Gastautor: Prof. Dr. Hermann AICHMAIR: Augen -Amulette, Brillen, Optik [20]: Augenamulette, Augenvotive, Augenvotivbilder und alte Brillen
Die stilisierte Darstellung des Auges ist sehr wahrscheinlich hat sie ihren Ursprung in der vordynastischen Epoche Ägyptens, wo sie als Sinnbild des Gottes Horus Verbreitung fand.
Wiederholt erscheint das Auge in den Hieroglyphen und als Dekoration auf Gegenständen, die den Toten ins Grab
mitgegeben wurden. Das Horusauge dient als Symbol für alle guten Dinge und wird als eines der häufigsten Heilamulette in vielerlei Formen angetroffen. Augenamulette wurden auch auf einen Gegenstand aufgenäht, z. B. auf ein Kleidungsstück, als Schutz für
ihren Träger. Um die Schutzwirkung zu erhöhen und um zu verhindern, daß diese durch den bösen Blick aufgehoben werden konnte, wurde über das Amulett ein Papyrus angebracht.
Augenamulette gegen den bösen Blick finden sich im Papyrusmuseum in Wien. Dabei handelt es sich um rhombisch zugeschnittene Bildchen, die durch einen waagrechten Strich zwei Ecken miteinander verbindet. In der Mitte des Striches sitzt ein Oval, welches die Pupille darstellen soll. Der waagrechte Strich soll den bösen Blick verhindern. Am Rand des Rhombus sind Wimpern gezeichnet. Dreht man das Objekt um 90°, dann ergibt sich als Alternative zur vertikal durchgestrichenen Pupille der griechische Buchstabe Dieser ist in dieser Funktion interpretierbar
als abgekürzte Schreibung für(= psylakterion). Seine Bedeutung ist „Schutzmittel“, „Amulett“,schutzbringendes Symbol mit allgemeiner Gültigkeit. Gegen den bösen Blick sollte auch die Koralle schützen. Die Koralle ist der Geburtsstein des Stieres und des Skorpions; aber das besondere Amulett der Kinder und Mütter und daher ein Schutz gegen den bösen Blick. Bei den Ägyptern war sie der Isis heilig bei den Römern war sie der Göttin Venus gewidmet. Die Koralle hatte auch medizinische Fähigkeiten und wurde als Bestandteil von Salben oder als Puder verwendet. In Italien findet man, daß Korallenketten häufig als Talismane gegen den bösen Blick getragen werden. Ein Abwehrschutz gegen den bösen Blick oder das böse Auge war auch die Neidfeige, kurz Feige oder Fica genannt. Sie hatte schon bei den Griechen und Römern eine wichtige Bedeutung. Sie hatte nicht nur eine obszöne Bedeutung sondern war eines der wirksamsten Mittel gegen das böse Auge. Auf antiken Vasen findet man nicht selten Schiffe abgebildet, die am Bug Augen aufgemalt haben, als seien es Lebewesen. Man stößt auf diese Darstellung bei vielen seefahrenden Völkern des Altertums, doch auch heute noch findet sie Anwendung: Fischer in Portugal oder Malta z. B. glauben fest daran, daß das Augenpaar Unheil abwenden kann und bei der Orientierung hilft. Auf Sakralbauten sieht man gleichfalls immer wieder stilisierte Augenpaare, wie z. B. auf einer Stupa aus Bodnath in Nepal.
Text: Hermann AICHMAIR, MEIDLING BLÄTTER DES BEZIRKSMUSEUMS, Heft 59, 2003
Fotos: Sammlung Hermann Aichmair Bezirksmuseum Meidling