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Gastbeiträge

Gastautor Prof. Dr. Peter Heilig: Wissen-Basis-Wissen oder die Laubbläser (lat.: Flatus dordis)

Wissen-Basis-Wissen oder die Laubbläser (lat.: Flatus dordis)

„Die ganze Geschichte der Logik besteht in der Definition eines akzeptablen Begriffs der Dummheit.“ Umberto Eco

Evidence basiertes Wissen ist die Antwort auf ‚Daten‘ des Desinformationszeitalters. Verborgen im Datenmüll (https://ub-blog.meduniwien.ac.at/blog/?s=gigo) finden sich die falsifizierten Fakten (Popper), die Basis des Wissens, Grundlagen der Forschung.

Alternativ und Fake wurden zu Unwörtern. Absurde ‚Laubbläser‘-Methoden sind en vogue, alternativ zur Ratio. Grundlagenforschung, unlukrativ und unattraktiv für profitorientierte Systeme, wird weggefegt mit groben Straßenbesen oder Laubbläsern des Überwachungs-Kapitalismus (purgamenta scientiarum?).

Das Profitstreben, scheinbar die einzige treibende Kraft, hatte sich jedoch ad absurdum geführt, permanent. Die Oekonomik ähnelt bereits fatal betrügerischen Pyramidenspielen der Kryptowährungen. Die Desinformationsflut bugsierte zu guter Letzt auch noch die Politologie auf das Niveau astrologischer Pseudowissenschaft.

Shoshanna Zuboff, ‘The True Prophet of Information Age‘, ausgezeichnet mit dem Axel Springer Award 2019, kämpft wie Don Quijote unermüdlich gegen die Windmühlen des ‘Surveillance Capitalism’. Vor ‚verborgener Logik‘ warnt sie. Oder meinte sie ‚verbogene‘ Logik? „Der Kampf gegen Hunger und Fehlernährung wird nicht enden, solange die ‚Logik des Marktes‘ vorherrscht und man um jeden Preis nach Profit strebt“ (Jorge Mario Bergoglio, vulgo Papst Franziskus, am 16.10.19).

Apropos: auf die Frage nach der ‚Logik des Profitstrebens‘ kommt kein Echo aus Internet-Fundi, aus den vereinbarungsgemäß Alles Wissenden.

In der Beweistheorie Mathematischer Logik sprächen deren ‚formale Beweise‘ eine deutliche Sprache: „Dauerhaftes exponentielles Wachstum einer Wirtschaft ist nicht möglich und führt zwangsläufig zur Selbstzerstörung. Das a priori machthungriger, geldgieriger, gewissenloser Mega-Konzerne birgt im Keim nicht nur Dekadenz sondern auch Autophagie, schlussendlich.

Resumé: “Surveillance giants threaten human rights”.  Amnesty International Nov. 2019
Epilog: „Die Welt gehört verändert. Der Anfang der Veränderung aber geschieht immer im Herzen eines einzelnen Menschen“ – und –  „Es wäre geradezu kindisch an ein mögliches Übel in der Zukunft die Maßstäbe von heute anzulegen.“  Leopold Ungar.

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*Trend.at-Coverstory: „Shitcoin,“ Kryptowährung

Flatus (lat. blasen) – dordis (des Laubes), Desinformationszeitalter-Denkfehler-Metapher.

Zuboff S (2019) The Age of Surveillance Capitalism. The Fight for a Human Future at the New Frontier of Power. New York, NY

Milborn C, Breitenecker M (2018) Change the Game. Wie wir uns das Netz von Facebook und Google zurückerobern. Brandstätter

https://www.welt.de/wirtschaft/article203213488/Axel-Springer-Award-Oekonomin-Shoshana-Zuboff-in-Berlin-ausgezeichnet.html?wtrid=onsite.onsitesearch

https://amnesty.azureedge.net/media/6430/amnesty-surveillance-giants_bericht-november-2019.pdf?mode=pad&rnd=132186473750000000

www.youtube.com/watch?v=ScsVe6nktk4

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Gastautor Prof. Dr. Peter Heilig: Alan Turing (1912 – 1954)

Alan Turing, 1912 – 1954

„Can a computer be so desperate it commits suicide?”  
“Could you repeat the question?” The program stops.

Indizien ließen Zweifel an dem kolportierten Suicid Alan Turings aufkommen. Auch der inkriminierte, mit Cyanid präparierte Apfel – aus dem Reich der Märchen – war nie analysiert worden.

Vernetzt über Zeit und Raum, wie im ‚Reich der Ideen‘ (Plato), sind Erkenntnisse und Resultate der Mathematik- und der Grundlagen-Forschung in einem wissenschaftlichen Langzeitgedächtnis gespeichert um weiterentwickelt und falsifiziert (Popper) zu werden. Leibniz, das Universalgenie,  schätzte die Sprache der Mathematik; dies erklärt den Leitgedanken ‚Calculemus‘: „Lasset uns rechnen“ und die Entwicklung seiner Rechenmaschine, welche alle vier Grundrechnungsarten ermöglichte. Die Maschine Pascals, (Addition/Subtraktion, Bj. 1642) die ‚Pascaline‘, hatte ihn dazu inspiriert. Er hoffte, dass Rechenmaschinen in seiner ‚Best(möglichen)en aller Welten‘ imstande wären ethische Werte kritisch zu beurteilen, quasi zu berechnen; dadurch könnten sogar Richter überflüssig werden, meinte dieser große Denker und liebenswürdige Optimist.

Aus vernetzten wissenschaftlichen Wurzeln entwickelten sich über die Einflüsse von Boole, Babbage, Frege, Russel und Hilbert (‚Entscheidungsproblem‘, Decision Problem) ein zunächst noch zartes heranreifendes Pflänzchen; besonders hervorzuheben sind in diesem Zusammenhang Church (‚Arithmetic is undeciable‘) und Neumann sowie Goedel (Incompleteness Theorem, Halteproblem), dessen Werk Alan Turing fortsetzte. Als Jugendlicher hatte ihn Relativitätstheorie und Kryptographie fasziniert; später galt sein Interesse mathematischer Logik; er zählte bald trotz seiner Jugend zu den führenden Mathematikern des Landes und brachte alle Voraussetzungen für die schwierige Aufgabe mit, die auf ihn wartete, der richtige Mann zum richtigen Zeitpunkt – des Gottes Kairós.

Die Zeit war reif für die ‚universelle Maschine‘ des Alan Turing und seine bahnbrechende Publikation “On computable numbers, with an application to the ‚Entscheidungsproblem‘“; diese beinhaltet eine Computer-Theorie, deren Bedeutung erst später erkannt worden war. Bei Anbruch des Krieges, im Jahr 1939 wurde Turing zum Leiter des Dechiffrierteams ernannt. Er entwickelte mit seinem Team (einer Frau und sechs Männern) eine Maschine, die beim Decodieren des kompliziert zu knackenden Enigma-Systems der deutschen Wehrmacht mit Erfolg eingesetzt wurde.  

Die Aufgabe schien zunächst unlösbar; doch mithilfe dieses (ab 1943) einsatzbereiten Computer-Vorläufers konnten  die verschlüsselten Funksprüche des gesamten deutschen Funkverkehrs dechiffriert werden. Alan Turing, ein eigenbrötlerischer ‚Nerd‘, „der sich selbst als eine Art Computer betrachtete“, hatte seine Mathematik-Karriere unterbrochen um mit seiner Krypto-Analyse der Fish-Verschlüsselungen – “save much of the world (including Germany) from heinous tyranny.” (Jack Good, Codebrakers).

Was hätte Turing geplant und mit bewährter Durchschlagskraft in die Tat umgesetzt, in einem Leben nach 1954? Mit Sicherheit hätte er konsequent weiterentwickelt. Möglicherweise hätte er eine Alan-Turing-‘Artificial-Intelligence‘ kreiert, eine die von überflüssigem Ballast befreit wäre. Die Frage, ob Turing-Maschinen und ihre Epigonen denken können, wäre für ihn jedenfalls kein Thema gewesen:

„The original question, can machines think I believe to be too meaningless to deserve discussion“

“Artificial intelligence is impossible.” Eric Holloway (2018).                                                                   

Da künstliche ‘Intelligenz’ mehrfach überzeugend in Abrede gestellt worden war – “how could the intelligent arise from operations which were themselves totally routine and mindless, entirely without intelligence?” (https://plato.stanford.edu/entries/turing/) ist ein präziser, sinnvoller Terminus  vorzuziehen, zum Beispiel:

Analysis Instrument(-ation), –Analyzer, -Evaluator etc. Vorausgesetzt, dass alle Daten Evidenz-basiert wären – ein a priori – könnte das System diagnostizieren, Differential-Diagnosen erstellen, evaluieren und prognostizieren (Akronym AImed), ein schlankes Instrument, frei von fehlerhaften und  unpräzisen Daten, welche unbemerkt im System landen. Besonders entbehrlich wären die ‚wissenschaftlichen‘ Einträge von Auftrag-Arbeiten.

Die Resultate, Analysen, Diagnosen und Prognosen müssten jedes Mal kritischer Prüfung und sachkundiger ‚NI‘-Expertise unterzogen werden. Beim Erstellen von Prognosen ist feinfühlige Umsicht geboten. Negative, zu vermeidende Beispiele wären: medizinische ‘AI‘-Resultate, ohne Erläuterungen oder mit irreführenden Erklärungen an Patienten abgegeben und weitergeleitet, aus den Händen ungeschulten oder nicht ausreichend ausgebildeten Personals. Allzu viel Porzellan wurde bereits zerschlagen: „Frau/Herr Doktor, werde ich nun blind? Bekomme ich Alzheimer? Sagen Sie mir bitte, wann?“ E. Topol: „Medicine has become inhuman.“

„Stephen Hawking sah in A.I. die Totenglocken der menschlichen Zivilisation“ – Recht hätte er jedoch nur im Falle einer absolut ‚autonom‘ agierenden, unkontrollierten A.I. – einem ‚unguided missile‘. „Ich finde nicht die Spur von einem Geist, und alles ist Dressur.“  JWG, Faust I     

Epilog: Turings Orakel (nicht ‚oracle‘) – “Beware of Secret Service and undesired toxic side effects“

Patera V: Alan’s Apple: Teuscher C, Ed. (2004) Alan Turing. Life and Legacy of a Great Thinker, 9-41. Springer

Copeland J (2004) The essential Turing. The ideas that gave birth to the computer age. Oxford NY

https://museumsfernsehen.de/meilensteine-des-wissens-meisterwerke-der-kunst-pascaline/

Artificial Intelligence: Sie wird uns knechten. Oder umgekehrt.

https://www.turing.ethz.ch/alan-turing/turing-s-death.html

Strathern P (1989) Turing & der Computer. Fischer

Topol E (2019) Deep Medicine. How Artificial Intelligence Can Make Healthcare Human Again. Basic Books, NY

AImed  : ein Vorschlag – Analysis Instrument (medicine) oder Analytical Instrumentation etc.

NI: Natürliche Intelligenz; diese schuf, nur am Rande erwähnt, all die ‚künstlichen‘ Spielarten der diversen ‚Tools‘.

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Gastautor Prof. Dr. Peter Heilig: „Dritte Augen“

Dritte Augen

 „But Earthshaker Poseidon is a stubborn god, constantly enraged about the Cyclops, the onewhose eye Odysseus destroyed.” Odyssey Book 1

Das “Dritte Auge” hat Geschichte – nicht nur als “Ontogenese, welche die Phylogenese wiederholt ”.  Dieses unpaarige Parietalorgan bestätigt die biogenetische Grundregel:  Die Vorgänger unserer Zirbeldrüse, Glandula Pinealis, Epiphysis (ἐπίφυσις – aufsitzend, ‚outgrowth‘) im Epithalamus – finden sich in Crustaceae, in Insekten und in den Vertebraten. Bei verschiedenen Reptilien und Amphibien wird das Endvesikel des Diencephalons außen sichtbar – als komplett ausgebildetes „drittes Auge“, mit Linsen-ähnlichen Strukturen und „Retinae“, ausdifferenzierte Netzhäute mit radial arrangierten Sinneszellen.

Die dorsalen Projektionen des Diencephalons verloren im Lauf der Entwicklungsgeschichte ihre ursprünglich photoreziptiven Eigenschaften, wurden zu neuroendokrinen Drüsen. Die „Trilateralen Retinoblastome“, maligne Tumore des Frühkindesalters („gelbes Katzenauge“), lassen die enge Verwandtschaft dieser hochdifferenzierten Strukturen erkennen. 

„Dritte“ retinale Rezeptoren, intrinsisch photosensitive Melanopsin-Retinale-Ganglienzellen (MRGC), verdrahtet mit „Metronomen“, den selbst-oszillierenden Neuronen des Suprachiasmatischen Nucleus  (SCN) und der Zirbeldrüse steuern unsere Biorhythmen – Licht-abhängig.              

                                                                                        

Für René Descartes („esprits animaux“) hatte die Zirbeldrüse besondere Bedeutung. Aus Sinnesorganen und Blut „flössen Teilchen in dieses unpaarige Organ“ postulierte er: Ein „spiritus animalis“ entstünde in der Epiphyse. „Es gibt eine kleine Drüse im Gehirn, in der die Seele ihre Funktion spezieller ausübt als in jedem anderen Teil des Körpers“. Er war Spätaufsteher; Königin Cristine von Schweden war schon um fünf Uhr morgens hellwach und beorderte ständig den geplagten Philosophen unbarmherzig „mitten in der Nacht“ zu sich, bis es einfach zu viel wurde*. Er erkrankte bald an einer schweren Lungenentzündung und starb.

„Dritte Augen“ finden sich in Mythen, Märchen und Legenden, aber auch in Esoterik-Milieus. Die jahrtausende alte Esoterik der abendländischen Philosophiegeschichte mit ihren Gelehrten, Kirchenvätern und Mystikern geriet beinahe in Vergessenheit um heutzutage von Profit-orientierter „Esoterik“ abgelöst zu werden. In der aesthetischen Theologie und in der Philosophie fernöstlicher Denker existiert ein vollständig anderes, nicht vergleichbares „Drittes Auge“.

Das strahlende ‚Dritte Auge‘ – des Gottes Siva (oder Netra), findet sich ikonographisch, in Bildern Sivas und anderer Manifestationen, auch in buddhistischer Gottheiten, sowohl in philosophischen als auch religiösen Abhandlungen, metaphorisch, als das Auge der Weisheit, als „Drittes Auge des mystischen Intellekts“ (Raimon Panikkar). Netra Tantra, „Third Eye and Overcoming Death“ ist eine der grundlegenden Schriften des Trika Saivismus in Kashmir. Entstanden um das siebente bis achte Jahrhundert, dominieren der ‚Herr der Unsterblichkeit‘ (Amrtesa), das ‚Dritte Auge‘ und ’nondualistisches‘ Denken diese Schriften.

Netra Tantra fand, trotz seiner Bedeutung bisher nie den Weg nach Europa. Bettina Bäumer ist es zu danken, dass sie uns erstmals Einblick gewährt in diese faszinierenden Welten und dass sie uns die Augen öffnete für Parallelen, Übereinstimmungen und Gleichklänge mit Griechischen und Christlichen Traditionen: Das innere Auge, das Auge der Seele (Plato), das Sonnengleiche – (Enneaden), das Auge des Geistes (Corpus Hermeticum), – des Herzens,  das Auge Gottes..

Der Göttliche Dialog zwischen Siva und Devi zieht sich als roter Faden durch das Werk – Siva beantwortet Fragen und Bitten und Gebete: Das Dritte Auge der Gottheit strahlt, brennt, erlöst, befreit, vermittelt engültige Erkenntnis, überwindet Zeit und Tod (‚Mrtujit‘). Devi, die zauberhaft lächelnde „Große Mitleidige“ (atikarunyamayi) fragt gezielt diesen Gott, ‚der große Wunder wirkt‘, als Erstes, womit das Leiden, die Krankheit, das Elend, die quälende Angst und der Tod (auch unzeitig/zu früher -) für immer verbannt werden können. Erst dann wird das ‚Dritte Auge‘ zum zentralen Thema:                              

Das All-Sehende, All-Wissende, feurige, unbesiegbare ‚Dritte‘ Auge, „welches Zeit und Tod verglühen lässt, Göttliches und Geschöpfe vereint, mit Höchster Lebensenergie, mit Reinem Wissen (Nonduality) und mit dem Nektar der Unsterblichkeit erfüllt“.

„That Eye is praised in a powerful smile  –  of the complete Oneness of all things“

 

Bäumer Sharada Bettina (2019):  The Yoga of the Netra Tantra. Third Eye and Overcoming Death. (Shivam Srivastava, Ed.) DK Printworld, ND

*Klassisches Beispiel einer ‘Chronodisruption’  – ständige Störung des circadianen Rhythmus; dies kann dem Immunsystem schaden, ebenso wie ein zu früher Schulbeginn samt der Strafverschärfung „Sommerzeit“.

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Gastautor Rector emeritus Univ.-Prof. Dr. Dr.h.c Wolfgang Schütz: MEDICAL HUMANITIES

MEDICAL HUMANITIES

Autor: Rector emeritus Em.Univ.-Prof. Dr. Dr.h.c. Wolfgang Schütz

Mit dem Begriff Medical Humanities wird ein multi- und interdisziplinäres Feld der Me­dizin be­zeichnet, das so­wohl die Naturwissenschaften, als auch die Geistes‑ und Sozial­wissen­schaften sowie die Künste umfasst. Das Konzept der Medi­cal Humanities berück­sich­tigt in der Me­di­zin auch die sozialen und kulturellen Kom­po­nenten, untersucht ihre Zusammenhänge und bindet ihre Erfahrungen ein. Die in vielen Län­dern schon etablierte Disziplin erlaubt den Blick über die natur­wissen­­schaftlich ge­prägte und Techno­logie-be­stimmte Medizin hinaus, zum Beispiel auf den kulturell geprägten Umgang mit Krank­heit und Tod.

Drei wesentliche Gründe lassen einen Fokus auf Medical Humanities auch in Österreich als notwendig er­scheinen:

    • Medizin wird in den Pflichtcurricula in Form streng strukturierter Module gelehrt, die nur we­nig Mög­lich­keiten bieten, auch deren Vernetzung mit Geistes‑ und Sozial­wissen­­schaf­ten sowie mit den Künsten zu beleuchten. Diese Strukturierung erwies sich im Rahmen der Er­stel­lung des Grundkonzepts für die der­­­zeitigen Curricula – im Zeit­raum 1998–2002 – als not­wen­dig, wo noch freier Zugang mit über 4.000 Studien­an­fängern herrschte (weit weniger als die Hälfte beendeten ihr Studium). Seit dem Jahr 2006 finden aber Aufnahmetests für eine vorgegebene Zahl von derzeit 1.620 Stu­­dien­plätzen statt, die nun durchwegs von Studierenden mit hoher Eignung für ein Stu­dium belegt sind. Damit den zukünftigen ÄrztInnen ein interdisziplinäres Medizinstudium nach inter­nationalen Standards angeboten werden kann, muss die bisherige strenge Struk­­turierung gelockert wer­den. Zusätzlich sol­len Medical Humanities auch ein Lehr‑ und Forschungsfeld für kultur- und sozial­wissen­schaftliche Studienrichtungen wer­den.
    • Das Credo der „Evidenz-basierten Medizin“, die den jeweiligen wissenschaftlichen Gold­­standard für die Hei­lung einer Krankheit definiert, wechselt immer mehr zu einem Credo der eng mit der Digitalisierung ein­hergehenden „Personalisierten Medizin“, wo die Hei­lung des Kranken im Mittelpunkt steht. Ihr Schwer­punkt liegt auf der gene­ti­schen Ausge­stal­tung (dem Genom) der PatientInnen, wobei so genannte Bio­marker Aus­kunft über den Zu­sam­menhang einzelner Gene sowie über Zellmerkmale ver­mit­teln. Viele ge­netische Da­ten sind aber von unklarer Relevanz oder erbringen für die Pa­tientInnen gar belastende In­formationen ohne Ein­griffsmöglichkeit. Auch droht ein Kon­trollverlust für die miss­bräuch­liche Ver­wen­dung von Pa­tientInnendaten von Arbeit­gebern und Versicherungen. Die Bezeichnung „per­so­nalisiert“ selbst ist irre­füh­rend, denn diese Medizin hat nichts mit mehr persönlicher Zu­wendung den Pa­tientIn­nen gegen­über zu tun, sie basiert vielmehr auf einer Hochtechno­logie, die dem Arzt-Pa­tienten-Verhältnis nicht för­der­lich ist. „Per­so­nalisierte Medi­zin“ oder „Präzisions­medi­zin“ wird zunehmend zur „Biomarker-Strati­fied Medicine“. Die Begriffe „Krank­heit“ und „Gesundheit“, die einem soziokulturellen Wandel unter­worfen sind, müssen da­her ständig neu definiert werden.
    • Die Spitäler in Europa entwickeln sich immer mehr zu globalen Orten. So haben auf den Am­bulanzen im Allgemeinen Krankenhaus der Stadt Wien (AKH) bereits > 60% aller Pa­tien­tInnen einen Migrations­hinter­grund, etwa 20% sprechen gar nicht oder nur sehr ge­brochen deutsch. Dieser Anteil an Menschen mit Mi­­gra­tions­hintergrund in den Spitals­ambulanzen ist deutlich größer als deren Anteil inner­halb der Wie­ner Be­völ­kerung (43%) bzw. der gesamtösterreichischen Bevölkerung (28%). Es sind PatientIn­nen mit teil­weise nie­dri­gem Bil­dungsgrad, mit Gewalterfahrung, von ländlicher Her­kunft und mit patriar­cha­lischen Werte­­normen, die Religion hat einen ho­hen Stellen­wert. So entstehen Konflikte mit den modernen Krank­heits­auf­­fas­sungen von ÄrztIn­nen, Pflegekräften und PatientInnen aus verschiedensten Kulturkreisen.

Medical Humanities leisten für die Medizin einen wesentlichen Beitrag zur Responsible Science-Initiative der EU. „Responsible Science“, im EU-Kon­text auch als „Responsible Re­search and Innovation“ (RRI) bezeichnet, bindet die Gesellschaft aktiv in For­schungs- und In­novationsprozesse ein, um aktuelle Herausforderungen effektiver und im Einklang mit den Wer­ten, Erwartungen und Bedürfnissen der Gesellschaft bewältigen zu können. Ziel der Medi­cal Humanities ist, in medizinischen und Gesundheits­berufen einen ver­ant­wortungs­­vollen Umgang mit dem technisch-wissenschaftlichen Fort­schritt zu vermitteln und für die Bedeutung eines empathischen Arzt-Patienten-Ver­hält­nisses in der Behand­lung eines multikulturellen PatientInnen­-Kol­lek­tivs zu sensibilisieren.

Veranstaltungshinweis:

Österreich liest – Treffpunkt Bibliothek: Buchausstellung: „MEDICAL HUMANITIES“

Virtuelle Buchausstellung „MEDICAL HUMANITIES“ »

Logo: MMag.Margrit Hartl

Gastautor Prof. Dr. Peter Heilig: Kunstlicht verursacht Schäden. Auch irreversible. Die Antwort darauf? LICHTHYGIENE

Kunstlicht verursacht Schäden. Auch irreversible. Die Antwort darauf?

LICHTHYGIENE

P Heilig

Lichthygiene als umfassendes Maßnahmenpaket wäre die  Antwort auf all die zunehmend potentiell „phototoxischen“ Licht-Belastungen. Erste Lichtschäden manifestieren sich bereits in den Augen von Kleinkindern. Blendende Intensitäten der Photoblitze in den Augen Neugeborener gefährden deren vulnerable, noch nicht ausgereiften Netzhäute. Regel Nummer eins: Blendung vermeiden – immer- und als Empfehlung: den direkten Blick auf – womöglich blendende – Lichtquellen vermeiden.

Auf energiereiches, grell bläulichweiß strahlendes Elektronik-‚Spielzeug‘ starrt schon die Kinder-Peergroup, aus kurzer Distanz, stundenlang.. Zu den oben erwähnten Lichtschäden-‚Starterpaketen‘ gesellen sich weitere unerwünschte Wirkungen, vor denen nicht gewarnt wird: „Wenn schwarzer Text auf weißem Hintergrund gelesen wird, reduziert dies nach einer Stunde die Dicke der Chorioidea; beim Lesen weißen Textes auf schwarzem Hintergrund nimmt die Aderhautdicke zu.“ Sowohl beim Menschen als auch im Tierexperiment konnte gezeigt werden, dass dünnere Chorioidea eine Myopie-Entwicklung begünstigt, während dickere Aderhaut dies verhindert: „Black text on white paper heavily overstimulated retinal OFF-pathways.“
(https://ub.meduniwien.ac.at//?p=31486)

Von Krabbelstuben über Kindergärten, Fabriken, Büros, Einkaufstempel, beim Sport („TV-taugliche High Intensity z.B. LEDs“), auf Bühnen, bei „Events“, in Discos, bis zu Alters- und Pflegeheimen etc. wird überdosiert blaustichiges, potentiell phototoxisches Licht in die Augen der nicht vorgewarnten Opfer gestrahlt. (https://ub-blog.meduniwien.ac.at/blog/?p=22675)

Blendungen und Ablenkungen durch überdosiertes Kunstlicht nehmen zu, unsinnigerweise besonders im Straßenverkehr. Zunehmend wurde die Intensität von KFZ-Scheinwerfern, Tagfahrlichtern, Warn- und Signallichtern etc. gesteigert. Derartige, meist blaustichige ‚Blendlaternen‘ irritieren, blenden und verringern die Gesamt-Straßenverkehrsicherheit.  Mittlerweile klagen so gut wie alle befragten Patienten, aber auch junge Personen mit gesunden Augen, über Blendungen im Straßenverkehr. Verirrte Lichtstrahlen isotrop strahlender HI-LED-DRL-Leuchten sind kontraproduktiv. Die Licht-Intensitäten liegen oft weit über sinnesphysiologischen Erfordernissen.

Visuelle Systeme detektieren bereits einzelne (!) Photone. Retinale Adaptation ermöglicht Anpassung an einen ~1012 – fach höheren (d.h. helleren) Photonenfluss. Die Wieder-Erholungzeit nach Lichtstress (retinal recovery time) verlängert sich mit zunehmendem Alter, vor Allem dann, wenn die Netzhaut bereits irreversibel vorgeschädigt ist – z.B. aufgrund zeitlicher Summationen akuter und chronischer überdosierter Lichtbelastungen. Licht-‚Überakzentuierungen‘ (DRL z.B.) können vom retinalen Niveau über komplexe kognitive (störanfällige) Prozesse bis zur praefrontalen Verarbeitung schwerwiegende Wahrnehmungsausfälle (Inattentional Blindness etc.) samt möglicher fataler Folgen, in erster Linie  im Strassenverkehr, verursachen.

Die Zahl der bei Straßenverkehr-Unfällen verletzten und getöteten Kinder nimmt seit dem nicht ‚Evidenz-basierten‘ “Licht-am-Tag“ Modus bedenklich zu (Lichtquellen: KFZ- etc. -Scheinwerfer, Zusatzleuchten, Tagfahrlichter* = Daytime Running Lights/DRL). Derartige Licht-Stimuli bei Tageslicht lenken die Aufmerksamkeit der KFZ-Lenker von schwächeren Verkehrsteilnehmern unweigerlich ab (ganz besonders gefährdet: Kinder, besondes am ‚Schutz‘(!)weg). Die Erklärung: „Inattentional Blindness“ durch kapazitiven Overflow (Überstimulation) der Arbeits- und visuellen Kurzzeit-Speicher des ZNS samt begreiflicher Fehl-Urteile fehlinformierter Jurisprudenz – in Folge. 

Dauerlicht in Privat-Gärten schadet Flora und Fauna und hält keinen einzigen Einbrecher fern. Auch ‚Rottweilerlicht-Strahler‘  – maximal helle Scheinwerfer zum ‚Schutz‘ offenbar wertvoller Latifundien und Gebäude – schrecken Kriminelle keineswegs ab.

Nächtlich verirrtes Kunstlicht darf nicht von außen in Schlafräume eindringen („Light Trespassing“); selbst erstaunlich geringe Lichtintensitäten können „Chronodisruption“ mit unerwünschten (unter Anderem gesundheitlichen -) Folgen verursachen.

Lichtwerbung, besonders enervierend in „dynamisch“, blinkender Ausführung oder als ‚laufende Bilder‘, irritiert, lenkt ab, auch bei schwacher Lichtintensität – dies erweist sich als besonders problematisch am Straßenrand. Der ablenkend-aufmunternde, immerhin überschwellige Schriftzug – „Schau auf die Straße!“ – stimmt zumindest nachdenklich.

Straßenbeleuchtung: „Full-Cut-Off Leuchten“ (null UV-Emission und reduzierter Blau-Anteil), ohne aberirrende Lichtstrahlen über die Horizontale, werden gefordert. http://www.hellenot.org/themen/gesetz-norm-und-leitfaden/

Fahrrad-, E-Roller, „E-Toy“-Lichter sowie zahllose weitere unsägliche Light-Pollution- erzeugende „Contraptions“ im Straßenverkehr verstoßen gegen gesetzliche Bestimmungen, blinken, blenden und lenken zum Teil stärker ab als manch fehlentwickelte KFZ-Leuchte. Jeder Lichtstimulus, auch in periphere Gesichtsfeld-Anteile projiziert, löst zwangsläufig visuell-kognitive Prozesse aus, die im ZNS ‚verrechnet‘ werden: Worst case-scenario bzgl. Überdosis und Überstimulation: Inattentional Blindness. http://lightmare.org/

Der schlechte Ruf macher Statistik birgt einen kaum jemals erwähnten Systemfehler in sich (‚bias‘): „Near misses“, Beinahe-Kollisionen. Die jeweilige Analyse bedarf eines bis heutzutage noch nicht berücksichtigten Korrekturfaktors. Risikoforscher kalkulieren mit Risiko-Wahrscheinlichkeiten – aufgrund  von Wahrnehmungsforschungen (psychometrisches Paradigama). Konkret: Ablenkungen durch Licht- Überstimulation erhöhen signifikant das Risiko von Unfällen.

„Zeitgeberhygiene“, ein Terminus Technicus aus den Werkzeugkästen der Chronobiologen ließe auf einen etwas behutsameren Umgang mit chronobiologischen Erfordernissen hoffen; Im Klartext: Vermeiden von Chronodisruptionen; späterer Schulbeginn, zurück zur Natur, das hieße – dem ungestörten Dunkel der Nacht, zu Lichtintensitäten und Spektren, welche sinnesphysiologische Gegebenheiten und Kapazitäten berücksichtigen, dem Vermeiden verirrter Lichtstrahlen – zur Unzeit, am falschen Ort, zur falschen Zeit, in die falsche Richtung (Beispiel: isotrope DRL-Strahlen) etc.

Auch die mit Recht zu befürchtende epigenetische Prägung im Sinne weiterer Dosissteigerungen der grell-‚blaustichigen‘ Droge Kunstlicht blieben nächsten Generationen – wäre zu hoffen – erspart.

Lichthygiene könnte unbemerkte, unerwünschte Gewöhnungen dieser und auch folgender Generationen an immer höhere, unphysiologische, potentiell phototoxische  Lichtintensitäts-Niveaus verhindern – und damit auch den Faktor Lichtschäden als Noxe in der Pathogenese der Maculadegenerationen, aber vor Allem die weltweit sich besorgniserregend ausbreitende Myopie-Epidemie endlich eindämmen.

Dunkler Hintergrund, auf allen Monitoren, auch auf Smartphone-Displays, wird zum Gebot der Stunde. Blaue Schrift (S-cones fehlen im Netzhautzentrum) wird obsolet. Gelbliches Licht verbessert messbar das Kontrastsehen, streut und blendet weniger, ist kaum jemals potentiell phototoxisch (verglichen mit energiereichem kurzwellig dominiertem Licht) und – senkt, im Tierversuch gemessen, den Augendruck. (https://ub-blog.meduniwien.ac.at/blog/?p=33336)

Epilog: Allgemein wäre wärmeres, niemals überdosiertes Kunstlicht wünschenswert. Die Augen der ganz Jungen und der Alten bedürfen besonders des Schutzes vor energiereichem bläulich-intensivem Licht (cave zeitliche Summation von Lichtnoxen). Der Trend zu aggressiv- kaltweißem Licht wird eines Tages in Vergessenheit geraten sein. Das oft überdosiert-intensive kurzwellige Ende des Spektrums – bis ~ 450 nm – wäre durchaus entbehrlich, vor Allem die ‚blue peaks‘ im Spektrum der meisten LEDs). Eines Tages wird auch die kontraproduktive ‚Light-Pollution‘ Geschichte sein – eines Tages – vielleicht.

*Licht-am-Tag/Tagfahrlicht gefährdet ALLE nichtmotorisierten Straßenverkersteilnehmer (v.A. Kinder): “Das Tagfahrlicht verstößt gegen The Convention Concerning The Power of Authority; The Law in Respect of the Protection of Infants (1969); The Bond of Protection; The Principle of Equality; Declaration of Human Rights (1948) Article 3; The Laws of Logic; Public Ethics and Morals.

Eine EU-Tagfahrlicht-Richtlinie wäre schwerlich mit der Erklärung der Rechte des Kindes von 1959 in Einklang zu bringen, nach der Kinder besonderen Schutz genießen. Auch Art. 2 Abs. 1 des Internationalen Paktes vom 19.12. 1966 über bürgerliche und politische Rechte räumt jedem Kind das Recht auf diejenigen Schutzmaßnahmen durch die Gesellschaft und den
Staat ein, die seine Rechtsstellung als Minderjähriger erfordert.

Eine Gefährdung insbesondere von Kindern durch das zwingende, staatlich angeordnete Fahren mit Taglicht könnte diesen Schutzpflichten und -rechten widersprechen“
(Attorney- at-Law Dr. G. G. Sander, M.A., Mag. rer. publ.).

Aleman AC et al (2018) Reading and Myopia: Contrast Polarity Matters. Scientific Reportsvolume 8, Article number: 10840.  doi: 10.1038/s41598-018-28904-x.

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Einladung: DAS DRITTE AUGE MYTHEN MÄRCHEN MEDIZYN

Gastautor Prof. Dr. Peter Heilig: TiefseeTiefen

Marine Biome

Unzählige Mikroorganismen, insgesamt ~ 1030  Bakterien und Archaea, beeinflussen das Klima dieses Planeten seit etwa 3.8 Milliarden Jahren.  An die 1011  Menschen bewohnten bisher die Erde und verdank(t)en unter Anderem diesen Mikroorganismen ihr Leben.   DOI: 10.1038/s41579-019-0222-5. Nun warnt die Wissenschaft vor dem Klimawandel im Anthropozän und vor widrigen Einflüssen auf die „microbial unseen majority“. Unvorstellbar große Mengen von Mikroorganismen, die marinen Biome, breiten sich über ungefähr siebzig Prozent der Gesamtoberfläche dieses Planeten aus; sie werden im Zusammenhang mit Klima kaum jemals erwähnt, merkwürdigerweise.

Im ewigen eisigen Dunkel der Tiefsee sind hydrothermale Quellen,“schwarze Schlote“ verborgen – an den Schwachstellen der Erdkruste, dort wo Kontinentalplatten abtauchen oder auseinander driften. Glühendes Magma erhitzt Meerwasser und Schwefelverbindungen, Schwermetalle etc. auf hunderte Grade. In diesem lebensfeindlichen, sauren Milieu schwarzer – und weißer Raucher entstand das Leben. Thermopile chemoautotrophe Bakterien gewinnen Primärenergie durch Chemosynthese, reduzieren CO2 (http://www.geo.tu-freiberg.de/Hauptseminar/2008/antje_lenhart.pdf) und dienen Würmern, Muscheln, Crustaeae und sogar Fischen als Nahrung. Effektive symbiotische Bakterien-Lebens-Gemeinschaften optimieren und stabilisieren das Nahrungsangebot dieser Extrem-Zonen.

Erzschlämme an diesen Plattenrändern wecken Begierlichkeiten der „Deep Sea Miners“ (Tiefsee-Mineure); Polymetallknollen (v.A. in der Clarion-Clipperton-Zone), Mangan, Nickel, Kobalt, Kupfer, Massivsulfide, Schwermineralseifen, Molybdän, Selen etc. üben unwiderstehliche Anziehung auf Industrienationen  aus. Tonnenschwere Walzen- und Fräsen-Roboter brechen den Meeresboden auf. Aufgewühltes Schlamm/Metallgemisch, samt ‚Beifang‘, wird auf Aufbereitungschiffe gepumpt. Lärm, Vibrationen, Licht, Sedimentwolken, Schadstoffe (s. Nahrungskette) verursachen Schäden, deren Ausmaße nicht abschätzbar sind.  http://www.ozeanien-dialog.de/?p=1561

Methanhydrate aus der Tiefe sollen den globalen Energiehunger stillen. Von irreparablen Schäden an der Biodiversität abgesehen, drohen Methan-Freisetzungen mit unkalkulierbaren Klimaschaden-Risken. https://www.deepwave.org/nein-zum-raubbau-an-der-tiefsee/

Mikroben bauen bis zu 90 Prozent klimarelevanter Gase – in erster Linie Methan ab und verhindern dadurch schädliche Auswirkungen auf das globale Klima. Röhrenwürmer – bis zu 60 cm in den Boden gebohrt, pumpen Meerwasser in tiefere Schichten; dort verarbeiten Mikroorganismen Methan als biologische Filter für Treibhausgase. Dadurch entweicht kaum Gas ins Meereswasser – ein subtil aufeinander abgestimmtes  Equlibrium. Nach Zerstörung eines derartigen Öko-Gleichgewichtes kann bestenfalls nach Jahrzehnten – mit einer effizienten Wiederbesiedlung gerechnet werden. https://www.mpg.de/12419708/methan-filter-in-der-tiefsee-entsteht-erst-nach-jahrzehnten

Seismologie:

Änderungen der Scherspannung an Plattenrändern können  Scherbrüche und in der Folge Tsunamis induzieren. Anthropogen ausgelöste Änderungen tektonischer Coloumbspannungsraten sind auch in noch so raffiniert programmierten Seismizitätsmodellen schwer zu beurteilen und bezüglich einer Wahrscheinlichkeitsvorhersage extrem problematisch. Erdbeben auf Tag, Stunde und Magnitude genau zu prognostizieren, ist unmöglich.

Hier ein Beispiel für hochdifferenzierte Symbiose im Ozean:

Kentrophoros, eine Riesenzelle, in sandigen Meeresböden beheimatet, beherbergt Milionen schwefeloxydierender Symbionten – Wimpertierchen/Kentron-Bakterien, welche Abfallprodukte ihrer Wirte in Biomasse umwandeln können. Damit ist verbunden: die Fixierung von CO2. DOI: 10.1128/mBio.01112-19

Circulus vitiosus-‚Symbiosen‘:

Symbiosen zwischen Wirtschaft und Ressourcenverschwendender Rüstungsindustrie sind en vogue. Prosperierende BIP-Wirtschaftwachstumspiralen (Biswanger) gedeihen gut auf seltenen Erden und seltener werdenden Metallen – in Zukunft aus den Tiefen der Meere? Prospektoren, Spezialisten für „Abbauwürdigkeit“ von Lagerstätten läuteten einen ‚deep layer gold rush‘ ein – „Tiefsee-Goldrausch“ samt irreparabler Kollateralschäden: Die Zerstörung von Biotopen samt Aufwirbelns potentiell toxischer Abraum-Sedimentwolken; diese werden durch Meeres-Strömungen unkontrollierbar verteilt. Weiters sind zusätzliche massive  Gefährdungen des bereits bedrohten Fischbestandes zu befürchten.

Geschädigte marine Biome schaden dem Klima und Ökosystemen im Anthropozän-Circulus Vitiosus und – der Klimawandel schadet vice versa den den Mikroorganismen.  

https://dredging.org/news/news/ceda-deep-sea-mining-information-portal-goes-live/detail_news=0048_000334_000000

http://nabf219anw2q7dgn1rt14bu4.wpengine.netdna-cdn.com/files/2016/06/Resource_Roulette-1.pdf

https://dev.deepwave.org/environmental-groups-call-for-a-u-turn-on-deep-sea-mining/

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Gastautor Prof. Dr. Peter Heilig: MRGC, eine retinale Schlüssel-Zelle

In Concept Ophthalmologie 6/2019:

MRGC, eine retinale Schlüssel-Zelle

Peter Heilig

Geblendetes, „blindes“Mäuschen Illustrationen: PeterHeilig

Intrinsisch photosensitive Melanopsin exprimierende retinale Ganglienzellen haben Schutzfunktionen.

Zapfen und Stäbchen neugeborener,
noch blinderMäuse sind auch
elektrophysiologisch stumm.
Dennoch meiden die Tiere grelles
Licht (light aversion), denn die
MRGC (Melanopsin exprimierenden
retinalen Ganglienzellen)
bzw. ipRGC (intrinsisch photosensitive
Melanopsin exprimierende
retinale Ganglienzellen) sind in
dieser frühen Phase bereits depolarisierend
aktiv und werden
damit einer besonderen Aufgabe
gerecht:demSchutzderNetzhaut
vor Lichtschäden.

In chronobiologischen Studien
haben diese Zellen manch tückischen
Streich gespielt: In klinisch
blinden Vergleichsgruppen fanden
sich Retinae mit intakten
MRGC; dies verwässerte die Resultate
circadianer Studien (circadian
photoentrainment) durch Melatonin-
Suppression (Hannibal et al.
2004), denn die widerstandsfähigen
MRGCs (Cui et al. 2015) können
unter anderem hereditäre
mitochondriale Neuropathien
überleben, z. B. Lebersche Hereditäre
Opticus-Neuropathie LHON),
AD-Opticusatrophie, retinale Dystrophien
(Keeler prophezeite die
Funktionen der MRGCs bereits im
Jahre 1928, Sekaran et al. 2003,
Warren et al. 2006, Li et al. 2008).

Fünf Untergruppen derMRGC waren
bekannt, bis nun eine sechste,
die M6-Zelle, entdeckt wurde
(Quattrochi et al. 2019). MRGCEigenschaften
wurden gelegentlich
vereinfacht dargestellt, jedoch:
„… signal transduction in
ipRGCs ismore complex than originally
thought“, kritisierte Detwiler
(2018, Sonoda et al. 2018) mit
Recht. Ein Beispiel: „Polychromatisches
Licht war wirkungsvoller in
der Unterdrückung nächtlichen
Melatonins als monochromatisches
blaues Licht“ (Revell et al.
2007, Souman et al. 2018). Synaptische
Inputs über die Verdrahtung
mit Stäbchen und Zapfen machen
dieses Phänomen verständlich.

Einige ausgewählte MRGC-Funktionen:
Photoentrainment (nonimage
forming visual functions),
Pupillar-Reflex, grobes Formensehen
(pattern vision), die Fähigkeit
der MRGC-Dendriten, direkt
auf Licht zu reagieren (Berson et
al. 2002), Kontrastsehen (Potackal
et al. 2018). Große Bereiche von
Hell- und auffällig langsamer
Dunkeladaptation: „Dark adaptation
in ipRGCs ismuch slower than
in rods and cones. Even after one
hour, ipRGCs appear to continue
todarkadapt –anexact timepoint
for full dark adaptation is not feasible
with electrophysiological
approaches … the authors estimate
the time course to be at least
several hours“ (Wong et al. 2005).
Die „langsamen elektrophysiologischen
Potentiale“, wie die klinischer
Elektro-Okulogramme (Thaler,
Heilig 1974), stehen offenbar
mit diesen trägen adaptativen
MRGC-Prozessen in Verbindung.

Farbsehen – „changes in light colour,
not intensity, are the primary
determinants of natural circadian
activity“ (Pauers et al. 2012, Stabio
et al. 2018), auch „low level light
detection“, „Raumgeber“ (Spitschan
et al. 2017), Kontrastfunktionen
und Regulierung des Augendrucks:
Gelbfilter (465-480 nm) reduzierten
im Tierexperiment den
Augendruck um erstaunliche 45
Prozent via Melanopsin-Melatonin-
Einfluss auf die Kammerwasser-
Produktion (Lledo et al. 2019).

Degeneration und Verlust von
MRGCs kann circadiane Funktionen
in Form von Schlafstörungen
beeinträchtigen (Ortuno-Lizaran
et al. 2018), z. B. durch Morbus
Parkinson,Diabetesmellitus,Morbus
Alzheimer, Smith-Margenis
Syndrome (Barboni et al. 2018),
weit fortgeschrittenes Glaukom
(Obara et al. 2016). Retinale Lichtschäden
werden passager (?) von
reduzierten Melanopsin-Expressionen
(down regulation) begleitet
(Garcia-Ayuso et al. 2017).

Eine subretinale humane Melanopsin-
Gentherapie (ectopic expression
of melanopsin) in Endstadien
retinaler Dystrophien
und -Degenerationen wird weiterhin
als eine vielversprechende
mögliche Option – „Longterm-
Restauration“ – erforscht (De Silva
et al. 2017, Ameline et al.
2017).

Epilog: Scheinbar Widersprüchliches
erinnert an Teilchen- und
Wellencharakter des Photons; je
nach Untersuchungsmethode
und Interpretation offenbaren
sich verschiedene Facetten der
MRGC-Familie (expression of
mRGSc). Anatomische Asymmetrien
und Dynamik in Krankheitsverläufen,
z. B. „Ab-accumulation
bei Morbus Alzheimer (La
Morgia et al. 2015) oder Experimenten
wie chronische (LP-OHT)
oder akute (A-OHT) okuläre Hypertension
und nach intraorbitalerOpticNerve
Transection (ONT)
oder Crush (ONC ;Vidal Sanz et al.
2017, Sanchez Migallion et al.
2018), Ischämie, Lichtschäden,
vergleichende Forschung (Jeong
et al. 2018), genetisch-selektive
Melanopsin-Deletion (Wang et
al. 2017) etc. eröffnen immer
neue Aspekte samt zukünftigen
therapeutischen und prophylaktischen
Möglichkeiten.

Besonders eindrucksvoll ist die
signifikante Reduktion der
Kammerwasserproduktion
durch Gelbfilter (Lledo et al. 2019) – ein
weiterer Hinweis auf die potienziell
schädigende nicht nur phototoxische
Wirkung kurzwellig
dominierenden Kunstlichts (blue
enriched glaringwhite light).

Literatur:
1. Quattrochi LE et al. (2019) The
M6 cell: A small-field bistratified
photosensitive ganglion cell. J
CompNeurol 1;527 (1): 297-311
2. Lledo VE et al. (2019) Yellow Filter
Effect on Melatonin Secretion
in the Eye: Role in IOP Regulation.
J Current Eye Research 44
(6):614-618

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Gastautor Prof. Dr. Peter Heilig: SPACE POLLUTION

SPACE POLLUTION

Licht-, Wasser-, Boden-, Luft-Verschmutzung und Weltraumschrott (Space debris)

„Macht euch die Erde untertan“ Gen, 1,28

Nur drei Sekunden lang, gemessen auf der 24-Stunden-Skala einer „Evolutionsuhr“, treibt der homo sapiens auf diesem Planeten sein Unwesen. Unsensibel und kurzsichtig hatte die ‚Krone der Schöpfung‘, der homo sapiens sapiens das Antlitz der Erde mit dem „Fußabdruck“ verändert  – vom tiefsten Grund des Meeres über die höchsten Gipfel hinaus, bis ins Weltall; dort aber mit Weltraumschrott (Space Debris)‘, der mit nahezu zweihunderttausend Stundenkilometer im Orbit brandgefährlich unterwegs ist. Diverse Satelliten blinken und strahlen gleißend, sehr zum Ärger der Astronomen. Unzählige neue Satelliten sollen nun zusätzlich in ihre Umlaufbahnen gebracht werden, als weitere deplatzierte Störfaktoren im Weltkultur-Erbe Sternenhimmel.
cave Atom-Satelliten (USA 1965) und „Entsorgung“ von Atom-Müll im All..

Hunderte Millionen derartiger Sondermüll-Geschoße („space trash particle“) bedrohen alles was ihre Bahn kreuzt. Bereits im Jahre 1996 kollidierten (französische) Raketentrümmer mit einem französischen Satelliten („friendly fire“). Raumstation – Fenster mussten wegen wiederholter Einschlag-Krater ausgetauscht werden – (high velocity particle impact; mission STS-50 etc.). Sobald unser Heimatplanet abgewohnt sein wird, kann die „Weltraumkolonisierung“ (‚Space Colonization‘) hoffnungsfroher Zukunft-Forscher in die Tat umgesetzt werden – als ultima ratio.

Der geosynchrone Orbit wird aber schlussendlich unpassierbar im gnadenlosen ‚Space debris‘- Kugelhagel. Als problematisch erweisen sich besonders kleine Bruchstücke, da sie nicht geortet werden können aber zu groß für Schutzschilde sind (debris shields – geeignet für maximal 1 cm Ø Brocken), „unausweichlich“ unterwegs sind und katastrophale Schäden verursachen können: „We have generated a global problem..”

„Anti-Satelliten“ vermehren die Zahl rasender Weltraumschrott-Partikel jeweils um tausende neuer unerwünschter Geschoße (China 2007), siehe Kessler Syndrom („collisional cascading“). Die „Pizza Box“, eine imaginäre Weltraumschrott – freie Zone soll die Raumfähre vor Treffern schützen – wie denn? Mission Control Centers in Houston und Moskau versuchen ständig das Schlimmste zu verhindern: Mehrere ‚Debris avoiding maneuvers‘ waren während der letzten Jahre die letzte Rettung.

“Post mission disposal: Schutz – Zonen, “Low Earth Orbit” (LEOIADC) und “Geostationary Orbit” (GEOIADC), “should be cleared from permanent or (quasi-) periodic presence of non-functional man-made objects” – d‘accord..

EPILOG: Von ungeahnten – unlösbaren (?) technischen Problemen (Space debris capture and orbital removal) abgesehen, stellt sich die Frage: „Wer soll das bezahlen ?“ Jupp Schmitz 1949

ad: „untertan?“ – die Erde oder gar die Frauen? („.. seid euren Männern untertan..“ NT Kol 3,18) als Arbeitshypothese drängt sich hier auf: Soo kann dies keinesfalls gemeint gewesen sein.   

https://www.theguardian.com/science/2017/mar/26/weve-left-junk-everywhere-why-space-pollution-could-be-humanitys-next-big-problem

https://www.hq.nasa.gov/office/hqlibrary/pathfinders/debris.

https://www.space.com/24895-space-junk-wild-clean-up-concepts.html

https://www.sdo.esoc.esa.int/environment_report/Space_Environment_Report_latest.pdf

https://www.spiegel.de/video/satelliten-sollen-weltraumschrott-aufraeumen-video-99027087.html

file:///C:/Users/User1/Downloads/Legal%20Narrative.pdf

http://stuffin.space/

Interest: no

Gender: beyond

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Gastautor Prof. Dr. Peter Heilig: Technik und Auge

Die Industrie übertrifft sich geradezu selbst mit spektakulären ‚Optimierungen‘ auf dem Gebiet visueller Medien und künstlicher Beleuchtung. Super Hi-Vision, Imax-Level, „mesmerizingly beautiful“, Full-HD und HD-TV, 8 K-Fernseher (dreiunddreißig Millionen Pixel) – obwohl 8K-Kameras und deren  8K-HD-Bilder schwer im Handel zu finden sind. Die hohen Datenmengen benötigen spezielle Satelliten-8K-Receiver; abgesehen davon sind 4K-Geräte, 4K-Ausstrahlungen (für 2022 geplant) etc. noch rar. Bit-Raten im Internet hinken nach. Auch Blue-Ray-UHD Produkte kommen für Fans zu spät; die Auswahl ist bescheiden. Eine maximal erhöhte ‚Bildqualität‘ stößt beim Auflösungsvermögen der Netzhaut an sinnesphysiologische Grenzen. Betrachter, welche ihren Super-Monitor (189″ Diagonale) in etwas komfortablem Abstand als ~1.25 m genießen wollen, dürfen sich die Investition (s. oben) sparen.

Ein Wort zur Ästhetik: Von der SuperHighFullHDUHDKn-etc.-‚Vision‘ unterscheidet sich der natürliche Seh-Eindruck wesentlich: Wie aquarelliert verlieren sich klare Umrisse in der Ferne, in zartem Blau schimmern Berge kulissenhaft oder es scheint das Meer mit einem fernen Himmel zu verschmelzen. Ein Hauch von Astigmatismus mixtus mit dazugehöriger großer Tiefenschärfe (falls nicht restlos herausgelasert) lässt Dreidimensionales noch plastischer erscheinen. Und im Sturm’schen Konoid spielt dessen geometrische Farbverteilung eine ganz besondere Rolle. Das Flache im Flachbildschirm mit ubiquitär extrem scharf abgebildeten Details in allen (jedoch schwer erkennbaren) Tiefen-Ebenen wirkt hingegen alles Andere als natürlich. Abgesehen davon bettelt so manche schonungslose Großaufnahme um einen barmherzigen Weichzeichner. Eines Tages wird die Industrie vielleicht ihre Produkte in weiser Voraussicht mit ’natural view‘ anstelle der  marktschreierischen ‚Super Duper-Vision‘ bewerben.

Natürliches Licht, die Conditio sine qua non für optimiertes Sehen und Wahrnehmung, kam aus der Mode. Blau-dominiertes überdosiert helles bis blendendes Kunstlicht foltert das Auge im Straßenverkehr, auf Sportplätzen, Nacht-Skipisten, in Innenräumen, über ‚Smart’phones, Tablets, Monitore etc. Via Phylogenetik entwickelte sich das visuelle System über Millionen Jahre bis zur humanen Ontogenese unter dem Einfluß von Temperaturstrahlern (Sonne, Fackel, Kerze.. Glühbirne etc.). Unzählige Experimente dieses Licht technisch zu ‚verbessern‘ schlugen fehl. Das kontinuierliche Spektrum des Glühfadens – in der Glühbirne zum Beispiel – kommt der Idealvorstellung am nächsten. Das fehlende totale Erlöschen des Glühfadens während des Nullphasendurchgangs (bei Wechselstrom) verhindert übrigens störendes Flackerlicht.

‚Löcherige‘ Leuchtstoffröhren- oder Energiesparlampen-Spektra sind ’nicht das Gelbe vom Ei‘. Mit 50 oder 100 Hertz flackernde Kunstlichtquellen, bläulichweiss blendende KFZ-Scheinwerfer, intermittierend abstrahlende Lichter (dynamische Werbung, E-Toys-Lichtbehübschungen im Straßenverkehr etc.) harmonieren eher dissonant mit unseren visuellen und kognitiven Prozessen – im schlimmsten Fall: Inattentional Blindness samt potentiell fatalen Folgen – Beispiel: nicht wahrgenommenes Kind am Schutzweg durch Tagfahrlicht (DRL)-Überstimulation trotz ausreichend hellen Tagslichts.

LED: Entbehrliche blaue Buckel (peaks) dominieren die Spektralverteilungskurven der Licht-Emittierenden Dioden. Mit einigem Aufwand – dies schlägt sich jedoch im Kaufpreis nieder, wird versucht das ‚Tageslichtspektrum‘ zu simulieren und unphysiologisches, potentiell phototoxisches Blau zu filtern. Käufer haben jedoch keine Möglichkeit die Qualität des Gebotenen verlässlich zu überprüfen. Auch Kelvin-Angaben bzw. die Bezeichnung ‚warmweiß‘ helfen kaum weiter. Das Desideratum: Tageslichtspektrum. 

Vor etwa 600 Millionen Jahren entstanden die ersten lichtempfindlichen Augenflecken, später Pigment-Becheraugen, Lochblendenaugen und das Linsenauge, welche das Licht zentral bündelt. Phototoxisches Ultraviolett wird von Hornhaut und Linse gefiltert, jedoch gelangt energiereiches Blau des sichtbaren Spektrums bis in die Retina. Nicht viel mehr als fünf Prozent aller Zapfen sind blau-empfindlich (S-cones) – im Zentrum der Netzhaut fehlen sie zur Gänze. Warum wohl? Wenn es keine teleologische Erklärung gibt, dann wäre eine Hypothese schwer zu widerlegen, welche besagte, dass diese Rezeptoren, ‚Blau-Lichtfallen‘, im Laufe der Evolution gar nicht – oder rück-gebildet worden wären. Andernfalls erlitten foveale S-cones zentral gebündeltem potentiell phototoxischem Licht im Laufe der langen Lebenserwartung des Menschen unvermeidlich Lichtschäden.

Obwohl in der Natur offenbar „weise eingerichtet“, kümmert dies die Technik wenig. „Blue-enriched-white-glare“ scheint sich als Qualitätsmerkmal verkaufen zu lassen. Auch wenn mit gelbem Licht das Kontrastsehen (ohne ‚blue blur‘) signifikant besser ist, Blendung und Ablenkung geringer sind, potentielle retinale Lichtschäden später bis möglicherweise gar nicht auftreten, läuft die Entwicklung weiter in die falsche Richtung. Licht-Hygiene ist auch in der Medizin noch immer ein Fremdwort, für die Technik – kein Vorwurf! – umso mehr.

Epilog:

Informationsaustausch, interdisziplinärer Dialog und Öffentlichkeitsarbeit sind erforderlich. Kinder und Jugendliche, ausgeliefert einer aggressiven Werbungsmaschinerie, nehmen deren Botschaft auf und geben sie nicht selten ungefiltert – kaum bewusst – weiter, auch an kommende Generationen – via Epigenetik.

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Gastautor Prof. Dr. Peter Heilig: „ANIMA“ HERBARUM ET ARBORUM

Es sind die gleichen ordnenden Kräfte, welche die Natur in all ihren Formen gebildet haben und für die Struktur unserer Seele, also auch unseres Denkvermögens verantwortlich sind.
Werner Heisenberg

Derart ordnende Kräfte formen und ‚beseelen‘ die Welt der Pflanzen. Dryaden aus der Mythologie, Baum-Seelen oder Baumnymphen, genossen große Verehrung. Kein Baum durfte gefällt oder verletzt werden ohne vorherige Anrufung der Baumnymphen. Als ‚thaumaturgische Dynamos‘, wundertätig-magische Wesen beschworen sie in Tanz-Ritualen uralten Zauber herauf. Die Tiroler Fangga, die Schweizer Fenggen (Fangge, Fänke, Fanggin), Waldfrauen oder Baumgöttinen, die mythische Bregostàna im Ladinischen, gute Geister aller Natur im Wald, verfügen über geheimes Wissen und beherrschen Respekt- und Angst-einflößende Magie.

Charles Darwin* beschrieb als Erster, welch erstaunliche Fähigkeiten die Pflanzen besitzen. Er hielt „Pflanzen für die außergewöhnlichsten Lebewesen, die ihm je begegnet seien“. Von Seele, Intelligenz oder Bewusstsein ist – anthropomorphisierend – in den Schriften von Wissenschaftlern und Philosophen die Rede. Bereits auf der Stufe von Einzellern fällt ein Vergleich (Paramaecium und Euglena z.B.) zu Gunsten der Pflanze aus; ein rudimentäres Sinnesorgan, Urform des Auges ermöglicht Phototropie samt optimierter Photosynthese mit nahezu hundertprozentiger Effizienz – aufgrund quantenphysikalischer Prozesse – welche auch in den Seh- und Kognitions-Prozessen höher differenzierter Augen (Wirbeltiere) eine entscheidende Rolle spielen.

Mit ausgefeilten Strategien arrangieren sich Pflanzen in Symbiosen mit Bakterien, Pilzen und  Tieren. Sie gehen soweit Insektenpartner an der Nase herumzuführen, mit Mimikri und Mimese, ahmen Formen und Pheromone nach und lassen Tiere listig in Fallen gehen. Erst wenn die Bestäubung geklappt hat, wird das gefoppte Opfer freigelassen, wie z.B. Drosophila nach einer Nacht im Gefängnis des Aronstabes Arum palaestinum. Mit Nektar, Früchten und Attraktivität locken sie, machen abhängig und schrecken nicht einmal vor dem Töten von Tieren zurück (Nepenthes-Arten, ‚Mega-Fleischfresser‘, auch Ratten als Opfer).

Dass Pflanzen, etwa seit dem Neolithikum –  siehe Ackerbau, Gärten etc., Menschen manipulieren, wird von der Krone der Schöpfung gerne vergessen. Nicht vergessen wurde jedoch der erste Börsencrash in der Weltgeschichte (1632 -1637) und die überzogenen Spekulationen, welche die legendäre ‚Tulpenblase‘ verursachten. Am Höhepunkt des ‚overtradings‘ (Smith 1811) kostete eine Tulpenzwiebel bis zu zehntausend Gulden, soviel wie ein respektables Bürgerhaus im Zentrum Amsterdams. Psychoaktive und toxische Pflanzenwirkungen schrieben Geschichte und füllen wissenschaftliche, belletristische und kriminologische Bibliotheken. Rationale Phytotherapie ist eine wertvolle Stütze historischer und gegenwärtiger Medizin.   

In weiser Voraussicht konzentrieren Pflanzen lebenswichtigen Funktionen nicht in verletzlichen Organen, wie dies im Tierreich der Fall ist. Mehr als neunzig Prozent Verlust (Schnitt, Ernte, Planzenfresser etc.) überleben diese Lebewesen; bisweilen gehen sie sogar gestärkt daraus hervor. Ernährung ohne Gastrointestinaltrakt, Atmung ohne Lungen, Reaktionen auf die Schwerkraft und auf elektromagnetische Felder, Temperatur, Feuchtigkeit, Wind, Chemie, Licht, Schallschwingungen, CO2, O2, Toxine etc. all das ohne ZNS und hochdifferenzierte Sinnesorgane, lokalisiert in Millionen Wurzelspitzen. Diese, im Verband, von den Pflanzen-Neurobiologen als ‚Datenverarbeitungszentren‘ klassifiziert, können kommunizieren und vor Fressfeinden warnen sowie Abstände respektieren (siehe Schwarmverhalten). Sie arbeiten strategisch gezielt, modular in Netzen zusammen, fällen Entscheidungen – auch wenn beträchtliche Anteile entfernt werden oder zugrunde gehen – vergleichbar den Zielvorstellungen der Internet-Gründer (Defense Advanced Research Project Agency, DARPA).

 * „Es ist kaum eine Übertreibung, wenn man sagt, dasz die in dieser Weise ausgerüstete Spitze eines Würzelchens (‚Kommandozentrale‘), welche das Vermögen die Bewegungen der benachbarten Theile zu leiten hat, gleich dem Gehirn eines der niederen Thiere wirkt.“
C. Darwin: (1880) The Power of Movements in Plants.

„Pflanzen sind intelligente Lebewesen“  F Darwin: (1908) Brit. Assoc. for the Adv. of Science.

Diese Aussage löste einen Sturm der Entrüstung aus. Darwins Sohn Francis ließ sich dadurch nicht davon abhalten diese Thematik zu publizieren (Science 18.9. 1908, 353 – 362).

drys (gr.): Baum, Eiche.

Maeterlink M (2018) Die Intelligenz der Blumen. Westend

Mancuso F, Viola A (2015) Die Intelligenz der Pflanzen. Kunstmann

M Pollan (2001) The Botany of Desire. A Plant’s Eye View of the World. NY

Lohkämper J, Jentschura P (2016) Die Pflanze unsere Lehrmeisterin. Jentschura

Wink M et al (2008) Handbuch der giftigen und psychoaktiven Pflanzen. Wiss.Verl.Ges.

Interest: no

Gender: beyond

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