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8. März – Internationaler Frauentag: Die „Petition um Zulassung der Frauen zum medizinischen Studium und um Freigebung der ärztlichen Praxis an weibliche Doctoren“

8. März – Internationaler Frauentag: Die „Petition um Zulassung der Frauen zum medizinischen Studium und um Freigebung der ärztlichen Praxis an weibliche Doctoren“
Autor: Dr. Walter Mentzel

Published online: 06.03.2025

Keywords: Internationaler Frauentag, Medizinstudium, Wien

Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts war Frauen in der Habsburgermonarchie der Zugang zu Universitätsstudien untersagt. Die gesellschaftlichen Debatten über die Gleichberechtigung von Frauen im Bildungswesen, die seit den 1880er Jahren von emanzipatorisch engagierten Personen, Parteien und Frauenverbänden im öffentlichen Diskurs geführt wurden, waren geprägt von Konkurrenzängsten und Abwehrreaktionen, die den Status quo verteidigen sollten. Diese Reaktionen äußerten sich häufig in einer misogynen Verachtungsrhetorik gegenüber Frauen, die selbst in Teilen der Ärzteschaft verbreitet waren. Zu den Akteuren, die sich im öffentlichen Diskurs für den Zugang von Frauen zum Universitätsstudium einsetzten, gehörten unter anderem Frauenorganisationen wie der Verein für erweiterte Frauenbildung in Wien oder der Anatom und Zoologe Carl Bernhard Brühl (1820-1899) oder Personen aus dem Bereich der liberalen und sozialdemokratischen Parteien.

Frauen waren darauf angewiesen, ihre gewünschten Studienrichtungen im Ausland zu absolvieren, insbesondere in der Schweiz oder in den USA. Allerdings erhielten sie in der Habsburgermonarchie entsprechend ihrer erlangten Berufsqualifikationen und Universitätsabschlüsse nicht die Erlaubnis zur Ausübung ihres Berufs. Erst 1896 gelang es Gabriele Possanner von Ehrenthal (1860-1940), nach Abschluss ihres Medizinstudiums in Zürich und langwierigen Auseinandersetzungen mit den Hochschulbehörden die Nostrifizierung ihrer Studienabschlüsse an der Universität Wien zu erwirken und 1897 ihre Approbation als Doktorin der Medizin zu erhalten. Erst drei Jahre später, mit dem Gesetz vom 3. September 1900 (RGBl. Nr. 149), erhielten auch Frauen Zugang zum Studium der Medizin. Österreich gehörte damit, nach der Schweiz, Frankreich, Großbritannien oder den USA zu den letzten Staaten, die ihre Universitäten für Frauen öffneten. Eine vollwertige Gleichstellung und Integration in das öffentliche sowie private Gesundheitswesen musste jedoch in den folgenden Jahrzehnten erst erkämpft werden.

„Petition zur Zulassung der Frauen zum medizinischen Studium und um Freigebung der ärztlichen Praxis an weibliche Doctoren“

Am 26. Oktober 1895 beschloss der Allgemeine Österreichische Frauenverein (AÖFV) in einer im Gemeindehaus in Wien-Währing abgehaltenen Versammlung eine „Petition um Zulassung der Frauen zum medizinischen Studium und um Freigebung der ärztlichen Praxis an weibliche Doctoren“ sowie die Sammlung von Unterzeichnerinnen der Petition, um damit nachdrücklich das Abgeordnetenhaus des österreichischen Reichsrates zu befassen. Der Antrag kam von Ida von Metz, unterstützt von der Schriftstellerin Minna Kautzky (1837-1912), und wurde einstimmig angenommen.[1] Bereits in den Jahren zuvor hatte sich das Abgeordnetenhaus mit einer Reihe von Petitionen, die die Zulassung von Frauen zum Universitätsstudium zum Inhalt hatten, befassen müssen.

Wiener Bilder, 13.7.1904, S. 10.

Der Petition angeschlossen war ein „Aufruf an die Frauen“ zur Leistung von Unterschriften.

Die Petition unterzeichneten die Präsidentin und Mitbegründerin des 1893 gegründeten Allgemeinen Österreichischen Frauenvereins, die Lehrerin Auguste Fickert (1855-1910), die Vizepräsidentin Marie Lang (1858-1934) und die zweite Vizepräsidentin und Mitbegründerin der Internationalen Frauenliga für Frieden und Freiheit Rosa Mayreder (1858-1938). Der Allgemeine Österreichische Frauenverein wurde zu dieser Zeit als der „radikale“ Flügel der Frauenbewegung in Österreich angesehen, da er auch das allgemeine Frauenwahlreicht einforderte.

Nach Annahme der Petition kam es in den nächsten Monaten bis in das Jahr 1896 hinein zur Sammlung der Unterschriften. Insgesamt wurden zirka 6.000 Unterschriften zusammengetragen.

Der Anlass für diese Protestaktion war eine vom Chirurgen und Leiter der I. Chirurgischen Klinik im Allgemeinen Krankenhaus, Professor Eduard Albrecht (1841-1900) verfasste und 1895 erschienene Broschüre mit dem Titel „Die Frauen und das Studium der Medicin“. In dieser Broschüre sprach er Frauen die geistige Befähigung zum Medizinstudium ab und behauptete: „Alles, was Menschenhände geschaffen, Männerwelt sei“.

Diese Broschüre beschäftigte über Monate die österreichische Öffentlichkeit, führte zu einem sich zusehends ausweitenden Protest und rief auch publizistische Gegenstimmen zu den Äußerungen von Albert hervor. Zu diesen Stimmen zählten Professoren des Allgemeinen Krankenhauses in Wien, darunter der Vorstand der psychiatrischen Klinik Richard von Krafft-Ebing (1840-1902) und die Ärztin Rosa Kerschbaumer (1851-1923). Kerschbaumer hatte ihr Medizinstudium in Zürich und Bern absolviert und mit ihrer Promotion abgeschlossen. Sie ließ sich danach vom Ophthalmologen und Leiter der Augenklinik im Allgemeinen Krankenhaus in Wien, Ferdinand von Arlt (1812-1897), zur Augenärztin ausbilden. Im Jahr 1890 erhielt sie aufgrund einer „allerhöchsten kaiserlichen Entschließung“ die Erlaubnis, in Salzburg gemeinsam mit ihrem Ehemann, dem ehemaligen Assistenten von Arlt, Friedrich Kerschbaumer (1847-1906), eine private Augenheilanstalt zu leiten. Bereits 1889 hatte sie sich im Verein für erweiterte Frauenbildung in Wien für den allgemeinen Zugang von Frauen zum Medizinstudium ausgesprochen. Zu der von Albert angestoßene Debatte über die Zulassung von Frauen zum Medizinstudium publizierte sie noch 1895 in der Zeitschrift Neue Revue den Artikel „Professor Albert und die weiblichen Ärzte“.

Noch im selben Jahr veröffentlichten der Botaniker, Journalist und Schriftsteller Ernst Moriz Kronfeld (1865-1942), der mit Kerschbaumer in Kontakt stand und mit ihr in der Frage des Frauenstudiums übereinstimmte, die Broschüre „Die Frauen und die Medizin. Professor Albert zur Antwort. Zugleich eine Darstellung der ganzen Frage“, sowie der Pädagoge und Schuldirektor Emanuel Hannak (1841-1899) die Broschüre „Die Frau und das Studium der Medizin“, in denen beide gegen die Alberts Thesen auftraten und die volle Gleichberechtigung für Frauen im Bildungswesen einforderten.

Literatur:

Petition um Zulassung der Frauen zum medizinischen Studium und um Freigebung der ärztlichen Praxis an weibliche Doktoren. Hg.: Allgemeiner Österreichischer Frauenverein. Wien: 1895.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 69132]

Kerschbaum-Putjata, Rosa: Professor Albert und die weiblichen Aerzte. Sonderdruck aus: Neue Revue. Wien: Buchdruckerei „Reichswehr“ G. David & M. Keitz 1895.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 31686]

Kronfeld, Ernst Moritz: Die Frauen und die Medicin. Professor Albert zur Antwort. Zugleich eine Darstellung der ganzen Frage. Wien: Konegen 1895.

[Zweigbibliothek für Geschichte der Medizin/Neuburger Bibliothek, Sign.: 18979a]

[1] Neue Freie Presse, 29.10.1895, S. 8.