Wählen Sie das beste Wissenschaftsbuch (Wettbewerb 2010)

Die Universitätsbibliothek unterstützt die Initiative für die Wahl zum wissenschaftlichen Sachbuch des Jahres.

Sie können in vier Kategorien maximal ein Buch wählen.

Kategorie 1: Naturwissenschaft und Technik
Kategorie 2: Medizin und Gesundheit
Kategorie 3: Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften
Kategorie 4: Junior-Wissensbücher

Geben Sie Ihr Voting im Internet bis 11.01.10 ab–>LINK www.woche-des-wissens.at
Sie können aber auch im Lesesaal die aufliegenden Votingkarten ausfüllen und diese in die aufgestellte Box einwerfen.
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Kategorie 2: Medizin und Gesundheit
Folgende Buchbeschreibungen und Abbildungen sind übernommen aus www.woche-des-wissens.at

ganten
Detlev Ganten, Thilo Spahl, Thomas Deichmann
Die Steinzeit steckt uns in den Knochen. Gesundheit als Erbe der Evolution
Piper

Wer Krankheiten zu verstehen lernt, kann besser damit umgehen und sich auch besser davor schützen. Das gilt für Ärzte genauso wie für Patienten.

Über das Buch:
Detlev Ganten erzählt deshalb mit seinen beiden Co-Autoren Thilo Spahl und Thomas Deichmann die Naturgeschichte des Menschen. Der wichtigste Ansatz für eine gesunde Lebensführung ist dabei die evolutionäre Medizin. Während man in der traditionellen Medizin gewissermaßen von Außen nach Innen geht und sich anhand der Symptome die entsprechenden Maßnahmen überlegt, nimmt man in der evolutionären Medizin den umgekehrten Weg. Dabei spielt auch die Geschichte des Genoms eine große Rolle. Die kurzweilige Evolutionsgeschichte erklärt nicht nur, warum unser Körper noch immer einem Leben als Jäger und Sammler angepasst ist, sondern gibt auch praxisorientierte Tipps wie wir besser damit umgehen sollten. Es ist beileibe kein Ratgeber zur besseren Lebensführung, vielmehr eine launige Tour in unsere Vergangenheit, auf deren Weg wir viel erfahren über das Immunsystem, über Allergien, unsere Rückenprobleme und warum manche Körperteile einfach schlecht konstruiert sind. Buchkultur: Eine grundsätzliche Frage zuerst, Sie haben ja als Trio gearbeitet und es war ja nicht das erste Mal. Wie war denn da die Aufgabenverteilung, bzw. wie ist es überhaupt zu diesem Projekt gekommen? Detlev Ganten: Die Idee zu dem Buch kam uns schon, als wir unser letztes gemeinsames Buch „Leben, Natur, Wissenschaft – alles was man wissen muss“ Eichborn, DTV) geschrieben hatten. Darin war ein großes Kapitel über die Evolution und eines über den menschlichen Körper. Da sagten wir uns, beides muss man eigentlich stärker zusammen sehen. Jeder von uns drei Autoren hat 100 % beigetragen, insgesamt also 300%, aber jeder natürlich entsprechend seiner Vorbildung und Fähigkeiten. Das Konzept und alle Kapitel wurden von uns gemeinsam redigiert. Buchkultur: Ärzte sollten besser über die Evolution informiert sein und auch für Patienten wäre es hilfreich, meinen Sie und dazu sollte die evolutionäre Medizin beitragen. Welchen Stellenwert sollte dieser Forschungszweig einnehmen? Ganten: Evolutionäre Medizin ist eine Weiterentwicklung der Molekularen, genomischen Medizin und insofern vielleicht in den Schlussfolgerungen eher Konservativ nicht aber im Konzept. Wir glauben, dass die Medizin und damit letztlich die Patienten von einer evolutionären Sichtweise auf den menschlichen Körper großen Nutzen haben werden. Die Grundfrage ist ja: Warum ist unser Körper so, wie er ist? Wenn man versucht, diese Frage zu beantworten, indem man die Entstehungsgeschichte dieses Körpers und seiner Vorläuferversionen betrachtet, kann man anatomische Merkmale, physiologische Vorgänge und eben auch Krankheiten besser verstehen. Man erkennt ihre Bedeutung und kann somit sozusagen bedachter medizinisch intervenieren. Im Grunde ist die Medizin genauso auf die Evolutionsforschung angewiesen wie die Soziologie auf die Geschichtsschreibung. Man versteht das Hier und heute nicht, wenn man die Vergangenheit nicht kennt. Buchkultur: Welche Auswirkungen hätte er auf unser -derzeit heftig diskutiertes – Gesundheitssystem? Ganten: Das ist für die Forschung sehr wichtig, wenn Sie sich etwa Infektionserkrankungen vor dem Hintergrund der Co-Evolution von Mensch und Krankheitserreger anschauen oder wenn Sie die Krebsentstehung als evolutionären Prozess betrachten. Und es ist für den Einzelnen hilfreich, um durch Prävention seine Gesundheit zu erhalten, indem er zum Beispiel besser versteht, was es für den Körper bedeutet, sich nicht ausreichend zu bewegen. Mittelfristig wird die evolutionäre Sichtweise den Trend zu gezielterer Therapie und zu mehr (und ebenfalls gezielterer) Prävention unterstützen und damit auch eine Entlastung für das Gesundheitssystem darstellen. Sie wird ergänzt durch Fortschritte in der Gendiagnostik, die uns helfen die Besonderheiten des einzelnen Körpers besser zu verstehen. Denn die Evolution hat zwar den menschlichen Körper als solchen geformt, jeder einzelnen von uns hat aber eine individuelle Abstammungslinie, die sich in Einzelheiten von der anderer unterscheidet. So können wir allgemeine und spezifische Stärken und Schwächen besser identifizieren. Buchkultur: Ihr Buch ist wirklich kurzweilig zu lesen. Je nach Vorwissen sind aber die vorgetragenen Fakten nicht gerade überraschend. Etwa, sportliche Betätigung und eine Nahrungsumstellung helfen bei diversen Zivilisationskrankheiten. Das ist natürlich absolut zu unterschreiben und die Zusammenschau der vorgetragenen Fakten hat auch verblüffende Momente. Aber wie sehen Sie Ihr Buch, ist es eher ein Hausbuch, soll es auch Ratgeberfunktion übernehmen, ist es ein Buch im Rahmen der Präventivmedizin? Ganten: Wir haben das Buch nicht als Ratgeber geschrieben, sondern als Einführung in die evolutionäre Sichtweise auf den menschlichen Körper. Gleichzeitig haben wir aber auch immer gesagt, es sollte eine „milde“ Ratgeberfunktion haben. Damit ist gemeint, dass wir versuchen, das Thema auf die heute vorherrschenden Gesundheitsprobleme zu beziehen, so dass der Leser einen direkten Bezug zu seiner Lebenswelt hat. Es werden aber keine ausdrücklichen Tipps gegeben oder Vorschriften formuliert. Ziel ist eher, einen Orientierungsrahmen zu geben, in dem sich die verbreiteten Gesundheitstipps, die teilweise ja auch widersprüchlich sind, besser einordnen lassen. Tatsächlich spielen Bewegung und Ernährung eine wichtige Rolle – das ist sicher nicht überraschend. Aber ich denke, wer das Buch genau liest und sich vielleicht auch anregen lässt, noch tiefer in das Thema einzusteigen, wird einiges entdecken, was ihm bisher nicht so klar war und vielleicht seine Lebensweise noch etwas umzustellen.

AutorIn
Detlev Ganten, Arzt, Professor für Pharmakologie und Molekulare Medizin und Vorsitzender des Stiftungsrates der Stiftung Charité in Berlin. Thilo Spahl, Diplom-Psychologe und Wissenschaftsjournalist mit den Schwerpunkten Medizin und Biotechnologie. Thomas Deichmann, Chefredakteur des Debattenmagazins Novo Vor diesem Projekt schrieben sie gemeinsam schon das Buch „Naturwissenschaft: Alles, was man wissen muss“, dtv/Eichborn.

kegel
Bernhard Kegel
Epigenetik: Wie Erfahrungen vererbt werden
Dumont

Prägen Umwelt und Erfahrung den Menschen oder seine Gene? Die Epigenetik zeigt, dass beides möglich ist. Bernhard Kegel stellt das neue Spezialgebiet der Biologie vor.

Über das Buch:
Mit Leidenschaft stellt Bernhard Kegel die Grundlagen der Epigenetik dar. Er ist überzeugt, dass sie die Biowissenschaften revolutionieren wird, dann dadurch würde die klassische Vererbungslehre ziemlich ins Wanken geraten. Buchkultur: Epigenetik ist lange unterschätzt worden, wie kam es zum Wechsel der Anschauung? Bernhard Kegel: Viele grundlegende Erkenntnisse der Epigenetik stammen schon aus der Zeit vor dem Humangenomprojekt – hier stellvertretend genannt für viele Sequenzierungsprojekte. Der Mainstream der Wissenschaft war auf diese jahrelangen und anfangs sehr teuren Sequenzierungsbemühungen fixiert, erst danach konnte das Forschungsschiff neuen Kurs aufnehmen, zumal die Methoden, die es erlauben, epigenetische Veränderungen im Umfeld der DNA auch für größere Genomabschnitte zu bestimmen, erst entwickelt werden mussten. Mit dem Vorliegen der ersten vollständigen DNA-Sequenzen stellte sich dann dringend die Frage, wie das alles reguliert wird. Da die Zahl der menschlichen Gene viel niedriger liegt, als ursprünglich vermutet, muss der Regulation der Genaktivität eine überragende Bedeutung zukommen: Wer oder was entscheidet darüber, wann in der Entwicklung und wo im Organismus welches Gen in welchem Ausmaß aktiv wird? Die Epigenetik zeigt, dass Umwelterfahrungen bei dieser Programmierung des Genoms eine entscheidende Rolle spielen. Buchkultur: Oder will man es einfach nur ein wenig komplizierter haben und braucht eine neue Trendforschung? Kegel: Wissenschaftler können sich die Ergebnisse ihrer Forschungen nicht aussuchen. Für eine wie auch immer geartete Anwendung ihrer Erkenntnisse ist die nun zu Tage tretende faszinierende Komplexität Gift. Im Gegensatz zu dem simplen Gendeterminismus früherer Jahre (a la Gen für … gefunden), wird es auch immer schwieriger, der Öffentlichkeit die molekularen Vorgänge in der Zelle zu vermitteln. Insofern hätten es viele Wissenschaftler sicher gern einfacher gehabt. Die Tatsache, dass Umwelteinflüsse nun im Zusammenhang mit der Epigenetik zu neuen und ungeahnten Ehren gelangen, hat allerdings meiner Meinung nach auch damit zu tun, dass ihr bedeutender Einfluss in der von Sequenzierungsprojekten dominierten Forschungslandschaft kaum vorkam. Es bestand erheblicher Nachhol- und Klärungsbedarf. Das Pendel schwingt in die andere Richtung. Ob und wie weit es von dort zurückkehren wird, bleibt abzuwarten. Buchkultur: Hat Epigenetik Auswirkungen auf unser Leben, konkret, gibt es hier die Möglichkeit des medizinischen Einsatzes oder ist alles noch zu früh, zu variabel, zu kompliziert? Kegel: Epigenetische Phänomene scheinen bei vielen psychiatrischen Krankheiten wie Schizophrenie oder Depression im Spiel zu sein. Sehr vielversprechend ist die Anwendung im Rahmen der Krebsfrüherkennung und bei der Prognose, ob bestimmte Therapien bei spezifischen Patienten Aussicht auf Erfolg haben. Erste Tests dieser Art, die herkömmlichen Verfahren z. T. weit überlegen sind, kommen jetzt auf den Markt. In den USA sind bereits auch epigenetisch wirksame Krebstherapeutika im Einsatz. Sie sind allerdings vollkommen unspezifisch und wirken sich auf das gesamte Genom aus, mit gravierenden Nebenwirkungen. Ihr Einsatz ist nur bei schwerst krebskranken Menschen gerechtfertig. Wissenschaftlern träumen von epigenetischen Präzisionsmedikamenten, die auf den individuellen Patienten zugeschnittenen sind und auf einzelne bestimmte Gene zielen. Ob es diese Präparate je geben wird, ist fraglich. Ihre Entwicklung wird in jedem Fall viele Jahre oder Jahrzehnte dauern. Buchkultur: Wenn man jetzt Överkalix, bzw. die Dorfchronik ins Kalkül zieht, bedeutet es dann, dass man oder jeder als Person, jetzt eine andere Art von Verantwortung für die folgenden Generationen hat? Kegel: Noch sind die Hinweise, dass sich zu Lebzeiten erfahrene Umwelteinflüsse beim Menschen an kommende Generationen vererben, sehr sporadisch und umstritten. Im Tierreich und vor allem bei Pflanzen häufen sich allerdings entsprechende Befunde. Sollte sich dieser Trend fortsetzen, müsste man die Frage wohl mit ja beantworten. Viele dieser Einflüsse, die nachweislich zu epigenetischen Veränderung in den betroffenen Menschen führen, wie Kindesmisshandlung oder ein Zuviel oder Zuwenig an Nahrung, wirken allerdings bereits sehr früh, u. U. schon auf den Fötus im Mutterleib. Die Betroffenen haben also gar keinen Einfluss darauf, von Verantwortung kann man kaum sprechen. Die Epigenetik liefert aber zweifellos sehr starke zusätzliche Argumente für einen gesunden Lebenswandel. Buchkultur: Trägt man also nun schon bei der Geburt sein Schicksal mit sich und das ist irreversibel oder lässt sich das Epigenom durch eigene Erfahrungen verändern? Kegel: Der erste Teil der Frage gibt eher die alte genzentrische Sicht wieder. Kennzeichen der Epigenetik ist aber, dass epigenetische Programmierungen des Genoms generell reversibel sind, insofern bestünde grundsätzlich die Möglichkeit, erworbene Fehlprogrammierungen wieder zu korrigieren, im Tierversuch ist dies in Einzelfällen belegt worden. Wie dies allerdings beim Menschen bewerkstelligt werden könnte, steht noch in den Sternen. Buchkultur: Was hat Sie an der Epigenetik fasziniert, dass Sie ein Buch darüber schrieben? Sie haben ja auch schon Wissenschaftsthriller geschrieben. War es das Spekulative an der neuen Disziplin? Dass es eben noch viele Leerstellen gibt? Kegel: In einem Sachbuch hat man sich ja an die Fakten zu halten, insofern sind die Leerstellen eher störend. In einem Roman könnte man sie durch Spekulationen füllen, auf die Gefahr hin, von der Realität widerlegt zu werden. Nein, das faszinierende an der Epigenetik ist, dass wir hier möglicherweise Zeugen eines grundsätzlichen Theorienwechsels in der Biologie werden. Schon das Ausmaß, in dem sich Umwelteinflüsse auf das Genom und damit die Eigenschaften eines Individuums auswirken, hätte man noch vor wenigen Jahren nicht für möglich gehalten. Können diese Erfahrungen sogar vererbt werden, etwas, was die geltende Evolutionslehre kategorisch ausschließt? Kehren alte Anschauungen, die man üblicherweise dem französischen Zoologen Lamarck zuschreibt, in neuer Form zurück? Die Forschung an Pflanzen und Tieren ist dabei, dafür Beweise anzusammeln, die immer überzeugender werden. Ich hätte es nicht für möglich gehalten, dass ich zu meinen Lebzeiten gezwungen sein könnte, noch einmal derart fundamental umzudenken. Ich wollte wissen, was da läuft. Und ich bin nicht enttäuscht worden, auch wenn noch viele Fragen offen sind. Die Entwicklung ist überaus spannend. Das habe ich versucht zu vermitteln.

AutorIn
Bernhard Kegel, geb. 1953, studierte Chemie und Biologie, danach Forschungstätigkeit sowie Tätigkeit als ökologischer Gutachter und Lehrbeauftragter. Spielt gerne Gitarre in Jazzbands und arbeitet seit 1996 als freier Autor und Wissenschaftspublizist. Schrieb diverse Romane u.a. „Der Rote“, marebuchverlag und Sachbücher.

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Rabenschwarze Intelligenz. Was wir von Krähen lernen können
Herbig
Rabenvögel haben ein schlechtes Image, aber völlig zu Unrecht meint Josef H. Reichholf.

Über das Buch:
Schon Stammgast auf der Shortlist zum besten wissenschaftlichen Sachbuch des Jahres ist der Evolutionsbiologe Josef H. Reichholf. Das hat gute Gründe, zum einen ist er sehr aktiv und publiziert regelmäßig zu unterschiedlichen Themen, zum anderen versteht er es, selbst komplexe Sachverhalte einfach, schlüssig, nachvollziehbar und dabei mit Witz zu präsentieren. Zudem sind seine Ausführungen wissenschaftlich abgesichert. Nach „Eine kurze Naturgeschichte des letzten Jahrtausend“ in dem er einen unorthodoxen Beitrag zum Klimawandel lieferte und „Warum die Menschen sesshaft wurden“, beschäftigt er sich nun mit den Rabenvögeln. Dazu hat er einen sehr persönlichen Bezug. Als Kind hatte er nämlich eine Dohle, die er selbst aufzog. Auch später hielt er selbst noch manche Vögel. Damals begann sein Interesse an Vögeln aller Art und speziell an den oft scheel betrachteten Raben und Krähen. Den Menschen sind sie immer ein wenig unheimlich gewesen, nicht umsonst gibt es Wörter wie Rabenmütter oder Unglücksraben. Raben sind eben keine kuscheligen Tiere und noch dazu ziemlich intelligent. Mit Primaten oder Delfinen können sie locker mithalten und sie zählen eigentlich zu den Singvögeln. Nur 200 Gramm wiegt eine Dohle, ein Kolkrabe hingegen hat eine Flügelspannweite von 1,5 Meter. Das kann schon beeindrucken und schreckt selbst Wölfe ab. Ein Kapitel widmet Reichholf dem Vergleich von Stadt- und Landkrähen und geht dabei auch auf das Thema der Jagd- und Regulierungsbestimmungen ein. Angeblich plündern Raben die Nester kleiner Singvögel und machen sich auch über Niederwild her. Jäger möchten sie deshalb gerne schießen. Reichholf ist ein engagierter Tierschützer und untersucht die Rolle dieser Vögel im Ökosystem. Dabei legt er schlüssig dar, wie einfach sich gängige Vorurteile durch Studien widerlegen lassen. Ausführlich widmet er sich der Intelligenz dieser Vögel und berichtet etwa, dass Krähen im Herbst vor seinem Institut in einer Wiese Walnüsse vergraben hätten, die sie dann im Winter wieder gefunden haben. Er erzählt von Krähen, die Nüsse knacken, indem sie diese auf Straßen fallen lassen oder die Werkzeuge herstellen. Sie erkennen auch Personen wieder, merken sich Widersacher, um sich zu rächen und sie können auch menschliche Wörter lernen und sie einsetzen. Und sie können sogar lügen. Am Schluss widmet er sich der kulturgeschichtlichen Dimension der Rabenvögel zeigt ihre Stellung in der Mythologie und in der Alltagssprache oder im Sprichwort. Teilweise nutzt Reichholf einen sehr persönlichen Ansatz, um ökologische Zusammenhänge und verhaltensbiologische Beobachtungen darzustellen. Und schafft somit ein lehrreiches, doch auch unterhaltsames Buch, das nicht nur Vogelfreunde interessieren dürfte.

AutorIn
Josef H. Reichholf wurde 1945 in Bayern geboren. Er ist Zoologe und Evolutionsbiologe und leitet eine Sektion an der Zoologischen Staatssammlung München. Für seine Forschungen und seine Veröffentlichungen wurde er schon mit einigen Preisen ausgezeichnet, wie dem Sigmund-Freud-Preis.

roach
Mary Roach, Übers. v. Irmengard Gabler
BONK: Alles über SEX – von der Wissenschaft erforscht: Wenn Sex und Wissenschaft sich paaren.
S. Fischer
Über die Forschung zur Sexualität lässt sich auch sehr unterhaltsam und vergnüglich schreiben beweist Mary Roach.

Über das Buch:
Zwar gab es die sexuelle Revolution und heute wird Aufklärung sogar in der Schule unterrichtet, doch nur wenige haben ein unbefangenes Verhältnis zur Sexualität. Das hängt auch damit zusammen, dass viele Menschen durch Schlagzeilen in diversen Gazetten verunsichert werden und ominösen Standards genügen wollen, meint Mary Roach. Vor Jahren stieß sie in einer Bibliothek auf eine Studie bei der untersucht wurde, ob das Kneten einer Kniescheibe eine sexuelle Stimulierung auslöst. Damals waren für sie solche Untersuchungen gänzlich unbekannt, aber ihre Neugierde war geweckt. Sie wollte wissen, wer solche Studien durchführt, wer sich dafür als Testperson zur Verfügung stellt, was da so alles geforscht wird und vor allem wer dafür bezahlt. Noch heute gibt es das Klischee, dass Sexualforscher ein übersteigertes persönliches Interesse an ihrem Forschungsgegenstand haben. Gegen diese Unterstellung müssen sie noch immer ankämpfen. Das war früher noch um einiges ärger, denn etwa durch die großen Studien von Kinsey und seinem Team wurde vielen Menschen klar, dass sie eigentlich eine ganz normale Sexualität leben, doch für andere wiederum wurde dadurch an Tabus gerüttelt und tradierte Familienwerte in Frage gestellt. Viele Sexualforscher mussten gegen Vorurteile und Intoleranz ankämpfen und waren vor persönlichen Attacken nicht sicher. Roach berichtet jedoch nicht nur über die Historie, sondern unternimmt auch eine Reise in die Forschungslabors unserer Tage. Sie lernt in Kairo Ahmed Shafik kennen, den Entdecker des Vaginocavernosus-Reflex und ist bei einer Penisoperation in Taiwan dabei. Und sie hat sich mit ihrem Mann sogar einmal selbst als Probandin zur Verfügung gestellt als während des Sexualakts Kernspin-Aufnahmen von männlichen und weiblichen Genitalien gemacht wurden. Ihr Buch ist kein Sexualratgeber und auch nicht pornografisch, sondern es ist ein gut geschriebenes kurzweiliges Sachbuch, das unterhaltsam zeigt, wie Wissenschaft mit Sexualität umgeht. Im Original ist der Titel des Buches übrigens viel frecher. Bonk heißt nämlich übersetzt nichts anderes als Vögeln. Sollte man hierzulande vielleicht doch prüder sein als in den USA?

AutorIn
Mary Roach arbeitet als Buchautorin und Journalistin in Oakland/Kalifornien, schreibt u.a. für GQ und das Discovery Magazine. Für ihr Buch recherchierte sie weltweit in Forschungslabors, beschäftigte sich mit historischen Versuchen und stellte sich auch selbst als Testperson zur Verfügung.

ruemmele
Martin Rümmele, Andreas Feiertag
Zukunft Gesundheit. So retten wir unser soziales System
Orac
Eine radikale Änderung in der Gesundheitspolitik fordern Martin Rümmele und Andreas Freitag ein und zeigen auch Konzepte auf, die sich schon in der Praxis bewährt haben.

Über das Buch:
Schon länger beschäftigt sich Martin Rümmele mit der Struktur unseres Gesundheitssystems. In seinem Buch „Zukunft Gesundheit“ fordern er und sein Co-Autor einen radikalen Richtungswechsel im Gesundheitswesen. Neue Selbstbehalte oder höhere Kassenbeiträge würden zu keiner Lösung führen. Das Ziel sollte sein, Krankheiten zu verhindern und nicht sie zu verwalten. Dafür erheben sie eine Reihe von Forderungen, die viele Bereiche unserer Gesellschaft betreffen. Das Spektrum reicht vom Abbau sozialer Ungleichheiten bis zum Ausbau des Bildungssystems, denn es gibt viele Faktoren, die für unsere Gesundheit sorgen und nicht nur die Medizin. Damit einher geht auch eine neue Definition der Eigenverantwortung hinsichtlich Gesundheit, denn die Lebensumstände der Menschen können nur zum Teil von ihnen selbst beeinflusst werden. Deshalb unterliegt die Gesundheit immer auch einer gemeinsamen Verantwortung. Zudem müsste eine genaue Bedarfsanalyse erhoben werden, in welcher Region welche Versorgung nötig sei. Auch das Bezahlsystem der Ärzte müsste reformiert werden: Ärzte sollten nicht nach der Anzahl der Patienten, sondern nach der Zeit, die sie den Patienten widmen, bezahlt werden. Ein Ansatz, der sich in Schweden schon bewährt haben soll. Die derzeitigen Strukturen wären wenig transparent und zudem hätten viele Beteiligte kein großes Interesse an Änderungen, da sie um den Verlust an Einfluss, Geld und politischer Macht fürchten, meinen die Autoren. Immerhin sei das Gesundheitswesen der größte Wirtschaftsfaktor und Arbeitgeber im Land. Doch die Probleme der Zukunft müssen angegangen werden. Rümmele zählt dazu die Überalterung der Gesellschaft und die fehlenden Versorgungsstrukturen etwa für Demenzkranke. Zudem gibt es noch medizinische Herausforderungen wie chronische Erkrankungen. Darunter fallen Diabetes, Allergien und Adipositas. Die richtige Strategie wäre für die Autoren ein gemeinsames Vorgehen gegen die anstehenden Probleme. Sie verstehen ihr Buch deshalb auch als Beitrag gegen die herrschende Entsozialisierung der Gesellschaft.

AutorIn
Martin Rümmele, geb. 1970. Seit 1988 Journalist und Experte für Gesundheitswirtschaft. Zahlreiche Auszeichnungen für Gesundheitsjournalismus.
Andreas Feiertag, geb. 1968. Seit 1993 Journalist mit den Spezialgebieten Wissenschaft und Medizin. Geschäftsführer der Kommunikationsagentur mc&b. Langjährige Arbeit für diverse Medien.

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