Medizingeschichte: Goergen Bruno

Goergen Bruno (*1777, +1842)

Leiter des „Narrenturms“, Gründer der ersten privaten „Irrenanstalt“ in Wien und Reformer der psychiatrischen Anstalten und der Pflegeausbildung

Bruno Goergen wurde 1777 als Sohn eines Architekten in Trier geboren und promovierte um 1800 in Wien zum Doktor der Medizin.
Schon in jungen Jahren gehörte er als Primarius der „Irrenanstalt“ dem Personalstand des Allgemeinen Krankenhauses in Wien an, wo er auch von 1806 bis 1814 den dazugehörendenden „Narrenturm“ leitete, den er wegen seiner Ausstattung und der hier geübten Behandlungsmethoden kritisierte.
Hier reiften seine Pläne zur Gründung und Ausgestattung privater psychiatrischer Anstalten heran. Nachdem er schon 1813 für die Regierung ein Gutachten über die Errichtung von privaten „Irrenanstalten“ in Österreich erstellt und dafür die Bewilligung erhalten hatte, gründete er nach mehrjährigen Umbau- und Adaptierungsarbeiten 1819 die erste private „Irren-Heilanstalt“ in Wien Gumpendorf im Palais Windischgrätz. Im Jahr 1831 verlegte Goergen die Anstalt nach Ober-Döbling, wo sie als „Döblinger-Privatanstalt“ unter wechselnden Besitzverhältnissen bis 1982 bestand. Diese Anstalt war einem zahlungskräftigen Publikum vorbehalten und genoss europaweit rasch ein hohes Ansehen. Goergen gestaltete die Anstalt nach dem Vorbild englischer und französischer Privatanstalten und führte hier erstmals die in Paris vom Psychiater Philippe Pinel reformierten Behandlungsmethoden (Befreiung der Geisteskranken von ihren Ketten; traitement Morale) ein.
Seine Berufsauffassung und Reformbestrebungen auf dem Gebiet der Psychiatrie veröffentlichte er 1820 in seiner Arbeit über die „Privat-Heilanstalt für Gemüthskranke“, in der er seine und für seine Zeit vor allem für Wien modernen Behandlungsmethoden und Organisationsformen psychiatrischer Anstalten vorstellte. So entwickelte er Konzepte für umfangreiche Beschäftigungstherapien, bei denen handwerkliche Tätigkeiten und der Einsatz der Musik einen wesentlichen Beitrag darstellten, sowie für hochwertige Ausbildungsstandards und fortwährende Weiterbildungsmaßnahmen für das Pflegepersonal.
Bruno Goergen verstarb am 29. März 1842. Sein Nachfolger in der Leitung der Privatheilanstalt war sein Sohn Dr. Gustav Goergen, der sie 1860, nach dem Selbstmord des Anstaltsinsassen und ungarischen Politikers Graf Stephan Szechenyi, an eine neue Leitung bestehend aus Maximilian Leidesdorf und Heinrich Obersteiner sen. übergab.
Mag. Dr. Walter Mentzel

Literatur:
Goergen Bruno, Privat-Heilanstalt für Gemüthskranke. In Wien eröffnet, Wien 1820.
Heinrich Obersteiner, Bruno Görgen, in: Kirchhoff Theodor 1, S. 103ff.
Englisch Franz, Die Döblinger Privatirrenanstalt, in: Wiener Geschichtsblätter 1 (1969), S. 398-406.
Knolz Joseph Johann, Darstellung der Humanitäts- und Heilanstalten im Erzherzogtum Österreich unter der Enns, Wien 1840.

Goergen

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