierungen – vermutlich. Worin bestünden also die Vorteile eines angeblich noch umfangreicheren tetrachromatischen Farbensinnes?

Trichromaten sehen etwa eine Million Farben, Tetrachromaten möglicherweise 100 Millionen Farben“  (Jay Neitz).

Die von Medien plakativ beworbene malende Tetrachromat-Künstlerin könnte mit ihrem Talent nur vor einer kleinen, streng ausgewählten Gruppe, vor vermeintlichen Tetrachromatinnen reüssieren. ‚Perlen vor die Säue werfen‚ hieße es zu einer ihrer Vernissagen ausschließlich ‚gemeine‘ Trichromaten einzuladen. Sie wären, streng genommen, ein wenig – vergleichsweise –  Farben-“blind“, folglich unfähig „Tetra-Chroma-Kunstwerke“ im vollen Umfang zu genießen. Auch Kunstkritiker sollten sich in derart exklusiven Zirkeln vornehmer Zurückhaltung befleißigen. Streng genommen müssten diese ‚Beckmesser‘ den von ihnen zu begutachtenden Künstlern zumindest ebenbürtig sein, nicht nur in tetrachromatischer Hinsicht.

Aphake (postop., ohne IOL-UV-Filter) hätten übrigens noch „Valenzen frei“. Sie könnten bis hin zu gewissen Wellenlängen-Bereichen auch rein ultraviolette Stimuli wahrnehmen (M5 z.B.), evtl. Zeitungsüberschriften entziffern. In solch einem speziellen Fall wäre jedoch der Terminus ‚Tetrachromasie‘ (wie bei speziellen Tieren) fehl am Platz. Ein besonderer, in seiner Bedeutung meist unterschätzter retinaler Rezeptor wird  selten als möglicher Faktor in die Diskussionen miteinbezogen: die ‚intrinsic photosensitiven Melanopsin exprimierenden retinalen Ganglienzellen (ipMRGC)‘ – sechs Subtypen (M1 – M6) mit unterschiedlichen Eigenschaften (the signal transduction in ipRGCs is more complex than originally thought“, Detwiler 2018). Experimentell ließ sich die spektrale Sensitivität samt bemerkenswerten Wirkungen eindrucksvoll demonstrieren: Gelbes Licht reduzierte (um etwa 50%) die Kammerwasserproduktion.

Psychophysikalische Resultate der MRGC-Funktionen scheitern meist am Methodischen. Allerdings – so mancher Migraine-Ophtalmique-Patient erlebt rein subjektiv eindrucksvolle halluzinatorische Phänomene mit dynamischen Farbstrukturen. Die während des Anfalls – zuvor niemals wahrgenommenen – Farbsplitter und Zackenbilder, strahlend-gleissend Kaleidoskop-artig, vermitteln diesen Migraineurs opht. vielleicht doch eine leise Ahnung von dieser sagenhaften (aber möglicherweise fiktiven -) Tetrachromasie. Die Lokalisationen dieser meist streng kreisförmig angeordneten szintillierenden Trugbilder könnte den retinalen ipMRGC – Verteilungsmustern entsprechen.

Genug Hypothesen – unabhängig davon, wo derartige Farb- und Licht-Phänomene ihren Ursprung haben könnten samt darauffolgenden Erregungskaskaden – eine Frage bleibt zum Teil unbeantwortet: die Gender-Medizinische, basierend auf – z.B. „x-Chromosome-Inactivation.“ Was hätten denn in der ruhmreichen Vergangenheit Tetra-Chrom–Maler zuwege gebracht? Wie sähen van Goghs Farben aus oder die in allen Farben schwelgenden Impressionisten, was wäre anders in der Farb-Palette Tizians und der eines Rembrandt – etc. Die digitale Gegenwartskunst scheidet aus dem Rennen; apropos: Online-‚Tetrachromasie-Tests‚ sind auf alle Fälle ungeeignet, sie wären es auch für ‚Tetrachromatinnen‚.

Allzu einfach wäre es die ‚Tetrachromasie‘ schlicht als Mythos hinzustellen; postrezeptorale Kanäle konnten zweifelsfrei identifiziert werden, die Genetik lieferte falsifizierbare Hinweise (Töchter anormaler Trichromaten – spektraler Shift des Photopigments und ‚x-linked genotypic variants‘ etc.) dies läßt auf neue Einblicke in Farbensehen und Farbwahrnehmung hoffen.

Doch – „Grau, teurer Freund, ist alle Theorie – und grün des Lebens goldner Baum“ Faust 1 JW Goethe

Abgesehen von Farb-Theorien gibt es nun „evidence based“ ein bemerkenswertes Lob des Grüns: In fact, instead of exacerbating migraine, low-intensity 530nm green light seems capable of decreasing headache intensity and increasing positive emotions (described by migraineurs in the study using words such as happy, relaxing, soothing, and calming). Although the neurobiology of the soothing effects of green light are largely unknown“  Dies steht im Widerspruch zu grell-kurzwellig dominierter Licht-Therapie (cave Photosensitizer !), – Stimulation bzw. Irritation (Vigilanz-‚Ankurbelung‘), Indoor- und Outdoor-Kunstlicht-Modus (Plural, oder -‚Mode‘), sowie grell-blaustichigen KFZ-, DRL-, Fahrrad- etc. Lichtern: „Symptoms include compromised cognitive functions and transient decline in short-term memory“. Siehe: Distraction Blindness sowie Sustained Inattentional Blindness und – vermeidbare fatale Folgen in Strassenverkehr-Szenarios.

 Blau fiel bereits bei Goethe (s. Farbenlehre) in Ungnade und plagt nicht nur auf schwer erträgliche Art und Weise Migräne-Patienten. Das Mode gewordene „Blue-enriched“ gleissende Kunstlicht (‚Cyanophilia‘) darf mit Fug und Recht als unphysiologisch eingestuft werden (blue-peak vieler HI-LEDs) und gälte, abhängig von Intensität und Expositionsdauer, als potentiell phototoxisch.“

Epilog: Ein Farb-Nuancen-Aequilibrium, innerhalb physiologischer Rahmen, behutsam ausgewogen und wohldosiert, angelehnt an natürliche Spektren, wäre wünschenswert – aus sinnesphysiologischen und prophylaktischen Überlegungen (s. Lichthygiene).

Lit.:

G Jordan, J Mollon (2019) Tetrachromacy: the mysterious case of extra-ordinary color vision. Current Opinion in Behavioral Sciences. Volume 30, 130-134

Lledó VE et al (2019) Yellow Filter Effect on Melatonin Secretion in the Eye: Role in IOP Regulation. Curr Eye Res. 14:1-5.

Burstein R et al  (2019) The neurobiology of photophobia. J Neuroophthalmol 39, 94-102

Heilig P (2019) MRGC, eine retinale Schlüssel-Zelle Concept Ophthal 6/2019 23-24

Detwiler PB (2018) Phototransduction in Retinal Ganglion Cells. Yale J Biol Med 91(1):49-52.

Heilig P (2020) Photophobia/Cyanophilia. Concept Ophthalmol 3/2020:38-39

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Gastautor Prof. Dr. Peter Heilig: PROGNOSTIKON

PROGNOSTIKON. Das Höhlengleichnis und Gleichungen mit variablen Unbekannten

Das Prognostikon ermöglichte Astrologen oder Magiern nicht nur eine Kommunikation mit dem Jenseits sondern auch mystische Blicke in die Zukunft – Prognose: (πρόγνωσις) die Voraussage, das Vorauswissen. Auf dieser Scheibe – in konzentrischen Kreisen – sind Hieroglyphen und Buchstaben angeordnet. Die Zukunft des Universums konnte aus diesen magischen Zeichen herausgelesen werden – von Kundigen. Aktuelle Prognosen erinnern gelegentlich an das antike ‚Prognostikon‘.

„Nackte Zahlen sagen selten die ganze Wahrheit.“ . “Because of too many unknown factors, the estimates harbour a high degree of uncertainty.“   

Daraus resultiert Widersprüchliches. “Proposed models are poorly reported, at high risk of bias, and their reported performance is probably optimistic. Hence, we do not recommend any of these reported prediction models for use in current practice.” Die auf ‚conspiracy theory‘ – ‚fake news‘ basierende Prognose wäre „das Maß für die Unsicherheit zukünftiger Ereignisse“ .

Platons Höhlengleichnis (in „Politeia“, Buch VII) malt mit seinen Schattenbildern eindrucksvoll das trügerische Bild der vermeintlichen Wirklichkeit – in „der ersten Stufe der Erkenntnis, in der bloß sinnlichen Wahrnehmung“ https://www.studium-universale.de/platons-h%C3%B6hlengleichnis-text.
Mathematische Wahrnehmung, die „Modellierungen beruhen auf Abstraktionen, Vereinfachungen und Vergröberungen.“ Informationen über (Un-)Sicherheiten bei Statistiken und Modellrechnungen zu Corona findet man in der ‚Unstatistik des Monats‘  h

Dazu gesellen sich mehrfach variable Unbekannte (nonlinearities, unknown and variables) und gestalten Interpretationen und Modellierungen via diverser Differentialgleichungen wie Delay–, stochastische- etc. Funktionen als besonders trickreich, gelegentlich trügerisch und womöglich widersprüchlich.

Unseriöse, oft voreilige Berichte schüren Ängste und stören Synergismen zwischen Psyche und Immunsystem: Angst kann krank machen – bringt nervöse Raucher dazu ihre übliche Dosis zu steigern. Dies kann als circulus vitiosus Angstzustände, Panikattacken und Depressionen fördern: „Substanzinduzierte Angst- und Panikstörung“

Kausale Zusammenhänge zwischen Klimakrise, Artenschwund und Pandemien zeigen: „Wir entziehen uns unsere eigene Lebensbasis.“ Christof Schenk, Biologe. Verringerte Biodiversität durch monotone Monokulturen, Abholzen borealer Wälder und Regenwälder, (Plastik-) Müll, Dünger, Pestizide und Chemikalien etc. in Meeren und Süßwasser; Tiefschürfende Tiefsee-Mineure (deep-sea mining) schädigen marine Biome – damit dem Klima und vice versa dadurch dem Phytoplankton und marinen Mikroorganismen. https://ub-blog.meduniwien.ac.at/blog/?p=33426

Prophylaxe: Scheinbar weit hergeholt: ‚Biohazard‘ vermeiden. In Renaturierungen investieren. https://www.netdoktor.at/news/coronavirus-8996405. Unausgereifte Impfungen (fehlende Phase III etc.) wären Wasser auf die Mühlen sektiererischer Impfgegner. Prognose: siehe oben.

Epilog: Von allen Imponderabilien abgesehen, manifestiert sich Unwägbares und Unkalkulierbares im merkwürdigen Fehlverhalten des homo irrationalis.

https://i0.wp.com/elementamundi.com/wp-content/uploads/2017/07/Prognostikon_eMuseumPlus-5.jpg?fit=1024%2C1064&ssl=1     

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Gastautor Prof. Dr. Peter Heilig: Traumatologie/Prophylaxe: Der Fahrradhelm

Traumatologie/Prophylaxe: Der Fahrradhelm

Peter Heilig, Johann Beck-Mannagetta
Concept Ophthalmologie 5/2020

„The bicycle helmet did not protect against facial injuries“[1] – auch die weltbesten Fahrradhelme (jedoch ohne Kinnbügel) schützen bei Stürzen und Kollisionen weder Augen noch Gesichtsschädel.

Verletzungen und ihre Folgen

Ungeschützt sind das Gesicht, die Augen, die Kiefer-, Gesichtsknochen und die Zähne. Verletzungen im Bereich des Gesichtes und der Zähne sind häufig von besonderer Tragweite, weil der Blutverlust hoch ist, die Wunden mitunter stark verschmutzt sind, entstellende Narben oder in Fehlstellung verheilte Knochen zurückbleiben. Vor allem Jugendliche vor dem Abschluss des Wachstums benötigen oft einen Zahnersatz oder eine jahrelange kieferorthopädische Behandlung, wenn nicht gar einen zweiten, korrigierenden operativen Eingriff.

Radfahrer, besonders aber E-Bike-,E-Scooter-, E-Toy- etc. Fahrer sind gefährdet. Die hohe kinetische Energie (bis zu Tonnen …) bei Stürzen oder Kollisionen kann sich fatal auswirken. Es drohen irreversible Läsionen und Funktionsausfälle.

Fahrradhelme

Helme als verlässlicher Gesichts-und Augenschutz

Integralhelme, Airbaghelme, Fullface-, Downhill-, Visierhelme, Helme mit Kinnbügel etc. besonders auch für Kinder (!) wären die Antwort. Das Desideratum: vollständiger verlässlicher Gesichts- und Augenschutz. Wie weit die jeweiligen Modelle diese Forderungen erfüllen, kann nur in EBM-Testserien analysiert werden; Realitätsnähe und Aufprallmuster sämtlicher Arten von Unfällen simulierend, auch virtuell – ein längst fälliges Projekt, vor allem befreit von merkantilistisch motivierten Einflüsterungen: „In the future, helmet designs should be modified to improve facial protection, and better education should be provided to the public regarding the benefits of bicycle helmets“.[2]

Die Elektromobilität Einspuriger bringt Unfallstationen zunehmend an den Rand der Dekompensation. Die E-Scooter- und E-Toy-Piloten – oft als „unguided missiles“ unterwegs, beliefern Unfallchirurgen mit geradezu bizarren Verletzungen, auch im orbitalen Bereich – samt Bulbus und N.- opticus-Läsionen.

Epilog: Viele oben genannte Geräte eignen sich weder als Spielzeug noch als Fahrzeug; schon gar nicht „Kopflos“ und „Helmlos“ betrieben.

Apropos: Kinnbügel stören genau so wenig wie Sicherheitsgurte im Auto.

Fahrradhelme

Illustrationen: Univ.-Prof. Dr. Peter Heilig

Literatur:

  1. Stier R et al (2019) Int J Oral Maxillofac Surg 48(9):1235-1240. Reality or wishful thinking: do bicycle helmets prevent facial injuries?
  1. Schmack et al (2015) Avulsion of the Globe after Bicycle Accident – Clinical and Histopathological Evaluation. Klin Monbl Augenheilkd. 232(11):1308-11

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