Im Frühling wurde der Garten des Fürstbischofs von Eichstätt von Hyazinthen, Narzissen und vor allem Tulpen dominiert. Dies erscheint heute nicht besonders auffällig, präsentiert sich uns doch bald nach dem Winter heute nahezu jeder Garten in der Farbenpracht dieser allgegenwärtigen Blumen. Die Bedeutung der Tulpe wird uns aber dadurch vor Augen geführt, dass Basilius Besler vierzehn Tafeln dieser Pflanzenart widmete: Im Hortus Eystettensis finden sich 51 Abbildungen von vorwiegend becher- und sternförmig blühenden Tulpen. Neben einfachen weiß blühenden Arten dominieren rot und gelb gefärbte Varietäten. Bei manchen Pflanzen finden sich aber auch violette und die begehrten blauen, oder grünen Schattierungen, ebenso wie mehrfärbige, streifenartige Farbverläufe. Die aufwändige Wiedergabe im Buch lässt erahnen, wie stolz der Bischof den Garten und die farbenprächtigen Beete voller blühender Exoten seinen Gästen zeigte und sich froh an der Schöpfung ergötzte, die auf Gott, die braven Gärtner und die eifrigen Züchter verwies.
1613 war es erst zwanzig Jahre her, dass Charles de L´Ecluse (Carolus Clusius) die ersten Tulpenzwiebeln von Wien nach Holland gebracht hatte, nachdem er (1593) Professor für Botanik und Präfekt des botanischen Gartens der Universität Leiden geworden war, und so eine schier unglaubliche Begeisterung für diese Pflanze ausgelöst hatte. Der Gesandte von Kaiser Ferdinand I. an der Hohen Pforte, Ogier Ghislain de Busbecq, hatte 1554 als einer der ersten Europäer in den Palastgärten des Großkalifen Suleiman II. die farbenprächtige Blume gesehen, die die Türken „Tulipan“, nach einer turbanähnlichen Kopfbedeckung, nannten. Der kaiserliche Botschafter hatte einige Zwiebeln von Konstantinopel an den Kaiserlichen Garten in Wien schicken können, wo ihr damaliger Direktor, Carolus Clusius, an ihnen Gefallen gefunden hatte und sie bald darauf züchtete, um sie nach England und die Niederlande zu verkaufen.
In den Niederlanden nahm in den 20er und 30er Jahren des 17. Jahrhunderts die allgemeine Begeisterung für die „Tulp“ nahezu groteske Formen an. Immer neue und zahlreichere Züchtungen kamen auf den Markt, die sich in der Form der Blüten, aber insbesondere auch in den Färbungen unterschieden. Besonders beliebt waren Pflanzen, die ein auffälliges Farbenspiel und fantastische, lodernden Flammen ähnelnde Farbverläufe hatten. Diese prächtigen und außergewöhnlichen Blüten rührten aber von einem Virusbefall, des Tabakmosaikvirus her, und konnten nicht nachgezüchtet werden. Die Menschen waren jedoch bereit, hohe Summen für diese Blumenzwiebel zu bezahlen, und die Tulpe entwickelte sich zum Lieblingsobjekt der Spekulanten. Die „Tulpomanie“ hatte die Niederländer ergriffen, die – in der Hoffnung ihr Glück zu machen – ihr ganzes Vermögen an der Tulpenbörse riskierten und meist auch verloren. Die Tulpenzwiebeln, die teilweise nicht einmal vorhanden waren, sondern (angeblich) noch im Boden schlummerten, erreichten in einer Art von Termingeschäften buchstäblich haushohe Preise. Der einfache Bauer war sogar auf eine „Achtel Zwiebel“ stolz. In Hinterzimmern von Wirtshäusern wurde gehandelt, und immer mehr Zwischenhändler wollten das Spiel mitspielen und vor allem daran verdienen. Eine Zwiebel der Sorte „Semper Augustus“ kostete 1633 ca. 5.500 Gulden, 3 Blumenzwiebeln erreichten 1637 gar 30.000 Gulden. Zum Vergleich kostete ein Amsterdamer Grachtenhaus damals ca. 10.000 Gulden und Rembrandt erhielt für sein Meisterwerk „Die Nachtwache“ ein Honorar von 1.600 Gulden. So war es billiger, die begehrten Objekte von Künstlern malen zu lassen, als sie zu kaufen: Tulpen durften in keinem Stilleben der niederländischen Malerei fehlen. Für flammenfärbige Tulpen war der Name „Rembrandt Tulpen“ geboren.
Im Jänner 1637 schließlich brach der Lufthandel und der Markt für Tulpenzwiebeln zusammen, nachdem sich bei einer schicksalhaften Auktion in Alkmaar keine Käufer mehr fanden und das Angebot größer als die Nachfrage war. Dies gilt als erster Börsencrash der Geschichte, und es mussten juristische und staatliche Regelungen betreffend der offenen Geschäfte und des Tulpenpreises getroffen werden. Für viele Menschen bedeutete dies den Ruin, und die Wirtschaft kam in Holland tatsächlich kurzfristig zum Erliegen.
Langfristig tat dies der Beliebtheit dieser Pflanze keinen Abbruch, und noch heute kontrollieren die Niederlande 80% des Tulpenhandels.
Heute wird die Zahl der Tulpenvariationen auf ca. 4000 geschätzt, deren Vorfahren aus dem vorder- und mittelasiatischen Raum stammen. Konrad Gessner hatte schon 1559 in einem Augsburger Garten Tulpen gesehen, die wohl über Venedig importiert worden waren, und beschrieb sie zwei Jahre später als erster botanisch. Daher rührt die lateinische Bezeichnung Tulipa gesneriana. In der Beschreibung des Hortus Eystettensis werden die Tulpen nach der Farbe beschrieben, und dies deckt sich wohl auch heute noch mit der allgemeinen Wahrnehmung des frühlingshaft frohlockenden Gartenbesuchers beim Anblick der ersten Tulpenblüten in der Natur nach einem langen Winter.
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