Gastautor: Prof. Dr. Hermann AICHMAIR: Augen – Amulette, Brillen, Optik [13]: Geschichte der Brille

Gastautor: Hermann AICHMAIR: Augen -Amulette, Brillen, Optik [13]: Geschichte der Brille

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Ein Bericht über das erste Auftauchen von Augengläsern in Wien handelt von der Hochzeitsfeier der Herzogin Jutta von Österreich10) im Jahre 1319 der Bürgermeister von Padua, Gesandter am
österreichischen Hof, erschien mit einer Brille auf der Nase und verursachte dadurch Volksaufläufe und einiges Aufsehen.
Im Mittelalter galten Brillen als Symbol der Gelehrsamkeit, der Würde und des Alters. So wurden Menschen, denen man solche Eigenschaften zubilligte, von Künstlern bewusst mit diesem Attribut dargestellt, auch wenn es sich um Personen aus der Zeit vor der Erfindung der Brille handelte. 1493 hatte der Arzt und Historiker Hartmann Schedl seine Weltchronik herausgebracht. Bei den rund 2.000 Holzschnitten benutzte er zwar ungeniert die gleichen Bildstöcke für die Darstellung verschiedener Personen, doch achtete er stets darauf, dass nur Propheten und Philosophen das Attribut Brille als Zeichen der Weisheit erhielten, niemals aber ein Herrscher oder Heerführer. Benjamin Franklin, der Mitverfasser der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung, kam 1776 als erster Gesandter der USA an den französischen Hof und trug eine von ihm erfundene Bifokalbrille, die er durch Aneinanderpassen von zwei verschieden starken Gläsern und Einfügen in ein Brillengestell selbst gefertigt hatte. Zu dieser Zeit war auch der Kneifer bei den Bürgern sehr beliebt und galt als Zeichen der Intelligenz. Dennoch schrieb der allgemeine Sittenkodex vor, dass man beim Grüßen den Kneifer abnahm, denn ein Untergebener musste sich seinem Vorgesetzten ohne Augengläser nähern.

10) Herzogin „Guta“, auch Jutta genannt, geb. 1302 in Wien, gest. 5.16. März 1329. Tochter von Albrecht/. und Elisabeth von Tirol und Görz, verheiratet 1319 mit Graf Ludwig IV. von Altötting,
begraben seit 1809 in St. Paul im Lavanttal, Kärnten.

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Text: Hermann AICHMAIR, MEIDLING BLÄTTER DES BEZIRKSMUSEUMS, Heft 59, 2003
Fotos: Sammlung Hermann Aichmair Bezirksmuseum Meidling

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