Neuer Gastautor: Univ.-Prof. Dr.med. Dr. med. h.c. Heinz FLAMM

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Univ.-Prof. Dr. med. Dr. med. h.c. Heinz FLAMM, langjähriger Leiter des Instituts für Hygiene, hat sich bereit erklärt, als Gastautor im Van Swieten Blog von seinen medizinhistorischen Studien zu berichten.

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Über Univ. Prof. Dr. med Dr. med. h.c. Heinz FLAMM

Heinz Flamm wurde am 3. Juli 1929 in Wien geboren. Schon während seines Medizinstudiums in Wien, das er im Juni 1953 abschloß, famulierte er fünf Sommer lang auf der Prosektur des Kaiserin-Elisabeth-Spitals in Wien bei der Pathologin tit. o. Univ.-Prof. Dr. Carmen Coronini, bei der er die Grundkenntnisse der Bakteriologie und Patho-Histologie erwarb. 1952 wurde er vom Vorstand des Hygiene-Instituts der Universität wien, dem Virologen o. Univ.-Prof. Dr. Richard Bieling, auf einem soeben frei gewordenen Dienstposten mit der Aufgabe neben dem Aufbau der rudimentären bakteriologischen Abteilung wissenschaftlich die kaum erforschten angeborenen Infektionen zu bearbeiten .

Auf bakteriologischem Gebiet gelang Flamm 1954 der Nachweis von Listeriose in Österreich, also zwei Jahre nach der Erstbeschreibung in der DDR und ein Jahr nach dem Erstfund in der BRD. Er führte ausgedehnte Untersuchungen über diese Krankheit durch. Die mikrobiologischen Untersuchungen von einigen hundert menschlichen Feten wie auch experimentelle Infektionen von Mäusen und Kaninchen in verschiedenen Stadien der Gravidität waren die Grundlage für die Habilitation im Februar 1959 mit dem Buch „Die angeborenen Infektionen des Menschen mit besonderer Berücksichtigung von Pathogenese und Immunologie“.

In der Folge stellten Versuche an Kaninchen den Übertritt von injizierten Viren und Eiweißstoffen auf die jüngsten Entwicklungsstadien, die Blastozysten, fest. Dem schlossen sich fast automatisch Untersuchungen des Phänomens der Immuntoleranz an. Flamm war der erste, der Immuntoleranz gegen bakterielle Infektionen im Tierversuch zeigen konnte. Nebenbei wurde auch die Toleranz von Hauttransplantaten unter Einwirkung von Stoffwechselhemmern untersucht.

Auf Grund seiner Untersuchungen wurde er 1966 in die USA zu The President’s Conference on the Prevention of Mental Retardation through Control of Infectious Diseases eingeladen, um über „Some considerations concerning the pathogenesis of prenatal infections“ zu berichten.

Als Krönung seiner Forschungen über pränatale Infektionen plante die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina anläßlich des 70. Geburtstages von Flamm das zweitägige Symposium „Pränatale, perinatale und neonatale Infektionen“, das aber aus äußeren Gründen erst im September 2002 in den Räumen des Chorherrenstiftes Klosterneuburg stattfinden konnte.

In der akademischen Laufbahn folgte sechs Jahre nach der Habilitation die Verleihung des Titels eines a.o. Univ.-Professors. Das Professorenkollegium der Wiener medizinischen Fakultät hatte sich dazu nicht zuletzt deswegen entschlossen, weil Flamm, angeregt durch Publikationen aus England, wohl als einer der ersten in Mitteleuropa an seiner bakteriologischen Abteilung Untersuchungen über Probleme der Krankenhaus-Hygiene begonnen hatte..

Nach dem Tod von Bielings Nachfolger, dem Virologen o. Univ.-Prof. Dr. Hans Moritsch, 1965 wurde Heinz Flamm im November 1966 zum o. Univ.-Professor ernannt und zum Institutsvorstand bestellt.
Den in seiner Antrittsvorlesung angekündigten Ausbau des Faches Hygiene in Lehre, Forschung und praktischer Anwendung führte Flamm in den folgenden Jahren konsequent durch. Als Voraussetzung dafür erreichte er die Gründung der Ordinariate mit eigenen Instituten für Umwelt-Hygiene (1970), Virologie (1971), Spezifische Prophylaxe und Tropenmedizin (1974) und Sozialmedizin (1983) sowie der Extraordinariate für Wasser- und Lebensmittel-Hygiene (1977), Parasitologie (1977), Bakteriologie (1979) und Krankenhaus-Hygiene (realisiert erst 1994 nach seinem Ausscheiden).

Als die österreichische Bundesregierung ein Bundesministerium für Gesundheit und Umweltschutz beschlossen hatte, war Flamm Berater während dessen Errichtung und erstattete am 1. Oktober 1970 das Grundsatzreferat für das zu bildende Interministerielle Komitee für Umweltschutz. Er verwendete dabei auch den von ihm bereits vorher eingeführten, jedoch von manchen als überflüssig bezeichneten Begriff der „Umwelthygiene“. Nach der Gründung des Ministeriums übernahm er die Vorsitze von dessen Wissenschaftlichem Beirat für Umwelt-Hygiene (später: Umwelt- Schutz) und des Fachbeirats des das Ministerium beratenden Österreichischen Bundesinstituts für Gesundheitswesen.

Flamm war das „öffentliche Gesundheitswesen“, das in der MUW als „Public Health“ bezeichnet wird, das Hauptanliegen seiner wissenschaftlichen und praktischen Arbeit als Hygieniker. Daher war es für ihn selbstverständlich, in wichtigen die Volksgesundheit betreffenden Gremien persönlich mitzuarbeiten. Es waren dies der Fachbeirat für Stadtplanung der Stadt Wien (1965 – 1976), der Oberste Sanitätsrat (1967 – 1991), die Arzneibuch-Kommission (1967 – 1986), der Landessanitätsrat für Niederösterreich (1968 – 1996), die Codex-Kommission / Österreichisches Lebenmittelbuch (1968 – 1991), der Wissenschaftliche Beirat für Umweltschutz (1972 – 1991), der Fachbeirat des Österreichisches Bundesinstituts für Gesundheitswesen (1973 – 1991), der Arzneimittelbeirat des Bundesministeriums für Gesundheit und Umweltschutz (1985 – 1991) und das Kuratorium der Niederösterreichischen Landesakademie (1996 – 2008 als Kurator für Soziales und Gesundheit).

Auf internationalem Gebiet war Heinz Flamm weiters Mitglied des Executiv-Rates der Weltgesundheits-Organisation (WHO) in der Periode 1971 – 1973, Mitglied der Dreier-Kommission der WHO zur Errichtung eines neuen Hauptquartiers in Genf und 1977 Mitglied der Internationalen WHO-Kommission für die Pocken-Frei-Erklärung von Indien, Nepal, Bhutan und Sikkim (verantwortlich für die Bereiche New Delhi, Kashmir & Jammu und Ost-Uttar Pradesh) sowie öfters Temporary Adviser. Beim Europarat war er Vorsitzender der Kommission für Laboratorien.

Flamm betrachtete auch die von ihm begründete und mit seinen Mitarbeitern intensiv betriebene Krankenhaus-Hygiene stets im Rahmen der Arbeiten für das öffentliche Gesundheitswesen. So war er bemüht, die Krankenhaus-Hygiene auch gesetzlich festzuschreiben. Nachdem es 1974 gelungen war, dies in der 2. Krankenanstaltengesetz-Novelle zu verankern, war die Ausbildung der Krankenhaus-Hygieniker, der hygiene-beauftragten Ärzte und der Hygiene-Schwestern vordringlich. Flamm organisierte mit seinen Mitarbeitern fortlaufende Ausbildungskurse und verfaßte mit ihnen 1986 das Buch „Angewandte Hygiene in Krankenhaus und Arztpraxis“, dessen 5. Auflage zur Zeit bearbeitet wird.

Im Rahmen der Förderung des öffentlichen Gesundheitswesens erschien die Verbesserung der Aus- und Fortbildung des Krankenpflegepersonals auch sehr wichtig. Flamm nahm daher die diesbezügliche Bitte der Bundesministerin für soziale Verwaltung gerne auf, mit einer Krankenpflegedirektorin Vorarbeiten für die Novelierung des Krankenpflegewesens zu übernehmen. Die beiden gründeten die „Akademie für die höhere Fortbildung in der Pflege“, die seit 1981 Universitätslehrgänge führt und seit 1996 eine Abteilung der Niederösterreichischen Landesakademie ist. Die im Laufe der Jahre gut eingeführten Lehrkurse und Universitätslehrgänge werden von der MUW gemeinsam mit der NÖ Landesakademie als Universitätslehrgänge für Pflegepädagogik und für Pflegemanagement geführt.

Die wissenschaftliche Arbeit Flamms auf den Gebieten der pränatalen Infektionen, der Krankenhaus-Hygiene und des öffentlichen Gesundheitswesens wurde 1974 durch die Wahl zum Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina und 1989 durch die Verleihung des Ehrendoktorates der Universität Rostock anerkannt. Im Jahr 2001 wurde ihm von der Rudolf-Schülke-Stiftung in Hamburg die Hygieia-Medaille für das „Lebenswerk als Wegbereiter der modernen Krankenhaushygiene“ überreicht. Er war Korrespondierendes Mitglied der Gesellschaft für Mikrobiologie und Epidemiologie der DDR und ist Ehrenmitglied von sieben wissenschaftlichen Gesellschaften.
In diesem Sinne sind auch einige Ehrenzeichen zu rechnen, darunter das Silberne Komturkreuz des Bundeslandes Niederösterreich (1992) und das Österreichische Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst I. Klasse (1994).

Seinen Mitarbeitern war Flamm ein sehr guter Vorgesetzter. Er bemühte sich, sie nicht nur fachlich zu fördern, sondern auch ihre berufliche Laufbahn günstig zu beeinflussen. Alle von ihm beantragten Ordinariate und Extraordinariate wurden aus ihren Reihen
besetzt. Einige fanden auch außerhalb dieser leitende Positionen.

Flamm schied auf eigenen Wunsch mit Ende des Sommersemesters 1991 aus dem aktiven Dienst. Seither befaßt er sich mit der Abfassung historischer Untersuchungen aus dem Fach der Hygiene. Die größte bisherige historische Forschungsarbeit über „Die ersten Infektions- oder Pest-Ordnungen in den österreichischen Erblanden, im Fürstlichen Erzstift Salzburg und im Innviertel im 16. Jahrhundert“ gab die Österreichische Akademie der Wissenschaften 2008 als Buch heraus.

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Bitte zitieren als
VAN SWIETEN BLOG: Informationen der Universitätsbibliothek der Med Uni Wien,
Nr. 1416 [26.02.2009].
Online unter der URL: https://ub-blog.meduniwien.ac.at/blog/?p=1416

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