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Gastautor: Prof. Dr. Hermann AICHMAIR: Augen – Amulette, Brillen, Optik [3]: Die Geschichte der Augenheilkunde

Gastautor: Hermann AICHMAIR: Augen -Amulette, Brillen, Optik [3]: Die Geschichte der Augenheilkunde

Die praktische Augenheilkunde des 16. und 17. Jahrhunderts ist sehr bescheiden
und steht weit hinter jener der Araber zurück. Die Gelehrten hatten keine
Erfahrung, die Erfahrenen keine Gelehrsamkeit. Studierte Ärzte und Chirurgen


behandelten die Augenkrankheiten
gar nicht oder nur ausnahmsweise.
Staroperationen wurden von
Quacksalbern, Barbieren, niederen
Wundärzten und Starstechern
ausgeführt, die nicht studiert hatten,
aber umso mehr vom Aberglauben
hielten. Unter den gelehrten
Ärzten waren Leonhard
Fuchs und Hieronimus Mercuridi
die bekanntesten.
Den ungelehrten Barbieren und
Wundärzten kommt in dieser Zeit
das Verdienst zu, daß sie nicht
lateinisch schrieben, sondern in
ihrer Muttersprache, z. B. in Französisch
wie Jacques Guillemeau
(1560-1643) und Ambroise Pare
oder in Deutsch wie Georg Bartisch
(1535-1606). 1583 wurde dessen
„Augendienst“ als erstes
deutschsprachiges Augenheilkundebuch
veröffentlicht.
Ein besonders wichtiges Arbeits-
gebiet war die Operation der
Katarakt (des Grauen Stars). Die virtuose
Beherrschung einer subtilen Technik war
Voraussetzung für den Erfolg.

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Text: Hermann AICHMAIR, MEIDLING BLÄTTER DES BEZIRKSMUSEUMS, Heft 59, 2003
Fotos: Sammlung Hermann Aichmair Bezirksmuseum Meidling

Gastautor: Prof. Dr. Hermann AICHMAIR: Augen – Amulette, Brillen, Optik [2]: Die Geschichte der Augenheilkunde

Gastautor: Hermann AICHMAIR: Augen -Amulette, Brillen, Optik [2]: Die Geschichte der Augenheilkunde
Paulus von Aegina (7. Jh. n. Chr.) lebte in Alexandrien und hat noch vor der
letzten Zerstörung der großen Büchersammlung vor der Herrschaft der Araber
alle Überlieferungen der griechischen Heilkunde sorgfältig zusammengetragen.
Die Geschichte der Augenheilkunde ist auch untrennbar mit den Arabern verbunden.
Sie begannen mit Übersetzungen aus dem Griechischen, erbrachten
aber auch selbständige Leistungen und vermehrten das Wissen beträchtlich.
So wurde unter anderem die griechische Heilkunde Galenus (129-199 n.Chr.)
integriert. Die Bezeichnung „Augenarzt“ hat bei ihnen nicht mehr, wie öfters bei
Galenus, einen spöttischen Beigeschmack, sondern stellt einen Ehrentitel dar.

Die arabischen Sonderschriften
über die Augenheilkunde wurden,
im Gegensatz zu den
Artikeln der Griechen, von
Augenärzten, z. B. Avicenna 1),
und nicht von praktischen Ärzten
verfaßt.
Im Mittelalter kam die arabische
Medizin nach Europa und beeinflußte
vor allem die Klostermedizin.
Die Mönche übten die
Heilkunde ohne Wissenschaft
hauptsächlich durch Gebet und
Beschwörung aus. Dement-
sprechend schlecht war auch
das Ansehen der Heilkunde. Die
Zentren waren Monte Cassino,
Salerno und die Schule von
Montpellier. Die wichtigsten Vertreter
waren unter anderem
Konstantinus Africanus (gest.
1078), vermutlich ein arabischer
Renegat, und Benevenutus Grapheus,
vermutlich jüdischer Herkunft.
Grapheus verfaßte 27
Codices über Augenheilkunde, die alle
noch erhalten sind und 1474 zum
ersten Mal in Ferrara gedruckt wurden.

1) Avicenna, im Westen gebräuchlicher Name für den arabischen Gelehrten Abu Ali-Husayn Ibn
Abdallah Ibn Hassan Ibn Ali Ibn Sina, kurz Ibn Sina, ,,Al-Shayk al-Rai’s“, „der Fürst der Gelehrten“
genannt. 980-1037, geboren in Balkh, im nördlichen Teil des heutigen Afghanistan. Schon als
kleiner Junge verriet er seine außergewöhnlichen Fähigkeiten. Im Alter von 10 Jahren hatte er das
normale Schulprogramm abgeschlossen und konnte den gesamten Koran auswendig vortragen.
Mit 16 Jahren war er ein so berühmter Arzt, dass er sogar gerufen wurde, um den Emir von
Buchara zu behandeln. Dort hatte er Einblick in die berühmte Bibliothek des Ernas, die man das
„Heiligtum der Weisheit“ nannte. Mit 18 oder 19 Jahren hatte er sich mit dem gesamten Wissen –
Logik, Physik, Mathematik, Arithmetik, Astronomie, Musik und Medizin – vertraut gemacht. Er
starb im Alter von 57 Jahren. Er soll 460 Werke in arabischer und 23 Werke in persischer Sprache
verfasst haben. Davon sind 160 Bücher erhalten geblieben. Sein größtes Werk ist der „Canon
medicinae“, der bereits im 12. Jahrhundert ins Lateinische übersetzt wurde und ab da über Jahrhunderte
hinweg ein Standardwerk der Medizin blieb.

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Text: Hermann AICHMAIR, MEIDLING BLÄTTER DES BEZIRKSMUSEUMS, Heft 59, 2003
Fotos: Sammlung Hermann Aichmair Bezirksmuseum Meidling

Gastautor: Prof. Dr. Hermann AICHMAIR: Augen – Amulette, Brillen, Optik [1]: Die Geschichte der Augenheilkunde

Gastautor: Hermann AICHMAIR: Augen -Amulette, Brillen, Optik [1]: Die Geschichte der Augenheilkunde

Die Geschichte der Augenheilkunde kann bis in die Frühgeschichte der
Menschheit zurückverfolgt werden. Dies ist leicht verständlich, da ja das Auge
durch seine Funktion unersetzlich für den Menschen ist. Blindheit durch eine
Erkrankung des Auges war als Schicksalsschlag genauso gefürchtet wie die
Strafe der Blendung.
Als grobe Zeiteinteilung der Augenheilkunde alter Kulturen kann man die Zeit
vor Hippokrates (460-375 v. Chr.), die alexandrinisch-römische und die byzantinische
Periode ansehen.
Im Land der Pharaonen war schon die Behandlung vieler Augenkrankheiten
gut bekannt, wie wir seit der Auffindung des Papyrus Ebers (1500 v. Chr.) wissen.
Herodot (440 v. Chr.) nennt die Augenärzte als erste unter den vielen
Spezialärzten des alten Ägyptens, auch wenn er im allgemeinen eher abschätzig
über sie spricht; dies dürfte jedoch auf seine zu geringen Kenntnisse der
ägyptischen Sprache zurückzuführen sein.
Im alten Ägypten war alles auf das Steigen und Fallen des Nils, also jahreszeitlich
abgestimmt. Daher nimmt es auch nicht wunder, daß sich auf einer
dreigeteilten altägyptischen Salbenbüchse folgende Inschrift findet:
„ 1) Überschwemmungszeit, das Sehen zu klären;
2) Winter, alle Arten von Augenkrankheiten zu beseitigen;
3) Sommer, das Tränen der Augen zu beheben.“
Wie die Ägypter auf durchaus modern anmutende Art die Sehkraft prüften,
zeigt die folgende Geschichte: Gott Ra untersuchte das Sehvermögen des
Gottes Horus, der eine einseitige Augenverletzung erlitten hatte. Er setzte ihn
vor eine weiße Wand, auf die ein kleiner schwarzer Strich und daneben ein größeres
schwarzes Schwein gemalt waren. Ra hielt das unverletzte Auge zu, richtete

Horus‘ Blick auf den Strich und fragte, ob er diesen
sähe. Als Horus ihn nicht erkannte, lenkte Ra seinen
Blick auf das schwarze Schwein, welches Horus
sehen konnte. Da wußte Ra, daß ein Teil von
Horus Sehkraft erhalten geblieben war.
Bei der Betrachtung der Augenheilkunde der alten
Griechen fällt auf, daß keine einzige griechische (oder römische)
Einzelschrift über Augenheilkunde erhalten ist, sondern
nur gelegentliche Bemerkungen in Lehrbüchern
der Gesamtheilkunde. Die ersten Anfänge der Heilkunde bei den Griechen
waren, wie bei allen alten Völkern , Beschwörungen. Die Priester des Asklepios
bemächtigten sich schon frühzeitig der Heilkunde und kurierten gegen gute
Bezahlung in den Tempeln ihres Gottes durch Traumorakel, mit ebenso großer
Keckheit wie Geschicklichkeit, aber auch nicht ohne Kenntnis von Heilkunde
und Wundarzneikunst; demnach war nicht alles in Epidaurus Schwindel.
Es gab auch Nicht-Priester-Asklepioden. So war Hippokrates, der Vater der
wissenschaftlichen Heilkunde, von der Insel Kos kein Priester, sondern Arzt,
die er sowohl von den Tempeln wie auch von den Träumereien der
Philosophen loslöste und auf Erfahrung begründete. Auf dem Gebiet der physikalischen
und physiologischen Optik waren die Griechen (z. B. Euklid) gleichfalls
recht weit fortgeschritten. Noch mehr Bedeutung als die Optik hatte vermutlich
die Anatomie des Auges. Cornelius Celsus (25 v. Chr.-50 n. Chr.), ein
griechisch-römischer Arzt, stellte den Übergang von der griechischen zur römischen
Augenheilkunde dar.

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Text: Hermann AICHMAIR, MEIDLING BLÄTTER DES BEZIRKSMUSEUMS, Heft 59, 2003
Fotos: Sammlung Hermann Aichmair Bezirksmuseum Meidling