Mangelerkrankungen – Armut als Risiko
Nach der künstlerischen Darstellung der Überflusskrankheiten, die auch hier im Van Swieten Blog (Lifestyle Diseases – Wohlstand als Risiko)
gezeigt wurde, ist jetzt nach mehr als vier Monaten intensiver Arbeit auch das Pendant dazu fertig gestellt worden. Es setzt sich mit dem Gegenteil des Wohlstandes auseinander, nämlich der Armut und den daraus resultierenden Mangelerkrankungen. Es liegt in der Natur der Sache, dass dadurch nicht so sehr unsere westliche Welt im Mittelpunkt steht – obwohl es auch hier Mangelkrankheiten gibt – als vielmehr die Entwicklungs- und Schwellenländer.
Es steht nun nicht mehr wie im Vorgängerwerk die gebratene Stelze im Mittelpunkt, sondern ein abgenagtes Fischskelett symbolisiert den allgemeinen Mangel an Nährstoffen, essentiellen Aminosäuren und Vitaminen. Die neonartigen Farben sind verblasst und die prallen lebendigen Formen des Vorgängerwerks sind durch zerbrochene verschimmelte Konstruktionen und fahle Ruinen ersetzt. Der Tod hält reiche Ernte und die Überlebenden zeigen schwere Schäden.
Werner Horvath: „Mangelerkrankungen“, Öl und Acryl auf Leinwand, 140 x 100 cm, 2013/14.
Doch welche Krankheiten sind es nun genau, die dies bewirken?
Gleich unterhalb der Fischgräte stellen sich – in Anlehnung an ein altes Kinderlied – zehn farbige Kinder mit Hungerbäuchen um Nahrung bettelnd an, die ihnen aber verweigert wird. Kwashiorkor nennt sich dieses Krankheitsbild, ausgelöst durch zu wenig Eiweiß im Blut (Hypalbuminämie), was den beschriebenen Flüssigkeitsaustritt ins Gewebe bewirkt.
Links darunter erkennt man zwei Jugendliche mit offensichtlichen Gehproblemen und die daneben dargestellte Nervenzelle mit elektrischen Kurzschlüssen gibt den Hinweis, dass es sich um eine Nervenkrankheit handelt. Es ist die Beriberi, zurückzuführen auf einen Vitamin B1- Mangel (Thiaminmangel), und die Bezeichnung der Krankheit heißt auf singalesisch „Ich kann nicht, ich kann nicht“. Fehlt dagegen das Vitamin B3 (Niazin), so kommt es, wie darunter dargestellt, zu den grässlichen blutigen Abschuppungen an Händen, im oberen Brustbereich oder auch an anderen Körperteilen, die unter dem Namen Pellagra bekannt sind.
Im rechten Bildteil sind dann noch weitere Vitaminmangelkrankheiten zu sehen, von oben beginnend die Knochenverbiegungen bei Rachitis (Vitamin D- und Lichtmangel), der Zahnausfall bei Skorbut (Vitamin C- Mangel) und die Nachtblindheit bei Viramin A- Mangel.
Auch ein Mangel an Mineralstoffen kann zu schweren Schäden führen, etwa ein Jodmangel zum Kropf oder ein Eisenmangel zur Blutarmut, beides links im mehr unteren Bildanteil abgebildet. Natürlich darf neben dem Verhungern auch das Verdursten auf einem solchen Bild nicht fehlen und wird durch ein Skelett in der Wüste symbolisiert.
Den unteren Bildanteil nimmt schließlich eine comicartige Darstellung über die Infektion und den Krankheitsverlauf durch AIDS ein, denn in den Entwicklungsländern kann auch diese Krankheit oft als Mangelerkrankung interpretiert werden. Nämlich bedingt durch einen Mangel an Aufklärung, Vorsorge und adäquater Therapie – das Schlachten eines Huhnes durch einen Medizinmann ist halt doch zu wenig…
Dr. Werner Horvath zu Gast im Van Swieten Blog:
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